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VwGH vom 28.09.2011, 2009/04/0160

VwGH vom 28.09.2011, 2009/04/0160

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Dr. Simon Brüggl und Dr. Günter Harasser, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs- 2009/22/0045-4, betreffend Übertretung der GewO 1994 (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer im Instanzenzug zur Last gelegt, er habe es (bis zum ) als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Taxi A GesmbH und (ab dem ) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bustouristik A GesmbH zu verantworten, dass die Taxi A GesmbH in Abweichung vom Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (BH) vom , mit dem der Taxi A GesmbH die Betriebsanlagen-Änderungsgenehmigung für ein Garagengebäude mit Waschplatz in einem näher bezeichneten Standort erteilt worden war, durch im Spruch des angefochtenen Bescheides näher bezeichnete Vorgänge am , am , am , am und am die genehmigte Betriebsanlage ohne entsprechende gewerbebehördliche Bewilligung geändert betrieben habe. Die Bewilligungspflicht begründe sich darin, dass die Änderung zumindest geeignet gewesen sei, die Nachbarn durch Lärm oder in anderer Weise (helle Beleuchtung der Halle bereits in den frühen Morgenstunden) zu belästigen.

Deshalb habe der Beschwerdeführer § 366 Abs. 1 Z. 3 iVm § 81 Abs. 1 und § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 verletzt und werde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Genehmigungsbescheid der BH vom sei in der "Technischen Beschreibung" zu entnehmen, dass

"die Zu- und Abfahrten der oben angeführten Klein- und Großbusse in den Betriebszeiten von Mo - So von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr stattfinden. Laut Betreiber finden in der Woche 10 An- und Zufahrten außerhalb der oben angeführten Betriebszeiten statt. Die Waschtätigkeiten bei den Reisbussen werden ausschließlich bei geschlossenen Fenstern und geschlossenem Falttor durchgeführt. In der Waschhalle sollen von Montag bis Sonntag von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr die in der Betriebsanlage eingesetzten Reisebusse gewaschen werden. Der reine Waschvorgang pro Tag beträgt maximal 3 Stunden."

Der Zeuge K habe in seiner Einvernahme vom seine diversen schriftlichen Eingaben und seine Aussage vor der BH vom ohne Widersprüche, nachvollziehbar und glaubwürdig, unter anderem durch Vorlage des Originalnotizbuches, "dargelegt". Die belangte Behörde habe keine Zweifel, dass es durch die konsenslosen Abweichungen vom genehmigten Betrieb zu laufenden Belästigungen der Nachbarn gekommen sei. Dies sei auch durch die weiteren Zeugen M und P nachdrücklich und überzeugend dargelegt worden. Der Beschwerdeführer habe den Tatvorwurf nur pauschal, ohne konkrete Gegenargumente zu nennen, bestritten. Die belangte Behörde nehme daher die im Spruch angeführten Tathandlungen als erwiesen an.

Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Ihm sei bereits vor den gegenständlichen Übertretungen bekannt gewesen, dass es seitens der Nachbarn K Beschwerden über den konsenslosen abgeänderten Betrieb gebe und dass es dabei vor allem durch Überschreitungen der Betriebszeit und durch das Waschen/Reinigen der Busse bei offenem Falttor bzw. im Freien zu Beschwerden der Nachbarn komme. Er hätte daher entsprechend effiziente Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen im Betrieb installieren müssen, um einen bescheidmäßigen Betrieb zu gewährleisten. Dass ein derartiges Kontrollsystem vorliege, habe der Beschwerdeführer gar nicht behauptet.

Die Behörde erster Instanz sei völlig zu Recht von einem fortgesetzten Delikt ausgegangen. Es läge eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen vor, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Wesentlich sei, dass alle Einzelhandlungen von einem einheitlichen Entschluss des Täters, sich fortgesetzt in bestimmter Weise rechtswidrig zu verhalten, erfasst seien.

Der Unrechtsgehalt der angelasteten Verwaltungsübertretung sei erheblich, die Bestimmungen des gewerbebehördlichen Betriebsanlagenrechts dienten fallbezogen dem Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen. Dieses Rechtsgut sei über einen längeren Zeitraum in einem nicht unerheblichen Ausmaß vorsätzlich beeinträchtigt worden. Die verhängte Geldstrafe im Ausmaß von EUR 1.000,-- sei bei einem Strafrahmen von bis zu EUR 3.600,-- keinesfalls überhöht und jedenfalls schuld- und tatangemessen.

Das Vorbringen, der Beschwerdeführer "sei lediglich bis zum (an Stelle bis zum ) gewerberechtlicher Geschäftsführer der Taxi A GmbH gewesen", könne angesichts der rechtswirksamen Eintragung der Einbringung des Teilbetriebes "Busreisen" der Taxi A GesmbH in die Bustouristik A GmbH in das Firmenbuch mit nur so verstanden werden, als damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass der Beschwerdeführer jedenfalls per nicht mehr als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Taxi A GesmbH zur Verantwortung gezogen werden könne, sondern sich die Verantwortung im oben beschriebenen Sinne geändert habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, durch die belangte Behörde werde ihm die Tat ab dem als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bustouristik A GesmbH und nicht mehr (wie von der Erstbehörde) als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Taxi A GesmbH zur Last gelegt. Dies stelle eine unzulässige Auswechslung der Tat durch die Berufungsbehörde dar.

2. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG hat die Berufungsbehörde, soferne die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid in jede Richtung abzuändern. Die Ermächtigung der Berufungsbehörde zur Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides besteht nur im Rahmen der Sache; sie ist also durch die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat beschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0046, mwN).

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, eine Auswechslung oder eine Überschreitung der "Sache" nicht statt. Nichts anderes gilt in dem Fall, in dem die belangte Behörde dem Beschuldigten als nach § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortliche Person für eine andere Gesellschaft als jene in Anspruch genommen hat, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0152, mwN).

3. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Straftat ab dem nicht mehr als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Taxi A GesmbH, sondern als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bustouristik A GesmbH zugerechnet, was nach der obzitierten Rechtsprechung grundsätzlich zulässig wäre.

Jedoch hat sie im Wege der gemäß § 66 Abs. 4 AVG vorgenommenen Abänderung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es zu verantworten, dass die Taxi A GesmbH die gegenständliche Betriebsanlage durch näher bezeichnete Vorgänge im August, September und Oktober 2008 ohne entsprechende gewerbebehördliche Bewilligung geändert betrieben habe. Nun ist nicht zu sehen, warum der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bustouristik A GesmbH für offenbar weiterhin der Taxi A GesmbH zuzurechnende Vorgänge verantwortlich sein sollte. Bis auf den Vorfall vom liegen alle Vorfälle in einem Zeitraum, in dem der Beschwerdeführer für die Taxi A GesmbH - zumindest nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides - nicht mehr verantwortlich war, sodass dieser Umstand schon im Hinblick auf die Strafbemessung auf den gesamten angefochtenen Bescheid durchschlägt.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde der Teilbetrieb "Busreisen" der Taxi A GesmbH mit in die Bustouristik A GesmbH eingebracht. Sollte die belangte Behörde der Auffassung gewesen sein, die vorliegende Betriebsanlage wäre nach diesem Zeitpunkt nicht mehr von der Taxi A GesmbH, sondern der Bustouristik A GesmbH betrieben worden, hätte sie neben einer entsprechenden Klarstellung im Spruch in der Begründung des angefochtenen Bescheides entsprechende Feststellungen zur Inhaberschaft zu treffen gehabt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0300, mwN, wonach eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne der §§ 74ff GewO 1994 nur von einem Inhaber betrieben werden kann).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-87042