VwGH vom 01.07.2010, 2009/04/0256

VwGH vom 01.07.2010, 2009/04/0256

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2009/04/0284

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerden der Bietergemeinschaft bestehenden aus F GmbH in K und F SpA in F, vertreten durch Dr. Rainer Kurbos, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Roseggerkai 5, gegen die Bescheide des Vergabekontrollsenates des Landes Salzburg 1.) vom , Zl. 20001-SVKS/68/14-2009, betreffend Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages (hg. Zl. 2009/04/0256) und 2.) vom , Zl. 20001- SVKS/68/22-2009, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (hg. Zl. 2009/04/0284), (mitbeteiligte Partei: Land Salzburg, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid vom wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg als Träger der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und dem Land Salzburg als mitbeteiligte Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der zweitangefochtene Bescheid vom wird in seinem Spruchpunkt 1.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom hat der Vergabekontrollsenat des Landes Salzburg den Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Entscheidung des mitbeteiligten Auftraggebers, das Angebot der Beschwerdeführerin im Vergabeverfahren "offenes Verfahren - Abschluss einer Rahmenvereinbarung zum Austausch von Leitschienen auf Landesstraßen L und B im Bundesland Salzburg" auszuscheiden, zurückgewiesen (Spruchpunkt 1.), die einstweilige Verfügung vom mit sofortiger Wirkung aufgehoben (Spruchpunkt 2.) und die Anträge auf Pauschalgebührenersatz sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgewiesen (Spruchpunkte 3. und 4.).

Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, der Auftraggeber habe am mittels einer entsprechenden EDV-Zugangsberechtigung beim Auftragnehmerkataster Österreich (ANKÖ) eine Vorinformation an das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Union betreffend das gegenständliche Vergabeverfahren übermittelt. Die Übermittlung sei vom ANKÖ mit E-Mail vom bestätigt worden. Am sei die Vorinformation im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht worden. Die Übermittlung der Auftragsbekanntmachung sei am ebenfalls über den dafür vorgesehenen EDV-Zugang beim ANKÖ erfolgt. Die Übermittlung an die Kommission sei vom ANKÖ mit E-Mail vom bestätigt worden. Die Bekanntmachung des Auftrages sei am im Amtsblatt erfolgt. In dieser Bekanntmachung sei auch eine Verknüpfung zu der am erfolgten Vorinformation enthalten.

Zwischen der Absendung der Vorinformation und der Absendung der Auftragsbekanntmachung lägen - ohne Einrechnung des jeweiligen Tages der Absendung - 52 Tage. Die Angebotsfrist betrage ohne Einrechnung des Tages der Absendung der Auftragsbekanntmachung () und des Tages der Angebotsöffnung () 15 Tage.

Am seien fünf eingelangte Angebote geöffnet und verlesen worden.

Mit Schreiben vom - bei der Beschwerdeführerin eingelangt am selben Tag - habe der Auftraggeber die Beschwerdeführerin von der Ausscheidung ihres Angebots verständigt und dies näher begründet.

Der gegenständliche Nachprüfungsantrag sei am , somit elf Tage nach der Bekanntgabe des Ausscheidens, eingebracht worden.

Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 2 des Salzburger Vergabekontrollgesetzes 2007 - S.VKG, LGBl. Nr. 28/2007, seien Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei Verfahren, in denen die Angebotsfristen gemäß § 61 Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17 (BVergG) und gleichzeitig gemäß § 62 BVergG kumuliert verkürzt worden seien, binnen sieben Tagen einzubringen. Im vorliegenden Fall habe der Auftraggeber die Möglichkeiten der Verkürzung gemäß § 61 und gemäß § 62 BVergG in Anspruch genommen. Auf Grund dieser kumulierten Verkürzung habe die Frist für die Einbringung des Nachprüfungsantrages sieben Tage betragen. Der erst elf Tage nach der Verständigung vom Ausscheiden eingebrachte Nachprüfungsantrag sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Auf Grund der Entscheidung in der Hauptsache sei die einstweilige Verfügung unverzüglich aufzuheben gewesen. Da gemäß § 18 Abs. 2 S.VKG eine öffentliche mündliche Verhandlung ungeachtet eines diesbezüglichen Parteiantrages entfallen könne, wenn der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen sei, sei auch der Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zurückzuweisen gewesen. Auf Grund der Zurückweisung des Nachprüfungsantrages sei auch der Antrag auf Pauschalgebührenersatz zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2009/04/0256 protokollierte Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom hat der Vergabekontrollsenat des Landes Salzburg den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Einbringung des Nachprüfungsantrages abgewiesen (Spruchpunkt 1.) und den Antrag, dem Wiedereinsetzungsantrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.).

