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VwGH vom 04.10.2012, 2011/09/0049

VwGH vom 04.10.2012, 2011/09/0049

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2012/09/0012 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1030 Wien, Hinter Zollamtstraße 2b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-PL-09-0304, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens in einer Angelegenheit nach dem AuslBG (mitbeteiligte Partei: H J in A, vertreten durch Dr. Georg Lugert, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Dr. Karl Renner Promenade 10; weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe es als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der J-GmbH mit Sitz in A, somit als Arbeitgeber, zu verantworten, dass diese Gesellschaft drei näher bezeichnete polnische Staatsangehörige am gegen 14.10 Uhr mit Bauhilfsarbeiten beim Zusammenbau einer Holzkonstruktion für eine Terrasse in G beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der gegen diesen Bescheid vom Mitbeteiligten erhobenen Berufung gab die belangte Behörde Folge, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein.

In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und Wiedergabe der Aussagen der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Personen (Mitbeteiligter und acht Zeugen) Folgendes aus:

"Aufgrund des durchführten, im Verwaltungsakt der Behörde I Instanz dokumentierten Ermittlungsverfahrens, sowie aufgrund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung am ergibt sich, dass der (Mitbeteiligte) nicht als Beschäftiger der drei polnischen Staatsangehörigen in Frage kommt.

So hat nicht nur das Ermittlungsverfahren ergeben, dass Zeuge (M) die beiden anderen Polen beschäftigt hat, sondern hat auch der Bürgermeister der Stadt (X) den Zeugen (M) mit Straferkenntnis vom als Arbeitgeber der beiden Ausländer (L) und (Z) gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 z 28 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu einer Geldstrafe von EUR 2000,--

verurteilt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen, sodass (die belangte Behörde) nicht davon ausgehen konnte, dass der (Mitbeteiligte) für dieselbe Tat als Täter in Frage kommt.

Sollte das Finanzamt (Y) der Ansicht sein, es hätte sich um eine ebenso unerlaubte Übertretung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz gehandelt, so ist festzuhalten, dass der Tatvorwurf nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz lautet und eine unerlaubte Arbeitskräfteüberlassung seitens der Behörde erster Instanz nicht vorgeworfen wurde.

Da somit eine selbständige Beurteilung aufgrund der Rechtskraft des Bescheides des Bürgermeisters der Stadt (W) Zl. … vom gegen Herrn (M) nicht mehr erforderlich erscheint, war der angefochtene Bescheid zu beheben und spruchgemäß mit Einstellung des Verfahrens vorzugehen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art. 131 Abs. 2 B-VG gestützte Amtsbeschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangt, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumption dieses Sachverhaltes und einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid in keiner Weise gerecht. Die belangte Behörde unterlässt jegliche Ausführung dazu, auf Grund welcher beweiswürdigender Erwägungen und welches daraus resultierenden Sachverhaltes sie zur Annahme kommt, dass eine Beschäftigung der Ausländer durch den Mitbeteiligten ausscheidet.

Soweit sie sich dazu darauf stützt, dass "zu derselben Tat" bereits eine rechtskräftige Verurteilung des dritten Ausländers (M) wegen unerlaubter Beschäftigung der beiden anderen Polen gemäß § 3 iVm § 28 AuslBG vorliege, wird übersehen, dass dieses Straferkenntnis auf Grund der subjektiven Grenzen seiner Rechtskraft Bindungswirkung nur dahin entfaltet, dass der Bestrafte es gegen sich gelten lassen muss, die im Spruch umschriebene Tat begangen zu haben. Diese Bindung steht aber der Bestrafung einer anderen Person wegen desselben Sachverhalts nicht entgegen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/11/0133). Selbst wenn aber auf Grund der zu treffenden Feststellungen nicht von einer direkten Beschäftigung dieser beiden Polen durch die J-GmbH auszugehen wäre, käme eine Verwendung derselben als (der J-GmbH) überlassene Arbeitskräfte in Frage, welche vom inkriminierten Tatbestand umfasst ist (vgl. dazu § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG).

Indem die belangte Behörde in Verkennung dessen eine den zuvor dargelegten Erfordernissen entsprechende Begründung unterlassen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am