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VwGH vom 28.02.2012, 2009/04/0120

VwGH vom 28.02.2012, 2009/04/0120

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk, Mag. Hanna Spielbüchler und Dr. Johannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Rochusgasse 4/Franz Huemerstraße 16, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom , Zl. N/0167-BVA/11/2008- 19, betreffend Vergabenachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Wasserverband O in F, 2. K GmbH in M, vertreten durch Dr. Christian Tschurtschenthaler, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7/III; weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Wasserverband O (Erstmitbeteiligte, im Folgenden: Auftraggeberin) schrieb durch die vergebende Stelle Zivilingenieurgemeinschaft DI G. E. und DI J. J. im Jahr 2008 in einem offenen Verfahren einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich aus, um den sich (u.a.) die Beschwerdeführerin und die Zweitmitbeteiligte bewarben.

Gegenstand dieses Vergabeverfahrens nach dem Billigstbieterprinzip war - zusammengefasst - eine Saugbaggerung von Sedimentmaterial und Schlamm am Seeboden des Ossiachersees. Es sollten ca. 100.000 m3 Material aus einer Wassertiefe zwischen 1,5 und 7 m abgesaugt und über eine mehrere Kilometer lange Pumpdruckleitung zwecks dortiger Ablagerung in Sedimentationsbecken geleitet werden. Laut Ausschreibung war die Förder- bzw. Saugleistung mit 450 bis 600 m3/h begrenzt; die Saugarbeiten sollten nach dem Terminplan von bis durchgeführt werden. Alternativangebote wurden als unzulässig festgelegt.

Mit Schreiben vom wurde der Beschwerdeführerin die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Zweitmitbeteiligten mitgeteilt.

Den dagegen fristgerecht erhobenen Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und den Antrag, der Auftraggeberin den Ersatz der durch die Beschwerdeführerin entrichteten Pauschalgebühr aufzutragen, wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am mit dem angefochtenen Bescheid ab.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe der Vorbringen der Parteien - aus, dass, wie sich aus den durch die Auftraggeberin vorgelegten Unterlagen sowie den damit in Zusammenhalt stehenden glaubhaften Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ergebe, die Zweitmitbeteiligte - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin - bezüglich der Förderleistung die in der Ausschreibung festgelegten Anforderungen erfülle. Zur Frage, inwieweit die Zweitmitbeteiligte durch ihre Zusage (im Vergabeverfahren), die angebotene Fördermenge von 750 m3/h auf die von der Ausschreibung vorgegebene Menge von 450 bis 600 m3/h drosseln zu wollen, ihr Angebot und somit auch ihre Wettbewerbsposition verbessert habe, sei auf die Festlegungen in der Ausschreibung zu verweisen. Dort sei detailliert festgelegt worden, unter welchen Bedingungen die Saugbaggerung durchzuführen sei. Es seien auch Vorgaben darüber getroffen worden, welche Mehrkosten im Rahmen der Anbotslegung in den Preis einzurechnen seien. Es sei auch ausdrücklich festgelegt worden, dass u. a. sämtliche Aufwendungen von eventuell erforderlichen Zwischenpumpstationen einzurechnen seien. Wie aus den Ausführungen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehe, sei die Aufrechterhaltung der geforderten Förderleistung technisch nur bei Einsatz mehrerer Zwischenpumpen möglich. Solche Zwischenpumpen seien, wie aus dem Anbot der Zweitmitbeteiligten ersichtlich sei, von dieser auch angeboten worden und hätten diese Zwischenpumpen daher auch offensichtlich Eingang in die Kalkulation der Zweitmitbeteiligten gefunden. Eventuelle Zusatzaufwendungen, resultierend z.B. aus der Notwendigkeit der Drosselung der Förderleistung, dürften jedoch laut Ausschreibung jedenfalls nicht mehr gesondert in Rechnung gestellt werden. Dass die Kalkulation des Angebots der Zweitmitbeteiligten basierend auf den Vorgaben in der Ausschreibung erstellt worden sei, werde von der Zweitmitbeteiligten sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch in ihrem Schriftsatz vom bestätigt. Dieses Vorbringen sei auch aufgrund der der belangten Behörde vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar. Die Zweitmitbeteiligte könne sohin, entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Meinung, keine Wettbewerbsvorteile aus den zur Drosselung der Fördermengen zu treffenden Maßnahmen ziehen. Sie habe ein den Ausschreibungsbedingungen entsprechendes Anbot gelegt, welches einen niedrigeren Preis als das Anbot der Beschwerdeführerin aufgewiesen habe. Da im gegenständlichen Vergabeverfahren das billigste Anbot den Zuschlag erhalten habe, sei die Zuschlagsentscheidung zu Recht zugunsten der Zweitmitbeteiligten getroffen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde sowie die beiden Mitbeteiligten erwogen hat:

1. Gemäß § 129 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses seiner Prüfung (unter anderem) den Ausschreibungsbedingungen widersprechende Angebote sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.

2. Auf diesen gesetzlichen Ausscheidungsgrund bezog sich die Beschwerdeführerin erkennbar sowohl in ihrem Nachprüfungsantrag an die belangte Behörde als auch in der vorliegenden Beschwerde, indem sie - zusammengefasst - vorbrachte, die Zweitmitbeteiligte wäre von der Auftraggeberin auszuscheiden gewesen, weil sie ein ausschreibungswidriges Angebot gelegt habe. Sie habe nämlich - entgegen der Ausschreibung - eine tatsächliche Förderleistung von 750 m3/h angeboten und offenbar mit dieser Förderleistung kalkuliert, weil sie die Arbeiten laut ihrem Anbot noch im Jahr 2008 abzuschließen gedachte. Hätte sie richtig kalkuliert, so wäre das Angebot entsprechend teurer gewesen. Sie habe sich demnach einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Dass sie in einem Aufklärungsgespräch mit der Auftraggeberin angeboten habe, die Förderleistung (bei gleichbleibenden Einheitspreisen) zu drosseln, um die Vorgaben der Ausschreibung einzuhalten, sei eine unzulässige Nachverhandlung gewesen. Ungeachtet dessen sei es technisch zwingend nicht möglich, mit dem von der Zweitmitbeteiligten angebotenen Gerät die von der Auftraggeberin geforderte Förderleistung (bei Drosselung auf das zulässige Maß) einzuhalten. Aufgrund des von der Zweitmitbeteiligten angebotenen Rohrdurchschnitts der Pumpdruckleitung müsste bei Einsatz nur einer Haupt- und einer Zwischenpumpstation zur Aufrechterhaltung der notwendigen Fließgeschwindigkeit in der Pumpdruckleitung die Förderleistung von 600 m3/h überschritten werden. Die technisch erforderliche Fließgeschwindigkeit wäre bei Drosselung der Förderleistung auf 600 m3/h von der Zweitmitbeteiligten nur unter Einsatz von zwei Zwischenpumpstationen und einer Hauptpumpstation zu gewährleisten. Pumpen in diesem Umfang seien von der Zweitmitbeteiligten aber nicht angeboten worden.

3. Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid entgegen, aus den von "der Auftraggeberin vorgelegten Unterlagen sowie den damit im Zusammenhalt stehenden glaubhaften Ausführungen in der mündlichen Verhandlung" ergebe sich, dass die Zweitmitbeteiligte bezüglich der Förderleistung die in der Ausschreibung festgelegten Anforderungen erfülle.

