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VwGH vom 20.06.2011, 2011/09/0023

VwGH vom 20.06.2011, 2011/09/0023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Henk, über die Beschwerde des Disziplinaranwaltes bei der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt für den Bereich des Bundesministeriums für Justiz in 1070 Wien, Museumstraße 7, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 74/8-DOK/10, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem BDG 1979 (weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesministerin für Justiz; mitbeteiligte Partei: RW in A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz erkannte den Mitbeteiligten schuldig, er habe

"am in L mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, MS durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ein zahlungswilliger und zahlungsfähiger Kunde zu sein, zur Herausgabe von zwei Paar Rennschier im Wert von EUR 1.260,-- verleitet, die diesen am Vermögen schädigte."

Der Mitbeteiligte habe hiedurch gegen seine Dienstpflicht nach § 43 Abs. 2 BDG 1979, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe, verstoßen und damit schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG 1979 idgF begangen.

Über den Mitbeteiligten wurde gemäß § 126 Abs. 2 i.V.m. § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 idgF die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- verhängt.

Die Disziplinarbehörde erster Instanz stellte folgenden Sachverhalt fest:

"(Der Mitbeteiligte) war der Begleitläufer des sehbehinderten CP. Dem damaligen Rennsportler wurden die von ihm benötigten Rennschier durchwegs von der Firma Head (kostenlos) zur Verfügung gestellt. Der (Mitbeteiligte) hatte mit der Besorgung des von CP benötigten Materials nichts zu tun und es gab keine Vereinbarung zwischen den Eltern des CP und (dem Mitbeteiligten), dass diese die Kosten für neu angeschaffte Rennschier übernehmen.

Im Sommer 2008 ging (der Mitbeteiligte) zur Firma Sport Ö in L und gab vor, dass er eine Art Manager für den Nachwuchskader des ÖSV/ÖBSV sei und zwei Paar Rennschier für seinen Schützling CP benötige. Er erkundigte sich wegen eines Sponsorings und MS erklärte ihm, dass seine Firma hiefür zu klein sei, jedoch die Möglichkeit bestünde, Originalrennschier zu Sonderkonditionen zur Verfügung zu stellen. (Der Mitbeteiligte) nahm dieses Angebot an und bestellte zwei Rennschier der Marke Head. Bei diesem Gespräch erwähnte er nichts darüber, wer die Kosten für die beiden Schier bezahlen wird. Aufgrund der Bestellung vo(m Mitbeteiligten) wurden die Schier, welche handgefertigt wurden, in Auftrag gegeben. Als diese von der Firma Head an die Firma Ö geliefert worden waren, verständigte MS den (Mitbeteiligten), welcher die beiden Rennschier im Gesamtwert von EUR 1.260,-- am abholte. Erst bei diesem Zusammentreffen erklärte (der Mitbeteiligte), dass nicht er, sondern sein Schützling diese bezahle. MS übergab (dem Mitbeteiligten) einen Erlagschein.

Es erfolgte - trotz mehrfacher Aufforderungen - keine Zahlung, sodass sich MS schließlich veranlasst sah, Anzeige gegen (den Mitbeteiligten) zu erstatten."

Die Behörde erster Instanz ging von Vorsatz des Mitbeteiligten aus. Die Tathandlung sei mit dem Erfordernis einer gewissenhaften Ausübung des Dienstes nicht vereinbar. Eine derartige Vorgangsweise sei darüber hinaus zweifellos geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben massiv zu erschüttern.

Die Behörde erster Instanz wertete eine einschlägige Vorstrafe und den raschen Rückfall als erschwerend, als mildernd wurde die Schadensgutmachung (durch Zurückstellung der beiden Rennschier in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht L im Februar 2010) berücksichtigt.

Ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzung und unter Berücksichtigung der angeführten Strafzumessungsgründe sowie der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitbeteiligten sei die verhängte Geldstrafe angemessen.

Der Mitbeteiligte habe ein Fehlverhalten von erheblichem disziplinarrechtlichem Unrechtsgehalt gesetzt. Dennoch gehe die Behörde erster Instanz davon aus, dass die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses noch nicht untragbar geworden und die Verhängung einer empfindlichen Geldstrafe ausreichend aber auch erforderlich sei, um den Mitbeteiligten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Dagegen erhob der Disziplinaranwalt Berufung ausschließlich gegen die Höhe der über den Mitbeteiligten verhängten Strafe. Er beantragte, dass die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt werde.

