VwGH vom 05.09.2013, 2011/09/0059
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2011/09/0108
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerden 1. des FS in G, vertreten durch Dr. Stefan Stastny, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 33.12-8/2010-16, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:
Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zur Zl. 2011/09/0059, und 2. des PS in G, vertreten durch Dr. Stefan Stastny, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 333.22-7/2010-25, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zur Zl. 2011/09/0108, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Jeder Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen, zur Zl. 2011/09/0059 erstangefochtenen Bescheid wurde der Erstbeschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung für schuldig erkannt, er habe es als persönlich haftender Gesellschafter der S-KEG (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) mit Sitz in G. zu verantworten, dass am vier namentlich angeführte armenische Staatsangehörige (Ausländerinnen) von der von ihm vertretenen S-KEG mit dem Sortieren, Zählen und Zusammenlegen von Prospekten am Standort seines Unternehmens beschäftigt worden seien, obwohl für diese Ausländerinnen keine nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) erforderliche näher angeführte Bewilligungen oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Er habe dadurch Übertretungen der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begangen und über ihn wurden gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG vier Geldstrafen in der Höhe von EUR 2.000,-- je Ausländerin und im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils zwei Tagen verhängt und ihm die Verfahrenskosten auferlegt.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen, zur hg. Zl. 2011/09/0108 zweitangefochtenen Bescheid wurde der Zweitbeschwerdeführer nach Durchführung derselben mündlichen Verhandlung für schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der hf-GmbH mit Sitz in G. zu verantworten, dass am diese vier namentlich angeführten armenischen Staatsangehörigen (Ausländerinnen) auch von der von ihm vertretenen GmbH ebenfalls mit dem Sortieren, Zählen und Zusammenlegen von Prospekten am Standort seines Unternehmens beschäftigt worden seien, obwohl für diese Ausländerinnen keine nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) erforderliche näher angeführte Bewilligungen oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Er habe dadurch Übertretungen der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begangen und über ihn wurden gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG vier Geldstrafen in der Höhe von EUR 4.000,-- je Ausländerin und im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils zwei Tagen verhängt und ihm die Verfahrenskosten auferlegt.
In der Begründung der angefochtenen Bescheide führte die belangte Behörde zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass die vier Ausländerinnen am in der Halle der vom Erstbeschwerdeführer vertretenen S-KEG beim Sortieren von Prospekten von behördlichen Kontrollorganen angetroffen worden seien. Sowohl die S-KEG, als auch die hf-GmbH seien auf dem Gebiet der Verbreitung von Werbemitteln tätig. Die vom Erstbeschwerdeführer vertretene S-KEG habe an die vom Zweitbeschwerdeführer vertretene GmbH mündlich den Auftrag erteilt, dass 21.041 Prospekte so sortiert werden sollten, dass jeweils zehn Folder, ein Plakat und ein Begleitbrief mit Adresse in eine Plastiktasche mit Selbstklebeverschluss zu stecken und dann auf Paletten zu setzen gewesen seien. Der Auftrag sei relativ kurzfristig erteilt worden.
Der Einsatz der Ausländerinnen sei vom Mitarbeiter H. der vom Zweitbeschwerdeführer vertretenen hf-GmbH auf Grund des an H. gerichteten Auftrages der S-KEG ausgegangen, bei diesem seien die Arbeitskräfte durch den Erstbeschwerdeführer angefordert worden. H. habe seinerseits der Ausländerin A, einer Werbemittelverteilerin der hf-GmbH, die Anweisung erteilt, sie solle zur Erfüllung des Auftrages zwei oder drei andere Personen mitnehmen, die ansonsten für die hf-GmbH als Werbemittelverteiler/innen tätig seien. Erst vor Ort in der Halle sei den Ausländerinnen die zu verrichtende Tätigkeit erklärt worden, sie hätten sich nach den Öffnungszeiten der Halle richten müssen. Zwischen den beiden Gesellschaften sei ein Stückpreis verrechnet worden. Die Entlohnung der Ausländerinnen sei getrennt und entsprechend einer Liste durch die hf-GmbH vorgesehen gewesen.
Der Erstbeschwerdeführer habe ein Muster für die Tätigkeit der Ausländerinnen erstellt. Er selbst sowie der Kommanditist der S-KEG habe sich an den in Halle aufgestellten Maschinen, wie zB einer Adressiermaschine, betätigt und es habe lediglich eine geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin der S-KEG gegeben. Dies bedeute, dass die S-KEG von vornherein nicht über die Arbeitskräfte in ausreichender Zahl verfügt, die den gegenständlichen Auftrag termingerecht hätten ausführen können.
Material und Werkzeug seien ausschließlich von der S-KEG beigestellt worden. Es habe sich um eine einfache Tätigkeit gehandelt, bei der man nicht leicht etwas falsch habe machen können. Alle vom Auftrag erfassten Arbeiten hätten in einer Halle in Gegenwart des Erstbeschwerdeführers stattgefunden, der sich an einer der Maschinen in der Halle bei einer nicht mit dem gegenständlichen Auftrag im Zusammenhang stehenden Arbeit betätigt habe, der aber die Sortierarbeiten der Ausländerinnen "aus dem Augenwinkel" beobachten habe können. Die Haftungsfrage habe für den gegenständlichen Auftrag keine Rolle gespielt, es sei kein gewährleistungstauglicher Erfolg der Tätigkeit gegeben gewesen.