Zur Begründung von Spruchpunkt 1. führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, dass die Beschwerdeführerin ihren Wiedereinsetzungsantrag vom damit begründet habe, dass ihr die Durchführung des gegenständlichen Vergabeverfahrens zunächst unbekannt gewesen sei. Erst durch Informationen von Kunden habe sie am davon erfahren. Die Ausschreibung selbst habe keinen Hinweis auf den Beginn der Angebotsfrist oder auf die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens enthalten. Der Auftraggeber habe nie auf eine Verkürzung der Angebotsfrist hingewiesen. In der Verständigung vom Ausscheiden des Angebots der Beschwerdeführerin vom habe der Auftraggeber ausdrücklich erklärt, dass die gegenständlichen Leistungen am ausgeschrieben worden seien. Daraus sei für die Beschwerdeführerin eindeutig eine Angebotsfrist von 30 Tagen hervorgegangen. Die Beschwerdeführerin habe keine Veranlassung gehabt, von einer Verkürzung der Angebotsfrist auf 22 Tage auszugehen. Noch weniger habe sie einen Anhaltspunkt für eine Verkürzung um weitere sieben Tage gehabt. Die Beschwerdeführerin treffe daher jedenfalls nur ein minderer Grad des Versehens, zumal aus dem gesamten Vorgang keine Anhaltspunkte für eine kumulierte Verkürzung der Angebotsfrist ersichtlich gewesen sei. Der Fall sei mit einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung vergleichbar. Die Beschwerdeführerin habe erst durch die Zustellung des erstangefochtenen Bescheides am Kenntnis von der Verspätung erlangt. Davon ausgehend sei der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig.

Die belangte Behörde traf dazu die aus der obigen Wiedergabe des erstangefochtenen Bescheides ersichtlichen wesentlichen Feststellungen und führte sodann aus, dass es sich bei der Frist für die Stellung eines Nachprüfungsantrages um eine einer Wiedereinsetzung zugängliche verfahrensrechtliche Frist handle. Der Wiedereinsetzungsantrag sei jedoch nicht berechtigt.

Richtig sei, dass weder in der Ausschreibung noch sonst vom Auftraggeber Hinweise auf ein beschleunigtes Vergabeverfahren erfolgt seien. Eine derartige Verpflichtung bestehe jedoch nicht. Weiters sei richtig, dass im Schreiben vom , mit welchem die Beschwerdeführerin von der Ausscheidung ihres Angebots verständigt wurde, unrichtigerweise der als Tag der Ausschreibung genannt worden sei. Tatsächlich sei die Ausschreibung jedoch erst am durch Übermittlung der Bekanntmachung erfolgt. Durch die falsche Nennung des Ausschreibungszeitpunktes sei die Beschwerdeführerin jedoch nicht über die Frist für den Nachprüfungsantrag in die Irre geführt worden. Gleichgültig ob man vom unrichtig bekannt gegebenen Datum oder vom richtigen Datum ausgehe, liege jedenfalls ein beschleunigtes Verfahren vor, welches in letzter Konsequenz zur Verkürzung der Nachprüfungsfrist führe. Der Beschwerdeführerin sei nämlich nicht zuzustimmen, dass nach § 61 BVergG ausschließlich eine Verkürzung der Angebotsfrist auf genau 22 Tage und nicht z.B. auch auf 25 oder 30 Tage zulässig sei. Zur verspäteten Antragseinbringung habe vorliegend nicht eine Irreführung durch den Auftraggeber, sondern das Unterlassen der Recherche über die Fristen geführt. Mit einer Standard-Internetrecherche in der Onlineversion des Supplements zum Amtsblatt der Europäischen Union für das Europäische öffentliche Auftragswesen, herausgegeben vom Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, hätte ab die Bekanntmachung und die damit verknüpfte Vorinformation in Erfahrung gebracht werden können. Daraus wäre auch hervorgegangen, dass die Ausschreibung erst am erfolgt ist und die Angebotsfrist nur bis zum dauert. Damit wären auch die nötigen Hinweise auf die verkürzte Nachprüfungsfrist gegeben gewesen. Dass die Beschwerdeführerin durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an einer derartigen Recherche gehindert gewesen sei, sei nicht hervorgekommen.

