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VwGH vom 20.05.2010, 2009/04/0167

VwGH vom 20.05.2010, 2009/04/0167

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der G GmbH in K, vertreten durch Mag. Dr. Thomas Nirk, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 56/7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. M63/007810/2008, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung "Gärtner gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 22 GewO 1973" in einem näher bezeichneten Standort gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgebenden Gesetzesbestimmungen aus, das vertretungsbefugte Organ der Beschwerdeführerin, der alleinige handelsrechtliche Geschäftsführer S., sei mit elf Straferkenntnissen wegen zahlreicher Übertretungen des AuslBG (insgesamt 24 Fakten) und einmal wegen einer Übertretung des KFG rechtskräftig bestraft worden. Diese Bestrafungen entfalteten gegenüber der belangten Behörde insoweit Bindungswirkung, als sie an den von der Verwaltungsstrafbehörde als erwiesen angenommenen objektiven und subjektiven Tatbestand gebunden sei und damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgt sei, somit die Verstöße des S. gegen das AuslBG, feststünden. Zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin, sie sei an diesen Verwaltungsstrafverfahren nicht beteiligt gewesen, sei anzumerken, dass ihr in diesen gemäß § 9 Abs. 7 VStG Parteistellung zuerkannt worden sei und sie auch in acht dieser Verfahren Rechtsmittel ergriffen habe. Das von der Beschwerdeführerin zitierte Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zur Rs C-161/07 betreffe die Eintragung von Gesellschaften durch Staatsangehörige der acht neuen Mitgliedstaaten ins Firmenbuch, welche entweder einen Bescheid des AMS, der ihre Selbständigkeit feststelle oder einen Befreiungsschein vorlegen müssten. Durch dieses Urteil werde aber nicht die Möglichkeit der Behörde tangiert, zu überprüfen und festzustellen, ob eine Scheinselbständigkeit durch Gesellschafter aus den neuen Mitgliedstaaten vorliege und entsprechende Bestrafungen auszusprechen. Die Verstöße gegen das AuslBG stellten jeweils einen schwer wiegenden Verstoß gegen die im Zusammenhang mit dem hier zur Entziehung in Rede stehenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften dar. Darüber hinaus stellten die Übertretungen des AuslBG auch einen Verstoß gegen das Schutzinteresse der Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung dar. Aus der Höhe der Geldstrafen sowie deren Summe von insgesamt EUR 122.100,-- ergebe sich, dass die Verstöße auch von der Verwaltungsstrafbehörde als jeweils schwer wiegend qualifiziert worden seien. Es sei auch irrelevant, ob ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten zu befürchten ist oder nicht. Die mangelnde Zuverlässigkeit des S. ergebe sich als zwingende Rechtsvermutung aus den schwer wiegenden Verstößen, weshalb S. die für die Ausübung des Gewerbes "Gärtner" erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze. Mit Verfahrensanordnung vom , nachweislich zugestellt am , sei die Beschwerdeführerin aufgefordert worden, S. innerhalb einer Frist von acht Wochen als Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte aus der Gesellschaft zu entfernen. Diesem Auftrag sei die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen, weshalb die Gewerbeberechtigung zu entziehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde erblickt in der Nichtberücksichtigung des Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom , Rs C-161/07, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Dies selbst dann, wenn man der Sichtweise der belangten Behörde folge, wonach ihr auf Grund dieser Entscheidung die Möglichkeit eingeräumt worden sei, zu überprüfen und festzustellen, ob eine Scheinselbständigkeit durch Gesellschafter aus den neuen Mitgliedsländern (gemeint: der Europäischen Union) vorliege und entsprechende Bestrafungen ausgesprochen werden könnten. Tatsächlich sei seitens der belangten Behörde keine Auseinandersetzung mit der zitierten Entscheidung erfolgt, fokussiere die Begründung doch auf die Tatsache, dass die angeführten Straferkenntnisse in Rechtskraft erwachsen seien und die belangte Behörde sohin an "die Tatbestände gebunden" sei, obwohl alle von der belangten Behörde angeführten Straferkenntnisse vor dem Urteil des EuGH datierten. Die belangte Behörde habe damit gegen ihre Verpflichtung, den Sachverhalt bei veränderter Rechtslage neu zu bewerten und ihre Entscheidung an die Rechtsprechung des EuGH anzupassen, verstoßen. Ihrer eigenen Argumentation zuwider habe sie nicht von der vermeintlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, zu überprüfen und festzustellen, ob aus jetziger Sicht tatsächlich eine Scheinselbständigkeit und mithin eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit vorliege. Das Ermittlungsverfahren sei aus mehreren Gründen mangelhaft geblieben, weil die belangte Behörde den Sachverhalt sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht im Lichte der Entscheidung des EuGH nicht umfassend geprüft und entsprechend keine eigenen präzisen Sachverhaltsfeststellungen getroffen habe. Da sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid immer noch darauf beschränke, die im oben zitierten Verfahren bereits bekannten Argumentationen zu wiederholen und festzustellen, die Beschwerdeführerin besitze "infolge der schwerwiegenden Verstöße gegen die bei der Ausübung des Gewerbes 'Gärtner' bestehenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr", und nicht eigenständig geprüft habe, ob die von der Beschwerdeführerin gewählte Kooperation mit ausländischen Gesellschaftern nicht doch zulässig gewesen sei, liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Vor dem Hintergrund, dass sämtliche von der belangten Behörde herangezogenen Bestrafungen auf einer einzigen Prämisse beruhten, nämlich, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin rechtswidrig eine Kooperation mit ausländischen Gesellschaftern mit mehr als 25 Prozent Kapitalanteilen eingegangen sei, diese Gesellschafter sämtlich als Unselbständige qualifiziert worden seien und diese Sichtweise ganz offensichtlich nicht mit der Rechtsprechung des EuGH in Einklang zu bringen sei, sei nicht nur die Aufhebung des vorliegenden Bescheides, "sondern auch die aller in dem Bescheid angezogenen Verwaltungsstrafverfahren erforderlich".

