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VwGH vom 06.10.2020, Ra 2020/12/0039

VwGH vom 06.10.2020, Ra 2020/12/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör sowie Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des A F, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W128 2149884-1/10E, betreffend Nachzahlung der sich aus der Verbesserung der besoldungsrechtlichen Stellung ergebenden Bezüge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Der am geborene Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Bescheid vom wurde der als für ihn maßgeblicher Vorrückungsstichtag bestimmt. Dabei wurden vor der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres liegende Zeiten nicht berücksichtigt.

2Mit Eingabe vom beantragte der Revisionswerber unter dem Betreff „Anrechnung von Zeiten vor dem 18. Lebensjahr zwecks Nichteintreten der Verjährung“ die rückwirkende Anrechnung der Zeiträume von bis sowie von bis , während derer er als Gendarmeriepraktikant bzw. für das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich tätig gewesen sei. Weiters ersuchte er um die Auszahlung „daraus“ allenfalls resultierender Differenzbeträge.

3Mit Eingabe vom begehrte der Revisionswerber unter Verwendung des in § 113 Abs. 12 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 vorgesehenen Formblattes die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und seiner daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie allenfalls die Nachzahlung von Bezügen aus diesem Anlass.

4Mit Bescheid des Landespolizeikommandos für Niederösterreich vom wurde der Antrag vom gemäß § 113 Abs. 10 GehG abgewiesen. Die Behörde vertrat die Ansicht, die besoldungsrechtliche Stellung des Revisionswerbers werde infolge seiner Option in die Besoldungsgruppe Exekutivdienst nicht mehr durch den Vorrückungsstichtag bestimmt.

5Der Revisionswerber erhob Berufung.

6Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom wurde das Berufungsverfahren im Hinblick auf das damals vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Zahl 2011/12/0026 anhängige Verfahren ausgesetzt.

7In der Folge wurde der Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Dienstbehörde zurückverwiesen.

8Im fortgesetzten Verfahren sprach die Landespolizeidirektion Niederösterreich mit Bescheid vom aus, dass infolge des Antrages des Revisionswerbers vom mit Wirkung vom gemäß § 12 und 113 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 durch die zusätzliche Voransetzung von Zeiten der als Vorrückungsstichtag ermittelt werde.

9Der Bescheid vom erwuchs in Rechtskraft. Er enthielt einen nicht in den Spruch aufgenommenen Hinweis, wonach die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages keine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung des Revisionswerbers bewirke.

10Mit Antrag vom begehrte der Revisionswerber die bescheidmäßige Festsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung unter Berücksichtigung des mit Bescheid vom ermittelten Vorrückungsstichtages und unter Außerachtlassung der Bestimmung des § 8 Abs. 1 zweiter Satz GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 sowie die allfällige Nachzahlung der ihm zustehenden Bezugsdifferenz ab . Er berief sich in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/12/0007, und machte geltend, dass § 8 Abs. 1 zweiter Satz GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts nicht anwendbar sei und ihm daher das Gehalt einer höheren Gehaltsstufe gebühre.

11Die Landespolizeidirektion Niederösterreich setzte zunächst das Verfahren mit Bescheid vom bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) über das Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/12/0076, EU 2013/0005, gemäß § 38 AVG aus und wies sodann mit Bescheid vom den Antrag des Revisionswerbers vom auf Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung im Sinn von § 8 GehG in der Fassung vor dem Inkrafttreten der mit BGBl. I Nr. 32/2015 kundgemachten „Reform des Besoldungsrechtes“ gemäß § 175 Abs. 79 Z 3 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2015 als unzulässig zurück. Der Antrag des Revisionswerbers vom auf Nachzahlung von aus diesem Anlass sich ergebenden Bezügen wurde als unbegründet abgewiesen.

12Begründend verwies die Behörde auf § 175 Abs. 79 Z 3 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2015. Mit dem Ausschluss der Anwendbarkeit der Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag in sämtlichen Verfahren, die sich auf die Rechtslage aus der Zeit vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2015 bezögen und die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung beträfen, sei jede Rechtsgrundlage für eine inhaltliche Entscheidung weggefallen. Mangels rechtlicher Grundlage sei der Revisionswerber weder vermöge eines Rechtsanspruches noch eines rechtlichen Interesses am Verfahren beteiligt, weshalb sein Antrag auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung zurückzuweisen gewesen sei. Mangels Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung bestünden auch keine zusätzlichen Besoldungsansprüche, weshalb der diesbezügliche Antrag des Revisionswerbers abzuweisen gewesen sei.

