VwGH vom 24.02.2010, 2009/04/0288
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des Ing. T in Wien, vertreten durch Mag. Franz Karl Juraczka, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alser Straße 32/15, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. M63/006874/2009, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat der Landeshauptmann von Wien dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Elektrotechnik, eingeschränkt auf die Installation elektrischer Starkstromanlagen und -einrichtungen ohne Einschränkung hinsichtlich der Leistung oder der Spannung und die Errichtung von Blitzschutzanlagen" in einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 entzogen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach § 146, § 147 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und § 15 StGB und des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs. 1 StGB zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von sechs Monaten sowie am wegen des Vergehens der Zuhälterei als Beteiligter nach § 12 dritter Fall und § 216 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf das vorgenannte Urteil zu einer (bedingt nachgesehenen) Zusatzfreiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Der erstgenannten Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer im Herbst 2004 mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der A-Versicherung durch eine fingierte Anzeige betreffend einen Einbruch, bei dem ein Motorrad im Wert von EUR 26.000,-- gestohlen worden sein solle, sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer falschen Urkunde, zur Auszahlung von Schadenersatzbeträgen von EUR 2.000,-- verleitet und von EUR 33.000,-- zu verleiten versucht habe, und am der Bundespolizeidirektion die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB wissentlich vorgetäuscht habe. Der zweitgenannten Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen März 2006 und Kontakt zumindest zu einem namentlich genannten potentiellen Freier hergestellt und diesen an G. zum Ermöglichen der Prostitution durch C. am weitergeleitet habe und im August 2006 Kontakt zwischen drei namentlich genannten Personen hergestellt und gemeinsam mit diesen ausgehandelt habe, dass zumindest C. und A. als Prostituierte im Club dieser drei Personen arbeiten sollten und damit zu den strafbaren Handlungen des G. beigetragen habe, der mit dem Vorsatz, sich aus der Prostitution eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mehrere Personen durch im Einzelnen angeführte Handlungen zugleich ausgenützt und ihnen die Bedingungen der Prostitution vorgeschrieben habe.
Durch diese rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen sei der Tatbestand des § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b iVm Z. 2 GewO 1994 erfüllt. Diese Verurteilungen seien nicht getilgt. Das gesamte Strafausmaß belaufe sich auf neun Monate. Ob die (zusammenzurechnenden) Strafen auf Grund eines Geständnisses aus "gesundheitlichen Gründen verhängt wurden", sei unbeachtlich, weil es der belangten Behörde nicht zustehe, rechtskräftige Entscheidungen eines Gerichtes in Zweifel zu ziehen.
Erst im Rahmen der Beurteilung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers und der Eigenart der strafbaren Handlung könne auf die Eigenart, Schwere und die Umstände der den Urteilen zugrunde liegenden Straftaten eingegangen werden: Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Begehung der letzten strafbaren Handlung 34 Jahre alt gewesen, somit in einem Alter gestanden, in dem die Persönlichkeit eines Menschen in der Regel ausreichend gefestigt sei. Eine Erkrankung vermöge die Begehung der gegenständlichen strafbaren Handlungen weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen. Auch sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Beweggründen der Beschwerdeführer alleine auf Grund seiner Krankheit in einem gerichtlichen Verfahren ein Geständnis hätte ablegen sollen. Die Begehung mehrerer Straftaten (strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen sowie strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung) in einem Zeitraum von zwei Jahren sowie die den Straftaten zugrunde liegenden Motive ließen Rückschlüsse auf den sich aus der Straftat manifestierenden Charakter des Beschwerdeführers zu und machten ersichtlich, dass dieser den strafrechtlich geschützten Werten nicht die gehörige Bedeutung beimesse. Im Rahmen der Gewerbeausübung habe der Beschwerdeführer ständig Kontakt mit Kunden in deren Geschäften und Lokalen, darunter auch einschlägigen Betrieben. Es sei davon auszugehen, dass sich dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat biete und er zwischen Lokalbetreibern und Privatpersonen Kontakte herstellen könne, in der Art, wie er es im Zuge seiner Gewerbeausübung bereits zur Vermittlung von Prostituierten ausgenützt habe. Auch die Vorgehensweise bei dem rechtskräftig festgestellten Betrug gebe Anlass zur Vermutung, der Beschwerdeführer könnte die bei Ausübung seines Gewerbes zweifellos bestehende Gelegenheit, strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen zu begehen, nützen.
Der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 GewO 1994 sei nicht nur gegeben, wenn die zugrunde liegende Straftat bei Ausübung des zu entziehenden Gewerbes begangen worden sei. § 13 Abs. 1 GewO 1994 liege nämlich als Regelfall ein Sachverhalt zugrunde, in dem die von dieser Bestimmung erfasste gerichtliche Verurteilung zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, in dem der Verurteilte noch nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung gewesen sei. Auch Straftaten, die nicht im Rahmen oder mit einem Bezug zur Gewerbeausübung begangen worden seien, seien in die Prognose einzubeziehen.
