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VwGH vom 08.11.2006, 2006/18/0316

VwGH vom 08.11.2006, 2006/18/0316

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des SH in S, geboren 1976, vertreten durch Mory & Schellhorn OEG, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom , Zl. Fr-97/06, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am von Ungarn kommend nach Österreich eingereist. Ein am gestellter Asylantrag sei mit Wirkung vom zweitinstanzlich abgewiesen worden. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom abgelehnt worden. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis sei abgewiesen worden. Er befinde sich zumindest seit - sohin seit annähernd vier Jahren - illegal im österreichischen Bundesgebiet. Dies stelle eine schwere Verletzung fremdenpolizeilicher Bestimmungen dar. Die Gründe für die Erlassung einer Ausweisung seien gegeben. Diese sei auch gemäß § 66 FPG geboten und erforderlich. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 1998 im österreichischen Bundesgebiet, wo sich auch zwei seiner Brüder aufhielten, von denen einer österreichischer Staatsbürger sei. Durch die Ausweisung werde nur schwach in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Im Fall des Beschwerdeführers wögen selbst unter Bedachtnahme auf seine berufliche und persönliche Integration die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme schwerer als die Auswirkung einer allfälligen Abschiebung auf seine persönliche Situation. Die Abschiebung in das Heimatland des Beschwerdeführers sei von den Asylbehörden für zulässig erklärt worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Ausführungen der belangten Behörde, dass sein Asylverfahren seit dem rechtskräftig negativ abgeschlossen und die Behandlung der dagegen erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mit Beschluss vom abgelehnt worden sei - womit eine allfällige vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 jedenfalls geendet hat -, und er bestreitet nicht, dass ihm seit diesem Zeitpunkt weder ein Einreisetitel noch ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Im Hinblick darauf kann die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte (§ 53 Abs. 1 FPG), nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2.1. Unter den Beschwerdegründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe unrichtig angenommen, dass die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei. Er sei in den österreichischen Arbeitsmarkt voll integriert. Diese berufliche Integration sei für das familiäre Wohlergehen des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen im Kosovo von hoher Wichtigkeit. Er könne im Kosovo nicht so viel verdienen. Er könne (vom Kosovo aus) den Unterhalt seiner Familie nicht auf einem der Menschenwürde entsprechenden Niveau abdecken. Er habe sich bisher in Österreich absolut wohl verhalten. Er sei als erst 21-jähriger Mann "im Jahr 1997" aus dem Kosovo nach Österreich geflüchtet und habe geahnt, dass es in seiner Heimat nur noch schlechter werden könne. Bereits im März 1998 seien dort jene Kämpfe ausgebrochen, die den Kosovo schließlich in einen Krieg gestürzt bzw. zur Folge gehabt hätten, dass die serbischen Machthaber und deren Milizen an die hunderttausend Häuser zerstört, hunderte Dörfer zerstört und hunderttausende albanische Zivilpersonen in die Flucht getrieben hätten. Die Situation sei für ethnische Albaner im Kosovo so "genozid-ähnlich" geworden, dass den asylwerbenden Kosovo-Albanern das Bestehen einer asylrelevanten "Gruppenverfolgungssituation" attestiert worden sei. Den Kosovo-Albanern, die damals das Glück gehabt hätten, gerade an der "Entscheidungsreihe" zu sein, sei Asyl gewährt worden. Der Beschwerdeführer habe sich nicht unter diesen "Glücklichen" befunden. Er sei ab seiner Flucht bis jedenfalls Herbst 1999 Flüchtling im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention gewesen. Seine illegale Einreise in das Bundesgebiet sei daher gerechtfertigt gewesen.

Von 1999 bis 2004 habe er schon so viele legale Beschäftigungszeiten absolviert, dass ihm das Arbeitsmarktservice Salzburg einen bis zum gültigen Befreiungsschein erteilt habe. Er sei derzeit im Hotel K. in Strobl als Abwäscher und Küchenhelfer beschäftigt und verdiene durchschnittlich EUR 1.100,-- netto monatlich. Damit sei er in der Lage, seine Grundversorgungsbedürfnisse auf einem der Menschenwürde entsprechenden Niveau abzudecken. Er könne in kein anderes Land als in den Kosovo zurückkehren und würde damit die Möglichkeit verlieren, weiterhin einer Arbeitstätigkeit nachzugehen.

2.2. Die belangte Behörde hat in Anbetracht der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit März 1998, seiner langjährigen erlaubten Beschäftigung und seinen Beziehungen zu zwei in Österreich lebenden Brüdern sowie der daraus ableitbaren Integration zutreffend einen relevanten Eingriff im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Diesen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht jedoch sein jedenfalls seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages mit Wirkung vom unrechtmäßiger Aufenthalt in der Dauer von über vier Jahren gegenüber. Wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Beschwerdeführer durch diesen im Verhältnis zur Gesamtdauer seines Aufenthaltes in Österreich langen unrechtmäßigen Aufenthalt das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/18/0027, mwN), erheblich beeinträchtigt habe und demgegenüber seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich in den Hintergrund träten, so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Der in diesem Zusammenhang erfolgte Beschwerdehinweis auf die allgemeine Erklärung der Menschenrechte sowie den internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom ist nicht zielführend, weil die allgemeine Erklärung der Vereinten Nationen über die Menschenrechte vom keine Rechtsnorm, sondern ein unverbindliches Programm darstellt, und weil der Nationalrat bezüglich der Staatsverträge internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (BGBl. Nr. 590/1978) und internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (BGBl. Nr. 591/1978) gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG beschlossen hat, dass diese durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/18/0099). Der vom Beschwerdeführer ferner geltend gemachte Umstand, dass er von Österreich aus seine im Kosovo lebenden Familienangehörigen unterstützen könne, ist vom Schutzbereich des § 66 FPG ebenso wenig umfasst wie die mit der wirtschaftlichen Situation in seinem Heimatland für ihn und seine Familie verbundenen Nachteile (vgl. das genannte Erkenntnis Zl. 2005/18/0099). Auch ist der vorliegende Fall mit dem durch das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2005/18/0560, 0561, 0562, entschiedenen Fällen insofern nicht vergleichbar, als zwar auch hier der Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt nach Österreich eingereist ist, zu dem im Kosovo eine asylrelevante Verfolgung ethnischer Albaner bestanden hat und demnach eine Relativierung der aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren Integration des Beschwerdeführers durch den Umstand, dass sein Aufenthalt nur auf Grund eines sich später als ungerechtfertigt erweisenden Asylantrages (ursprünglich) rechtmäßig gewesen wäre, vorliegend weniger ins Gewicht fällt. Anders als im Fall des zitierten Erkenntnisses sind aber im vorliegenden Fall die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Aufenthalt in Österreich in Anbetracht dessen, dass er im Inland weder Frau noch Kinder hat, von vornherein nicht so schwer zu gewichten, dass die Ausweisung im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG nicht dringend geboten wäre (vgl. etwa die ebenfalls Albaner aus dem Kosovo betreffenden hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/18/0190, vom , Zl. 2002/18/0232 und Zl. 2003/18/0020, vom , Zl. 2005/18/0099, und vom , Zl. 2006/18/0226).

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am