13Der Revisionswerber erhob Beschwerde.

14Mit Beschluss vom setzte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die zur Zahl Ro 2015/12/0022 protokollierte Revision aus.

15Mit Erkenntnis vom hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos auf.

16Das Bundesverwaltungsgericht verwies auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/12/0025, und hielt fest, dass die Behörde verpflichtet gewesen wäre, über den Antrag des Revisionswerbers auf Änderung seiner besoldungsrechtlichen Stellung inhaltlich zu entscheiden. Die Behörde werde im fortgesetzten Verfahren darauf zu achten haben, dass ein dem Unionsrecht entsprechender, diskriminierungsfreier Rechtszustand hergestellt werde.

17Mit Bescheid vom wies die Landespolizeidirektion Niederösterreich den Antrag des Revisionswerbers vom auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung gemäß § 175 Abs. 79 Z 2 und 3 in Verbindung mit § 175 Abs. 79a und 79b GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2016 ab.

18Mit dem Besoldungsrechtsanpassungsgesetz BGBl. I Nr. 104/2016 habe der Gesetzgeber durch die Bestimmungen des § 175 Abs. 79 Z 3 sowie Abs. 79a und 79b GehG ausdrücklich klargestellt, dass die „alte Rechtslage“ betreffend den Vorrückungsstichtag in ausnahmslos allen Verfahren nicht mehr anzuwenden sei.

19Der Revisionswerber erhob Beschwerde, in der er u.a. ausführte, die Behörde habe versehentlich auf seinen Antrag vom Bezug genommen. Vorliegend sei über seinen Antrag vom zu entscheiden.

20Mit Beschluss vom setzte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur Entscheidung des EuGH über das diesem Gerichtshof mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , W128 2148285-1/2Z, (Anmerkung: zur Rechtssache C-396/17, Martin Leitner) vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen aus.

21Mit Schreiben vom übermittelte der Revisionswerber dem Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf einen ihm durch das Gericht zur Kenntnis gebrachten, durch die Behörde infolge der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, ermittelten Vergleichsstichtag eine schriftliche Stellungnahme. Er verwies darauf, dass Nachzahlungen ausgehend von der ersten Antragstellung am sowie unter Berücksichtigung des § 113 Abs. 13 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 zu erfolgen hätten. Mit Eingabe vom habe er den ersten Antrag vom zum Teil wiederholt, weil seine besoldungsrechtliche Stellung trotz Verbesserung des Vorrückungsstichtages nicht angepasst worden sei und deswegen keine Nachzahlungen erfolgt seien.

22Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht unter Spruchpunkt A I.) der Beschwerde gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom statt und stellte gemäß § 169f Abs. 4 GehG fest, dass sich das Besoldungsdienstalter des Revisionswerbers zum Ablauf des um 1098 Tage verbessere. Unter Spruchpunkt A II.) sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass dem Revisionswerber eine Nachzahlung der sich aus der Verbesserung seiner besoldungsrechtlichen Stellung ergebenden Bezüge rückwirkend ab ergebe. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.

23Das Bundesverwaltungsgericht ermittelte den gemäß § 169g GehG in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 maßgeblichen Vergleichsstichtag mit und gelangte ausgehend von dem letzten unter Ausschluss der vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzten Vorrückungsstichtag, dem , zu dem Ergebnis, dass sich das Besoldungsdienstalter des Revisionswerbers gemäß § 169g Abs. 4 GebG zum Ablauf des um 1098 Tage erhöhe. Sodann führte das Verwaltungsgericht aus, dass aus der Erhöhung des Besoldungsdienstalters ein Anspruch auf Nachzahlung von Bezügen resultiere. § 175 Abs. 79 Z 2 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2015 stehe im Widerspruch zum Unionsrecht und sei vorliegend nicht anzuwenden. Unter Berücksichtigung einer dreijährigen Verjährungsfrist und der in § 113 Abs. 13 GehG bestimmten Hemmung dieser Frist im Zeitraum von bis , somit für die Dauer von einem Jahr, zwei Monaten und zwölf Tagen, gebühre dem Revisionswerber eine Nachzahlung der sich aus der Verbesserung seiner besoldungsrechtlichen Stellung ergebenden Bezüge ab . Wenn der Revisionswerber auf seinen Antrag vom verweise und die Ansicht vertrete, es stehe ihm bereits beginnend mit einem früheren Zeitpunkt eine Nachzahlung zu, sei ihm zu entgegnen, dass der zuletzt genannte Antrag mit Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom rechtskräftig erledigt worden sei. Der Revisionswerber sei daher gehalten gewesen, gegen den Bescheid vom ein Rechtsmittel zu erheben. Im vorliegenden Fall habe der Antrag vom das gegenständliche Verfahren „ausgelöst“. Im Verwaltungsverfahren wirkten Anträge nur „pro futuro“. Es sei dem Bundesverwaltungsgericht daher verwehrt, ausgehend vom ersten Antrag des Revisionswerbers die Verjährungsfrist festzulegen.

