VwGH vom 28.09.2011, 2009/04/0221
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Dr. Friedrich Lorenz, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Johannesgasse 25, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch die Regner Günther Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Rechte Wienzeile 31/7, vertretenen) Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , Zl. BA-ZP 85/2009, betreffend Beitrag zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Ausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom wurden dem Beschwerdeführer Beiträge zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder für das Kalenderjahr 2009 in der Höhe von EUR 4.656,-- vorgeschrieben. Diese Vorschreibung wurde mit dem Entstehen der Beitragspflicht gemäß § 11 Abs. 1 der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der Fassung des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Sondernummer I/2003 (Satzung), und mit der nach der Beitragsordnung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der Fassung des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 1/2009 (Beitragsordnung) festgelegten Beitragshöhe für das Jahr 2009 begründet.
Mit Schreiben vom "berief" der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid und ersuchte um Bemessung gemäß abgegebener Umlagenerklärung (für das Jahr 2008), die dem Schreiben beigelegt war.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerde (Berufung) gemäß § 153 Abs. 4 und § 173 Abs. 7 und 10 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, BGBl. I 1999/58 in der geltenden Fassung (WTBG), iVm § 11 Abs. 1, 4 und 7, § 23 und § 26 der Satzung sowie der Beitragsordnung sowie § 66 Abs. 4 und § 71 AVG keine Folge gegeben.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, Befreiungs- und Ermäßigungsanträge seien gemäß § 11 Abs. 7 der Satzung innerhalb von sechs Wochen nach Bestellung (lit. a), nach Wiederaufnahme der selbständigen Tätigkeit nach Ruhen der Befugnis (lit. b) oder nach Ende einer bereits ausgesprochenen Ermäßigung oder Befreiung (lit. c) und im Übrigen bis 31. Jänner eines jeden Kalenderjahres für das laufende Beitragsjahr an den Ausschuss zu stellen und könnten jeweils nur für ein Beitragsjahr gestellt werden. Eine Nachfrist zur Stellung von Befreiungs- und Ermäßigungsanträgen sei in der Satzung nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer habe auch weder einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt noch Gründe für eine Wiedereinsetzung vorgebracht. Die belangte Behörde könne auch solche Gründe nicht erkennen. Da der Beschwerdeführer sohin innerhalb der in § 11 Abs. 7 der Satzung vorgesehenen Frist (bis ) keinen Antrag auf Befreiung oder Ermäßigung gemäß § 11 Abs. 4 lit. c der Satzung gestellt habe, sei der Beschwerde keine Folge zu geben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Wirtschaftstreuhandsberufsgesetzes, BGBl. I Nr. 58/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2008 (WTBG), lauten wie folgt:
"§ 153. …
(3) Der Vorstand hat für die Vorsorgeeinrichtungen gemäß § 173 Abs. 1 und 2 je einen Ausschuss einzurichten. …
(4) Der Kammertag hat einen Beschwerdeausschuss für die Vorsorgeeinrichtungen gemäß § 173 Abs. 1 und 2 einzurichten. …
(5) Gegen den Beschluss eines Ausschusses gemäß Abs. 3 steht die Beschwerde zu. Die Beschwerde ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses zu erheben. Über die Beschwerde hat der Beschwerdeausschuss zu entscheiden. Die Entscheidungen des Beschwerdeausschusses sind endgültig und können durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht angefochten werden.
…
§ 173. …
(7) In der Beitragsordnung ist die Höhe der jährlichen Beiträge festzusetzen. Dabei ist auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder Bedacht zu nehmen. Die Beiträge können auch angemessene, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermittelnde Risikobeiträge zur Finanzierung der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenvorsorge enthalten. In der Beitragsordnung können Höchst- und Mindestbeiträge festgelegt werden. Die Beiträge können sowohl als Fixbeiträge als auch in Relation zu einer in der Satzung festzulegenden Bemessungsbasis geregelt werden. Die Höhe der Beiträge darf 10% der jährlichen Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit in einem Wirtschaftstreuhandberuf nicht übersteigen. Wenn der Beitrag als Fixbetrag festgelegt wird, hat die Satzung - unbeschadet eines allfälligen Mindestbeitrags - Ermäßigungs- oder Befreiungsmöglichkeiten für jene Kammermitglieder vorzusehen, deren Bemessungsgrundlage geringer ist als die Bemessungsgrundlage, die sich aus dem Höchstbeitrag ergibt. Eine derartige Beitragsermäßigung kann von Kammermitgliedern, deren Berufsbefugnis ruht, nicht beansprucht werden. Weiters kann die Satzung sowohl eine Beitragsermäßigung als auch eine Beitragsbefreiung für Berufsanfänger vorsehen, und zwar für das Jahr der Ersteintragung und für weitere vier Kalenderjahre."