Die belangte Behörde gab der Berufung insofern Folge, als die Höhe der über den Mitbeteiligten verhängten Geldstrafe auf EUR 3.000,-- erhöht wurde.

Die wesentliche Begründung lautet:

"Zweifellos handelt es sich beim Fehlverhalten des (Mitbeteiligten) um eine Dienstpflichtverletzung iSd § 43 Abs. 2 BDG und es ist diese Dienstpflichtverletzungen auch geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Dienstverrichtung des (Mitbeteiligten) zu erschüttern. Angesichts des Gewichts dieser Dienstpflichtverletzung ist auch nach Auffassung des erkennenden Senates der DOK mit der Verhängung einer entsprechenden Disziplinarstrafe vorzugehen. Diesem Erfordernis ist der erstinstanzliche Disziplinarsenat mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe iHv EUR 2.000,-- jedoch nicht in einer dem Strafzweck entsprechenden Art und Weise nachgekommen, denn er hat - obzwar er den Erschwerungsgrund der Tatwiederholung innerhalb des Zeitraumes des § 121 Abs. 2 BDG korrekt anführt - diesem nicht das ihm zukommende Gewicht beigemessen.

Unter Bedachtnahme auf das oben zitierte Erkenntnis des verstärkten Senates des , wonach bei der Strafbemessung alle Milderungs- und Erschwerungsgründe zu berücksichtigen sind, ist dem (Mitbeteiligten) somit mildernd zugute zu halten, dass er


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1.)
ein Tatsachengeständnis abgelegt hat,
2.)
Schadenswiedergutmachung durch Zurückstellung der beiden Rennschier geleistet hat, und 3.) ihm aus seinem Fehlverhalten selbst wirtschaftliche Nachteile in Form der Bezahlung des mit EUR 400,-- bestimmten Schadensbetrages sowie der Pauschalkosten iHv EUR 100,-- im Rahmen des Tatausgleiches gemäß § 204 Abs. 1 StPO erwachsen sind (§ 34 Abs. 1 Z 19 StGB). Dieser Mehrzahl an Milderungsgründen steht lediglich ein Erschwerungsgrund gegenüber, nämlich die Tatwiederholung im Rahmen des § 121 Abs. 2 BDG. Dieser Erschwerungsgrund überwiegt die Milderungsgründe nicht. Dennoch ist dem Berufungsbegehren des Disziplinaranwaltes seine Berechtigung nicht zu versagen, wenn auch nicht im Umfang der beantragten Entlassung des (Mitbeteiligten) (der erkennende Senat der DOK geht davon aus, dass der Antrag des Disziplinaranwaltes auf Entlassung des (Mitbeteiligten) auch die Erhöhung der über diesen verhängten Geldstrafe mitumfasst).

In Anbetracht des hohen Stellenwertes, der der Achtung fremden Eigentums im Bereich der Justiz zukommt, erweist sich die Verhängung der Disziplinarstrafe einer Geldstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG über den (Mitbeteiligten) jedenfalls als gerechtfertigt, da es sich bei dem vom (Mitbeteiligten) gesetzten Fehlverhalten um eine gravierende, nicht zu bagatellisierende Dienstpflichtverletzung handelt, die nicht mit einer gelinden Disziplinarstrafe abgetan werden kann. Es muss eindeutig klargestellt werden, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben (wesentliche Interessen des Dienstes) nicht auf diese Weise in Gefahr gebracht werden darf, weil das Bekanntwerden derartigen Fehlverhaltens das Ansehen von Amt und Beamtenschaft massiv schädigen würde.

Im Hinblick darauf erweist sich die verhängte Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von EUR 2.000,-- als etwas zu gering bemessen. Der erkennende Senat der DOK erachtet es daher trotz der gewichtigen Milderungsgründe und dem Vorliegen nur eines Erschwerungsgrundes für notwendig, über die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe hinauszugehen und diese um EUR 1.000,-- auf EUR 3.000,-- zu erhöhen. Nicht gefolgt wird jedoch dem überschießenden Berufungsbegehren des Disziplinaranwaltes auf Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung.

