VwGH vom 23.05.2013, 2011/09/0099
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des W in K, vertreten durch Mag. Eva-Maria Maierhofer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Dr.- Arthur Lemisch Platz 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten vom , Zl. KUVS-K5- 2393-2396/15/2009, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des AuslBG (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für schuldig erkannt und mit vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von jeweils fünf Tagen) bestraft, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. Austria ltd, mit Sitz in L., 94 N Nb Street, Zweigniederlassung in K., T-Straße 62 und somit als zur Vertretung nach außen berufene Person im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten habe, dass die näher bezeichneten kosovarischen Staatsangehörigen A.H., M.D., I.T. und M.A. beim oben angeführten Unternehmen entgegen § 3 AuslBG zumindest in der Zeit vom bis auf der Baustelle C. B. Haus in K. als Arbeiter beschäftigt worden seien, obwohl für diese Personen keine der im Einzelnen aufgezählten, nach dem AuslBG erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen ausgestellt gewesen seien (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof).
In der Begründung dieses Bescheides traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:
Der Beschwerdeführer sei zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. Austria ltd., mit Sitz in L. (Vereinigtes Königreich von Großbritannien) gewesen, welche Gesellschaft sich zwischenzeitlich in Konkurs befinde. Seit habe auch eine Zweigniederlassung dieser Gesellschaft in K., T-Straße 62 bestanden, von welcher aus sämtliche Geschäftsgebarungen der gegenständlichen "Ltd." durchgeführt worden seien.
Die Gesellschaft des Beschwerdeführers hätte auf der Baustelle C. B. Haus in K. den Auftrag gehabt, Estricharbeiten durchzuführen und er habe, nachdem der ursprünglich mit den Trockenbauarbeiten beauftragte Betrieb T. seinen Auftrag nicht ausführen habe können, die Gesellschaft des Beschwerdeführers auch den Auftrag zur Durchführung der Trockenbauarbeiten auf der gegenständlichen Baustelle erhalten. Die Gesellschaft des Beschwerdeführers habe daraufhin in Österreich, wie auch in Slowenien Zeitungsinserate geschalten, woraufhin sich auf eines dieser Zeitungsinserate die AG d.o.o. mit Sitz in L., Slowenien gemeldet habe.
Der Beschwerdeführer wie auch dessen Vater hätten mit der Gewerbeabteilung des Magistrates K. Kontakt aufgenommen und nachgefragt, ob die im Straferkenntnis genannten kosovarischen Staatsangehörigen in Österreich auf Werkvertragsbasis tätig sein dürften. Dies sei seitens des zuständigen Sachbearbeiters MMag. B. unter Hinweis auf die GewO bejaht worden. Die mit den kosovarischen Staatsangehörigen abgeschlossenen Werkverträge seien bei diesem Gespräch nicht vorgelegt worden. Informationen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Bewilligung nach dem AuslBG seien seitens des Beschwerdeführers nicht eingeholt worden. Der Vater des Beschwerdeführers habe als Bevollmächtigter der Gesellschaft des Beschwerdeführers mit "Werkvertrag" titulierte Verträge mit den Gesellschaften AG d.o.o. mit Sitz in L., Slowenien, TG d.o.o. mit Sitz in L., Slowenien und A. d.o.o., mit Sitz in L., Slowenien abgeschlossen, wobei diese Verträge allesamt den gleichen Inhalt gehabt hätten.
Das von den kosovarischen Staatsangehörigen verwendete Material und Kleinmaterial sei von der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden. Die vier Kosovaren hätten selbst über das Grundwerkzeug verfügt, das für die Arbeit notwendige Spezialwerkzeug (wie Laser und Hilti) sei von dieser Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden. Den kosovarischen Staatsangehörigen, insbesondere M.A. seien seitens des Vorarbeiters der Gesellschaft des Beschwerdeführers, M.E., sowie seitens des Beschwerdeführers und dessen Vater Arbeitsanweisungen erteilt worden und zwar in der Form, dass den Kosovaren bekannt gegeben worden sei, welche Stockwerke von ihnen zu bearbeiten seien. Die Tätigkeit der Kosovaren sei auch durch G.R. und M.E. kontrolliert worden. Die kosovarischen Staatsangehörigen seien auf Stundenlohnbasis entlohnt worden, wobei die Abrechnung für die im Straferkenntnis genannten kosovarischen Staatsangehörigen mit der AG d.o.o. erfolgt sei. Die Kosovaren hätten ihre geleisteten Stunden aufgezeichnet und seien diese Stundenaufzeichnungen durch G.R. bzw. M.E. kontrolliert worden.
