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VwGH 30.05.2011, 2011/09/0005

VwGH 30.05.2011, 2011/09/0005

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AuslBG §28 Abs1;
AuslBG §28 Abs2;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VwRallg;
RS 1
In Strafverfahren nach § 28 Abs. 1 AuslBG richtet sich die Verfolgungsverjährungszeit nicht nach § 31 Abs. 2 VStG, sondern nach der lex specialis des § 28 Abs. 2 AuslBG und beträgt ein Jahr. (Hier: Die als erste Verfolgungshandlung angeführte Aufforderung zur Rechtfertigung erging rechtzeitig innerhalb offener Verfolgungsverjährungsfrist.)
Normen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
RS 2
Im Falle einer Sicherheitsdienstleistung durch einen Betrieb, dessen Betriebsaufgaben wesentlich derartige Sicherheitsdienstleistungen sind, zählt der konkrete Einsatzort - ähnlich einer Baustelle einer Baufirma - zum Betrieb des Sicherheitsdienstleisters. (Hier: Zutrittskontrollbereiche der Fanzonen der Fußballveranstaltung, die den Fans zugänglich sind; § 28 Abs. 7 AuslBG kommt nicht zur Anwendung.)
Normen
AÜG §4 Abs1;
AÜG §4 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
RS 3
Steht im Zusammenhang mit der Abgrenzung gemäß § 4 Abs. 1 AÜG schon nach dem Vertragswillen fest, dass der Zweck in der Überlassung von Arbeitskräften liegt, so ist eine Abgrenzung iSd § 4 Abs. 2 AÜG nicht mehr notwendig.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2011/09/0006

2011/09/0008

2011/09/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerden 1) des HC in S (protokolliert zu 2011/09/0008), 2) des RC in S (protokolliert zu 2011/09/0007),

3) des CC in S (protokolliert zu 2011/09/0005), und 4) des AH in S (protokolliert zu 2011/09/0006), alle vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec und Dr. Günther Ramsauer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 44, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/11.170 bis 11.173/9-2010, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:

Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von (insgesamt) EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug, nach gemeinsam durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung betreffend alle vier Beschwerdeführer ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurden die Beschwerdeführer schuldig erkannt, sie haben (der Erst-, Zweit- und Viertbeschwerdeführer als handelsrechtliche Geschäftsführer der Ö GmbH als Komplementärgesellschaft der Ö GmbH & Co. KG, der Drittbeschwerdeführer als unbeschränkt haftender Gesellschafter der Ö GmbH & Co. KG) sechs näher bezeichnete türkische und einen näher bezeichneten serbischen Staatsbürger während der Fußballeuropameisterschaft 2008 (Euro 2008) vom bis mit sicherheits- und ordnungsdienstlichen Aufgaben beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Die Beschwerdeführer haben dadurch jeweils sieben Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden jeweils sieben Geldstrafen in der Höhe von je EUR 3.000,-- über den Erst-, Zweit- und Viertbeschwerdeführer sowie je EUR 4,000,-- über den Drittbeschwerdeführer (im Nichteinbringungsfall jeweils Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe des Geschehens in der mündlichen Berufungsverhandlung, Auszügen der hier wesentlichen Gesetzesstellen und Zitaten aus der hg. Rechtsprechung unter anderem beruhend auf den Aussagen des Vertreters der Beschuldigten und des Zeugen ML (Leiter des P Centers der Landesdirektion S der Ö GmbH & Co. KG) in der mündlichen Berufungsverhandlung folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Im vorliegenden Fall hat der Veranstalter der sogenannten 'public-viewing-Zonen' in der Stadt Salzburg ('Host City Salzburg') den Ö," (Anmerkung: das ist die Ö GmbH & Co. KG) "dessen zur Vertretung nach außen Verantwortliche die Beschuldigten sind, mit Sicherheitsdienstleistungen diese Fanzonen betreffend während der Fußballeuropameisterschaft 2008 beauftragt.

Die hier in Rede stehenden Nicht-EU-Staatsbürger waren unbestrittenermaßen während der in den Straferkenntnissen angeführten Zeit als Sicherheitskräfte in den Fanzonen tätig.