Wie der VwGH ausführt darf eine strengere als die spezialpräventiv erforderliche Strafe innerhalb des Strafrahmens nicht verhängt werden. Es ist daher zu prüfen, ob die Disziplinarstrafe der Geldstrafe iHv EUR 3.000,-- auch unter spezialpräventiven Gesichtspunkten notwendig ist, um dem (Mitbeteiligten) das Unrecht seines Fehlverhaltens vor Augen zu führen und ihn in Zukunft von (derartigen) Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Der erkennende Senat der DOK geht unter Bedachtnahme auf eine gesetzeskonforme Anwendung des ihm bei der Strafbemessung zukommenden Ermessenspielraumes bei der Strafbemessung für die verfahrensgegenständliche Dienstpflichtverletzung unter Berücksichtigung dieser Milderungs- und des - allerdings gewichtigen - Erschwerungsgrundes von einem Strafrahmen aus, der im Bereich der Disziplinarstrafe der Geldstrafe liegt. Der Berufungssenat ist bei der Gewichtung der oben angeführten Milderungsgründe sowie des Erschwerungsgrundes zu der Auffassung gelangt, dass die vom Disziplinaranwalt beantragte Disziplinarstrafe der Entlassung sowohl mangels ausreichender Schwere der Tat als auch aus spezialpräventiven Gründen trotz Tatwiederholung innerhalb kurzer Zeit nicht gerechtfertigt ist. Nach Abwägung aller Strafbemessungsgesichtspunkte ist der Berufungssenat zu dem Ergebnis gekommen, dass infolge des gewichtigen Erschwerungsgrundes allerdings eine höhere als die von der erstinstanzlichen Disziplinarkommission verhängte Disziplinarstrafe notwendig ist, um dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Erschwerungsgrund zu entsprechen und den (Mitbeteiligten) sowie unter generalpräventiven Gesichtspunkten, welchen bei der Strafbemessung allerdings untergeordnetes Gewicht zukommt, auch andere Beamte von Verfehlungen abzuhalten bzw. Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die Höhe der Disziplinarstrafe der Geldstrafe war daher auch unter spezialpräventiven Gesichtspunkten mit EUR 3.000,-- zu bemessen.

Aus dem Fehlverhalten des (Mitbeteiligten) lässt sich nicht ableiten, dass nach Ausspruch der nunmehr erhöhten Disziplinarstrafe noch die Gefahr bestünde, der (Mitbeteiligte) werde sich weiterhin fehlverhalten. Da eine strengere als die spezialpräventiv erforderliche Strafe innerhalb des Strafrahmens nicht verhängt werden darf und unter Zugrundelegung spezialpräventiver Gesichtspunkte mit der Disziplinarstrafe dieser Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann, war der Strafberufung des Disziplinaranwaltes daher nur in diesem Umfang Folge zu geben.

Mit der Verhängung dieser spürbaren Geldstrafe in Höhe von EUR 3.000,-- wird sowohl den zweifellos gegebenen spezialpräventiven Erfordernissen (immerhin ist der (Mitbeteiligte) disziplinarrechtlich nicht mehr unbescholten, woraus sich eine erhöhte spezialpräventive Notwendigkeit für einen doch spürbareren Strafausspruch ergibt) als auch (wenn auch nachrangigen) generalpräventiven Erwägungen Rechnung getragen, um also sowohl den (Mitbeteiligten) durch die Wahl eines geeigneten Strafausmaßes von weiteren (derartigen) Verfehlungen abzuhalten als auch andere Bedienstete von der Effektivität des Disziplinarrechts zu überzeugen und so von (gleichartigen) Dienstpflichtverletzungen fernzuhalten.

Im Hinblick auf diese (vor allem spezial-)präventiven Notwendigkeiten war dem begründeten Berufungsvorbringen des Disziplinaranwaltes in diesem Umfang zu folgen.

