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VwGH vom 26.06.2012, 2011/09/0032

VwGH vom 26.06.2012, 2011/09/0032

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2012/09/0041

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerden des JJ in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen die Bescheide der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt 1.) vom , Zl. 45/8-DOK/2010, und 2.) vom , Zl. 78/9-DOK/11, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem BDG 1979 (weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 114,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberoffizial in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wird im Sinne des § 17 Poststrukturgesetz (PTSG) als übernommener Beamter bei der Österreichischen Post AG verwendet.

1.) Mit dem im Instanzenzug ergangenen erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er


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sei der Weisung seines Vorgesetzten, Distributionsmanager JS, vom , eine schriftliche Stellungnahme darüber abzugeben, warum er am vom Kontrollarzt nicht zu Hause angetroffen worden sei, nicht nachgekommen,
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habe sich am durch die Äußerung "ich habe kein Interesse, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben" gegenüber seiner Vorgesetzten Distributionsleiterin CZ ungebührlich verhalten (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof).
Er habe durch dieses Verhalten gegen die Pflicht des Beamten, seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt sei, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979), verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldig gemacht.
In einem Teilpunkt erfolgte gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 ein Freispruch. Hinsichtlich weiterer Anschuldigungspunkte und in der Strafbemessung behob die belangte Behörde den Bescheid der Behörde erster Instanz vom ersatzlos und verwies die Disziplinarsache gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Bescheiderlassung an die Behörde erster Instanz zurück.
Gegen den Schuldspruch richtet sich die unter hg. Zl. 2011/09/0032 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde begründete den Schuldspruch folgendermaßen:
"Der (Beschwerdeführer) legt in seiner Berufung selbst dar, er hätte kein Problem gehabt, die in Rede stehende Weisung zu befolgen, er habe aber diese nicht wahrgenommen und deshalb kein weisungswidriges Verhalten gesetzt. Allerdings räumt der (Beschwerdeführer) selbst ein, am aufgeregt gewesen zu sein, da ihm zwischenzeitlich die Disziplinaranzeige hinsichtlich des Tatvorwurfes zu Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses zugestellt worden ist. Da fügt es sich nahtlos ins Bild, dass der (Beschwerdeführer) zu diesem Zeitpunkt nicht mehr willens war, die in Rede stehende Weisung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, warum er am vom Kontrollarzt nicht zu Hause angetroffen wurde, zu befolgen. Die Aussage 'ich habe kein Interesse, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben' entspricht ganz diesem Zeitablauf und ist durch die Aussage der CZ auch hinreichend dokumentiert. Hiermit wird jedenfalls zu subjektiven Tatseite ein vorsätzliches Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) dargetan, der (abgesehen von seinem Berufungsvorbringen) auch bisher keine schriftliche Stellungnahme an seine Vorgesetzten hierzu erstattet hat, dies nicht einmal nach Erstattung der Disziplinaranzeige hinsichtlich dieses Tatvorwurfes. Der (Beschwerdeführer) hat sich damit bis dato über die ihm erteilte Weisung hinweggesetzt.
Der (Beschwerdeführer) hat daher insgesamt zumindest bedingt vorsätzlich und daher schuldhaft iSd § 91 BDG die in Rede stehende Weisung seines Vorgesetzten, eine schriftliche Stellungnahme darüber abzugeben, warum er am vom Kontrollarzt nicht zu Hause angetroffen wurde, nicht befolgt. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen persönlichen oder sachlichen Gründen die Befolgung der Weisung unterlassen wurde, ob aus Bequemlichkeit, Gleichgültigkeit, Vergesslichkeit, sachlicher Kritik an der Zweckmäßigkeit, Rechthaberei, wegen Unzumutbarkeit o.Ä. (; , 93/09/0253; , 91/09/0023; , 91/09/0002). Die Aussage, er habe kein Interesse eine derartige Stellungnahme abzugeben, ist aber sachverhaltsmäßg dem Tatvorwurf zum oa. Spruchpunkt 4. hinzuzurechnen und bei der Strafbemessung nicht als gesonderte Dienstpflichtverletzung zu berücksichtigen."
2.)
Mit dem (Ersatz )Bescheid der Behörde erster Instanz vom sprach diese den Beschwerdeführer gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 von den von der Zurückverweisung erfassten Anschuldigungen frei.
Hinsichtlich der mit dem erstangefochtenen Bescheid erfolgten Schuldsprüche wurde eine Geldstrafe verhängt, welche die belangte Behörde auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers mit dem zweitangefochtenen Bescheid auf EUR 200,-
- herabsetzte.
Die belangte Behörde begründete die Strafbemessung folgendermaßen:
"Der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde ist insofern zu folgen, als das Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) nicht als bloß geringfügige Verfehlung mit geringem Unrechtsgehalt gewertet werden kann, sodass eine Anwendung des § 115 BDG von vornherein auszuschließen ist. Auch ist der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde insofern zu folgen, dass dem Unrechtsgehalt der Verfehlung des (Beschwerdeführers) mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße schuld- und tatangemessen entsprochen wird.
Im gegenständlichen Fall hat sich der (Beschwerdeführer) lediglich ein einmaliges Fehlverhalten zu verantworten. Das Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) ist aber dennoch als nicht bloß geringfügige und zu bagatellisierende Dienstpflichtverletzung zu werten, da der Gehorsamspflicht eines Beamten gegenüber seinen Vorgesetzten und deren Weisungen nicht ein bloß geringfügiger Stellenwert zukommt (sinngemäß dazu ). Dem Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) kommt daher auch ein entsprechender Unrechtsgehalt zu. Allerdings ist davon auszugehen, dass dieser Verfehlung des (Beschwerdeführers) mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG in Höhe von EUR 200,-- schuld- und tatangemessen entsprochen wird. Die oa. Aussage, der (Beschwerdeführer) habe kein Interesse eine derartige Stellungnahme abzugeben, ist sachverhaltsmäßig dem Tatvorwurf zum oa. Spruchpunkt 1. (verfahrensgegenständlicher Schuldspruch) zur Strafbemessung hinzuzurechnen und nicht als gesonderte Dienstpflichtverletzung zu berücksichtigen.
Bei der Strafbemessung war daher erschwerend kein Umstand zu werten. Der Mangel an Schuldeinsicht war nicht erschwerend zu werten, da aus dem Nichtvorliegen dieses Milderungsgrundes nicht auf einen Erschwerungsgrund geschlossen werden kann. Als mildernd war lediglich die disziplinäre Unbescholtenheit des (Beschwerdeführers) zu werten.
In Anbetracht des oa. Strafmilderungsgrundes, dem kein Erschwerungsgrund gegenübersteht und auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des (Beschwerdeführers) konnte mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG in Höhe von EUR 200,-- das Auslangen gefunden werden. Mit der Verhängung der Geldbuße wird sowohl spezial- als auch generalpräventiven Erwägungen hinreichend Rechnung getragen, um den (Beschwerdeführer) von weiteren Verfehlungen abzuhalten und andere Bedienstete an ihre Gehorsamspflicht nach § 44 BDG zu gemahnen und sie durch die Wahl eines angemessenen Strafrahmens von der Begehung gleichartiger Dienstpflichtverletzungen abzuhalten."
Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die unter hg. Zl. 2012/09/0041 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Verfahren gegen beide Beschwerden aufgrund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