Laut Vorbringen der Beschuldigtenseite wurden hinsichtlich dieser Sicherheitsdienstleistungen Verträge mit Subunternehmern geschlossen, die diese Leistungen eigenverantwortlich erbracht haben, weshalb keine Beschäftigung gemäß den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorgelegen habe.

Es liegen hinsichtlich dieser 'Sub-Vergabe' auch die entsprechenden (im wesentlichen gleich lautenden) Verträge mit den Subunternehmen vor; jener mit der I GmbH als Vertragspartner stammt vom , jener mit P KG GmbH & Co wurde am abgeschlossen.

Laut diesen Vereinbarungen stellen die Subunternehmer dem Ö im Rahmen der EURO 2008 eine garantierte Zahl von 50 Einsatzkräften zur Verfügung. Diese Kräfte haben eine einheitliche 'EURO-Uniform' zu tragen, die vom Ö zur Verfügung gestellt wird. Dem Ö kommt ein Anweisungs- und Anleitungsrecht zu und kann dieser jederzeit eine Qualitätskontrolle durchführen. Für die Zeit des Einsatzes ist ein vom Ö vorgegebenes Stundennachweisformular auszufüllen und dem Ö als Basis für weitere Abrechnungen zu übergeben. Die Abrechnung erfolgt nach tatsächlich geleisteten Stunden (Stundensatz pro Einsatzkraft ca EUR 16,-). Die Einsatzkräfte kommen im Bereich des Public Viewing Areals zum Einsatz. Der genaue Einsatzort wird spätestens eine Woche vor Einsatzbeginn bekannt gegeben. Reise- und Aufenthaltskosten werden von den Subfirmen getragen, wobei die Unterkunft vom Ö bereit gestellt wird. Die Pönaleregelung bezieht sich ausschließlich auf den Fall, dass die garantierte Personenzahl von 50 Kräften nicht sichergestellt werden kann und werden je nach zeitlicher Nähe zum Veranstaltungsbeginn unterschiedlich hohe Pönalezahlungen festgelegt."

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt folgendermaßen:

"Inhalt dieser Vereinbarungen ist also nicht ein exakt umschriebenes gewährleistungsfähiges Werk, sondern ausschließlich die Zurverfügungstellung einer bestimmten Anzahl an Sicherheitskräften, die sowohl ein einheitliches Erscheinungsbild als dem Ö zurechenbar abzugeben haben als auch den Anweisungen und der Kontrolle durch den Ö unterliegen.

Es ist daher keinesfalls so wie in der Berufung dargelegt und auch in der im Berufungsverfahren vorgelegten Stellungnahme des Univ. Prof. Dr. M ausgeführt, dass die Zurechnung der eingesetzten Kräfte zum Ö nur aus der einheitlichen Bekleidung abgeleitet worden sei.

Entgegen den Berufungsausführungen wurden eben nicht Sicherheitsdienstleistungen bei den Vertragspartnern geordert, sondern nur Personal. Dass dieses Personal hinsichtlich der einzelnen Sicherheitsbereiche dann nicht bunt durcheinandergewürfelt, sondern je nach Vertragspartnerzugehörigkeit zu einer Kontrolleinheit zusammengestellt wird, stellt sich als logische Vorgangsweise dar. Auch dies wurde aber vom Ö so organisiert. Auch die eigenständige Entgegennahme der behördlichen Anweisungen durch die Vertragspartner deutet nicht auf Selbstständigkeit hin, hatten diese doch die behördlichen Anweisungen umzusetzen und bestand hier kein eigenständiger Gestaltungsspielraum. Unzutreffend sind auch die Berufungsausführungen insofern, als die eingesetzten Personen nicht 'im Betrieb' des Ö (in den Betriebsräumen) tätig geworden seien. Ebenso wie ein Fernfahrer oder ein Bauarbeiter wird auch eine Sicherheitskraft grundsätzlich nicht in Betriebsräumen (Büro) tätig, sondern eben am konkreten Einsatzort. Dass die Einsatzorte (Zutrittskontrollbereiche der Fanzonen) Betriebsbereiche des Ö waren, ergibt sich durch das vom Ö vorgegebene einheitliche Erscheinungsbild.

