VwGH vom 15.09.2011, 2011/09/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Robert Schgör, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 47/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom , Zl. UVS-36/10213/2-2010, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Salzburg vom wurde der Beschwerdeführer zweier Übertretungen nach dem AuslBG für schuldig erkannt und es wurden über ihn Geldstrafen/Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist zugestellt, er hat es nicht behoben.
Erst im Zuge des Vollstreckungsverfahrens erlangte er nach seinem Vorbringen vom Inhalt des mittlerweile in Rechtskraft erwachsenen Straferkenntnisses Kenntnis. Er nahm Kontakt mit den beiden darin genannten Ausländern EA und EC auf und stellte gestützt auf zwei gleichlautende "eidesstättige Erklärungen" je vom des Inhaltes, dass die von EA und EC "vor den Behörden" gemachten Angaben, "wonach" sie für den Beschwerdeführer "gearbeitet hätten, unrichtig" gewesen seien. Sie seien, wie auch ein näher bezeichnetes Verfahren ergeben hätte, "selbständig tätig" und hätten "die Blumen lediglich" beim Beschwerdeführer "gekauft", den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.
Die Behörde erster Instanz gab dem Antrag nicht statt und wies ihn ab, weil die Angaben des Beschwerdeführers, er habe keine Möglichkeit gehabt, EA und EC vorher ausfindig zu machen um die eidesstattlichen Erklärungen zu erhalten, unglaubwürdig seien und keine Gründe im Sinne des § 69 AVG darstellten.
Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung änderte die belangte Behörde den Bescheid dahingehend ab, dass der Antrag als "verspätet zurückgewiesen" werde. Die Kenntnis des § 69 Abs. 2 AVG sei bereits mit der Kenntnis vom Inhalt des Straferkenntnisses gegeben, nicht erst mit den "eidesstättigen Erklärungen".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 69 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF. BGBl. I Nr. 158/1998, lautet:
"(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem."
Der Verwaltungsgerichtshof ist an den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt gebunden, nicht jedoch an deren Beurteilung der Rechtslage. Beruht ein Bescheid auf einer verfehlten Begründung, führt aber die richtige Beurteilung zum selben Ergebnis, dann ist ein Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt, ein derartiger Bescheid ist nicht wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Begründung der belangten Behörde zur Kenntnis der Wiederaufnahmetatbestände und der daraus resultierenden Fristversäumung ist verfehlt, weil es im Zusammenhang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht um die Kenntnis vom Inhalt des Straferkenntnisses, sondern um die Kenntnis vom Inhalt der "eidesstättigen Erklärungen" des EA und EC ginge.
Dennoch gelangt die Beschwerde nicht zum Erfolg, weil im Ergebnis dem Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers zu Recht nicht stattgegeben worden ist (siehe den Spruch der Behörde erster Instanz). Die Änderung des Spruches durch die belangte Behörde dahingehend, dass der Antrag als "verspätet zurückgewiesen" werde, verletzt den Beschwerdeführer nicht in dem vom ihm geltend gemachten "einfach gesetzlich gewährleisteten Recht auf die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens".
Denn sollte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen meinen, das Straferkenntnis beruhe auf "falschem Zeugnis" (§ 69 Abs. 1 Z. 1 AVG) des EC und des AE, so verkennt er, dass hinsichtlich des EC keine Zeugenaussage im Akt einliegt. Er wurde lediglich bei der Anhaltung formlos befragt.
Hinsichtlich AE liegt nur eine Niederschrift der BPD Salzburg, fremdenpolizeiliches Referat, vom ein, in der AE die in der vom Beschwerdeführer vorgelegten "eidesstättigen Erklärung" vom gemachten Angaben (er sei selbständig tätig und habe die Blumen lediglich beim Beschwerdeführer gekauft) bereits in gleicher Weise getätigt hat.
Der Tatbestand "falsches Zeugnis" liegt - abgesehen davon, dass nicht behauptet wurde, dass das falsche Zeugnis auf Vorsatz beruhe (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/07/0071) - nicht vor.
Zum Tatbestand nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AuslBG verkennt der Beschwerdeführer, dass hinsichtlich AE kein neuer Sachverhalt vorliegt, sein Vorbringen in der neu entstandenen Urkunde (die als Urkunde demnach eine im Wiederaufnahmeverfahren unbeachtliche Neuerung ist) "eidesstättige Erklärung" war bereits vor Bescheiderlassung bekannt und stellt somit keinen anderen Sachverhalt dar.
Hinsichtlich EC hat der Beschwerdeführer in seiner Aussage vor dem Finanzamt vom selbst angegeben, er habe EC "im Telefonshop angestellt für 10 Std/Woche und er verdient bei mir 320-340 EUR/Monat"; diese Aussage ist durch eine in der Anzeige erwähnte "Hauptverbandsanfrage", nach der EC in der Zeit vom bis beim Beschwerdeführer ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung geringfügig beschäftigt sei, bestätigt.
Damit beruht das Straferkenntnis diesbezüglich im Wesentlichen hinsichtlich der Erfüllung des Tatbestandes der bewilligungslosen Beschäftigung auf der eigenen Aussage des Beschwerdeführers in Verbindung mit der in der Anzeige erwähnten "Hauptverbandsabfrage". Denn es ist für die Erfüllung dieses Tatbestandes unbeachtlich, welche konkrete Tätigkeit der Beschäftigung zu Grunde liegt, die konkrete Tätigkeit ist auch kein notwendiger Spruchinhalt. Die Tätigkeit des EC im Telefonshop stellt gleichermaßen wie die Tätigkeit des "Rosenverkaufs" eine bewilligungspflichtige Beschäftigung dar. Der Inhalt in der neu entstandenen Urkunde "eidesstättige Erklärung", EC habe die Blumen "lediglich" beim Beschwerdeführer "gekauft" (zum weiteren Inhalt, er sei "selbständig tätig" gewesen, weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass es sich bei der Frage, ob ein wie hier vorliegender Sachverhalt als unselbständige Beschäftigung zu qualifizieren ist, um eine reine Rechtsfrage (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0281) und nicht um einen Sachverhalt handelt), ist demnach nicht geeignet, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbei zu führen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
YAAAE-87180