Ad 1.) Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er die Erlassung einer Weisung nicht "bewusst wahrgenommen" habe, sie sei nicht "mit der gebotenen Entschiedenheit ausgesprochen" worden; er rügt als Verfahrensmangel, die belangte Behörde habe das "Fehlen der Beweiswürdigung" der Behörde erster Instanz nicht nachgeholt. Sie sei auf seine Aussage "über den Bezug der Äußerung zur Disziplinaranzeige nicht eingegangen", damit meint der Beschwerdeführer offensichtlich, seine Äußerung vom , er habe kein Interesse, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, habe sich nicht auf eine Weisung vom Vortag, sondern auf eine Disziplinaranzeige betreffend einen anderen Anschuldigungspunkt bezogen.

Die Behörde erster Instanz hat die Aussagen der in den mündlichen Verhandlungen einvernommenen Zeugen JS und DA, welche einerseits die Erteilung der Weisung vom , eine schriftliche Stellungnahme abzugeben und andererseits die darauf erfolgte Reaktion des Beschwerdeführers bestätigten, sowie die Aussagen der Zeugen CZ und PJ zur Äußerung des Beschwerdeführers vom inhaltlich zusammengefasst wiedergegeben. Die Behörde erster Instanz hat sich entgegen dem Vorwurf des Beschwerdeführers auf diese Aussagen gestützt und sie damit - wenn auch nicht ausdrücklich ausgeführt - als glaubwürdig erachtet und daher die entgegenstehende Verantwortung des Beschwerdeführers als unglaubwürdig verworfen. Der Beschwerdeführer hat in der Berufung nicht konkret dargelegt, weshalb die Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz unschlüssig sein solle und auch keine für seinen Standpunkt sprechenden Beweismittel angeführt. Die (bestätigende) Beweiswürdigung der belangten Behörde ist daher nicht mangelhaft, und es ist nicht rechtswidrig, wenn diese die Zeugenaussage der CZ nur anführte, aber nicht detailliert auf die Zeugenaussagen und die Verantwortung des Beschwerdeführers einging.