Ein Kontrollsystem in der hf-GmbH dahingehend, welche Arbeitskräfte H. anderen Firmen zur Verfügung stellen durfte, habe es nicht gegeben.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt gemäß § 2 Abs. 2 bis 4 AuslBG in ausführlichen Begründungen dahingehend, dass die hf-GmbH die Ausländerinnen beschäftigt und der S-KEG überlassen habe, diese habe die überlassenen Arbeitskräfte im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG ebenfalls beschäftigt.
Ausländerbeschäftigungsrechtliche Papiere gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG seien unbestritten nicht vorgelegen. Beide Beschwerdeführer seien daher wegen Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zur Verantwortung zu ziehen gewesen, der Erstbeschwerdeführer nach dem zweiten Strafsatz dieser Bestimmung, der Zweitbeschwerdeführer infolge seiner einschlägigen Vorstrafen nach deren vierten Strafsatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde über beide Beschwerden wegen deren sachlichen und persönlichen Zusammenhanges auf verbundene Weise erwogen:
Der Erstbeschwerdeführer bestreitet weder die festgestellte Tätigkeit der Ausländerinnen im Auftrag der von ihm vertretenen KEG, noch dass diese nicht im Besitz ausländerbeschäftigungsrechtlicher Papiere gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG gewesen sind. Er hält den erstangefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil die Tätigkeit auf Grund eines Werkvertrages mit der hf-GmbH erfolgt sei, eine Verwendung überlassener Arbeitskräfte habe nicht stattgefunden.
Damit zeigt der Erstbeschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides indes nicht auf.
§ 2 AuslBG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I
Nr. 78/2007 lautet auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.
(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der
Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
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d) | nach den Bestimmungen des § 18 oder |
e) | überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988. |
(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind
a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,
b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,
c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und
d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine
EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 auszustellen ist.
(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. …"
Die §§ 3 und 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), BGBl. Nr. 196/1988, lauten:
"Begriffsbestimmungen
§ 3. (1) Überlassung von Arbeitskräften ist die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte.
(2) Überlasser ist, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet.
(3) Beschäftiger ist, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.
(4) Arbeitskräfte sind Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.
Beurteilungsmaßstab
§ 4. (1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor,
wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des
Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber
1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und
Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes,
unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk
herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder
2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und
Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder
3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers
eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen
oder
4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der
Werkleistung haftet."
Das Ergebnis der von der belangten Behörde an Hand der Kriterien des § 4 Abs. 2 AÜG angestellten Beurteilung kann nicht als rechtswidrig erachtet werden. Die ausländischen Arbeitskräfte haben der Art nach kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen der S-KEG abweichendes, unterscheidbares Werk hergestellt. Dass es sich bei den Dienstleistungen, die als Konfektionsarbeiten bezeichnet werden können, um kein differenzierbares "Zwischenergebnis" iSd § 4 Abs. 2 Z. 1 AÜG handelt, kann keinem Zweifel unterliegen, zumal die Arbeiten iSd § 4 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auch mit dem Material und dem Werkzeug der S-KEG geleistet worden sind und die mit den Arbeiten betrauten Ausländerinnen überdies iSd § 4 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. organisatorisch in den Betrieb der S-KEG dadurch eingebunden waren, dass sie in den Betriebsräumlichkeiten der S-KEG tätig wurden. Die belangte Behörde ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verwendung der ausländischen Arbeitskräfte gemäß § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG als Beschäftigung und die S-KEG als Beschäftigerin zu qualifizieren war (vgl. den ähnlichen Fall im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0022, und zur Qualifikation der Tätigkeit von Konfektionisten als Beschäftigung iSd § 2 AuslBG die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/09/0055, und vom , Zl. 2008/09/0196, und vom , Zl. 2011/09/0020, auf diese kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden).
Der Zweitbeschwerdeführer bestreitet nicht, dass die Arbeitskräfte von dem von ihm vertretenen Unternehmen in die Halle der S-KEG geschickt worden sind. Er bezeichnet auch ausdrücklich die Tätigkeit der von ihm vertretenen GmbH als den Unternehmenszweig der Überlassung von Arbeitskräften. Soweit er argumentiert, es habe sich um einen Werkvertrag gehandelt, ist dies aus den dargelegten Gründen sowohl unrichtig als auch für seinen Standpunkt nicht zielführend. Die rechtliche Erörterung der Beurteilung der Tätigkeit von Werbemittelverteilerinnen ist ebenfalls nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen, hier waren die Ausländerinnen nämlich unbestritten mit Konfektionsarbeiten befasst.
Für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG ist nicht von entscheidender Bedeutung ob derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, selbst Arbeitgeber der Ausländer ist, oder ob im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG in Verbindung mit dem AÜG die Verwendung überlassener Arbeitskräfte erfolgt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0207, mwN). Die belangte Behörde durfte ohne Rechtsirrtum sowohl den für die Überlassung der Arbeitskräfte verantwortlichen Zweitbeschwerdeführer als auch den für die Verwendung der überlassenen Arbeitskräfte verantwortlichen Erstbeschwerdeführer zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung ziehen.
Mit den in den Beschwerden erhobenen Verfahrensrügen (behauptete "Beschneidung des Fragerechts zum Thema Werbemittelverteilung") machen die Beschwerdeführer weder konkrete noch relevante Verfahrensmängel geltend, die Beweiswürdigung der Behörde begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
Die belangte Behörde verhängte jeweils Mindeststrafen, Gründe für eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG oder für ein Absehen von einer Bestrafung gemäß § 21 VStG wurden weder aufgezeigt noch sind solche zu ersehen.
Die Beschwerde waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am
Fundstelle(n):
NAAAE-87094