VwGH vom 07.05.2021, Ra 2020/12/0038

VwGH vom 07.05.2021, Ra 2020/12/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des Personalamts Wien der Österreichischen Post AG in Wien, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W221 2225480-1/2E, betreffend ersatzlose Behebung eines Bescheides iA „Umsetzung eines Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts“ (mitbeteiligte Partei: H P in W, vertreten durch die Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_Innen GmbH in 1080 Wien, Alser Straße 21), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1Der Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist gemäß § 17 Abs. 1a Poststrukturgesetz (PTSG) der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen.

2Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom wurde gemäß § 8, 12 und 113 Abs. 10 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 und 16 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom festgestellt, dass dem Mitbeteiligten zum ein Gehalt der Verwendungsgruppe PT 3, Dienstzulagengruppe 2, Gehaltsstufe 17, mit außerordentlicher Vorrückung gemäß § 117b Abs. 1 GehG am , und die Dienstalterszulage gemäß § 117b Abs. 2 GehG ab gebührten.

3Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2016/12/0001, wurde die dagegen von der belangten Behörde (der nunmehrigen revisionswerbenden Partei) erhobene Revision zurückgewiesen.

4Mit Bescheid der revisionswerbenden Amtspartei vom wurde der Antrag des Mitbeteiligten vom (wiederholt mit Schreiben vom und ), jene möge über das Erfordernis der Umsetzung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom , absprechen, wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen.

5Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gab die revisionswerbende Amtspartei mit Beschwerdevorentscheidung vom keine Folge und änderte den Bescheid in seiner Begründung ab. Der Mitbeteiligte stellte einen Vorlageantrag.

6Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht über die Beschwerde des Mitbeteiligten „gegen den durch die Beschwerdevorentscheidung bestätigten Bescheid des Personalamts Wien der Österreichischen Post AG vom , Zl. 300182-2019“ aus, dass der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben werde.

7Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Mitbeteiligte habe in seinem Schreiben vom wortwörtlich beantragt, dass über das Erfordernis der Umsetzung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom bescheidmäßig abgesprochen werde. Dieses Begehren habe er regelmäßig in Erinnerung gerufen, wobei er im Schreiben vom die Umsetzung des Urteils (gemeint wohl: des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom ) verlangt und eine bescheidmäßige Erledigung begehrt habe. Es sei der Behörde zuzustimmen, dass der Antrag vom kein eindeutiger Antrag sei. In einem solchen Fall sei es jedoch Aufgabe der Behörde zu ermitteln, worauf der Antrag konkret gerichtet sei und was genau begehrt werde. Es stehe der Behörde jedoch nicht zu, den Antrag in ein Feststellungsbegehren umzudeuten, das dann noch dazu unzulässig sei, weil ein Feststellungsantrag nur ein subsidiärer Rechtsbehelf sei.

8Wie sich im Verfahren durch die Schriftsätze des Mitbeteiligten herausgestellt habe, habe er keinen Feststellungsantrag stellen wollen, sein Antrag sei vielmehr auf die Umsetzung der Entscheidung und somit auf die Auszahlung der ihm aus seiner Sicht gebührenden Gehaltsdifferenz gerichtet.

9Die Behörde habe daher über einen Antrag abgesprochen, der so gar nicht gestellt worden sei, weshalb der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben sei.

10Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision des Personalamts Wien der Österreichischen Post AG mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahin abändern, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde. In eventu wird beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

11Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er unter anderem ausführte, sein Antrag sei auf Auszahlung der Entgeltdifferenzen gerichtet gewesen.

12Die vorliegende Revision ist zulässig und berechtigt.

13Nach dem Wortlaut des Kopfes und des Spruches des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde damit der Bescheid der revisionswerbenden Partei22 vom ersatzlos behoben. Beschwerdegegenstand ist jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung zutreffend hinweist, nach deren Ergehen die Beschwerdevorentscheidung (; , Ra 2017/12/0024; , Ro 2017/12/0014). Behebt das Verwaltungsgericht den Ausgangsbescheid, obwohl eine Beschwerdevorentscheidung vorliegt, wird ein nicht mehr dem Rechtsbestand angehörender Bescheid behoben, hingegen die den tatsächlichen Beschwerdegegenstand bildende Beschwerdevorentscheidung im Rechtsbestand belassen (vgl. wiederum ).

14Indem das Bundesverwaltungsgericht den nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden Bescheid der revisionswerbenden Partei vom behob und die Beschwerdevorentscheidung dadurch im Rechtsbestand verblieb, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

15Es wird darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt davon ausging, dass der Mitbeteiligte beantragte, dass über das Erfordernis der Umsetzung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom bescheidmäßig abgesprochen werde. Es trifft daher entgegen den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes nicht zu, dass die revisionswerbende Partei über einen Antrag abgesprochen hat, der so gar nicht gestellt wurde. Eine - zu einer ersatzlosen Aufhebung führende - Umdeutung dieses Antrages dahin, dass der Mitbeteiligte die Auszahlung der gebührenden Gehaltsdifferenz beantragt habe, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil ein solcher an die revisionswerbende Partei gerichteter Antrag (ebenfalls) unzulässig wäre. Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden nämlich in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht, wobei die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ein technischer Vorgang ist, der nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sodass (erst) für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gemäß Art. 137 B-VG gegeben ist (vgl. ; , Ra 2019/12/0038).

16Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG nicht durchzuführen, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt aktenkundig ist und eine übermäßig komplexe Rechtsfrage nicht zu lösen war.

17Das angefochtene Erkenntnis war im Sinne obiger Ausführungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020120038.L00

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