VwGH vom 27.01.2010, 2009/03/0175
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Mag. Dr. F W in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Granner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 19/9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl E1/15292/2009, betreffend Entziehung eines Waffenpasses und einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 Z 2 des Waffengesetzes 1996 - WaffG, BGBl I Nr 12/1997, der Waffenpass mit der Nummer A-0 und die Waffenbesitzkarte mit der Nummer A-0 - beide wurden ihm am von der Bundespolizeidirektion Wels ausgestellt - entzogen.
Aus der Begründung dieses Bescheides ergibt sich im Wesentlichen Folgendes: Nach der Anzeige der Polizeiinspektion Hinterstoder vom sei in der Nacht zum ein Einbruchsdiebstahl im Wochenendhaus des Beschwerdeführers in V begangen worden. Dabei sei dem Beschwerdeführer seine genehmigungspflichtige (der Marke nach näher angegebene) Schusswaffe durch unbekannte Täter entwendet worden. Diese Waffe habe sich zum Zeitpunkt des Einbruchs im Obergeschoss in einer Kommode befunden. Infolge der mangelhaften Verwahrung hätten die Täter die Faustfeuerwaffe ohne jegliche Gewalteinwirkung mitnehmen können. Der als Zeuge einvernommene Sicherheitsbeamte der genannten Polizeiinspektion habe bestätigt, dass die Faustfeuerwaffe laut eigener Aussage des Beschwerdeführers unter der Kommode hinter dem Kommodenfuß verwahrt gewesen sei und der Beschwerdeführer im Zuge der Ersterhebung ihm gegenüber angegeben hätte, dass ihm diese mangelhafte Verwahrung bewusst gewesen und es ein schwerer Fehler gewesen wäre, die Pistole unter der Kommode zu verwahren. Vor der Erstbehörde habe der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, dass seiner Auffassung nach die Faustfeuerwaffe im alten Kommodenschrank so in einem Geheimfach versteckt aufbewahrt gewesen wäre, dass sie von einem Fremden nicht hätte aufgefunden werden können, und daher eine sorgfältige Verwahrung gegeben gewesen wäre. Die Kriminalpolizei des Landespolizeikommandos hätte diese Stelle bzw diesen Aufbewahrungsort besichtigt; selbst wenn die Faustfeuerwaffe in einem Tresor verwahrt gewesen wäre, hätten die Täter den Tresor vermutlich aufgebrochen und dann die Waffe ebenfalls mitgenommen. Der Beschwerdeführer sei als Jäger auch Inhaber von Jagdwaffen (Langwaffen).
Nach § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung (2. WaffV), BGBl II Nr 313/1998, ergebe sich für die sichere Verwahrung einer Schusswaffe, dass eine Schusswaffe sicher verwahrt sei, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schütze. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung bestehe auch gegenüber Personen im privaten Nahebereich, wobei darauf abzustellen sei, ob diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne notwendige Überwindung eines Hindernisses Zugang hätten. Grundsätzlich sei es auch gegenüber einem Ehegatten geboten, die Waffe versperrt zu verwahren. Das bloße Verschließen einer Eingangstür reiche in keinem Fall aus, um von einer sicheren Verwahrung von Schusswaffen sprechen zu können. Dies schon deshalb nicht, weil die Waffe nicht vor Zufallsgriffen (insbesondere von Familienangehörigen) geschützt sei.
Der Beschwerdeführer habe seine Waffe unversperrt hinter dem Fuß einer Kommode abgelegt. Es bedürfe keiner näheren Erörterung, dass diesfalls Unberechtigte, die sehr wohl Zutritt zum Haus gehabt hätten, die Waffe an sich hätten nehmen können. Es handle sich um keine sorgfältige Verwahrung einer Faustfeuerwaffe, wenn diese zB in einem unversperrbaren Schrank in einer Wohnung, die auch von dritten Personen bewohnt werde, aufbewahrt werde. Auch die Verwahrung einer Waffe in einem versperrten Schuppen unter Gerümpel versteckt und ohne weitere Sicherung gegen einen Zugriff durch Unbefugte sei nicht als sorgfältige Verwahrung iSd WaffG anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Vorlage einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.
Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt". Nach § 3 Abs 2 Z 2 bis 4 der
2. WaffV gehört zu den maßgeblichen Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung unter anderem der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelungen des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass waffenrechtliche Urkunden insbesondere dann zu entziehen sind, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab. Die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Waffen besteht auch gegenüber dem im gleichen Haushalt lebenden Ehegatten. Der Inhaber eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte erfüllt seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung gegenüber Personen im privaten Nahebereich nicht, wenn diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben. Daher erfordert die sorgfältige Verwahrung im Sinne des Gesetzes grundsätzlich auch gegenüber einem Ehegatten, die Waffe versperrt zu verwahren, wobei in Bezug auf Personen im privaten Nahbereich des Berechtigten die Anlegung eines überspitzten Maßstabes für die erforderliche Sicherung der Waffe gegen einen möglichen Zugriff aber nicht in Betracht kommt (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/03/0002, mwH).
