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VwGH vom 02.05.2012, 2011/08/0382

VwGH vom 02.05.2012, 2011/08/0382

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der P Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH, in 1010 Wien, Bauernmarkt 2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2011-0566-9-002500, betreffend Altersteilzeitgeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH stellte am bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice S (in Folge: AMS) den (mit datierten) Antrag auf Arbeitsteilzeitgeld für den (im Jahr 1948 geborenen) Dienstnehmer H für den Zeitraum vom bis . Unstrittig ist weiters, dass - laut einer dem Antrag angeschlossenen Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt vom - H die Voraussetzungen für eine Alterspension nach Vollendung des 62. Lebensjahres ("Korridorpension") bereits seit erfüllt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides des AMS vom - festgestellt, dass dieser Gesellschaft für H gemäß § 27 Abs. 1 und 3 AlVG Arbeitsteilzeitgeld (lediglich) für den Zeitraum vom 1. April bis gewährt werde.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Dienstnehmer H die Voraussetzungen für eine Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 APG bereits seit erfülle. Zur (in der Berufung gerügten) Auslegung von § 27 Abs. 3 AlVG wurde ausgeführt, dass nach dieser Bestimmung im Falle der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 APG ein etwaiger Weiterbezug von Altersteilzeitgeld für den Zeitraum von einem Jahr über den Stichtag einer Korridorpension hinaus (längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer) zulässig sei. Aus dem Gesetzestext ebenso wie auch aus dem Zweck der Bestimmung ergäbe sich, dass das Altersteilzeitgeld nur eine Übergangslösung für ältere Dienstnehmer sein solle, bis diese Leistungen aus dem Versicherungsfall des Alters in Anspruch nehmen können, wobei man mit Einfügung des Zusatzes hinsichtlich der Korridorpension und der hierbei möglichen weiteren Inanspruchnahme von Altersteilzeitgeld für ein Jahr einen Ausgleich schaffen wollte. Diese Auslegung müsse auch dann gelten, wenn die Anspruchsvoraussetzungen einer Korridorpension erfüllt seien, bevor ein Antrag auf Altersteilzeitgeld gestellt werde. Bei der Bestimmung des § 27 Abs. 3 AlVG habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass das Altersteilzeitgeld jedenfalls ein Jahr bezogen werden könne, sondern, dass dieses bis längstens ein Jahr nach dem Zeitpunkt des Erfüllens der Anspruchsvoraussetzungen einer Korridorpension und bei einem somit bereits vorliegendem Versicherungsfall des Alters dennoch bezogen werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung der Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die §§ 27 und 82 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I

Nr. 111/2010 lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Altersteilzeitgeld

§ 27. (1) Ein Arbeitgeber, der ältere ArbeitnehmerInnen beschäftigt, die ihre Arbeitszeit verringern, und diesen einen Lohnausgleich gewährt, hat Anspruch auf Altersteilzeitgeld.

(2) Altersteilzeitgeld gebührt für Personen, die nach spätestens sieben Jahren das Regelpensionsalter vollenden und die

(3) Für Personen, die eine Leistung aus der gesetzlichen Pensionsversicherung aus einem Versicherungsfall des Alters, ein Sonderruhegeld nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz, BGBl. Nr. 354/1981, oder einen Ruhegenuss aus einem Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft beziehen oder die Anspruchsvoraussetzungen für eine dieser Leistungen erfüllen, gebührt kein Altersteilzeitgeld. Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 APG steht dem Anspruch auf Altersteilzeitgeld für den Zeitraum von einem Jahr, längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer, nicht entgegen.

(4) …

Übergangsregelungen für Altersteilzeitvereinbarungen

§ 82. (1) …

(3) Liegen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung aus der gesetzlichen Pensionsversicherung aus dem Versicherungsfall des Alters auf Grund des § 4 Abs. 2 oder 3 APG vor und wird eine derartige Korridorpension oder Schwerarbeitspension aber nicht bezogen, so steht § 27 Abs. 3 dem Anspruch auf Altersteilzeitgeld nicht entgegen, wenn das Ende der Laufzeit der Altersteilzeitvereinbarung auf Grund des zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung bestehenden voraussichtlichen frühestmöglichen Pensionsstichtages festgelegt wurde."

