VwGH vom 22.02.2011, 2009/04/0095
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X in Y, vertreten durch Mag. Hermann Stenitzer-Preininger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Raubergasse 27/1. Stock, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10) vom , Zl. MH, betreffend Beitragsvorschreibung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde der Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Ausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom keine Folge gegeben. Mit diesem Bescheid war der Beschwerdeführerin ein Beitrag zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Höhe von EUR 4.476,-- für das Jahr 2008 vorgeschrieben worden.
Zur Begründung wird nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Beschwerde gegen die Beitragsfestsetzung die Beitragsermäßigung für das Jahr 2008 unter Hinweis auf den von ihr fristgerecht übermittelten Befreiungsantrag begehrt. Zum Verbesserungsauftrag, den Nachweis der rechtzeitigen Versendung des behaupteten Antrages auf Ermäßigung oder Befreiung durch Vorlage eines geeigneten Schriftstückes zu erbringen, habe sie vorgebracht, sie sei seit acht Jahren in Karenz. Als Hausfrau verfüge sie über keine büroähnliche Infrastruktur und somit auch nicht über den geeigneten schriftlichen Nachweis für die Versendung des Antrages. Da die Beschwerdeführerin dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen sei, könne daher ihrem Vorbringen, sie habe einen solchen Befreiungsantrag rechtzeitig gestellt, nicht gefolgt werden.
Eine Nachfrist zur Stellung von Befreiungs- und Ermäßigungsanträgen sei nicht vorgesehen. Die Beschwerdeführerin habe auch weder einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, noch Gründe für eine Wiedereinsetzung vorgebracht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 11 Abs. 4 lit. c der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Sondernummer II/2003 (Satzung) kann auf Antrag der jährliche Beitrag auf den in der Beitragsordnung (Beitragsordnung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 1/2008) festzulegenden ermäßigten Beitrag reduziert werden oder gänzlich entfallen, wenn die jährlichen Einkünfte des Mitglieds die festgelegte Grenze nicht überschreiten. Dieser Antrag ist gemäß § 11 Abs. 7 der Satzung bis 31. Jänner eines jeden Kalenderjahres für das laufende Beitragsjahr an den Ausschuss zu stellen und kann jeweils nur für ein Beitragsjahr gestellt werden.
Die Beschwerdeführerin bringt wie bereits im Verfahren vor der belangten Behörde vor, sie habe als Hausfrau und Mutter keine berufsspezifischen Einkünfte als Wirtschaftstreuhänder/selbständiger Buchhalter. Die Bemessungsgrundlage für die Bemessung der Zusatzpension als Mitglied der Kammer für Wirtschaftstreuhänder betrage demnach EUR 0,--.
Die belangte Behörde hätte - mit ihrer Hintergrundinformation, dass die Beschwerdeführerin seit über acht Jahren stets Befreiungsanträge gestellt habe und ihrem Begehren auch jeweils stattgegeben worden sei - die in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid gewählten Formulierungen hilfsweise auch als Vorbringen zu einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu interpretieren gehabt.
Die belangte Behörde habe den Grundsatz der objektiven Gleichheit von Beweismitteln verletzt, weil dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bereits insofern die Glaubwürdigkeit aberkannt worden sei, als nur im Zusammenhang mit einem postalischen Nachweis der fristgerechten Antragstellung des Befreiungsantrages die Glaubwürdigkeit zuerkannt worden wäre.
Eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen jedoch nicht aufzuzeigen.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführerin sei der Nachweis für die fristgerechte Einbringung eines Befreiungsantrages für das in Rede stehende Beitragsjahr nicht gelungen. Die Beschwerdeführerin hat die Frist zur Einbringung des Befreiungsantrages versäumt, weil das von ihr abgefasste und nach ihrem eigenen Vorbringen nicht eingeschrieben zur Post gegebene Schriftstück nicht bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt ist. Ein Anbringen gilt nur dann als eingebracht, wenn es bei der Behörde auch tatsächlich einlangt. Diesbezüglich ist die Partei, der die Wahl des Mittels der Einbringung offen steht, nicht nur beweispflichtig, sondern sie trägt auch die Gefahr des Verlustes einer (z.B. zur Post gegebenen) Eingabe (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, § 13 Rz 33 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Eine Partei, die entgegen der allgemein zu erwartenden prozessualen Vorsicht eine fristgebundene Eingabe (hier: Befreiungsantrag) nicht "eingeschrieben" zur Post gibt, sondern lediglich in den Postkasten wirft, nimmt das Risiko auf sich, den geforderten Gegenbeweis in Hinsicht auf die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe nicht erbringen zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/02/0400). Es kann dahinstehen, ob es sich bei gegenständlicher Frist um eine materielle oder um eine verfahrensrechtliche Frist handelt, da bei der Annahme des Vorliegens einer materiellen Frist der Anspruch (auf Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung der in Rede stehenden Beträge für das laufende Kalenderjahr) jedenfalls erloschen wäre und bei der Annahme des Vorliegens einer verfahrensrechtlichen Frist der Beschwerdeführerin zwar als prozessuales Mittel der Antrag der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Verfügung gestanden wäre, ein derartiger Antrag aber nicht gestellt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0196).
Soweit die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, ihr Vorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid wäre von der belangten Behörde in einen Antrag auf Wiedereinsetzung umzudeuten gewesen, bringt sie nicht vor, dass einem allfälligen Antrag auf Wiedereinsetzung vor Erlassung des angefochtenen Bescheides stattgegeben worden ist.
Soweit weitere Verfahrensmängel gerügt werden, unterlässt es die Beschwerde, konkret deren Relevanz aufzuzeigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am