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass die ihm bei dem angesprochenen nächtlichen Einbruchsdiebstahl entwendete Waffe in seinem Wochenendhaus nicht in einem versperrten Behältnis aufbewahrt wurde. Ferner wird in der Beschwerde eingeräumt, dass sich im besagten Wochenendhaus zum Zeitpunkt des Einbruchs noch kein dort verankerter Tresor befunden habe, mittlerweile sei aber ein solcher angeschafft worden. Der Beschwerdeführer führt aber ins Treffen, dass das Wochenendhaus versperrt gewesen sei, die im Obergeschoss gelegene Balkontür sei so verriegelt gewesen, dass sie von Außen ohne Gewaltanwendung keinesfalls habe geöffnet werden können. Da sich im Wochenendhaus kein anderes versperrbares Behältnis für eine sichere Aufbewahrung befunden habe, sei dem Beschwerdeführer nur mehr die "sonst" sicherste Möglichkeit geblieben; diese habe darin bestanden, dass die Waffe in einer Kommode in einem hinter dem Kommodenfuß gelegenen Geheimfach, das sich zwischen der Wand der Kommode und der dort befindlichen Lade befinde, versteckt worden sei. Um in das Wochenendhaus zu gelangen, habe jedenfalls Gewalt angewendet werden müssen, wogegen es grundsätzlich keinen vollkommenen Schutz gebe. Die belangte Behörde habe nicht dargetan, welche bessere und sichere Verwahrungsmöglichkeit (die noch als zumutbar angesehen werden könne) damals für den Beschwerdeführer bestanden hätte. Die Angaben des im angefochtenen Bescheid angeführten Sicherheitsbeamten der Polizeiinspektion Hinterstoder vermittelten (unzutreffender Weise) den Eindruck, die Waffe wäre einfach hinter dem Kommodenfuß am Fußboden gelegen, was aber unrichtig sei. Insofern seien die Feststellungen im angefochtenen Bescheid mangelhaft geblieben. Zudem stehe das besagte Wochenendhaus nicht im Eigentum des Beschwerdeführers, sondern im Alleineigentum seiner Ehefrau, weshalb zur Frage der Zumutbarkeit einer sicheren Verwahrung berücksichtigt werden müsse, dass er in diesem Haus nicht nach eigenem Gutdünken schalten und walten könne. Wenn beim Einbruch schon zur Öffnung der verriegelten Balkontür massive Gewalt angewendet worden sei, wäre jedenfalls auch damit zu rechnen gewesen, dass gleichermaßen Gewalt angewendet würde zur Öffnung einer versperrten Lade, eines versperrten Kästchens oder ähnlichem, wobei ein versperrtes Möbelstück gegen gewaltsames Aufbrechen nicht so viel Widerstand entgegensetze wie eine verriegelte Balkontür und das Interesse eines Einbrechers wecken würde. Der Gedanke, die Waffe daher so zu verstecken, dass diese nach menschlichem Ermessen nicht gefunden werden könnte, sei daher naheliegend und vernünftig gewesen. Im Wochenendhaus seien mittlerweile Alarmanlagen sowie (wie angesprochen) ein verschraubbarer Tresor eingebaut worden, weswegen die Voraussetzungen für eine möglichst sichere und damit sorgfältige Verwahrung einer Handfeuerwaffe entscheidend verbessert worden seien; dies sei von der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung aber nicht berücksichtigt worden.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. § 3 Abs 2 Z 2 der 2. WaffV weist gerade für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen vor fremden Zugriff durch Gewalt gegen Sachen als wesentlich darauf hin, dass es einer entsprechenden Ein- oder Aufbruchssicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit, wo die Waffe aufbewahrt wird, bedürfe (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 99/20/0158). Selbst wenn man sich davon leiten lässt, dass die Faustfeuerwaffe wie vom Beschwerdeführer dargestellt, unversperrt nicht bloß hinter einem Kommodenfuß, sondern in einem Geheimfach in der Kommode aufbewahrt wurde, kann von einer derartigen Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses, in dem die Waffe verwahrt war, keine Rede sein. Dass das Wochenendhaus zum Zeitpunkt des Einbruchs selbst versperrt gewesen sei und die Balkontür nur mit Gewaltanwendung habe geöffnet werden können, vermag daran nichts zu ändern, zumal zur Waffe im unversperrten Geheimfach auch Personen im privaten Nahebereich (wie etwa die Ehefrau des Beschwerdeführers; dass diese eine waffenrechtliche Urkunde besitzen würde, wird vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht) jederzeit (etwa beim Gebrauch der Kommode) und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang hatten (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0192). Zum Hinweis des Beschwerdeführers, ihm sei nach der damaligen Ausstattung des Wochenendhauses keine andere sichere Alternative zur Aufbewahrung der Waffe zur Verfügung gestanden, ist festzuhalten, dass an einer vom Beschwerdeführer immer wieder zum Aufenthalt benützten Örtlichkeit wie dem gemeinsam mit seiner Ehefrau genützten Wochenendhaus dem Erfordernis der Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses, in dem die Waffe verwahrt wird, durch die Verwahrung in (einem Geheimfach) einer Kommode in unversperrter Weise jedenfalls nicht Rechnung getragen wird. Von daher ist für die Beschwerde mit dem Hinweis, der oder die Einbruchstäter hätte(n) vermutlich auch versucht, ein versperrtes Behältnis aufzubrechen, nichts zu gewinnen. Schließlich vermag die behauptete Verbesserung der Aufbewahrungsmöglichkeit für Waffen im Wochenendhaus (dort verschraubter Tresor) nichts an dem der behördlichen Beurteilung zu Grunde liegenden (nicht sorgfältigen) Verhalten des Beschwerdeführers zu ändern.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
QAAAE-86899