Gemäß § 4 Abs. 2 APG kann die Alterspension bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres beansprucht werden (Korridorpension), wenn die versicherte Person mindestens 450 für die Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat (Z. 1) und am Stichtag (§ 223 Abs. 2 ASVG) weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs. 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt (Z. 2).

§ 27 Abs. 3 zweiter Satz AlVG wurde mit dem Arbeitsmarktpaket 2009, BGBl. I Nr. 90/2009, eingefügt. Die Materialen begründen diese Festlegung (einleitend) damit, es solle "mit der Neuregelung der Altersteilzeit ein substantieller Beitrag zur Arbeitsmarktentlastung geleistet werden" und im Weiteren, "(e)in (nicht geltend gemachter) Anspruch auf Korridorpension soll dem Anspruch auf Altersteilzeit für die Dauer von längstens einem Jahr nicht entgegenstehen. Dadurch soll eine Benachteiligung von Personen in Altersteilzeit, die auf Grund der geltenden Regelung die Korridorpension in Anspruch nehmen müssen, gegenüber anderen Personen vermieden und gleichzeitig die Möglichkeit längerer Beschäftigung Älterer verbunden mit zusätzlichen Beitragszeiten zur Pensionsversicherung eröffnet werden. Auch Arbeitslose, deren Dienstverhältnis durch Kündigung des Dienstgebers, berechtigten vorzeitigen Austritt oder Fristablauf geendet hat, können nämlich noch bis zu einem Jahr lang Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe beziehen. Vor allem wird diese Änderung Personen, die wenige Monate nach der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Korridorpension abschlagsfrei in Pension gehen könn(t)en, zu Gute kommen" (RV 249 BlgNR 24. GP).

Dem ist erläuternd vorauszuschicken, dass (bereits) mit BGBl. I Nr. 142/2004 § 22 AlVG, welcher den Ausschluss des Anspruches auf Arbeitslosengeld bei Anspruch auf Alterspension regelt, in Abs. 1 um folgenden Satz ergänzt wurde:

"Für Personen, die das letzte Dienstverhältnis nicht selbst oder einvernehmlich gelöst haben, steht jedoch die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 APG dem Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz für den Zeitraum von einem Jahr, längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer, nicht entgegen."

Zur hier strittigen Auslegung der Formulierung "Zeitraum von einem Jahr" in § 27 Abs. 3 zweiter Satz AlVG bringt die Beschwerde vor, dass sich der Beginn dieses Zeitraumes auf das Datum des (erstmaligen) Bezuges von Altersteilzeitgeld beziehe, wenn dieser nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Korridorpension liege (und der beschwerdeführenden Partei somit Altersteilzeitgeld für den gesamten begehrten einjährigen Zeitraum zu gewähren gewesen sei).

Dem ist zu erwidern, dass einerseits schon die Formulierung von § 27 Abs. 3 zweiter Satz AlVG dafür spricht, dass sich der einjährige Zeitraum auf die (zum Satzbeginn angeführte) Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer "Korridorpension" bezieht und nicht auf den Zeitpunkt, ab welchem der Anspruch auf Altersteilzeitgeld begründet wird. Andererseits lässt sich aber auch aus den Materialien ableiten, dass nach dem Gesetzeszweck damit eine Überbrückungsregelung für ältere ArbeitnehmerInnen geschaffen werden sollte; zu deren Abgrenzung erscheint es gerechtfertigt, hinsichtlich des Zeitpunktes des Beginns des einjährigen Zeitraumes auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die "Korridorpension" und nicht auf den Zeitpunkt der (allein von der Gestion des Arbeitgebers abhängigen) Antragstellung abzustellen.

Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerde keine Bedenken an der von der belangten Behörde vorgenommenen Auslegung von § 27 Abs. 3 zweiter Satz AlVG aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am