VwGH vom 24.10.2016, 2013/17/0781

VwGH vom 24.10.2016, 2013/17/0781

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Beschwerde der M E B in B, vertreten durch Dr. Bernhard Brehm, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Linke Wienzeile 124/10, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3- BE-3170301/019-2013, betreffend Kanalbenützungsgebühren (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Breitenfurt in 2384 Breitenfurt, Hirschentanzstraße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Marktgemeinde wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen die im Instanzenzug erfolgte Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühr nach dem Niederösterreichischen Kanalgesetz 1977, LGBl 8230-8 (in der Folge: NÖ KanalG 1977), in Verbindung mit der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom in der Fassung der Verordnung vom für die Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010 als unbegründet abgewiesen.

2 Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der ihrer Ansicht nach maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, dass die Gemeinde gemäß § 5 Abs 1 NÖ KanalG 1977 die Möglichkeit der Erhebung einer Kanalbenützungsgebühr habe, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen habe. Eine solche Beschlussfassung sei mit der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde in der Fassung vom erfolgt. Aus § 5 Abs 2 dieser Kanalabgabenordnung ergebe sich der in der Vorstellung nicht beanstandete Einheitssatz in der Höhe von EUR 2,31, der der Abgabenfestsetzung gemäß § 5 Abs 2 NÖ KanalG 1977 zugrunde zu legen gewesen sei.

Nach eingehender Begründung der Zuständigkeit des als Berufungsbehörde eingeschrittenen Gemeindevorstandes und Auseinandersetzung mit dem Einwand der Verjährung führte die belangte Behörde zum Vorbringen betreffend die mit dem letztinstanzlichen Gemeindebescheid erfolgte Abweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus, § 254 BAO sehe die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels im Abgabenverfahren nicht vor. Ein Antrag gemäß § 212a BAO sei nicht gestellt worden. Durch die Abweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt worden.

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken betreffend die im NÖ KanalG 1977 vorgesehene Berechnung der Abgabe an Hand der Fläche des angeschlossenen Gebäudes verwies die belangte Behörde einerseits auf ihre Bindung an gehörig kundgemachte Gesetze und Verordnungen, stellte darüber hinaus aber auch dar, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung eine typisierende Berechnung an Hand der Geschoßflächen akzeptiert habe. Auch beim Verwaltungsgerichtshof seien keine Bedenken gegen die angewendete Regelung entstanden (Hinweis auf ).

Da die Vorstellung somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

3 Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom , B 707/2013-15, ablehnte und die Beschwerde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom , B 707/2013-17, gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Im genannten Ablehnungsbeschluss führte der Verfassungsgerichtshof zum Vorbringen betreffend die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften aus, dass das "Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 16.319/2001) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen (lasse), dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg" habe.

4 In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten und die Verordnungsakten zur Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Auch die mitbeteiligte Marktgemeinde hat - vertreten durch den Vizebürgermeister - eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde und Kostenersatz beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Im Beschwerdefall, in dem die Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof vor dem dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde, sind gemäß § 8 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl I Nr 33/2013, die Bestimmungen des B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung und des VwGG in der bis zum Ablauf geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

6 In der ergänzten Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, es sei unklar, auf welche gesetzlichen Bestimmungen sich die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr stütze. Die Abgabenbehörden hätten sich auf § 5 NÖ KanalG 1977 und die §§ 5 Abs 1 und 2 der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde gestützt. Die Beschwerdeführerin habe aber "aufgezeigt, dass diese Verordnungen der Abgabenfestsetzung nicht zugrunde gelegt hätten werden dürfen." Dies begründet die Beschwerde näher mit der Auffassung, der in § 5 Abs 2 der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde geregelte Einheitssatz sei gesetzwidrig ermittelt worden.

7 Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Frage der Gesetzmäßigkeit der angewendeten Verordnung (vgl auch § 15 Abs 3 Z 4 FAG 2008) war - wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat - von dieser nicht zu prüfen. Die Beschwerdeführerin hatte Gelegenheit, ihre Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, der diese jedoch nicht zum Anlass der Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens genommen hat.

In der Beschwerde wird nicht näher dargelegt, aus welchen Gründen (insbesondere über die bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragenen Bedenken hinaus) die Verordnung nicht dem Gesetz entsprechen sollte. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, den Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines Antrags auf Aufhebung der angewendeten Verordnungsbestimmungen neuerlich mit der Frage zu befassen.

Soweit in diesem Zusammenhang die ordnungsgemäße Kundmachung der im Beschwerdefall angewendeten Änderungsverordnung vom zur Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom bestritten wird, zeigt das Vorbringen ebenfalls keine Rechtswidrigkeit auf, da die nach § 59 NÖ Gemeindeordnung, LGBl 1000-23, erforderliche Kundmachung durch den Bürgermeister (im Wortlaut, vgl VfSlg 18.728/2009, und mit der Unterschrift des Bürgermeisters und der Gemeindestampiglie) durch den Anschlag vom bis zum in dem von der mitbeteiligten Marktgemeinde vorgelegten Verordnungsakt belegt sind. Die Abgabenbehörden und die belangte Behörde hatten daher die Verordnung ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Allfällige Probleme bei der Einsichtnahme in die Verordnungsakten, wie sie in der Beschwerde geltend gemacht werden, vermögen an der Wirksamkeit der Kundmachung nichts zu ändern.

8 Soweit in der Beschwerde die Heranziehung einer unrichtigen Geschoßfläche bei der Abgabenbemessung gerügt wird, bezieht sich das Vorbringen ausschließlich auf die Abgabenfestsetzung für die Jahre 2005 und 2006. Diese ist jedoch nicht Gegenstand des hier zugrunde liegenden Bescheides, zumal der Gemeindevorstand in seiner Berufungsentscheidung vom die mit dem erstinstanzlichen Bescheid vorgenommene Vorschreibung für diese Jahre (ersatzlos) aufgehoben hat. Gegenstand der Vorstellung und somit der hier angefochtenen Entscheidung der Vorstellungsbehörde waren lediglich die Vorschreibungen für die Jahre 2007 bis 2010.

9 Auch das Vorbringen zu angeblichen Verfahrensmängeln bezieht sich auf die Ermittlung des Einheitssatzes und somit auf die Frage der Gesetzmäßigkeit der angewendeten Verordnung. Weder die Abgabenbehörden, noch die belangte Vorstellungsbehörde waren verpflichtet, diesbezüglich weitere Sachverhaltsfeststellungen zu treffen bzw die Ermittlung des Einheitssatzes in ihren Bescheiden näher zu begründen.

10 Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

11 Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

12 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil im Hinblick auf das ausschließlich die Rechtswidrigkeit der angewendeten generellen Normen und die Rechtsfrage der ordnungsgemäßen Kundmachung der angewendeten Verordnungsbestimmung betreffende Beschwerdevorbringen dem weder Art 6 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen.

13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 in der Fassung BGBl II Nr 8/2014, noch anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Das Kostenbegehren der nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertretenen mitbeteiligten Marktgemeinde war abzuweisen, weil ein Mitbeteiligter gemäß § 48 Abs 3 Z 2 VwGG in der Fassung vor BGBl I Nr 33/2013 im Falle der Abweisung der Beschwerde unter dem Titel des Schriftsatzaufwandes nur Anspruch auf den Ersatz jenes Aufwandes hatte, "der für ihn mit der Einbringung einer Gegenschrift durch einen Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) verbunden war".

Wien, am