Die Beschwerdeführerin bestreitet mit ihrem Vorbringen nicht das Vorliegen der von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Bestrafungen wegen Beschäftigung von Ausländern - im vorliegenden Fall nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten ausschließlich von polnischen und ungarischen Staatsangehörigen - ohne die hiefür erforderliche Berechtigung und ebenso wenig, dass sie im Sinne der Ausführungen des angefochtenen Bescheides aufgefordert wurde, den Geschäftsführer S. gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 zu entfernen, dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen ist.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwer wiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht auf Grund der rechtskräftigen nicht getilgten Bestrafungen fest, dass S. die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. etwa aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0135).

Wie dargestellt, bringt die Beschwerdeführerin dagegen vor, die belangte Behörde hätte auf Grund des zitierten Urteils des EuGH selbständig zu überprüfen und festzustellen gehabt, ob eine Scheinselbständigkeit durch Gesellschafter aus den neuen Mitgliedsstaaten vorliege und entsprechende Bestrafungen nach AuslBG ausgesprochen werden konnten.

Sie bringt jedoch nicht vor, dass und aus welchen Gründen die belangte Behörde bei selbständiger Überprüfung der den Straferkenntnissen zu Grunde liegenden Sachverhalte überhaupt zum Schluss gekommen wäre, eine Scheinselbständigkeit sei nicht vorgelegen und die Bestrafung nach dem AuslBG daher (unions)rechtswidrig gewesen.

Insofern hat es die Beschwerdeführerin verabsäumt, die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels darzulegen. Schon deshalb ist auf die in der Beschwerde diesbezüglich vorgetragenen Argumente nicht weiter einzugehen.

Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde aber nicht entgegen getreten werden, wenn sie in den insgesamt 24 Fakten betreffenden Bestrafungen des S. nach AuslBG das Tatbestandsmerkmal des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 als erfüllt ansah (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/04/0135, in welchem drei Übertretungen des AuslBG sowie jenes vom , Zl. 2009/04/0173, in welchem fünf Übertretungen des AuslBG als "schwer wiegende Verstöße" iSd § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 qualifiziert wurden).

Da unbestritten auch die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 GewO erfüllt sind, ist die Entziehung der Geberbeberechtigung nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am