VwGH vom 27.11.2012, 2009/03/0177
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des F H in B, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in 2225 Zistersdorf, Hauptstraße 25, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl LF1-J-139/092-2009, betreffend Entzug der Jagdkarte, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die dem Beschwerdeführer ausgestellte NÖ Jagdkarte gemäß § 62 iVm § 61 Abs 1 Z 12 des NÖ Jagdgesetzes 1974, LGBl 6500-25 (JG), für ungültig erklärt und diese bis zum eingezogen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich im Instanzenzug mit Bescheid vom (rechtskräftig) wegen Übertretung des § 135 Abs 1 Z 9 iVm § 73 Abs 3 JG schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von EUR 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) verhängt worden. Ihm sei zur Last gelegt worden, am an einem näher bezeichneten Ort im Genossenschaftsjagdgebiet B in verbotener Weise einen Seeadler erlegt zu haben, obwohl dieser ganzjährig geschont sei.
Es liege somit eine rechtskräftige Übertretung iSd § 61 Abs 1 Z 12 JG vor, bei der es sich auch um einen Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit handle. Ein - näher bezeichnetes - Rechtsgutachten zur Auslegung der genannten Vorschrift führe (unter anderem) aus, dass eine Übertretung, die auch den Grundsätzen der Weidgerechtigkeit widerspreche, vor allem in der Ausübung einer nicht-selektiven Jagdmethode zu sehen sei. Die Konsequenz des nicht weidgerechten und rechtswidrigen Verhaltens sei, dass die Übertretung eine besondere Schwere erhalte. Der Abschuss eines Tieres, für das gar keine Schusszeiten festgelegt worden sind, welches also nie geschossen werden dürfe, sei von einer solchen besondere Schwere. Als besonders verwerflich sehe es die Berufungsbehörde auch an, dass der Beschwerdeführer den Seeadler abgeschossen habe, obwohl er eine Fütterung von Seeadlern im Raum B initiiert und betreut habe und ihm die schlechte Situation der Tiere, die ja oftmals auch durch Giftköder dezimiert würden, habe bewusst sein müssen. Die Dauer des Entzuges von fünf Jahren sei der Schwere der Übertretung angemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde bzw Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 62 JG ist die Behörde verpflichtet, die Jagdkarte für ungültig zu erklären und unter Festsetzung der Entziehungsdauer einzuziehen, wenn Tatsachen, deretwegen die Ausstellung einer Jagdkarte zu verweigern ist, erst nach der Ausstellung eintreten oder der Behörde nachträglich bekannt werden.
Gemäß § 61 Abs 1 Z 12 JG ist Personen die Ausstellung einer Jagdkarte für längstens fünf Jahre ab Rechtskraft der letzten Bestrafung zu verweigern, die wegen einer Übertretung dieses Gesetzes oder einer dazu erlassenen Verordnung, einer Natur- oder Tierschutzbestimmung bestraft worden sind, wenn durch diese Übertretung gegen die Weidgerechtigkeit verstoßen wurde oder die Tat sonst in verabscheuungswürdiger Weise begangen wurde.
2. Der Entzug der Jagdkarte nach der oben genannten Vorschrift setzt zunächst die (rechtskräftige) Bestrafung des Betroffenen wegen einer Übertretung des JG, einer dazu erlassenen Verordnung oder einer Natur- oder Tierschutzbestimmung voraus. Überdies ist von der Behörde näher zu begründen, ob durch diese Übertretung gegen die Weidgerechtigkeit verstoßen wurde oder ob die Tat sonst in verabscheuungswürdiger Weise begangen wurde ().
Mit hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2010/03/0037, wurde das dem gegenständlichen Beschwerdefall zugrundeliegende Straferkenntnis (Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom ) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Aufgrund der Rückwirkung dieses Erkenntnisses lag somit im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über den Entzug der Jagdkarte keine (rechtskräftige) Bestrafung des Beschwerdeführers vor, weshalb die Entzugsvoraussetzungen des § 61 Abs 1 Z 12 JG nicht erfüllt waren.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-86901