24Gegen Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit verbunden mit dem Antrag geltend gemacht wird, der Verwaltungsgerichtshof möge aus diesem Grund in der Sache entscheiden, hilfsweise das angefochtene Erkenntnis im angefochtenen Umfang aufheben.

25Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision u.a. geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht bei Ermittlung der „Nachzahlungsfrist“ und des im vorliegenden Fall maßgeblichen Verjährungszeitraumes auf den Antrag vom abgestellt. Richtigerweise wäre der Antrag vom der Festlegung der Verjährungsfrist zugrunde zu legen gewesen.

26In dem gemäß § 36 VwGG eingeleiteten Vorverfahren teilte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde mit, dass der umfassenden Begründung des Bundesverwaltungsgerichts nichts hinzuzufügen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

27Die Revision ist aus dem in der oben wiedergegebenen Zulässigkeitsbegründung dargestellten Grund zulässig. Sie ist auch begründet.

28§ 169f Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, die zitierten Bestimmungen in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2019, lautet auszugsweise:

„Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG

§ 169f.

(1) Bei Beamtinnen und Beamten,

1.die sich am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, im Dienststand befinden und

2.die nach § 169c Abs. 1 (allenfalls in Verbindung mit § 169d Abs. 3, 4 oder 6) übergeleitet wurden und

3.deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist und

4.bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit diesem Bundesgesetz bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind,

ist die besoldungsrechtliche Stellung von Amts wegen bescheidmäßig neu festzusetzen.

...

(3) Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, welche die Frage der Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten, der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags, insbesondere nach § 113 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010, der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine Beamtin oder einen Beamten nach Abs. 1 Z 3 als Hauptfrage zum Gegenstand haben, erfolgt eine Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren. Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, in denen eine solche Frage als Vorfrage zu beurteilen ist, erfolgt die Beurteilung unbeschadet des § 38 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, nach Maßgabe des Abs. 6.

...

(6) Die Bemessung der Bezüge erfolgt rückwirkend unter Berücksichtigung der für die Vorrückung wirksamen Dienstzeit

1.im Fall des Abs. 4 (für Zeiten vor dem unter Anwendung von § 169c Abs. 6b in der geltenden Fassung und § 8 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2015, BGBl. I Nr. 65/2015) nach Maßgabe des neu festgesetzten Besoldungsdienstalters und

2.im Fall des Abs. 5 nach Maßgabe der neu festgesetzten besoldungsrechtlichen Stellung, wobei Vorrückungen mit dem Monatsersten nach Ablauf des für die Vorrückung in die jeweilige Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums erfolgen, der sich aus den bis zum Ablauf des für die Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten geltenden Bestimmungen ergibt, oder, wenn das Ende dieser Frist auf einen Monatsersten fällt, mit diesem Monatsersten.

Abweichend von § 13b hat für Beamtinnen und Beamte nach Abs. 1, auf die Abs. 3 erster Satz nicht zutrifft, eine allfällige Nachzahlung für Zeiten ab dem von Amts wegen zu erfolgen.“

29§ 13b Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54 in der Fassung BGBl. Nr. 318/1973, lautet:

„Verjährung

§ 13b. (1) Der Anspruch auf Leistungen verjährt, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchsbegründende Aufwand entstanden ist.

(2) Das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen (§ 13a) verjährt nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung.

(3) Was trotz Verjährung geleistet worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.