Im übrigen hat der Ö nicht nur die Arbeitskleidung, sondern (gemäß Aussage des Zeugen ML in der Berufungsverhandlung) auch das Arbeitsgerät (Funkgeräte) für alle eingesetzten Kontrollore bereit gestellt."

Gegen diesen Bescheid richten sich die für jeden Bestraften gesondert eingebrachten, jedoch nahezu inhaltlich identen Beschwerden, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine für alle vier Beschwerdeführer geltende Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden auf Grund des Umstandes, dass die Bestrafungen in einem Bescheid der belangten Behörde abgehandelt wurden, es sich bei den Bestrafungen um verschiedene verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche des Unternehmens Ö handelt, die durch die gleichen Rechtsanwälte vertreten werden und es sachlich um die Beschäftigung derselben Ausländer geht, zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

Die Beschwerdeführer wenden zunächst Verfolgungsverjährung ein. Sie übersehen, dass sich in Strafverfahren nach § 28 Abs. 1 AuslBG die Verfolgungsverjährungszeit nicht nach § 31 Abs. 2 VStG, sondern nach der lex specialis des § 28 Abs. 2 AuslBG richtet und ein Jahr beträgt. Wie in den Beschwerden zutreffend angeführt, endete die Tatzeit jeweils mit , sodass die in den Beschwerden als jeweils erste Verfolgungshandlung angeführte Aufforderung zur Rechtfertigung vom rechtzeitig innerhalb offener Verfolgungsverjährungsfrist erging.

Gemäß § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG gilt die Verwendung überlassener Arbeitskräfte als Beschäftigung. Den Arbeitgebern gleichzuhalten ist gemäß § 2 Abs. 3 lit. c) in diesen Fällen auch der Beschäftiger der überlassenen Arbeitskräfte, das ist nach § 3 Abs. 3 AÜG derjenige, der Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

§ 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988 (AÜG), lautet:

"(1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet."

Die belangte Behörde erwähnt § 28 Abs. 7 AuslBG. Wird nach dieser Gesetzesstelle ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Baustellen eines Unternehmens angetroffen, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, ist das Vorliegen einer nach dem AuslBG unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

Im vorliegenden Fall wurden die Ausländer am konkreten Einsatzort angetroffen. Die belangte Behörde ist im Recht, dass im Falle einer Sicherheitsdienstleistung durch einen Betrieb, dessen Betriebsaufgaben wesentlich derartige Sicherheitsdienstleistungen sind, der konkrete Einsatzort - ähnlich einer Baustelle einer Baufirma - zum Betrieb des Sicherheitsdienstleisters zählt. Allerdings handelt es sich gegenständlich um Zutrittskontrollbereiche der Fanzonen, die den Fans zugänglich sind, weshalb § 28 Abs. 7 AuslBG nicht zur Anwendung kommt.

Die belangte Behörde hat sich aber in ihrer rechtlichen Beurteilung ohnehin nicht auf § 28 Abs. 7 AuslBG gestützt, sondern ist ihrer - angesichts der im Grunde des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG gegebenen - Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen, die dafür notwendigen Beweise aufzunehmen, Parteiengehör einzuräumen und ein dem Art. 6 EMRK entsprechendes Verfahren durchzuführen, nachgekommen.

Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen zusammengefasst vor, es sei ein Werkvertrag zwischen der Ö GmbH und den deutschen "Subunternehmern" I GmbH und P KG GmbH & Co vorgelegen, in dessen Erfüllung die Ausländer gearbeitet hätten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis bzw. die Verwendung überlassener Arbeitskräfte als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0190, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0187).

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag im Vorhinein individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0003, mwN). Dass sich entgegen den Ausführungen der belangten Behörde aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren ein konkretes, im Vorhinein abgrenzbares Werk hätte erkennen lassen, wird auch in den Beschwerden nicht dargetan. Vorauszuschicken ist, dass das angebliche Werk sich nicht von den Betriebsergebnissen des Ö unterscheidet.