Die vier kosovarischen Staatsangehörigen seien täglich von L. aus mit ihrem eigenen PKW auf die Baustelle gekommen, ihnen seien seitens der Gesellschaft des Beschwerdeführers Arbeitszeiten vorgeben gewesen und zwar von 08.00 Uhr bis 18.00 Uhr, wobei die Mittagszeit flexibel gestaltet habe werden können.
Auf der Baustelle seien auch Arbeitskräfte der Gesellschaft des Beschwerdeführers mit Trockenbauarbeiten beschäftigt gewesen, wobei diese aber nicht gemeinsam mit den kosovarischen Staatsangehörigen gearbeitet hätten.
Die vier kosovarischen Staatsangehörigen hätten die ihnen zugewiesenen Trockenbauarbeiten gemeinsam ausgeführt und habe G.R. auch entsprechende Aufzeichnungen geführt, welche Bereiche der Baustelle von den vier kosovarischen Staatsangehörigen bearbeitet worden seien. In den einzelnen Verträgen mit den vier kosovarischen Staatsangehörigen sei auch jeweils ein Haftrücklass von fünf Prozent auf die Dauer von drei Jahren vereinbart worden.
Die vier kosovarischen Staatsangehörigen hätten in Slowenien über ein allgemeines Gewerbe für die Bauwirtschaft verfügt.
Der Beschwerdeführer beziehe ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 360,-- und habe keine Sorgepflichten. Es lägen keine einschlägigen Verwaltungsstrafvormerkungen vor.
Nach ihren beweiswürdigenden Erwägungen folgerte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht, dass der Beschwerdeführer den inkriminierten Tatbestand, sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt habe und legte im Weiteren ihre Strafbemessungsgründe dar.
Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde, über welche der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist im gegenständlichen Fall, dass die tatsächliche Leitung des vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmens unstrittig vom Sitz der Zweitniederlassung in K. erfolgt ist, sodass der Sitz der Zweitniederlassung, von dem aus die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen einzuholen gewesen wären, als Tatort anzusehen ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/03/0260, und vom , Zl. 2010/09/0143). Die einschreitenden Behörden waren daher (auch örtlich) zuständig (vgl. §§ 27 Abs. 1, 51 Abs. 1 VStG).
Der Beschwerdeführer bestreitet weder, dass er im Tatzeitraum zur Vertretung der F. Austria ltd nach außen berufen war, noch dass die von ihm vertretene Gesellschaft die im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Ausländer in dem ihm vorgeworfenen Tatzeitraum auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle zu Trockenbauarbeiten herangezogen hat, sondern macht in seiner Beschwerde geltend, dass die vier kosovarischen Staatsangehörigen "definitiv in keinem direkten Arbeitsverhältnis" zu ihm gestanden seien. Gegenständlich habe der Beschwerdeführer, bzw. hätten die ihm zugehörigen Personen, als Werkbesteller, den Werkvertragspartnern als Werkunternehmer diverse Aufträge erteilt, welche diese in Eigenverantwortlichkeit und unter eigenem wirtschaftlichem Risiko ausgeführt hätten. Es sei weder eine Dienst-, noch eine Fachaufsicht vorgelegen. Es habe lediglich die im Rahmen eines Werkvertrages üblichen Kontrollen gegeben.
Gegenständlich lässt sich weder den vorgelegten "Werkverträgen" entnehmen, dass es sich bei der behaupteten Vergabe an die slowenischen Gesellschaften bzw. an die Ausländer um ein oder mehrere im Vorhinein bestimmte(s), abgrenzbare(s), unterscheidbare(s) "gewährleistungstaugliche(s)" Werk(e) gehandelt hätte, noch sind derartige Werke im Verwaltungsverfahren hervorgekommen. Der Beschwerdeführer wendet sich auch nicht gegen die Feststellung der belangten Behörde (vgl. den angefochtenen Bescheid, Seiten 8, 15), dass die Einteilung der von den Ausländern zu bearbeitenden Stockwerke (erst) vor Ort durch Dienstnehmer der Gesellschaft des Beschwerdeführers vorgenommen worden sei. Die Behauptung des Bestehens von Werkverträgen zwischen dem Beschwerdeführer und den betreffenden Ausländern, bzw. deren Gesellschaften entspricht nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der ausgeübten Tätigkeit (vgl. auch die Entlohnung nach geleisteten Stunden, vgl. die Beurteilung in ähnlichen Fällen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/09/0072, vom , Zl. 2009/09/0205, vom , Zl. 2011/09/0089, sowie vom , Zl. 2011/09/0009).