(4) Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist.“

30Die vom Revisionswerber aufgeworfene Rechtsfrage betrifft die Verjährung von Ansprüchen, die sich aus der im (nicht angefochtenen) Spruchpunkt A) I.) des angefochtenen Erkenntnisses vorgenommenen Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung gemäß § 169f Abs. 4 GehG ergeben. Derartige Ansprüche wurden vom Gesetzgeber der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 rückwirkend (vgl. § 169f Abs. 6 Z 1 GehG) im positiven innerstaatlichen Recht neu geschaffen. Die Geltendmachung exakt dieser Ansprüche war einem Beamten vor Herausgabe der genannten Novelle nicht möglich. Dennoch folgt aus § 169f Abs. 6 letzter Satz GehG, dass der Gesetzgeber dieser Novelle § 13b GehG (der auch seinem Wortlaut nach nicht auf die Möglichkeit, den Anspruch überhaupt geltend zu machen, abstellt) auf derartige Ansprüche grundsätzlich (und auf die hier gegenständlichen Ansprüche in Fällen des Abs. 3 erster Satz im Besonderen) angewendet wissen wollte. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zutreffend von der Maßgeblichkeit des § 13b GehG ausgegangen.

31Das Bundesverwaltungsgericht vertrat in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung, dass die Geltendmachung des vorliegend zu beurteilenden Anspruchs des Revisionswerbers auf Nachzahlung der aus einer Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung resultierenden Bezüge erst mit Antrag vom erfolgt und daher die für die Verjährung dieses Anspruchs maßgebliche Frist ausgehend von dem zuletzt genannten Datum zu berechnen sei. Dieser Ansicht tritt die Revision zu Recht entgegen:

32Eingangs ist festzuhalten, dass über den Anspruch des Revisionswerbers auf Nachzahlung der Differenz zwischen den ihm tatsächlich ausbezahlten und den ihm infolge einer Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung gebührenden Bezügen nicht mit Bescheid vom rechtskräftig abgesprochen wurde, weil dieser Bescheid eine diesbezügliche spruchförmige Entscheidung nicht enthielt. Auch der in den Bescheid vom aufgenommene Hinweis, wonach die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages keine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung des Revisionswerbers bewirke, erwuchs nicht in Rechtskraft (siehe zu einem vergleichbaren „Hinweis“ ; zu einer ebenfalls nicht rechtskraftfähigen „Mitteilung“ ; im Allgemeinen zu den Grenzen der Rechtskraft eines Bescheides, die durch dessen Spruch festgelegt werden, siehe ).

33Es ist daher dem Revisionswerber darin beizupflichten, dass der in der Eingabe vom formulierte Antrag auf Nachzahlung von diskriminierungsfrei und unionsrechtskonform bestimmten Bezügen zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrags vom noch nicht bescheidförmig erledigt war und das Anbringen vom bezüglich des Antrags auf Bezugsnachzahlung - selbst wenn das Anbringen vom keinen (expliziten) Antrag auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung umfasste (zur Teilbarkeit der Absprüche über die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages bzw. über die dadurch erlangte besoldungsrechtliche Stellung jedenfalls für Zwecke der Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof ) - inhaltlich betrachtet eine Wiederholung des schon mit (und sodann auch mit formularmäßigem Antrag vom ) geltend gemachten, aber eben noch keiner bescheidmäßigen Erledigung zugeführten Begehrens auf Nachzahlung von Bezügen darstellte.

34Aus § 169f Abs. 3 GehG folgt, dass der Gesetzgeber der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 davon ausgeht, dass die „Geltendmachung“ der nunmehr durch diese Novelle in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG eingeräumten Ansprüche auch schon durch vor dieser Novelle gestellte Anträge, insbesondere solche auf Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten oder der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages nach § 113 Abs. 10 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 erfolgt ist, weshalb anhängige Verfahren über derartige Anträge nunmehr zu einer Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung gemäß § 169f GehG zu führen haben. Zu beachten ist ferner, dass vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 gestellte Anträge - wie jener des Revisionswerbers vom - jedenfalls nach dem Willen des innerstaatlichen Gesetzgebers (vgl. § 113 Abs. 12 zweiter Satz zweiter Fall GehG in der Fassung dieser Novelle) ihrerseits als Anträge nach § 113 Abs. 10 GehG (in der Fassung dieser Novelle) fortzuführen waren, was hier als Ergebnis der durchgeführten Verbesserung auch geschehen ist.

35Vor diesem Hintergrund war die gemäß § 13b GehG für den Anspruch auf Nachzahlung maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist nicht unter Zugrundelegung des Nachzahlungsantrags vom , sondern ausgehend von der Eingabe vom zu ermitteln (vgl. , wonach der Beamte nach § 13b Abs. 4 GehG nicht gehalten ist, seinen Anspruch durch gesonderten Antrag auf bescheidmäßige Erledigung weiter zu verfolgen, um die Verjährung zu verhindern; siehe auch ; vgl. ferner ; , 99/12/0022, wonach - jedenfalls im Regelfall - die bloße Unterlassung der Einbringung eines Devolutionsantrages oder einer Säumnisbeschwerde für sich allein nicht zum Eintritt der Verjährung im Sinn des § 13b GehG durch Beseitigung der Unterbrechungswirkung eines durch Antrag geltend gemachten vermögenswerten besoldungsrechtlichen Anspruchs mangels gehöriger Klagsfortsetzung führt).

