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VwGH vom 18.11.2015, 2013/17/0628

VwGH vom 18.11.2015, 2013/17/0628

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger und Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde 1. der SF und 2. des JF, beide in U und vertreten durch Mag. Christian Fuchs, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Dr. Glatz-Straße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , BMLFUW-LE./0006-I/7/2013, betreffend Betriebsprämie für 2006 bis 2010, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug ausgesprochen, dass den beschwerdeführenden Parteien für die Jahre 2006 bis 2010 keine einheitliche Betriebsprämie gewährt werde, bereits überwiesene Beträge in jeweils ziffernmäßig bestimmter Höhe zurückgefordert und ziffernmäßig näher bestimmte zusätzliche Beträge als Sanktion einbehalten würden. Weiters forderte die belangte Behörde für die Jahre 2006 bis 2008 gewährte zusätzliche Beihilfebeträge in jeweils ziffernmäßig bestimmter Höhe zurück.

Begründend führte die belangte Behörde aus, aufgrund der Kontrollen des Heimbetriebs am 24. und und des Almbetriebs am 11. und seien Abweichungen zwischen den beantragten und den tatsächlich vorhandenen Flächen des Betriebes der beschwerdeführenden Parteien festgestellt worden.

Die beihilfefähige Futterfläche der Alm sei im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle am 11. und wie folgt ermittelt worden.


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Jahr
Beantragte Futterfläche
Ermittelte Futterfläche
GVE
2006
44,02 ha
17,00 ha
19,15
2007
44,02 ha
15,00 ha
11,80
2008
44,02 ha
13,00 ha
12,40
2009
44,02 ha
11,00 ha
11,80
2010
45,63 ha
9,18 ha
12,80

Die vom AMA-Kontrollorgan bei der Ermittlung der beihilfefähigen Flächen der Alm vorgenommene Einteilung der Almfläche in Schläge auf Basis des darauf befindlichen Bestandes sowie der - unter Außerachtlassung der nicht-beihilfefähigen Flächenelemente - für den jeweiligen Schlag zur Anwendung gelangte Überschirmungsgrad seien für die Berufungsbehörde nachvollziehbar.

Die beschwerdeführenden Parteien hätten keine konkreten Einwände gegen die Richtigkeit der bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellten Futterfläche vorgebracht. Das von ihnen vorgelegte Gutachten der Forschungsstelle für Landschafts- und Vegetationskunde bestätige im Ergebnis sogar den Kontrollbericht, da im Gutachten festgehalten werde, dass (auf der Waldweide) ausreichend Weidefutter vorhanden sei, aber die Waldweide nicht als (Futter)Fläche ausweisbar sei. Auch wenn genug Futter für die aufgetriebenen Tiere vorhanden sei, liege damit noch keine beihilfefähige Fläche im Sinne der EU-Rechtsvorschriften vor. Bei der Prüfung vor Ort sei der aktuelle Zustand der Futterflächen beurteilt worden. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Messergebnis und die Feststellungen des fachlich kompetenten Kontrollorganes nicht korrekt wären.

Zum Vorbringen, dass für 2006 mehr Futterfläche einzubeziehen sei, weil die Tiere weitläufig auf der Alm geweidet hätten (wozu auch Bestätigungen vorgelegt worden seien), sei anzumerken, dass dies auch durch eine nicht ausreichende Futtergrundlage bedingt sein könne. Durch das weitläufige Herumwandern der Tiere sei aber nicht mehr Futterfläche einzubeziehen, da eben keine flächigen Futterflächen vorhanden seien, sondern lediglich - auch im Gutachten erwähnte - punktuell auffindbare Futterpflanzen.

Die anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle am 24. und auf dem Heimbetrieb der beschwerdeführenden Parteien festgestellten Flächenabweichungen seien von den beschwerdeführenden Parteien nicht in Zweifel gezogen worden. Es gebe folgende gesamtbetriebliche Abweichungen:


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Antragsjahr
Beantragte Fläche
Davon Alm
Differenzfläche
2006
65,78 ha
44,02 ha
27,48 ha
Anzahl ZA
Ermittelte Fläche
Davon Alm
Abweichung in %
65,85
38,30 ha
17,00 ha
71,7493%


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Antragsjahr
Beantragte Fläche
Davon Alm
Differenzfläche
2007
74,61 ha
44,02 ha
20,60 ha
Anzahl ZA
Ermittelte Fläche
Davon Alm
Abweichung in %
65,85
45,25 ha
15,00 ha
46,6919%


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Antragsjahr
Beantragte Fläche
Davon Alm
Differenzfläche
2008
71,61 ha
44,02 ha
25,96 ha
Anzahl ZA
Ermittelte Fläche
Davon Alm
Abweichung in %
65,85
39,89 ha
13,00 ha
65,0790%


