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VwGH vom 16.12.2015, 2013/17/0650

VwGH vom 16.12.2015, 2013/17/0650

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, den Hofrat Dr. Mairinger, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der D G in S, vertreten durch die Nusterer Mayer Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom , 00/37/3/419-2013, betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt St. Pölten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten (in der Folge: Magistrat) schrieb der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom für die Teilung des Grundstücks Nr 914/7 (alt), KG St. Pölten, in die Grundstücke Nr 914/7 (neu) und Nr 914/44 gemäß § 39 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (NÖ BauO 1996) die Ergänzungsabgabe für das Grundstück Nr 914/7 (neu) in Höhe von EUR 5.305,10 und für das Grundstück Nr 914/44 in Höhe von EUR 4.855,54 vor.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr kürzlich verstorbener Vater, der damalige Eigentümer des Grundstücks Nr 914/7 (alt), habe bereits für dieses Grundstück Eigenleistungen zur Herstellung der Straßendecke, Beleuchtung etc erbracht. Dies ergebe sich aus einem am beim Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten eingelangten Ersuchen ihres Vaters um die Löschung von Reallasten, die zugunsten der Landeshauptstadt St. Pölten bestanden hätten.

Im Berufungsverfahren führte die Beschwerdeführerin weiters aus, 1939 habe es drei Bauplätze gegeben, nämlich die Grundstücke Nr 914/4, 914/6 und 914/7. Das Grundstück Nr 914/4 sei Mitte der 80er Jahre verkauft worden. Die Grundstücke Nr 914/6 (mit einem Schwimmbecken) und Nr 914/7 (mit einem Einfamilienhaus) seien 1984 im Zuge der Schenkung an die Beschwerdeführerin zusammengelegt worden. Daraus ergebe sich, dass die Anzahl der Bauplätze (durch die nunmehrige Teilung) nicht verändert worden sei, weswegen die Beschwerdeführerin um die Korrektur des Abgabenbescheides auf Null ersuche.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Mit der Teilung des Bauplatzes Grundstück Nr 914/7 (alt) seien zwei Bauplätze (Grundstück Nr 914/7 (neu) und Nr 914/44) geschaffen worden. Durch diese Grenzänderung sei die Anzahl der Bauplätze von eins auf zwei vergrößert worden, wodurch der Anspruch auf Ergänzungsabgabe dem Grunde nach entstanden sei.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihr Vater bei der Herstellung der Straßendecke diverse Eigenleistungen erbracht habe, werde festgestellt, dass 1962 die (diesbezügliche) Reallast zugunsten der Landeshauptstadt St. Pölten gelöscht worden sei. Es sei daher davon auszugehen, dass diese in Eigenregie erbrachten Leistungen seitens des Magistrats bereits bei der Vorschreibung der Aufschließungsabgabe berücksichtigt worden seien. Die Formel für die Berechnung der Ergänzungsabgabe nehme überdies auf die bereits erbrachten Leistungen und Abgaben Bezug, indem sie die Summe der alten Berechnungslängen von der Summe der neuen Berechnungslängen abziehe. Es werde daher davon ausgegangen, dass die Aufschließungsabgabe bereits entrichtet und bei der Berechnung der Ergänzungsabgabe Berücksichtigung gefunden habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift verbunden mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen der NÖ BauO 1996, LGBl Nr 8200, lauten in der Fassung LGBl Nr 8200-20 (auszugsweise):

"...

§ 10

Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland

(1) Änderungen von Grundstücksgrenzen im Bauland sind vor ihrer Durchführung im Grundbuch der Baubehörde anzuzeigen. ...

...

§ 11

Bauplatz, Bauverbot

(1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das


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1.
hiezu erklärt wurde oder
2.
durch eine vor dem baubehördlich bewilligte Änderung von Grundstücksgrenzen geschaffen wurde und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder
3.
durch eine nach dem baubehördlich bewilligte oder angezeigte Änderung von Grundstücksgrenzen ganz oder zum Teil aus einem Bauplatz entstanden ist und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder
4.
am bereits als Bauland gewidmet und mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil, ausgenommen solche nach § 15 Abs. 1 Z. 1, § 17 Abs. 1 Z. 9 und § 23 Abs. 3 letzter Satz, bebaut war.

(2) Auf Antrag des Eigentümers ist ein Grundstück im Bauland zum Bauplatz zu erklären, wenn es ...

...

Abgaben

§ 38

Aufschließungsabgabe

(1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der

Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit

rechtskräftigem Bescheid der Behörde nach § 2

1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz

(§ 11) erklärt oder

2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung

eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2 und 3, für den kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag oder keine entsprechende Abgabe vorgeschrieben und entrichtet worden ist, erteilt wird.

...

(7) Frühere Leistungen für den Ausbau der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Beleuchtung einer an den Bauplatz grenzenden Straße sind auf die Aufschließungsabgabe anzurechnen, wenn sie erbracht wurden:

1. als Geldleistung auf Grund einer Vereinbarung mit

der Gemeinde oder

2. als Arbeits- oder Materialleistung mit Zustimmung

der Gemeinde.

...

§ 39

Ergänzungsabgabe

(1) Bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10) ist für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn

o für die bisherigen Bauplätze bereits der Höhe nach bestimmte Aufschließungsbeiträge oder -abgaben vorgeschrieben und entrichtet wurden oder

o sie Bauplätze nach § 11 Abs. 1 Z. 2 bis 4 sind und das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird.

...