Die belangte Behörde weist in ihrer Gegenschrift auf die Ausführungen in den Beschwerden hin, "im vorliegenden Fall ist als Vertragsgegenstand vereinbart, dass der Subunternehmer der Ö mit fünfzig Arbeitskräften zur Verfügung steht. …der Wille der Vertragspartner darauf gerichtet war, dass für den Subauftrag eine Kapazität von fünfzig Arbeitskräften gewährleistet sein muss."

Dies entspricht auch dem Inhalt der aktenkundigen Verträge zwischen Ö und I GmbH vom bzw. P GmbH & Co vom . Damit stellen die Beschwerdeführer auch in der Beschwerde selbst klar, dass das Interesse des Bestellers Ö bzw. die Vertragsverpflichtung der "Werkunternehmer" auf die "Zurverfügungstellung von Arbeitskräften" mit bestimmten vertraglich bedungenen Eigenschaften gerichtet war, nicht aber etwa auf im Vorhinein bestimmte Sicherheitsdienstleistungen in konkret bezeichneten Zonen, die der jeweilige Subunternehmer in Eigenverantwortung durchzuführen gehabt hätte. Ein derartiger Vertrag ist als Arbeitskräfteüberlassungsvertrag zu qualifizieren, die Gewährleistung richtet sich demnach auf die Beistellung der Arbeitskräfte, nicht aber auf ein zu erbringendes Werk.

Auch deshalb, weil es sich um kein abgrenzbares, unterscheidbares "gewährleistungstaugliches" Werk handelt, geschweige denn eine Abgrenzbarkeit der von den "Subunternehmern" zu verrichtenden Tätigkeiten untereinander (es wurden verschiedene "Subfirmen" eingesetzt) und zu denen von den eigenen Arbeitskräften der Ö zu verrichtenden Tätigkeiten im Vorhinein möglich war, kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass die Behauptung des Bestehens eines Werkvertrages zwischen der Ö einerseits und der I GmbH sowie der P KG GmbH & Co andererseits nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entspreche.

Im Sinne der Abgrenzung gemäß § 4 Abs. 1 AÜG ist die Lösung der Frage, ob nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt überhaupt ein Werkvertrag zwischen der Ö und der H GmbH sowie der P KG GmbH & Co vorliegt, im gegenständlichen Fall der entscheidende Teil dieser Abgrenzung. Steht aber schon nach dem Vertragswillen fest, dass der Zweck in der Überlassung von Arbeitskräften liegt, so ist eine Abgrenzung im Sinne des § 4 Abs. 2 AÜG nicht mehr notwendig. Nur der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass die überlassenen Arbeitskräfte kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und den "Subunternehmern" zurechenbares Werk herstellten oder an dessen Herstellung mitwirkten (§ 4 Abs. 2 Z. 1 AÜG), für die gegenständliche Arbeit wesentliche, von der Ö beigestellte Ausrüstungsgegenstände verwendeten (Bekleidung, Funkgeräte; § 4 Abs. 2 Z. 2 AÜG), organisatorisch insofern in den Betrieb der Ö eingegliedert waren, als die konkret zu erbringende Sicherheitsdienstleistung von dieser bestimmt wurde (§ 4 Abs. 2 Z. 3 AÜG) und die "Subunternehmer" nicht für den Erfolg der Werkleistung "Erfüllung bestimmter Sicherheitskontrollen", sondern nur für die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften hafteten (§ 4 Abs. 2 Z. 4 AÜG). Dies erhärtet die rechtliche Qualifikation, dass es sich gegenständlich um Arbeitskräfteüberlassung handelt.

Anhaltspunkte dafür, dass die überlassenen Arbeitskräfte auf Grund europarechtlicher Normen unmittelbar ohne eine österreichische Bewilligung hätten beschäftigt werden dürfen, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und werden von den Beschwerdeführern auch nicht behauptet.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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AÜG §4 Abs1;
AÜG §4 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1;
AuslBG §28 Abs2;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VwRallg;
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2011090005.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAE-86950