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Antragsjahr
Beantragte Fläche
Davon Alm
Differenzfläche
2009
72,81 ha
44,02 ha
26,95 ha
Anzahl ZA
Ermittelte Fläche
Davon Alm
Abweichung in %
65,85
38,90 ha
11,00 ha
69,1802%


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Antragsjahr
Beantragte Fläche
Davon Alm
Differenzfläche
2010
73,32 ha
45,63 ha
29,47 ha
Anzahl ZA
Ermittelte Fläche
Davon Alm
Abweichung in %
65,85
29,47 ha
9,18 ha
81,0060%

Von der Flächensanktion 2006 müsse wegen Verjährung Abstand genommen werden. Anders sei dies jedoch hinsichtlich der Flächensanktionen für die Jahre 2007 bis 2010:

Dass die beschwerdeführenden Parteien auf der gegenständlichen Alm ein Weiderecht am gesamten Weidegebiet Nr. 5 der bayrischen Saalforste von mehr als 500 ha Weidefläche (Eichbrief vom 31. August 1832) hätten, hätte auf die EUrechtliche Beurteilung der Beihilfefähigkeit der Fläche keine Auswirkung und könne auch nicht einen Mangel des Verschuldens der beschwerdeführenden Parteien beweisen (Art 68 der Verordnung (EG) 796/2004 bzw Art 73 der Verordnung (EG) 1122/2009).

Auch wenn auf der gesamten Fläche ausreichend Futter für die Tiere der beschwerdeführenden Parteien vorhanden sei, müsse es sich für die Berücksichtigung als beihilfefähige Fläche im Rahmen der flächenbezogenen Förderungen (wie der EBP) um eine Fläche handeln, die nach den gebräuchlichen Normen ganz genutzt werde. Bei baumbestandenen Flächen müssten die landwirtschaftlichen Tätigkeiten bzw die beabsichtigten Kulturen unter vergleichbaren Bedingungen wie bei nicht baumbestandenen Parzellen in demselben Gebiet möglich sein. Mithilfe der im Almleitfaden dargelegten Faktoren könne bei gemischten Flächen eine derartige Nutzung errechnet werden. Dabei könnten unproduktive Flächen (zB Geröllhalden) nicht als Futterflächen anerkannt werden. Bei baumbestandenen Flächen werde bei einem Überschirmungsgrad von 0 bis 20 % die Futterfläche zur Gänze anerkannt. Bei einer Überschirmung von 20 % bis 50 % werde die Futterfläche zu 70 % anerkannt und bei einer Überschirmung von 50 % bis 80 % zu 30 %. Flächen mit einer Überschirmung von mehr als 80 % seien Wald und könnten nicht als Futterflächen anerkannt werden. Für eine davon abweichende Futterflächenfeststellung lägen keine konkreten Anhaltspunkte vor. Ein Abstellen auf die aufgetriebenen Großvieheinheiten (GVE) entspreche nicht dem Gemeinschaftsrecht.

Selbst wenn die beschwerdeführenden Parteien entsprechend ihren Behauptungen bei ihren Anträgen auf Förderung im Jahr 2001 das Weidegebiet nach den Vorgaben des (damaligen) Almleitfadens zur Berechnung des Besatzdichtefaktors bei den Tierprämien korrekt angegeben hätten, wäre dies im Beschwerdefall unbeachtlich. Dass die Fläche früher bloß zur Berechnung des Besatzdichtefaktors herangezogen worden sei, seit 2005 aber zur Berechnung und auch Nutzung der Anzahl der Zahlungsansprüche herangezogen werde, vermöge unzutreffende Angaben der beschwerdeführenden Parteien nicht zu rechtfertigen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten somit nicht belegen können, dass sie an den fehlerhaften Angaben keine Schuld getroffen habe, sodass auch die Sanktionen zu Recht verhängt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die beschwerdeführenden Parteien inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Zur Darstellung der anzuwendenden Rechtslage kann auf die Erkenntnisse des , sowie vom , 2011/17/0123, verwiesen werden.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob die belangte Behörde zu Recht die einheitliche Betriebsprämie nicht gewährt bzw ausbezahlte Beträge zurückgefordert und Sanktionen auferlegt hat.

Die beschwerdeführenden Parteien machen als Verletzung von Verfahrensvorschriften allgemein geltend, dass die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Angaben des Kontrollorgans in den Berichten über die Vor-Ort-Kontrolle unrichtig, mangelhaft und schlecht lesbar gewesen seien.