Auf Grund der Eigenart der strafbaren Handlungen und nach dem sich aus den Tatumständen ergebenden Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers sei die Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes durch den ständigen Kontakt mit ArbeitnehmerInnen, KundInnen und anderen GeschäftspartnerInnen gegeben. Seit der letzten Verurteilung sei erst ein Jahr vergangen, die Probezeit dauere noch weitere zwei Jahre. Trotz bedingter Strafnachsicht sei aus den oben angestellten Überlegungen derzeit keine positive Persönlichkeitsprognose möglich. Das im Strafverfahren abgelegte Geständnis sei zwar vom Gericht als mildernd bewertet worden, die Gewerbebehörde habe jedoch eigenständig die Voraussetzungen für die Entziehung zu beurteilen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn (Z. 1) sie von einem Gericht (lit. b) wegen einer strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und (Z. 2) die Verurteilung nicht getilgt ist.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbetreibenden die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder Abs. 2 leg. cit. zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Der Beschwerdeführer wurde unstrittig wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges und des Vergehens der Zuhälterei als Beteiligter zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von (insgesamt) neun Monaten rechtskräftig verurteilt. Damit ist der Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 erfüllt.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass nach der Eigenart der strafbaren Handlungen und nach seinem Persönlichkeitsbild die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei. Dazu verweist er zum Einen auf seine Unbescholtenheit bis zu den gegenständlichen Verurteilungen, zum Anderen auf sein Wohlverhalten seit der letzten Verurteilung. Auch beruhten seine Verurteilungen nicht auf der selben schädlichen Neigung. Da er ein Ersttäter sei, wäre die belangte Behörde - in Anbetracht der vom Strafgericht nicht als gegeben angenommenen Wiederholungsgefahr - verpflichtet gewesen, ihre Annahme, die Voraussetzungen der Entziehung seien erfüllt, ausführlich zu begründen. Seine gesundheitlichen Schwierigkeiten hätten ihn veranlasst, trotz "ausgezeichneter Aussichten auf einen Freispruch", ein Geständnis abzulegen, was von der belangten Behörde zu seinen Gunsten zu werten gewesen wäre. Den gerichtlichen Feststellungen sei nicht zu entnehmen, inwieweit die gewerbliche Tätigkeit des Beschwerdeführers mit dem Tathergang (Vermitteln der Kontakte zur Prostitution) zu tun gehabt habe. Im Zweifel sei zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass die strafbaren Handlungen ohne Bezug zur Gewerbeausübung begangen worden seien. Aus den gerichtlichen Feststellungen sei jedenfalls das Gegenteil nicht verlässlich zu gewinnen.
Was zunächst die Eigenart der strafbaren Handlung betrifft, so ist auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde sich diesbezüglich darauf stützte, die Ausübung des genannten Gewerbes biete - insbesondere durch den ständigen Kontakt mit Kunden, sowohl Privatpersonen als auch Lokalbetreibern - Gelegenheit zur Begehung derartiger oder ähnlicher Delikte. Der belangten Behörde ist gleichfalls keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie annahm, dass im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Befürchtung bestehe, er werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen.
Wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, ist für die Beurteilung des Vorliegens eines Ausschlussgrundes von der Ausübung eines Gewerbes nach § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ohne rechtliche Relevanz, ob eine Straftat im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes erfolgte. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer seine Kontakte im Zuge seiner Gewerbeausübung bereits zur Vermittlung von Prostituierten ausgenutzt hat. Die zum Tatbild dieser Gesetzesstelle gehörenden Verurteilungen müssen nicht Delikte betreffen, die bei Ausübung oder im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes begangen wurden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0227).
Soweit der Beschwerdeführer die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe ins Treffen führt, ist ihm zunächst zu entgegnen, dass für das gewerbebehördliche Entziehungsverfahren gerichtliche Aussprüche über die bedingte Strafnachsicht nicht von Relevanz sind. Vielmehr hat die Gewerbebehörde eigenständig die Voraussetzungen für die Entziehung zu beurteilen. Jedoch können die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht schematisch außer Betracht bleiben. Vielmehr bedarf es bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die (weiteren) gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 erfüllt sind (vgl. zu diesem Thema die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/04/0121, vom , Zl. 2005/04/0080, vom , Zl. 2004/04/0065, und vom , Zl. 2002/04/0147). Solche nach dieser Rechtsprechung im zuletzt zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0147, angeführten besonderen Umstände für eine Berücksichtigung der bedingten Strafnachsicht kann die Beschwerde nicht dartun.
Der Zeitraum des Wohlverhaltens seit der Verurteilung im September 2008 erscheint zu kurz, um auf einen Wegfall der Gefahr der Begehung ähnlicher Straftaten schließen zu können.
Sofern der Beschwerdeführer vermeint, seitens der belangten Behörde wäre zumindest nur eine befristete Entziehung der Gewerbeberechtigung im Sinne des § 87 Abs. 3 GewO 1994 auszusprechen gewesen, so vermag der Verwaltungsgerichtshof auch in dieser Hinsicht eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass abweichend von den Bescheidannahmen besondere Gründe gegeben wären, die erwarten ließen, eine bloß befristete Maßnahme reiche aus, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Beschwerdeführers zu sichern. Die Behörde hat selbständig nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen, ob eine befristete Entziehung ausreicht, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbeinhabers zu sichern (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/04/0119).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am