Ihrem gesamten Inhalt nach nur gegen den Spruchpunkt 1. dieses Bescheides richtet sich die zur hg. Zl. 2009/04/0284 protokollierte Beschwerde mit dem Begehren, den Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der beiden Beschwerdesachen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

Zur Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid vom :

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des BVergG haben folgenden Wortlaut:

"§ 2. ...

16. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.

a) Gesondert anfechtbar sind folgende nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:

aa) Im offenen Verfahren die Ausschreibung; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung.

....

ii) Bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 25 Abs. 7:

Hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), ...

...

§ 50. Der Auftraggeber hat Bekanntmachungen und Mitteilungen der Kommission unter Verwendung der einschlägigen Standardformulare für Bekanntmachungen zu übermitteln. Als Übermittlung gilt auch die zur Verfügung Stellung der Daten der Bekanntmachungen und Mitteilungen im online-Verfahren. Die Übermittlung der Bekanntmachungen und Mitteilungen hat auf elektronischem Weg, in Ausnahmefällen auch per Fax, zu erfolgen. Der Bundeskanzler hat die von der Kommission festgelegten Verfahren für die Übermittlung von Bekanntmachungen und Mitteilungen im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Der Auftraggeber muss den Tag der Absendung der Bekanntmachung nachweisen können. Falls Daten online zur Verfügung gestellt werden, gilt als Absendung die Eintragung der Daten im online-System.

...

§ 60. (1) Beim offenen Verfahren beträgt die vom Auftraggeber festzusetzende Frist für den Eingang der Angebote mindestens 52 Tage. Falls in der Bekanntmachung nicht ein Tag für die frühest mögliche Abholung der Ausschreibungsunterlagen angegeben ist, beginnt die Angebotsfrist mit dem Tag der Absendung der Bekanntmachung. Sie endet mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Angebote spätestens eingehen müssen.

...

§ 61. Die in § 60 vorgesehene Frist für den Eingang der Angebote im offenen und im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung kann auf 22 Tage verkürzt werden, sofern der Auftraggeber mindestens 52 Tage, höchstens aber 12 Monate vor dem Zeitpunkt der Absendung einer Bekanntmachung gemäß den §§ 46 und 50 der Kommission eine Vorinformation gemäß § 53 zur Veröffentlichung übermittelt hat. Die Angebotsfrist beginnt bei offenen Verfahren mit dem Tag der Absendung der Bekanntmachung und bei nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit dem Tag der Absendung der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten. ...

§ 62. (1) Sofern Bekanntmachungen unter Verwendung des einschlägigen Standardformulars elektronisch erstellt und auf elektronischem Weg nach dem vom Bundeskanzler gemäß § 50 kundgemachten Verfahren für die Übermittlung von Bekanntmachungen und Mitteilungen übermittelt werden, können

1. im offenen Verfahren die reguläre Angebotsfrist (§ 60 Abs. 1) oder die verkürzte Angebotsfrist (§ 61)

...

um sieben Tage verkürzt werden.

..."

Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 2 S.VKG beträgt die Frist für die Einbringung eines Nachprüfungantrages bei Verfahren, in denen die Angebotsfristen gemäß § 61 BVergG und gleichzeitig gemäß § 62 BVergG kumuliert verkürzt wurden, 7 Tage, wenn kein Fall der verkürzten Frist vorliegt gemäß Z. 7 dieser Bestimmung 14 Tage.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die Angebotsfrist vorliegend jedenfalls weniger als 22 Tage betragen hat, bringt aber vor, dass es sich hiebei nicht um eine kumulative Fristverkürzung gemäß § 61 und § 62 BVergG, die zu einer Verkürzung der Nachprüfungsfrist führe, gehandelt habe, weil die Voraussetzungen dieser Bestimmungen nicht eingehalten seien. Die Vorinformation habe einen unrichtigen Beginn des Ausschreibungsverfahrens genannt. Die Bekanntmachung der Ausschreibung sei am Pfingstsonntag den abgesendet worden; die Veröffentlichung sei erst am 3. Juni erfolgt. Erst damit habe die Angebotsfrist zu laufen begonnen. Davon ausgehend habe diese Frist rechtswidrigerweise nur 12 Tage gedauert. Eine rechtmäßige Fristverkürzung gemäß § 61 BVergG auf 22 Tage und kumulativ gemäß § 62 Abs. 1 leg. cit um weitere 7 Tage auf - exakt - 15 Tage liege daher nicht vor. Die Vorinformation und die Bekanntmachung seien entgegen § 50 BVergG nicht unmittelbar dem Amt für amtliche Veröffentlichungen, sondern im Wege des ANKÖ übermittelt worden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der ANKÖ die Verständigungen am selben Tag weitergeleitet habe. Daher sei auch die 52-tägige Mindestfrist zwischen der Vorinformation und der Bekanntmachung der Vergabe nicht eingehalten worden. Überdies sei an keiner Stelle der Ausschreibung auf ein beschleunigtes Verfahren hingewiesen worden. Auch das gemeinschaftsrechtliche Rechtsschutzgebot erfordere daher, von einer nicht verkürzten Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages auszugehen.

Diesem Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, dass die Ausschreibung und damit die Verkürzung der Angebotsfrist auf jedenfalls weniger als 22 Tage mangels Anfechtung durch die Beschwerdeführerin - die unstrittig rechtzeitig ein Angebot gelegt hat - bestandskräftig geworden ist. Dass die Verkürzung der Angebotsfrist nach dem Willen des Auftraggebers nicht durch eine Kumulierung der Verkürzungsmöglichkeiten gemäß § 61 und § 62 BVergG erreicht hätte werden sollen, wird in der Beschwerde nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus dem Akteninhalt. Allfällige Rechtswidrigkeiten bei der Anwendung dieser Bestimmungen könnten auf Grund der Bestandskraft der Ausschreibung nicht mehr geltend gemacht werden und nehmen der Verkürzung der Angebotsfrist nicht den Charakter einer Fristverkürzung gemäß § 61 BVergG und gleichzeitig gemäß § 62 leg. cit. im Sinn von § 22 S.VKG.

Hinzugefügt sei jedoch Folgendes:

Die Wortfolge "unverzüglich und unmittelbar" in § 50 BVergG ist bereits mit der Novelle BGBl. I Nr. 86/2007 entfallen. Diese Bestimmung enthält daher entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht (mehr) die Verpflichtung zur unmittelbaren Übermittlung von Bekanntmachungen und Mitteilungen an die (Europäische) Kommission. Die Vorinformation und die Bekanntmachung sind nach dem Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union - Ausdrucke der Online-Version wurden von der belangten Behörde vorgelegt - jeweils am Tag der Übermittlung durch den Auftraggeber an den ANKÖ ( und ) bei der Kommission eingelangt. Eine Verzögerung auf Grund der Übermittlung im Wege des ANKÖ ist daher nicht eingetreten. Zwischen dem Tag der Übermittlung der Vorinformation () und der Absendung der Bekanntmachung der Ausschreibung () liegen somit jedenfalls die von § 61 geforderten zumindest 52 Tage. Da in der Bekanntmachung der Ausschreibung unstrittig kein Tag für die frühestmögliche Abholung der Ausschreibungsunterlagen angegeben ist begann die Angebotsfrist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 60 Abs. 1 BVergG und des § 61 leg. cit mit dem Tag der Absendung der Bekanntmachung und betrug daher bis zum Tag der Angebotsöffnung am keinesfalls weniger als 15 Tage. Die belangte Behörde ist im Übrigen auch im Recht, dass § 61 eine Fristverkürzung auf bis 22 Tage (und nicht nur auf exakt 22 Tage) zulässt, setzt diese Bestimmung nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1171 BlgNR, XXII GP, 58) doch die Richtlinie 2004/18/EG, nach der die Frist "im Allgemeinen auf 36 Tage, jedoch auf keinen Fall weniger als 22 Tage" verkürzt werden darf, um.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass vorliegend eine kumulative Verkürzung der Antragsfrist gemäß § 61 und gemäß § 62 Abs. 1 Z. 2 BVergG vorliegt und daher die Frist für den Nachprüfungsantrag gemäß § 22 Abs. 1 Z. 2 S.VKG 7 Tage beträgt.

Mit dem im Wesentlichen gegen die - bestandfeste - Verkürzung der Angebotsfrist gerichteten Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin auch nicht aufzuzeigen, dass das gemeinschaftsrechtliche Gebot eines effektiven Rechtsschutzes im vorliegenden Fall eine längere Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages erfordert hätte.

Da der gegenständliche Antrag unstrittig erst 11 Tage nach der Verständigung vom Ausscheiden des Angebots der Beschwerdeführerin eingebracht wurde, hat ihn die belangte Behörde in unbedenklicher Weise als verspätet zurückgewiesen. Aus diesem Grund bestehen auch keine Bedenken gegen die Zurückweisung des mit dem Nachprüfungsantrag verbundenen Antrages auf Pauschalgebührenersatz und die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Da gemäß § 18 Abs. 2 S.VKG eine öffentliche mündliche Verhandlung ungeachtet eines diesbezüglichen Parteiantrages entfallen kann, wenn der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen ist, ist es auch unbedenklich, dass die belangte Behörde dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben hat.

Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid vom gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der in der Beschwerde beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Zur Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid vom :

Gemäß dem - nach § 13 S.VKG anzuwendenden - § 71 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn (Z. 1) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Der Antrag muss nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden.

Nach der hg. Judikatur ist der Begriff des minderen Grades des Versehens als leichte Fahrlässigkeit im Sinn von § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter - dessen Verschulden der Partei zuzurechnen ist - darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Behörde und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. etwa den zu § 46 VwGG ergangenen, auch hier maßgeblichen Beschluss vom , Zl. 2008/04/0127). Unter einem Ereignis im Sinn von § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG, das zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen kann, ist nicht nur ein von der Partei unbeeinflussbares Geschehen in der Außenwelt zu verstehen, sondern auch menschliche Unzulänglichkeiten und innere Vorgänge wie Vergessen, Versehen, Irrtum usw. (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, Rz 34 ff zu § 71 wiedergegebene hg. Judikatur).

Soweit der Beschwerdeführer zunächst in dieser Beschwerde geltend macht, dass die Frist für die Nachprüfungsantrag 14 Tage betragen habe (und daher nicht versäumt worden sei), macht er keine Rechtsverletzung durch die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf dieser Frist geltend.