Im Hinblick auf die Mitwirkungspflicht der Parteien bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes in Verfahren nach dem AVG muss ein Betriebsinhaber ausreichend konkret darlegen, auf Grund welcher Umstände das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle von der Behörde nicht hätte verwendet werden dürfen (vgl zB , mwN). Ohne konkrete Anhaltspunkte im Vorbringen der Berufungswerber ist die Berufungsbehörde nämlich nicht gehalten, das Ergebnis der prima facie fachlich kompetenten Überprüfung vor Ort in Zweifel zu ziehen.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde im Zuge des Parteiengehörs im Berufungsverfahren den beschwerdeführenden Parteien die wesentlichen Ergebnisse der Kontrollen zur Kenntnis gebracht. Deren Stellungnahme vom enthält aber in Bezug auf den Heimbetrieb überhaupt keine Ausführungen. Hinsichtlich der Almflächen beschränkten sich die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen auf die Vorlage eines Gutachtens, das sich mit den Futterflächen auf der Alm befasst. Dieses Gutachten setzt sich aber nicht mit den Feststellungen im Vorhalt der belangten Behörde bzw im Prüfbericht auseinander, sondern beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Frage, ob die gegenständliche Waldweide aufgrund ihres Bewuchses ausreichend Weidefutter für 20 Großvieheinheiten geboten habe und gelangte zu dem Ergebnis, dass dies der Fall gewesen sei.

Damit wird aber die Richtigkeit der Vorgehensweise der belangten Behörde, baumbestandene Flächen in Angelegenheiten der Betriebsprämie anders zu bewerten als Flächen, die nicht baumbestanden sind, und die Bewertung der Flächen anhand des jeweiligen Überschirmungsgrades vorzunehmen, nicht in Zweifel gezogen. Die Richtigkeit konkreter Bemessungen der Flächen wird auch weder in der Stellungnahme noch in dem Gutachten bestritten. Es ist somit auch nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde aufgrund ihrer Berechnungen die Gewährung der Betriebsprämie versagt und die bereits ausbezahlten Beträge zurückgefordert hat.

Die beschwerdeführenden Parteien bringen im Zusammenhang mit der Sanktion vor, es treffe sie kein Verschulden daran, in ihren Anträgen mehr Flächen angegeben zu haben, als bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt worden seien, weil sie selbst nie eine Förderung für die Futterflächen beantragt hätten. Die einheitliche Betriebsprämie sei "immer aufgrund der gehaltenen Grauvieheinheiten (GVE) ausbezahlt worden". Damit übersehen die beschwerdeführenden Parteien aber, dass sie selbst eine flächenbezogene Betriebsprämie beantragt hatten, die ihnen in der Folge auch gewährt wurde.

Wenn die beschwerdeführenden Parteien behaupten, es sei ihnen bis zur Vor-Ort-Kontrolle nicht klar gewesen, dass ihre Flächenangaben zur Bemessung der Betriebsprämie herangezogen werden, so vermögen sie damit einen entschuldbaren Rechtsirrtum schon deswegen nicht aufzuzeigen, weil sie als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht davon ausgehen konnten, dass die zahlreichen von ihnen gemachten Flächenangaben keinen Bezug zur beantragten Prämie aufweisen würden.

Die beschwerdeführenden Parteien behaupten, die Fläche der verfahrensgegenständlichen Alm "seit 2001 immer mit 44,02" angegeben zu haben, was von der Bezirksbauernkammer damals nicht bestandet worden sei. Ihnen sei die Bedeutung der Überschirmungsgrade nicht bekannt gewesen. Sie würden auch nicht den von der AMA aufgelegten Almleitfaden kennen. Vorweg sind die Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass den Antragsteller die Verantwortung für die Richtigkeit der von ihm beantragten Flächenausmaße trifft (vgl , mwN). In diesem Zusammenhang obliegt es Inhabern von landwirtschaftlichen Betrieben, sich zumindest grundlegende Kenntnisse über die Förderbedingungen zu verschaffen, um in ihren Anträge korrekte Angaben ua über die von ihnen bewirtschafteten Flächen machen zu können. Rechtsunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind nämlich nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (vgl ). In der Unterlassung entsprechender, den Umständen und persönlichen Verhältnissen nach gebotenen oder zumindest zumutbaren Erkundigungen liegt ein Verschulden (vgl ). Dass die beschwerdeführenden Parteien gehindert gewesen seien oder es ihnen nicht zumutbar gewesen wäre, sich die für die Beantragung der Betriebsprämie notwendigen Kenntnisse zu verschaffen, wird von diesen in ihrer Beschwerde nicht vorgebracht und ist auch sonst nicht erkennbar. Die beschwerdeführenden Parteien behaupten auch nicht, sich bei der zuständigen Behörde erkundigt zu haben, auf welche Weise und in welchem Ausmaß die Flächen von Almen wie der vorliegenden, die im Wesentlichen eine Waldweide ist, Berücksichtigung zu finden haben. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien war somit insgesamt nicht geeignet, einen Mangel ihres Verschuldens an der Übererklärung zu beweisen (zur Beweislastumkehr vgl zB ).

Der Beschwerde ist es somit nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-86889