Die Höhe der Ergänzungsabgabe (EA) wird wie folgt berechnet:

Von der Summe der neuen Berechnungslängen wird die Summe der damaligen Berechnungslängen abgezogen. Der Differenzbetrag wird mit dem zur Zeit der Anzeige der Grenzänderung (§ 10) geltenden Bauklassenkoeffizienten und Einheitssatz multipliziert und das Produkt nach dem Verhältnis der neuen Berechnungslängen auf die neuen Bauplätze aufgeteilt;

z.B. ...

...

(4) Die Ergänzungsabgabe ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2007. Für die Ergänzungsabgabe gelten die Bestimmungen des § 38 Abs. 4 bis 6 und 9 sinngemäß. Falls bisher kein Aufschließungsbeitrag und keine Aufschließungsabgabe eingehoben wurde, gilt auch Abs. 7 sinngemäß. ..."

Im Beschwerdefall erfolgte die Vorschreibung der Ergänzungsabgabe aufgrund der Teilung des Bauplatzes Grundstück Nr 914/7 (alt) in die beiden Bauplätze Grundstück Nr 914/7 (neu) und Grundstück Nr 914/44.

Voraussetzung für die Vorschreibung der Ergänzungsabgabe ist - neben der Vergrößerung des Gesamtausmaßes der Fläche oder der Anzahl der Bauplätze -, dass entweder für die bisherigen Bauplätze bereits Aufschließungsabgaben vorgeschrieben und entrichtet wurden oder die Grundstücke bereits Bauplätze nach § 11 Abs 1 Z 2 bis 4 NÖ BauO 1996 gewesen sind. Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Berufung angegeben, das Grundstück Nr 914/7 (alt) sei 1984 aus der Vereinigung zweier Bauplätze (nämlich der damaligen Nr 914/7 und 914/6) entstanden. Damit ist aber davon auszugehen, dass das im Jahr 2013 geteilte Grundstück Nr 914/7 (alt) ein Bauplatz iSd § 11 Abs 1 Z 2 NÖ BauO 1996 gewesen ist. Somit ist aber der Tatbestand des § 39 Abs 1 zweiter Fall NÖ BauO 1996 erfüllt. Auf den Umstand, ob bereits vor der Bauplatzteilung Aufschließungsabgaben vorgeschrieben und entrichtet wurden, kommt es somit für die Erfüllung dieses Abgabentatbestandes nicht an.

Nach § 39 Abs 4 NÖ BauO 1996 gelten in den Fällen, in denen bisher kein Aufschließungsbeitrag und keine Aufschließungsabgabe eingehoben wurde, auch die Bestimmungen über die Anrechnung des § 38 Abs 7 NÖ BauO 1996 sinngemäß. Gemäß § 38 Abs 7 NÖ BauO 1996 sind frühere Leistungen für den Ausbau der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Beleuchtung einer an den Bauplatz grenzenden Straße unter bestimmten näher genannten Voraussetzungen auf die Aufschließungsabgabe anzurechnen.

Die Beschwerdeführerin beruft sich zwar auf die Erbringung von Eigenleistungen durch ihren Vater, unterlässt es aber auszuführen, wann diese Eigenleistungen erbracht worden seien und worin sie bestanden hätten. Sie hat in diesem Zusammenhang in ihrer Berufung lediglich auf das Löschungsansuchen ihres Vaters aus 1962, in dem er sich auf die Erbringung von Eigenleistungen berufen hat, verwiesen.

Die vorgelegten Verwaltungsakten enthalten einen Parzellierungsbescheid vom . Dieser schreibt in Punkt 4.) den damaligen Parzellierungswerbern, darunter der Vater der Beschwerdeführerin, ua für die Straßenerschließung und die Herstellung der Beleuchtungsanlagen zur Erschließung der neu geschaffenen Parzellen, aus welchen in der Folge ua auch das Grundstück Nr 914/7 (alt) hervorgegangen ist, Kostenbeiträge "im Ausmaß von 50 v. H. der Herstellungskosten, die derzeit nach den mit Beschluss vom festgesetzten Einheitswertpreisen für die in Betracht kommende Breite der Fahrbahn sowie Frontlänge der Bauplätze berechnet werden", vor. In Punkt 5.) wird ausgeführt, dass in dem Falle, dass die in Punkt

4.) angeführten Leistungen bis zur grundbücherlichen Durchführung nicht erfüllt würden, diese Pflichten als Reallasten zugunsten der Gemeinde auf der Liegenschaft grundbücherlich sicherzustellen seien. In dem ebenfalls in den Akten einliegenden (im Zusammenhang mit dem diesbezüglichen Löschungsansuchen des Vaters der Beschwerdeführerin erstatteten) Bericht des Stadtbauamtes vom wird hinsichtlich der anteiligen Kostentragung ua für die Herstellung der Straße und Beleuchtung ausgeführt: "Vom damaligen Parzellierungswerber wurden diese Verbindlichkeiten bereits erfüllt."

Daraus konnte die belangte Behörde aber unbedenklich schließen, dass dem Vater der Beschwerdeführerin als deren Rechtsvorgänger im Eigentum an dem späteren Grundstück Nr 914/7 (alt) bereits ein Aufschließungsbeitrag dem Grunde nach vorgeschrieben worden ist, welcher von diesem (zumindest teilweise) in Form von Eigenleistungen getilgt wurde, weswegen die Abgabenbehörde 1962 auch einer Löschung der diesbezüglichen Reallast zugestimmt hat. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin somit eine nochmalige Anrechnung dieser Eigenleistungen zu Recht verwehrt.

Zur Höhe des Ergänzungsbeitrages enthält die Beschwerde kein Vorbringen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art 6 MRK erforderlich, weil Abgabenangelegenheiten wie die vorliegende nicht zu den "civil rights" gehören ().

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.

Wien, am