2. Der Beschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid zunächst vor, ihm hätte gemäß § 11 Abs. 7 zweiter Unterabsatz der Satzung ein Verbesserungsauftrag erteilt werden müssen. In diesem Zusammenhang hätte der Beschwerdeführer auch zur Darlegung von Wiedereinsetzungsgründen angeleitet werden müssen.
§ 11 Abs. 7 der Satzung sehe zwar eine Frist bis vor, jedoch keine Rechtsfolge, dass spätere Anträge von der Kammer nicht mehr behandelt werden müssten. Dies sei auch vor dem Hintergrund der Praxis der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu sehen, wonach in der Vergangenheit auch Anträge nach dem 31. Jänner behandelt und positiv entschieden worden seien.
§ 11 Abs. 7 der Satzung sei gesetzwidrig, insoweit diese Bestimmungen eine jährliche Verpflichtung zur neuerlichen Antragstellung auf Befreiung vorsehe und eine Frist bis zum 31. Jänner vorschreibe. Dies widerspreche § 173 Abs. 2 WTBG, wo der Gesetzgeber lediglich normiere, dass sich Mitglieder "auf Antrag von dieser Verpflichtung befreien lassen können". Die in § 11 Abs. 7 der Satzung vorgesehene Befreiungsregelung widerspreche auch (unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung) den entsprechenden Regelungen des ASVG und GSVG, wo eine jährliche neuerliche Antragstellung nicht vorgesehen sei.
3. Vorangestellt sei, dass am die Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der Fassung des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder 1/09, in Kraft und die im angefochtenen Bescheid zitierte Satzung außer Kraft getreten ist (vgl. deren §§ 1, 29 und 30). Für den Beschwerdefall ist dies jedoch aus folgenden Gründen ohne Belang, zumal auch § 11 Abs. 1 der Satzung inhaltsgleich beschlossen wurde:
Gemäß § 11 Abs. 1 der Satzung entsteht die Beitragspflicht mit dem auf die öffentliche Bestellung folgenden Monatsersten. Die Höhe der jährlichen Beiträge ist in der Beitragsordnung festzusetzen. § 11 Abs. 4 der Satzung regelt die Befreiung von dem bzw. die Ermäßigung des jährlichen Beitrages, § 11 Abs. 7 der Satzung enthält Regelungen über die Befreiungs- und Ermäßigungsanträge.
Die belangte Behörde hat dem Spruch des angefochtenen Bescheides zufolge das Schreiben des Beschwerdeführers vom als Beschwerde (Berufung) nach § 153 Abs. 5 WTBG gewertet und dieser keine Folge gegeben. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde dieses Schreiben jedoch als Antrag auf Befreiung und Ermäßigung gemäß § 173 Abs. 7 WTBG und § 11 Abs. 4 der Satzung gewertet.
In ihrer Gegenschrift an den Verwaltungsgerichtshof bringt die belangte Behörde wiederum vor, der Beschwerdeführer habe im vorliegenden Verfahren einen Antrag auf Befreiung bzw. Ermäßigung nach § 11 Abs. 4 der Satzung für das Jahr 2009 nicht gestellt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit der Gegenschrift eine fehlende Begründung des angefochtenen Bescheides nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nachgetragen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0059).
Dennoch trifft die in der Gegenschrift geäußerte Auffassung der belangten Behörde zu:
Zwischen der Vorschreibung der jährlichen Beiträge zur Vorsorgeeinrichtung gemäß § 173 Abs. 7 WTBG und der Entscheidung über einen Ermäßigungs- bzw. Befreiungsantragantrag nach dieser Bestimmung und § 11 der Satzung ist deutlich zu unterscheiden (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 2004/04/0026).