Im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber unstrittig in der Verständigung vom Ausscheiden des Angebots der Beschwerdeführerin unrichtig den als Tag der Ausschreibung genannt. Ein Hinweis auf die Beschleunigung des Verfahrens - durch kumulative Verkürzung der Angebotsfrist gemäß § 61 und § 62 BVergG - ist in der Ausschreibung unstrittig nicht enthalten. Das richtige Datum der Ausschreibung (Absendung der Bekanntmachung am ) wäre unstrittig mit einer Standard-Internet-Recherche in der Online-Version des Supplements zum Amtsblatt der Europäischen Union eruierbar gewesen; eine solche Recherche hat die Beschwerdeführerin - die bereits bei Einbringung des Nachprüfungsantrages anwaltlich vertreten war - wie sie selbst zugesteht, nicht durchgeführt.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sie von der gegenständlichen Ausschreibung nicht durch eine Internetrecherche, sondern durch Information seitens eines Kunden erfahren habe. Auf Grund der unrichtigen Bekanntgabe des Datums der Ausschreibung in der Verständigung vom Ausscheiden ihres Angebots sei sie davon ausgegangen, dass die Angebotsfrist von 18. Mai bis (29 Tage) dauere. Es habe für sie kein Anhaltspunkt bestanden, dass eine Verkürzung der Angebotsfrist gemäß § 61 BVergG und gleichzeitig gemäß § 62 leg. cit. vorliege. Die Beschwerdeführerin habe sich auf die Auskunft des Auftraggebers verlassen. Dies stelle entgegen der Ansicht der belangten Behörde jedenfalls nur einen minderen Grad des Versehens dar.

Da die Verkürzung der Angebotsfrist gemäß § 61 und § 62 BVergG jeweils keine zwingende Folge des Vorliegens der in diesen Bestimmungen genannten Voraussetzungen ist, sondern nur eine dem Auftraggeber eingeräumte Ermächtigung darstellt, liegt eine kumulative Fristverkürzung nach den beiden genannten Bestimmungen nur vor, wenn der Auftraggeber tatsächlich von beiden Ermächtigungen Gebrauch gemacht hat, was nur dann der Fall ist, wenn die tatsächlich festgesetzte Angebotsfrist weniger als - die schon allein auf Grund einer Verkürzung gemäß § 61 leg. cit. möglichen - 22 Tage beträgt.

Für die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin ergab sich somit aus dem Inhalt des Verständigungsschreibens über das Ausscheiden ihres Angebots, wonach die Ausschreibung bereits am (29 Tage vor der Angebotsöffnung) erfolgte, dass keine kumulierte Verkürzung der Angebotsfrist gemäß § 61 und § 62 BVergG vorliegt und daher die Frist für die Einbringung des Nachprüfungsantrages gemäß § 22 S.VKG 14 Tage beträgt.

Wenngleich bei der Beurteilung, ob ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden vorliegt, an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist (vgl. etwa den bereits zitierten hg. Beschluss, Zl. 2008/04/0127), liegt im vorliegenden Fall in der Unterlassung einer Standardrecherche im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union kein eine Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden des Rechtsanwalts:

Da die Dauer der Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages von der Dauer der Angebotsfrist abhängt, muss ein Rechtsanwalt vor Einbringung des Nachprüfungsantrages zweifellos auch die Dauer der Angebotsfrist prüfen. Im vorliegenden Fall war aus dem die Frist für die Einbringung des Nachprüfungsantrages in Gang setzenden Verständigungsschreiben des Auftraggebers über das Ausscheiden des Angebots eindeutig ersichtlich, dass keine kürzere Angebotsfrist als 22 Tage und somit im Sinn der obigen Ausführungen keine kumulierte Fristverkürzung gemäß § 61 und § 62 BVergG vorliegt. Nach den Feststellungen der belangten Behörde ergeben sich auch aus dem Text der Ausschreibung keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Fristverkürzung. Bei dieser Sachlage stellt der Umstand, dass sich der Vertreter der Beschwerdeführerin auf den Inhalt des Verständigungsschreibens des Auftraggebers verlassen hat und keine zusätzliche Recherche im Internet über die Dauer der Angebotsfrist angestellt hat, kein über den Grad des minderen Versehens hinaus gehendes Verschulden dar.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der zweitangefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt 1.) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG Abstand genommen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am