36Folglich erweist sich die Festsetzung des Nachzahlungszeitraums beginnend mit jedenfalls als rechtswidrig.

37Hingegen besteht keine Rechtsgrundlage für die in der Revision des Weiteren vertretene Ansicht, wonach im Hinblick auf die durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 82/2010 rückwirkend mit getroffenen Bestimmungen die im Revisionsfall maßgebliche Verjährungsfrist ausgehend vom zu berechnen wäre. Auch hier gilt (entsprechend dem oben zu § 169f Abs. 4 GehG Gesagten), dass der innerstaatliche Gesetzgeber der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 rückwirkend (zum ) Ansprüche eingeräumt hat, auf diese jedoch grundsätzlich § 13b GehG angewendet sehen wollte, wie sich aus dem „Verjährungsverzicht“ des § 113 Abs. 13 GehG in der Fassung der zuletzt zitierten Novelle ergibt, welcher auf Basis der Rechtsauffassung des Revisionswerbers überflüssig gewesen wäre (siehe im Übrigen zur unionsrechtlichen Vereinbarkeit einer Regelung, nach der infolge unionsrechtswidriger innerstaatlicher Vorschriften vorenthaltene Bezugsbestandteile einer dreijährigen Verjährungsfrist unterlagen, , Rn 33 und 41; ; zur Möglichkeit, die vom Revisionswerber geltend gemachten besoldungsrechtlichen Ansprüche aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts rechtlich durchzusetzen ; , 2012/12/0007; zur vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 bereits bestehenden Verpflichtung, die innerstaatliche Rechtslage unionsrechtskonform zu vollziehen ).

38Überdies erfolgte die Eingabe vom ohnehin vor Verlautbarung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010, sodass schon aus diesem Grund nicht nachvollziehbar ist, weshalb - wie von der Revision im Wege eines alternativen Argumentationsstrangs gefordert - im gegenständlichen Fall der Berechnung der Verjährungsfrist des § 13b GehG das Datum der Kundmachung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 82/2010 zugrunde gelegt werden sollte.

39Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses erweist sich jedoch noch aus einem weiteren, vorliegend von Amts wegen wahrzunehmenden Grund als rechtswidrig:

40Gegenstand des vor dem Bundesverwaltungsgericht bekämpften Bescheides vom war lediglich der Abspruch über den Antrag des Revisionswerbers auf Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung, nicht jedoch sein daraus resultierender Anspruch auf Nachzahlung von Bezügen. Der Bescheid vom , der auch einen Abspruch über den Antrag des Revisionswerbers auf Nachzahlung von Bezügen enthielt, war mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom ersatzlos aufgehoben worden. Einer inhaltlichen Erledigung des Antrags auf Nachzahlung von Bezügen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stand somit der Umstand entgegen, dass das diesbezügliche Begehren nicht Gegenstand des vor dem Bundesverwaltungsgericht bekämpften Bescheides vom und somit auch nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht war.

41Da das Bundesverwaltungsgericht dies verkannte und es über den mit Bescheid vom nicht erledigten Antrag des Revisionswerbers auf Nachzahlung von Bezügen absprach, nahm es eine Zuständigkeit in Anspruch, die ihm nicht zukam. Dadurch belastete es Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses mit durch den Verwaltungsgerichtshof aus Anlass der zulässigen Revision vorrangig wahrzunehmender Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.

42Im Übrigen ist Folgendes zu bemerken: Auf Grund der Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung durch Spruchpunkt A.) I.) des angefochtenen Erkenntnisses ist wohl die Sperrwirkung der ersatzlosen Aufhebung der Entscheidung der Dienstbehörde über den Nachzahlungsanspruch durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom aufgehoben. Grundsätzlich gilt aber, dass über die hier nunmehr offenbar allein strittige Frage der Verjährung von Ansprüchen, die sich aus der nunmehr festgesetzten besoldungsrechtlichen Stellung ergeben, mit einem Feststellungsbescheid, der allein die Frage der Verjährung der Ansprüche betrifft, abgesprochen werden darf (vgl. , mwH).

43Die Kostenentscheidung stützt sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020120039.L00

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