Im Beschwerdefall "berief" der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom und ersuchte um Bemessung gemäß abgegebener Umlageerklärung. Ein Antrag auf Ermäßigung oder Befreiung gemäß § 11 Abs. 4 der Satzung kann diesem (in den vorgelegten Verwaltungsakten aufliegenden) Schreiben nicht entnommen werden. Vielmehr ist dieses Schreiben als Beschwerde (Berufung) nach § 153 Abs. 5 WTBG zu werten und richtet sich gegen die Vorschreibung der Beiträge auf Grundlage der Beitragsordnung (vgl. § 173 Abs. 7 WTBG). Doch selbst wenn man davon ausginge, dass das genannte Schreiben des Beschwerdeführers vom neben einer Beschwerde nach § 153 Abs. 5 WTBG auch einen Antrag auf Ermäßigung oder Befreiung gemäß § 173 Abs. 7 WTBG enthalten habe, so hat die belangte Behörde dem insoweit eindeutigen Spruch des angefochtenen Bescheides zufolge mit dem angefochtenen Bescheid über einen derartigen Antrag nicht entschieden.
Damit stellen sich im Beschwerdefall die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fragen der Rechtzeitigkeit eines derartigen Ermäßigungs- und Befreiungsantrages nach § 11 Abs. 7 der Satzung und die in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage nach der Gesetzmäßigkeit dieser Bestimmung nicht.
4. Zur somit vorliegend allein maßgeblichen Vorschreibung der der jährlichen Beiträge zur Vorsorgeeinrichtung gemäß § 173 Abs. 7 WTBG bringt der Beschwerdeführer vor, er habe in seiner "Berufung" (Beschwerde nach § 153 Abs. 5 WTBG) die Beitragspflicht hilfsweise auch der Höhe nach bekämpft, und verweist auf seine Umlagenerklärung für 2008 und die dort näher bezeichneten Umsätze. Die belangte Behörde wäre im Sinne von Punkt I. Z. 2 lit. c der Beitragsordnung gehalten gewesen, die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Beitragszahlung deutlich zu reduzieren.
Im Beschwerdefall stützte sich die Beitragsvorschreibung im erstinstanzlichen Bescheid neben § 11 Abs. 1 der Satzung (welcher in der am beschlossenen Satzung inhaltlich unverändert blieb) auf den gemäß Punkt I. Z. 1. der Beitragsordnung festgesetzten Beitrag. Nach dieser Bestimmung beträgt der Beitrag EUR 4.656,-- für jedes Kalenderjahr. Die Festsetzung eines solchen Beitrages findet ihre gesetzliche Grundlage in § 173 Abs. 7 dritter Satz WTBG, wonach in der Beitragsordnung Höchst- und Mindestbeiträge festgelegt werden können und auch die Möglichkeit vorgesehen wird, den Beitrag als Fixbetrag festzulegen. In einem solchen Fall hat die Satzung unbeschadet eines allfälligen Mindestbeitrags Ermäßigungs- oder Befreiungsmöglichkeiten vorzusehen, wenn die Bemessungsgrundlage der betroffenen Mitglieder geringer sei als die Bemessungsgrundlage, die sich aus dem Höchstbeitrag ergebe. Einzige inhaltliche Schranke der Höhe dieses Fixbeitrages ist § 173 Abs. 7 vierter Satz, wonach die Höhe der Beiträge 10% der jährlichen Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit "in einem Wirtschaftstreuhandberuf" nicht übersteigen darf.
Dass der in der Satzung festgelegte Fixbeitrag diese Bestimmung verletze, bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Der vom Beschwerdeführer angesprochene Punkt I. Z. 2 der Beitragsordnung beinhaltet dagegen die Regelungen über die Ermäßigung bzw. den Entfall der Beiträge nach § 11 Abs. 4 der Satzung und legt in den lit. a) bis c) die ermäßigten Beiträge bzw. die Bemessungsgrundlage für die Ermäßigung und den Entfall fest. Diese Bestimmung ist im Beschwerdefall aber nicht anwendbar, weil der Beschwerdeführer einen Antrag nach § 11 Abs. 4 der Satzung nicht gestellt hat.
5. Aus diesen Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am