Nach Auffassung des Berufungssenates ist die Disziplinarstrafe dieser spürbaren Geldstrafe notwendig aber auch ausreichend, um dem (Mitbeteiligten) die Bedeutung der verletzten Dienstpflichten vor Augen zu führen und nachgeordneten generalpräventiven Überlegungen zum Durchbruch zu verhelfen. Unter entsprechender Berücksichtigung der wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und der persönlichen Verhältnisse des (Mitbeteiligten) (die ausgesprochene Disziplinarstrafe ist spürbar, aber wirtschaftlich verkraftbar) kann daher mit dieser Disziplinarstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG iHv EUR 3.000,-- das Auslangen gefunden werden. Der erkennende Senat der DOK geht davon aus, dass der (Mitbeteiligte) infolge dieser Disziplinarstrafe in Zukunft keine Dienstpflichtverletzungen mehr setzen wird und spricht unter Zugrundelegung dieses Verfahrensergebnisses eine positive Zukunftsprognose für den (Mitbeteiligten) aus, denn es geht der erkennende Senat der DOK bezugnehmend auf diese in spezialpräventiver Hinsicht ausgesprochene - infolge der Milderungsgründe und der persönlichen sowie wirtschaftlichen Verhältnisse des (Mitbeteiligten) unter dem möglichen Höchstausmaß von fünf Monatbezügen bleibenden - Geldstrafe und der dieser innewohnenden Abschreckungswirkung davon aus, dass der (Mitbeteiligte) in Zukunft seine Dienstpflichten einhalten wird, weshalb nicht von einer negativen Zukunftsprognose, sondern von seiner Tragbarkeit zur weiteren dienstlichen Verwendung ausgegangen wird. Auch wenn zweifellos eine Störung des Vertrauensverhältnisses zum (Mitbeteiligten) vorliegt, ist das Vertrauen in seine zukünftige Dienstverrichtung dennoch noch nicht derart erschüttert, dass nicht mit der Verhängung dieser Disziplinarstrafe das Auslangen gefunden werden könnte."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art. 131 Abs. 2 B-VG iVm § 103 Abs. 4 BDG 1979 gestützte Beschwerde des Disziplinaranwaltes.

Der Beschwerdeführer bringt vor:

1) Aktenwidrigkeit, weil das von der belangten Behörde angenommene Tatsachengeständnis nicht vorliege. Der Mitbeteiligte habe sich im Zuge der mehreren Disziplinarverhandlungen widersprüchlich verantwortet und bis zuletzt keine Einsicht in seine verwerflichen Taten gezeigt.

2) Der von der belangten Behörde in sinngemäßer Anwendung des § 34 Abs. 1 Z. 19 StGB angenommene Milderungsgrund, "dass ihm aus seinem Fehlverhalten selbst wirtschaftliche Nachteile in Form der Bezahlung des mit EUR 400,-- bestimmten Schadensbetrages sowie der Pauschalkosten in Höhe von EUR 100,-- im Rahmen des Tatausgleiches gemäß § 204 Abs. 1 StPO erwachsen seien", liege nicht vor. Die vom Mitbeteiligten bezahlten EUR 400,-- seien Teil der Schadensgutmachung im Strafverfahren gewesen, eine Berücksichtigung dieser Zahlung als weiterer Milderungsgrund neben jenem der Schadensgutmachung wäre eine Doppelverwertung. Auch betragsmäßig könne nicht von einem gewichtigen tatsächlichen oder rechtlichen Nachteil gesprochen werden.

3) Der von der belangten Behörde herangezogene Erschwerungsgrund der Tatwiederholung liege nicht vor, vielmehr wären richtigerweise die von der Behörde erster Instanz herangezogenen Erschwerungsgründe der einschlägigen Vorverurteilung und des raschen Rückfalls zu werten gewesen. Der Mitbeteiligte sei mit Urteil vom , rechtskräftig seit , wegen des Vergehens des schweren Betrugs (Herauslocken von Sportartikeln in mehreren Fällen) nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, welche für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei, verurteilt worden. Er sei nach einer am durchgeführten Disziplinarverhandlung zu einer Geldstrafe von EUR 5.000,-- verurteilt worden. Bereits ein halbes Jahr später sei er - wieder auch strafrechtlich relevant - einschlägig rückfällig geworden.

4) Das Verhalten sei dem Mitbeteiligten besonders vorwerfbar, weil er damit gerade gegen jene Rechtsgüter, in deren Bereich und zu deren Schutz er als Justizwachebeamter tätig sei, in strafrechtlich relevanter Weise nachhaltig und schwer verstoßen habe und damit ein gravierendes Verschulden vorliege.

5) Aus spezialpräventiven Gründen sei eine Entlassung deshalb geboten, weil bereits eine nach mehrjährigem Disziplinar- und (gerichtlichem) Strafverfahren verhängte (hohe) Geldstrafe in Verbindung mit der im gerichtlichen Strafverfahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe den Mitbeteiligten nicht davon abzuhalten imstande gewesen sei, ihn davon abzuhalten, unmittelbar darauf weiteres einschlägiges Verhalten zu setzen. Nach dem anzulegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit könne nicht von einem künftigen Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Mitbeteiligte die im Vorverfahren verhängte Disziplinarstrafe, deren Abstattung ihm über sein Ansuchen in Raten bewilligt worden sei, nicht freiwillig bezahlt habe, sondern die Hereinbringung dieser Geldstrafe seit Juli 2009 durch Einbehaltung von Teilbeträgen vom Monatsbezug habe veranlasst werden müssen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

A) Die hier wesentlichen Stellen des BDG 1979, BGBl. Nr. 333 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Stammfassung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0132), lauten:

"§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind."

Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 93 BDG 1979 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, bzw. im Fall des § 115 BDG 1979 nur unter den dort vorgesehenen (eingeschränkten) Voraussetzungen zulässig ist. Als Ermessensentscheidung unterliegt sie nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als dieser zu prüfen hat, ob die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG). Die Behörde ist verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/09/0148, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. 10.077/A).

B) Zu den Vorbringen des Beschwerdeführers ist auszuführen:

Ad 1) Es ist dem Beschwerdeführer zu folgen, dass sich der Mitbeteiligte im Verlauf des Verfahrens sowohl zum Sachverhalt, als auch zum Verschulden widersprüchlich verantwortet hat und seine Angaben auch mit den Angaben der unter Wahrheitspflicht in den Verhandlungen vor der Behörde erster Instanz vernommenen Zeugen MS und PP nicht in Einklang gestanden sind (vgl. die Wiedergabe auf S 4 und 5 des angefochtenen Bescheides). Es kann daher nicht davon die Rede sein - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift schreibt - dass der Mitbeteiligte "die Tatsachen seines Handelns, also den ihm vorgeworfenen Tatbestand, im Disziplinarverfahren nicht bestritten hat".

Abgesehen davon, dass sohin gar kein "Tatsachengeständnis" vorliegt, ist im bloßen Zugeben des Tatsächlichen kein qualifiziertes Geständnis im Sinne des § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB zu erblicken (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 348 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Ad 2) Gemäß § 34 Abs. 1 Z. 19 StGB bildet es einen Milderungsgrund, wenn der Täter dadurch betroffen ist, dass er durch die Tat oder als deren Folge "sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat".

Die Bezahlung von EUR 400,-- als Schadensgutmachung an den Geschädigten und von Pauschalkosten von EUR 100,-- im Rahmen des Tatausgleichs sind schon von der Höhe gesehen (bei einem Netto-Monatseinkommen des Mitbeteiligten iHv EUR 1.000,--; siehe angefochtener Bescheid S 2) keinesfalls als "gewichtiger Nachteil" anzusehen. Denn unter "gewichtigen" Nachteilen sind solche zu verstehen, die ein Ausmaß erreichen, das die Lebensführung des Täters nachhaltig oder längerfristig beeinträchtigt (vgl. Mayerhofer, StGB6, Das österreichische Strafrecht, 1. Teil, 2009, S 313, FN 12). Auch dieser Milderungsgrund liegt daher nicht vor.

Ad 3) Die Ratio des Erschwerungsgrundes des § 33 Z 2 StGB besteht darin, die Tatbegehung trotz einschlägiger Vorbelastung erschwerend zu werten, aus welchem Grund bei der Beurteilung dieses erschwerenden Umstandes auf die zeitliche Relation zwischen der Vorstrafe und der aktuell abzuurteilenden Tat abzustellen ist (vgl. das Urteil eines verstärkten Senates des ) . Rascher Rückfall kann neben einer einschlägigen Vorstrafe gesondert als erschwerend gewertet werden (vgl. die in Mayerhofer, aaO, S 306 RZ 16 zitierte Rechtsprechung des OGH). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kommt daher dem Umstand, dass der Mitbeteiligte binnen kurzer Zeit einschlägig rückfällig geworden ist, in diesem Sinne als Erschwerungsgrund neben dem Erschwerungsgrund der einschlägigen Vorbestrafung Bedeutung zu. Der Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift auf § 121 Abs. 2 BDG 1979, wonach die erfolgte Bestrafung dann in einem weiteren Disziplinarverfahren nicht berücksichtigt werden darf, wenn der Beamte innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft der Disziplinarverfügung oder des Disziplinarerkenntnisses keine Dienstpflichtverletzung begangen hat, geht im gegebenen Zusammenhang an der Sache vorbei, weil die vorliegende Tat weniger als drei Jahre nach dem ersten Disziplinarerkenntnis begangen worden ist.

Ad 4) Gemäß § 20 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG) soll der Vollzug der Freiheitsstrafen die Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen und sie abhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen. Der Vollzug soll außerdem den Unwert des der Verurteilung zu Grunde liegenden Verhaltens aufzeigen. Gemäß § 20 Abs. 2 StVG sind zur Erreichung dieser Zwecke die Strafgefangenen u.a "erzieherisch" zu beeinflussen.

