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VwGH vom 26.06.2009, 2009/04/0115

VwGH vom 26.06.2009, 2009/04/0115

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2009/04/0125

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerden 1. des Landeshauptmannes von Wien (protokolliert zur Zl. 2009/04/0115) und 2. des Ing. W in Wien, vertreten durch Dr. Diethard Schimmer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwertgasse 4/7 (protokolliert zur Zl. 2009/04/0125), gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-ANL/V/26/776/2005-16, betreffend Feststellung gemäß § 348 und § 358 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Zweitbeschwerdeführer im Verfahren Zl. 2009/04/0125 Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom stellte der Zweitbeschwerdeführer einen "Antrag gemäß § 358 GewO", der Magistrat der Stadt Wien möge feststellen, dass die von ihm an einer näher genannten Wiener Adresse betriebene Apartment-Pension einer Betriebsanlagengenehmigung nicht bedürfe. Mit Bescheid vom stellte der Magistrat der Stadt Wien gemäß § 358 GewO 1994 fest, dass die genannte Anlage der Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 leg. cit. unterliege. Dieser Bescheid wurde auf Grund einer Berufung des Zweitbeschwerdeführers mit Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung einer Verhandlung und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen. Die belangte Behörde begründete dies im Wesentlichen mit bei ihr aufgetretenen Zweifeln darüber, ob die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit überhaupt eine gewerbliche Tätigkeit sei. Daher hätte die Behörde erster Instanz das Feststellungsverfahren gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994 unterbrechen und zunächst gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1994 feststellen müssen, ob die gegenständliche Tätigkeit überhaupt den Bestimmungen der GewO 1994 unterliege.

Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0018, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG für die Behebung des Erstbescheides und die Zurückverweisung der Sache (Feststellung gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994) an die Erstbehörde nicht vorgelegen seien. Sodann führte der Verwaltungsgerichtshof aus:

"Vielmehr hätte die belangte Behörde im Falle von (konkret zu begründenden) Zweifeln über die Gewerblichkeit einer Tätigkeit, die bei ihr im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 358 GewO 1994 auftreten, ihr eigenes Verfahrens nach dieser Bestimmung unterbrechen und bei der zuständigen Behörde (vgl. § 359a GewO 1994 zur eingeschränkten sachlichen Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate im Gewerbeverfahren) die Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 348 GewO veranlassen müssen (vgl. dazu auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, 2. Aufl., Rz 3 zu § 348 GewO 1994)."

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom wurde "nach Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 358 GewO ... gemäß § 348 GewO festgestellt, dass der (Zweitbeschwerdeführer) mit dem Betreiben einer Apartment-Pension in ... eine gewerbliche Tätigkeit ausübt" (Spruchpunkt 1.).

Unter Spruchpunkt 2. gab die belangte Behörde der Berufung des Zweitbeschwerdeführers insofern Folge, als in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides vom gemäß § 358 GewO 1994 festgestellt werde, dass die vom Zweitbeschwerdeführer betriebene Apartment-Pension nicht der Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 GewO 1994 unterliege.

Gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers (Zl. 2009/04/0125), gegen Spruchpunkt 2. die auf § 371a GewO 1994 gestützte Amtsbeschwerde des Wiener Landeshauptmannes (Zl. 2009/04/0115).

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet. Der Zweitbeschwerdeführer hat im Verfahren Zl. 2009/04/0115 (dort als mitbeteiligte Partei) eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Berufungsverfahren betreffend die Genehmigungspflicht der Anlage (§ 358 Abs. 1 GewO 1994) unter einem selbst über die Frage entschieden, ob auf die Tätigkeit des Zweitbeschwerdeführers die Bestimmungen der GewO 1994 anzuwenden seien (Spruchpunkt 1.). In der Begründung führt die belangte Behörde dazu aus, sie sehe sich "genötigt, das Verfahren nach § 348 GewO selbst durchzuführen", um das Hauptverfahren gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994 (zur Frage, ob die Errichtung und der Betrieb der Anlage der Genehmigung bedürfen) zu einem Ende bringen zu können. Die belangte Behörde vertrete nämlich die Ansicht, dass es nicht ihre Aufgabe sei, bei der Behörde erster Instanz, die gleichzeitig Partei im gegenständlichen Berufungsverfahren sei, "etwas zu beantragen", weil dies das Verhältnis zwischen Verfahrenspartei und Entscheidungsträger "verkehrt".

Mit dieser Ansicht verkennt die belangte Behörde schon deshalb die Rechtslage, weil sie gemäß § 63 Abs. 1 VwGG an das oben zitierte Erkenntnis, Zl. 2005/04/0018, gebunden ist. Demnach hätte die belangte Behörde ihr Berufungsverfahren betreffend § 358 Abs. 1 GewO 1994 unterbrechen und bei der zuständigen Behörde - dies ist gemäß § 333 Abs. 1 GewO 1994 die Bezirksverwaltungsbehörde, im konkreten Fall also der Magistrat der Stadt Wien - unter konkreter Darlegung ihrer Zweifel die Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 348 GewO 1994 veranlassen müssen. Indem die belangte Behörde daher als Berufungsbehörde (Verfahren gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994) gleichzeitig selbst einen erstinstanzlichen Feststellungsbescheid gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1994 zur Frage erlassen hat, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen der GewO 1994 anzuwenden sind, hat sie eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukommt (vgl. zur auf Betriebsanlagen eingeschränkten Zuständigkeit des UVS das zitierte Vorerkenntnis und das Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0046).

Die belangte Behörde hat daher nicht nur gegen § 63 Abs. 1 VwGG verstoßen, sondern mit der Feststellung gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1994 (Spruchpunkt 1.) eine erstinstanzliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen.

Diese Rechtswidrigkeit erfasst auch den Spruchpunkt 2., weil, wie sich sowohl aus § 348 Abs. 1 als auch aus § 358 Abs. 1 GewO 1994 ergibt, über die Genehmigungspflicht einer Anlage erst dann zu entscheiden ist, wenn die Gewerblichkeit der Tätigkeit feststeht.

An dieser Stelle wird aus verfahrensökonomischen Gründen für ein allenfalls fortzusetzendes Verfahren gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994 darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde den Spruchpunkt 2. in der Sache im Wesentlichen damit begründet, eine Genehmigungspflicht der Apartment-Pension im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 sei - trotz der vom gewerbetechnischen Sachverständigen dargelegten Gefährdung der Kunden im Brandfall - deshalb nicht gegeben, weil eine "größere Brandgefahr" nicht nachvollziehbar sei. Diese Ansicht findet in der zuletzt genannten Bestimmung keine Deckung, weil diese nicht auf eine "größere" Gefährdung abstellt.

Der angefochtene Bescheid war nach dem Gesagten schon gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am