VwGH vom 24.06.2014, 2013/17/0739
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2013/17/0831 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der M OG in N, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-NK-12-0033, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschlagnahme von drei Glücksspielgeräten und einem sogenannten "Media-PC" nach § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a und lit. b Glücksspielgesetz (GSpG) ausgesprochen.
Die belangte Behörde führte begründend aus, dass zwischen der Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Geräte und der beschwerdeführenden Partei eine Vereinbarung "über die Leihstellung der Wettausstattung" bestanden habe. Mit den beschlagnahmten Geräten hätten Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen abgeschlossen werden können. Unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2012/17/0042, und vom , Zl. 2011/17/0296, qualifizierte die belangte Behörde die Geräte als sonstige Eingriffsgegenstände im Sinne des GSpG. Die Feststellungen hinsichtlich der auf den Geräten angebotenen Wetten und der dabei möglichen Einsätze stützte die belangte Behörde u.a. auf von den einschreitenden Organen hinter den Geräten vorgefundene alte "Wettscheine", auf denen ein Einsatz von EUR 1,-- ersichtlich gewesen sei.
Die Beschlagnahme des Media-PCs sei gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. b GSpG zulässig gewesen, da dieser "ein technisches Hilfsmittel zur Beeinflussung des Spielablaufes" dargestellt habe.
Nach Ausführungen zu unionsrechtlichen Einwänden in der Berufung wurde die Einschränkung des Tatvorwurfs von "Hunde- und Pferderennen" im erstinstanzlichen Bescheid auf lediglich "Hunderennen" begründet sowie zur Unterlassung der Durchführung eines weiteren beantragten Beweises (Vernehmung des Zeugen B zum Beweis dafür, dass mit den Geräten keine Hundewetten angeboten worden seien) ausgeführt, dass der Sachverhalt ausreichend geklärt gewesen sei.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung habe (wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0298, ausgeführt habe) gemäß § 51e Abs. 4 VStG abgesehen werden können, da der Sachverhalt ausreichend geklärt gewesen sei und die Akten erkennen lassen hätten, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache im Sinne des § 51e Abs. 4 VStG nicht habe erwarten lassen. Der Nichtdurchführung einer Verhandlung sei auch nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegengestanden, da lediglich Rechtsfragen zu beantworten gewesen seien (Hinweis auf das Urteil des EGMR vom , Nr. 7401/04, im Fall Hofbauer gegen Österreich 2).
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , B 950/2013-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Unzuständigkeit der belangten Behörde und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Unter dem Gesichtspunkt der Unzuständigkeit der belangten Behörde bzw. der Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerde die Unterlassung der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung und das Fehlen von Feststellungen zu den auf den beschlagnahmten Geräten möglichen Einsatzhöhen geltend. Darüber hinaus wird gerügt, dass sich die beschwerdeführende Partei während des Verfahrens keine Kenntnis über die Ermittlungsergebnisse der Finanzpolizei habe verschaffen können. An diesen Ermittlungsergebnissen hätte die beschwerdeführende Partei deshalb ein besonderes Interesse gehabt, weil der Finanzpolizei bekannt gewesen sei, dass an den beschlagnahmten Geräten die Wettart "Power Races" nicht angeboten worden sei. Moniert wird weiters, dass die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit zur Befragung von Zeugen oder der Namhaftmachung von Entlastungszeugen gehabt hätte. Auf den beschlagnahmten Geräten seien - worauf auch bereits im Verwaltungsverfahren hingewiesen worden sei - keine Hundewetten angeboten worden.
Darüber hinaus wird eingewendet, dass die Funktionsweise des beschlagnahmten Media-PCs nicht festgestellt worden sei.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Wenngleich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung davon ausgegangen ist, dass auch im Verfahren über Berufungen gegen Beschlagnahmebescheide im Hinblick darauf, dass der unabhängige Verwaltungssenat bei Aufrechterhaltung der Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen habe, gemäß § 51e Abs. 4 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden könne (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0148), setzt die Anwendung dieses Ausnahmetatbestandes die Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes voraus.
Von einer derartigen Klärung kann im Beschwerdefall sowohl hinsichtlich des beschlagnahmten Media-PCs als auch der auf den beschlagnahmten Geräten angebotenen Spiele und der dabei möglichen Einsatzhöhen nicht gesprochen werden.
Die belangte Behörde hat somit entgegen § 51e VStG die Durchführung der nach Lage des Beschwerdefalles erforderlichen öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 4 VStG unterlassen, bei deren Durchführung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Aufgrund dieses - im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK - wesentlichen Verfahrensmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0215).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-87063