Im Ergebnis kann die auf ausreichenden Tatsachenfeststellungen - die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens und einer nachvollziehbaren, im Ergebnis schlüssigen Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen halten einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand (vgl. zur Kontrolle der Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/09/0138, m. w.N.) - beruhende Beurteilung der belangten Behörde, zwischen der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft und den kosovarischen Staatsangehörigen sei zumindest ein "arbeitnehmerähnliches" Beschäftigungsverhältnis (iS des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG) vorgelegen - schon im Hinblick auf die Umstände, dass die Ausländer von der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft nach geleisteten Arbeitsstunden entlohnt wurden, die Beistellung des Materials sowie von Spezialwerkzeug (Laser, Hilti) durch die F. Austria ltd erfolgte, der Beschwerdeführer selbst oder einer seiner Mitarbeiter (vorallem der Bruder des Beschwerdeführers) die Arbeiten der Ausländer zugewiesen und kontrolliert hat (vgl. dazu die Aussage des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung vom ), die Ausländer während des Tatzeitraums jedenfalls wochentags regelmäßig für die vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft tätig wurden, die Ausländer über keine eigene nennenswerte unternehmerische Organisation noch über wesentliche Betriebsmittel verfügten, die Kosovaren bei ihrer gegenständlich ausgeübten Tätigkeit letztlich nur über ihre eigene Arbeitskraft disponierten und zur Abdeckung eines (aufgrund des Zusatzauftrages entstandenen) Personalengpasses der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft herangezogen wurden - nicht als rechtswidrig erkannt werden (zu den Kriterien der Qualifikation einer Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/09/0187, vom , Zl. 2005/09/0074, vom , Zl. 2009/09/0128, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0187).
Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang noch geltend, dass die belangte Behörde die Dienst- bzw. die Niederlassungsfreiheit nicht berücksichtigt habe.
Liegt aber nach dem gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG zu berücksichtigenden wahren wirtschaftlichen Gehalt keine selbständige Tätigkeit vor, so kann auch eine Verletzung der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nicht vorliegen, zumal hinsichtlich der Merkmale etwa des AuslBG, des AÜG, der GewO und der hg. Rechtsprechung zur Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit zwischen Unionsrecht und innerstaatlichem Recht kein Unterschied besteht, weil es allein auf das Unterordnungsverhältnis ankommt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0163, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0350, jeweils mwN). Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist jedoch - abgesehen von gegenständlich nicht vorliegenden Ausnahmefällen - nur auf Staatsbürger der Mitgliedstaaten anzuwenden (vgl. Windisch-Graetz, in: Mayer/Stöger (Hrsg), AEUV, Art 45, Rz 28). Unionsrecht ist durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt worden.
Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur im Falle der Erteilung einer, auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft der für die Erteilung einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zuständigen Behörde (der regionalen Geschäftsstelle des AMS), im Vertrauen auf die Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden könnte; hingegen ist es auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung bekannt, dass die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedarf. Unterlässt der Beschwerdeführer - wie hier - die Einholung einer auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage basierenden Auskunft der zuständigen Behörde, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, dass sie von einem Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/09/0153, und vom , Zl. 2010/09/0240).
Der Beschwerdeführer moniert, dass die vier Kosovaren von der belangten Behörde nicht einvernommen worden seien.
Die belangte Behörde hat im Sinne der ständigen Rechtsprechung ausreichende Schritte unternommen, um die Ausländer zu laden, bzw. um mit ihnen in Kontakt zu treten. Die Zeugenladungen konnten an den der Behörde bekannten Adressen der kosovarischen Staatsangehörigen in Slowenien nicht zugestellt werden. Auch der Beschwerdeführer konnte die Ausländer nicht stellig machen. Die belangte Behörde war nach § 19 AVG nicht in der Lage, das Erscheinen der im Ausland ansässigen Zeugen durchzusetzen. Ein Verfahrensmangel ist der belangten Behörde auch in dieser Hinsicht nicht unterlaufen (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/09/0363, sowie vom , Zl. 2004/09/0062).
Der Verwaltungsgerichtshof hegt auch gegen die - vom Beschwerdeführer nicht bestrittene - Strafbemessung der belangten Behörde keine Bedenken.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
PAAAE-87196