Auch in der Beschwerde stellt der Beschwerdeführer lediglich eine Behauptung den Feststellungen der belangten Behörde gegenüber, ohne dass er dargelegen würde, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig,

d. h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Einer solchen Darlegung bedürfte es aber, weil die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden kann, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0300).

Nach den auf schlüssige Weise zustande gekommenen Sachverhaltsfeststellungen ist klar zu ersehen, dass die Behörden davon ausgingen, es habe sich um eine Weisung eines Vorgesetzten gehandelt, die der Beschwerdeführer verstanden habe, deren Befolgung er zwar zunächst angekündigt, aber später abgelehnt habe und der er tatsächlich nicht nachgekommen sei.

Rechtlich bringt der Beschwerdeführer vor, es habe sich um eine unzulässige Weisung gehandelt, weil Gegenstand einer Weisung nur sein könne, "wie das betreffende Organ die ihm übertragene Funktion auszuüben hat". Damit zeigt er schon deswegen keine Rechtswidrigkeit auf, weil die verlangte Klärung des Verhaltens während des Krankenstandes, hier: eine schriftliche Stellungnahme darüber abzugeben, weshalb er am vom Kontrollarzt nicht in seiner Wohnung angetroffen wurde, sehr wohl zu den Dienstpflichten eines Beamten gehört (vgl. § 91 BDG 1979).

Der Beschwerdeführer meint weiters, seine Äußerung, er hätte "kein Interesse", die geforderte Stellungnahme abzugeben, bringe einerseits seine Ablehnung zum Ausdruck, andererseits wäre dies ein Grund für die schriftliche Wiederholung der Weisung gewesen. Damit meint der Beschwerdeführer offenbar, er habe im Sinne des § 44 Abs. 3 BDG 1979 Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Weisung geäußert und remonstriert. Die bloße Ablehnung der Befolgung zeigt aber nicht auf, dass und welche Bedenken der Beschwerdeführer gegen die Rechtmäßigkeit der Weisung gehabt hätte, in einem solchen Fall liegt eine Remonstration nicht vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/09/0088, und die darin zitierte hg. Rechtsprechung)

In der Beschwerde gegen den Strafausspruch ergänzt der Beschwerdeführer zum Schuldspruch, eine Weisungsbefolgungspflicht sei deshalb nicht in Frage gekommen, weil niemand verpflichtet werden dürfe, sich selbst zu belasten. Dieses Argument ist schon deswegen nicht überzeugend, weil der Beschwerdeführer eben nicht remonstriert hat.

Ad 2.) Gegen die Strafbemessung bringt der Beschwerdeführer vor, es hätte berücksichtigt werden müssen, dass ein "Grenz- oder Zweifelsfall" gegeben sei und er sich "geirrt" habe.

Demgegenüber durfte die belangte Behörde zu Recht von einer (klar und wiederholt geäußerten) vorsätzlichen Ablehnung der Befolgung der Weisung ausgehen; davon, dass ein "Grenz- oder Zweifelsfall" oder "Irrtum" vorgelegen wäre, musste die belangte Behörde nicht ausgehen.

Wie die belangte Behörde richtig ausführt, kommt der Befolgung der Weisungen von Vorgesetzten nicht nur ein bloß geringfügiger Stellenwert zu. Schon deshalb ist die Verhängung einer Geldbuße gerechtfertigt, um der Nichtbefolgung von Weisungen durch andere Beamte im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG 1979 entgegenzuwirken.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte disziplinäre Unbescholtenheit wurde von der belangten Behörde ohnehin mildernd gewertet. Die weiteren gegen die Höhe der - ohnehin im untersten Bereich des Rahmens des § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 - verhängten Geldbuße gerichteten Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, die Erwägungen der belangten Behörde zur Strafbemessung im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Ermessensprüfung als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am