Diese Bestimmung zeigt klar auf, dass die Beachtung u.a. der Bestimmungen des StGB entgegen der Ansicht der belangten Behörde zu den Kernbereichen der Aufgaben eines Justizwachebeamten gehört. Wenngleich er - anders als etwa ein Polizist - nicht der Aufklärung von Straftaten verpflichtet ist, so kann ein erzieherisches Wirken auf Strafgefangene zum Zweck der Reintegration und damit auch der Verhinderung zukünftiger Straftaten nur durch einen Beamten erfolgen, der selbst eine "rechtschaffene … Lebenseinstellung" vorlebt.

Daraus resultiert im gegenständlichen Fall eine beträchtliche Schwere der gegenüber dem Mitbeteiligten objektiv rechtskräftig ausgesprochenen Dienstpflichtverletzungen, weil er damit gerade gegen jene Rechtsgüter, in deren Bereich und zu deren Schutz er als Justizwachebeamter tätig ist, in strafrechtlich relevanter Weise nachhaltig und schwer verstoßen hat.

Ad 5) Auch im Hinblick auf die spezialpräventiven Erwägungen kann dem Beschwerdeführer nicht entgegengetreten werden, wenn er aus den oben angeführten Gründen davon ausgeht, dass mit begründeter Wahrscheinlichkeit nicht von einem Wohlverhalten des Mitbeteiligten in der Zukunft ausgegangen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0211).

C) Die belangte Behörde hat zwar die von der Behörde erster Instanz verhängte Disziplinarstrafe der Geldstrafe auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers erhöht; sie wurde nunmehr im mittleren Teil der gesetzlichen Strafdrohung für Geldstrafen im Disziplinarverfahren bemessen (gemäß § 92 Z. 3 BDG 1979 dürfen Geldstrafen bis zu Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschuss der Kinderzulage verhängt werden; im angefochtene Bescheid ist erwähnt, dass der Mitbeteiligte "netto 1.000,--" verdiene; im Akt liegt eine Monatsabrechnung für "Mai 2010" ein, nach der der Mitbeteiligte brutto EUR 1.829,95 (unter Ausschluss der Kinderzulage) verdiene). Sie liegt damit aber deutlich unter der im vorhergehenden, einschlägigen Disziplinarverfahren bemessenen Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,--.

Die belangte Behörde hat in allen vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Punkten die Rechtslage verkannt. Damit sind wesentliche Teile ihrer Entscheidung zur Strafbemessung nicht mehr nachvollziehbar. Sie hat sohin das ihr eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Strafbemessung im Grunde des § 93 BDG 1979 nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt.

Dies bedeutet im nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 147/2008 zu beurteilenden gegenständlichen Fall aber nicht, dass deshalb jedenfalls die vom Beschwerdeführer offenbar angestrebte Entlassung des Mitbeteiligten auszusprechen gewesen wäre. Denn einerseits besteht bei der Bemessung der Geldstrafe noch ein erheblicher Spielraum innerhalb der gesetzlichen Strafdrohung, andererseits haben sich weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer mit der Frage auseinander gesetzt, ob im gegenständlichen Fall Versetzungsmöglichkeiten bestünden.

Das gänzliche Außerachtlassen von Versetzungsmöglichkeiten (oder gar von schon erfolgten Versetzungen) entspricht nach den Gesetzesmaterialien (vgl. die ErläutRV 500 BlgNR 14. GP, 83) nicht dem Willen des Gesetzgebers. Sind geeignete Versetzungsmöglichkeiten - bei deren Inanspruchnahme die Begehung gleichartiger Disziplinarvergehen durch den Beamten mit ausreichender Wahrscheinlichkeit verhindert werden kann - offenkundig oder werden sie vom Beamten im Disziplinarverfahren konkret ins Treffen geführt, so kann diese Frage in der Begründung dafür, warum er dessen ungeachtet zu entlassen sei, nicht zur Gänze ausgeklammert bleiben. Das bedeutet freilich keinen Anspruch des Mitbeteiligten auf Versetzung statt Entlassung, sondern verpflichtet die Behörde lediglich dazu, sich in der Begründung ihrer Entscheidung mit offenkundigen Möglichkeiten oder einem diesbezüglichen im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen auseinander zu setzen (vgl. auch dazu das soeben zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0211).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am