Ob das Angebot der Zweitmitbeteiligten schon von Anfang an der Ausschreibung entsprach oder erst aufgrund einer nachträglichen Änderung des Angebots (Zusage der Drosselung) ausschreibungskonform wurde, lässt sich dieser Begründung nicht zweifelsfrei entnehmen:

Der Hinweis der belangten Behörde auf das Vorbringen der Auftraggeberin scheint zwar dafür zu sprechen, dass sie von einem - von Anfang an - ausschreibungskonformen Angebot der Zweitmitbeteiligten ausgegangen ist. Die Auftraggeberin hatte der Behauptung der Beschwerdeführerin, die Zweitmitbeteiligte habe ursprünglich eine mit der Ausschreibung nicht in Einklang stehende zu hohe Förderleistung angeboten, nämlich entgegen gehalten, diese Argumentation sei technisch und physikalisch stark vereinfacht und damit irreführend. Es treffe zwar zu, dass die Zweitmitbeteiligte im Leistungsverzeichnis ihres Angebots eine Förderleistung von plus/minus 750 m3/h angegeben habe. Ihr vorgelegtes Pumpenkennfeld ergebe aber "einen Betriebspunkt von 600m3/h Fördermenge". Die angebotene Kombination von Druckleitung und zwei Pumpstationen könne im geforderten Bereich arbeiten. Diese Ausführungen könnten dahingehend verstanden werden, dass schon das ursprüngliche Angebot der Zweitmitbeteiligten den Anforderungen der Ausschreibung in Bezug auf die zulässige (maximale) Fördermenge entsprochen hat.

Die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides, insbesondere die Bezugnahme auf die "Notwendigkeit der Drosselung der Förderleistung" deutet aber eher darauf hin, dass die belangte Behörde die Ausschreibungskonformität des Angebots der Zweitmitbeteiligten erst durch die (nachträglich angebotene) Drosselung der Förderleistung als erfüllt ansah.

Der im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend nachvollziehbar geklärten Frage, welcher dieser beiden Standpunkte zutrifft, kommt aber entscheidungswesentliche Bedeutung zu:

Wäre nämlich davon auszugehen, dass das ursprüngliche Angebot der Zweitmitbeteiligten in Bezug auf die Förderleistung nicht der Ausschreibung entsprach und erst aufgrund der im Rahmen des Aufklärungsgespräches angebotenen Drosselung der Förderleistung ausschreibungskonform wurde, so könnte den Einwänden der Beschwerdeführerin, die Zweitmitbeteiligte habe dadurch ihr Angebot inhaltlich verändert und damit ihre Wettbewerbsstellung (zu Lasten der Mitbieter) unzulässig verbessert, die Berechtigung nicht abgesprochen werden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0087, mwN).

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid somit schon deshalb mit einem wesentlichen Begründungsmangel belastet, der zu seiner Aufhebung führen muss.

4. Aus diesem Grund muss auf das weitere Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe aktenwidrig angenommen, dass die Zweitmitbeteiligte die technisch notwendige Gerätschaft zur Einhaltung der maximal zulässigen Förderleistung gar nicht angeboten habe, nicht im Einzelnen eingegangen werden. Zur Vermeidung einer Mangelhaftigkeit des fortgesetzten Verfahrens ist dazu aber Folgendes festzuhalten:

Auch mit diesem Vorbringen war die Beschwerdeführerin erkennbar bemüht, ihren Vorwurf zu untermauern, die Zweitmitbeteiligte habe ausschreibungswidrig zunächst eine höhere Förderleistung angeboten. Nur durch Überschreitung der zulässigen Maximalförderleistung laut Ausschreibung wären nämlich - so das Vorbringen der Beschwerdeführerin - mit der angebotenen Gerätschaft die Arbeiten technisch überhaupt erfüllbar gewesen. Zum Beweis dafür beantragte die Beschwerdeführerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die belangte Behörde kam diesem Beweisantrag nicht nach und führte aus, dass die Zweitmitbeteiligte ohnedies die von der Beschwerdeführerin für notwendig erachtete Anzahl von Zwischenpumpen angeboten habe. Insofern dürfte die belangte Behörde allerdings - wie die Beschwerdeführerin geltend macht und wie von der Auftraggeberin in ihrer Gegenschrift auch zugestanden wird - einem "Fehlschluss" unterlegen sein, weil das Angebot der Zweitmitbeteiligten die von der Beschwerdeführerin behauptete Anzahl an Zwischenpumpen nicht vorsah.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde daher nachvollziehbar (allenfalls auch unter Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens) mit diesem Einwand der Beschwerdeführerin auseinandersetzen müssen.

5. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am