VwGH vom 30.09.2010, 2009/03/0171

VwGH vom 30.09.2010, 2009/03/0171

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des D M in T, Deutschland, vertreten durch Rechtsanwälte Tramposch Partner in 6020 Innsbruck, Franz-Fischer-Straße 17A, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl uvs-2008/14/3147-3, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe als Geschäftsführer eines näher genannten Güterbeförderungsunternehmens mit Sitz in Deutschland nicht dafür gesorgt, dass am bei einer näher bestimmten gemeinschaftslizenzpflichtigen gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern durch Österreich die erforderliche Gemeinschaftslizenz mitgeführt worden sei.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 1 Z 8 iVm § 9 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 Z 1 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) begangen und es wurde über ihn gemäß § 23 Abs 1 und 4

2. Satz GütbefG in Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde unter Zugrundelegung der unstrittigen Tatsache, dass anlässlich der gegenständlichen Güterbeförderung keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt worden ist, aus, der Beschwerdeführer habe entgegen seinem Berufungsvorbringen das Vorhandensein eines wirksamen Kontrollsystems im Unternehmen nicht nachweisen können. Die Erteilung von Anweisungen, Schulungen und eine stichprobenartige Kontrolle auf dem Hof der Firma des Beschwerdeführers reichten nicht aus, um ein effektives Kontrollsystem zu bescheinigen. Ein gewisses Bemühen darum sei jedoch erkennbar. Darüber hinaus sei als strafmildernd zu werten, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbehörde nicht als strafvorgemerkt aufscheine und seine Firma mehr als 50 LKWs im Einsatz habe. Unter Anwendung des § 20 VStG könne deshalb die gesetzliche Mindeststrafe von EUR 1.435,-- auf EUR 800,-- herabgesetzt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Beschwerdelegitimation:

Im Rubrum der Beschwerde und am Textende (neben Datum und Ort ihrer Abfassung) wird als beschwerdeführende Partei die "M GmbH" angeführt, die dem gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht beigezogen war und gegen die auch kein Strafbescheid erlassen worden ist. Der übrige Beschwerdetext bezieht sich aber eindeutig und ausschließlich auf den im Verwaltungsstrafverfahren als Beschuldigten geführten Geschäftsführer der M GmbH. So wird schon zu Beginn der Beschwerde darauf verwiesen, dass "der Beschwerdeführer" erstinstanzlich der gegenständlichen Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt wurde, dass er die Berufung an die belangte Behörde erhoben hatte und mit ihm ein Berufungsverfahren durchgeführt worden war. In den Ausführungen zu den Beschwerdegründen wird stets darauf Bezug genommen, dass "der Beschwerdeführer" (offensichtlich gemeint: der Geschäftsführer der M GmbH) in seinem Betrieb ein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet habe. Ausgehend davon ist das Anführen der M GmbH in der Beschwerde als offensichtlicher Irrtum zu erkennen und es ist die Beschwerde daher ihrem Geschäftsführer, gegen den das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren geführt worden ist, zuzurechnen.

2. Im Beschwerdefall ist die Verordnung (EG) Nr 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs, die ua an die Stelle der Verordnung (EWG) Nr 881/92 des Rates vom über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten getreten ist, noch nicht anzuwenden.

3. Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 GütbefG auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 sind.

Gemäß § 9 Abs 1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 GütbefG angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

Gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-

- zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

Gemäß § 23 Abs 4 GütbefG hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG die Geldstrafe mindestens EUR 1.453,--

zu betragen.

4. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass anlässlich der gegenständlichen gemeinschaftslizenzpflichtigen gewerbsmäßigen Güterbeförderung die nach den oben angeführten Gesetzesstellen erforderliche Gemeinschaftslizenz nicht mitgeführt worden ist.

5. Wie im Berufungsverfahren behauptet der Beschwerdeführer auch in der vorliegenden Beschwerde, ihn treffe an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften aber kein Verschulden, weil er im Unternehmen ein effektives Kontrollsystem eingerichtet habe, auf dessen Funktionieren er vertrauen habe dürfen. In diesem Zusammenhang habe die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer angebotenen Beweise zu Unrecht nicht aufgenommen. Hätte sie dies getan, so hätte sie zu folgenden Feststellungen kommen müssen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Im Unternehmen werde den Fahrern ein ständig aktualisiertes Fahrerhandbuch samt Arbeitsanweisungen ausgehändigt;
-
es fänden stets Schulungen der Fahrer sowie des verantwortlichen Disponenten statt;
-
es würden regelmäßig Fahrertreffen durchgeführt, bei welchen auf die Notwendigkeit des Mitführens der Begleitpapiere hingewiesen werde;
-
der Disponent habe der Geschäftsleitung in gewissen Abständen Bericht über die Einhaltung der Vorschriften durch die Fahrer zu erstatten;
-
die Fahrzeuge würden regelmäßig nach dem Vorhandensein der Begleitpapiere vom Disponenten kontrolliert;
-
bei Regelverstößen erfolge sofort die Abmahnung des betreffenden Fahrers und es werde bei einem zweiten Regelverstoß die Kündigung ausgesprochen.
Die belangte Behörde hätte auch berücksichtigen müssen, dass der Beschwerdeführer bislang unbescholten sei und sich daraus ergebe, dass das Kontrollsystem des Beschwerdeführers tatsächlich gut funktioniere.
6.
Dem ist Folgendes zu erwidern:

6.1. Bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt. Deshalb lag es gemäß § 5 Abs 1 VStG bei ihm, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden traf.

Davon kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann ausgegangen werden, wenn der Beschwerdeführer im Unternehmen ein wirksames begleitendes Kontrollsystem eingerichtet hatte, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Verwaltungsvorschriften jederzeit sichergestellt werden konnte. In diesem Zusammenhang lag es beim Beschwerdeführer konkret darzulegen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um derartige Verstöße zu vermeiden, insbesondere wann, wie oft, auf welche Weise und von wem Kontrollen vorgenommen worden sind (vgl dazu etwa die hg Erkenntnisse vom , Zl 2005/03/0125, und vom , Zl 2008/03/0139).

Es wurde auch schon erkannt, dass Belehrungen und Arbeitsanweisungen (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2004/03/0050, mwN) oder stichprobenartige Kontrollen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0175) allein nicht ausreichen, die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft zu machen.

6.2. Ausgehend davon hat der Beschwerdeführer selbst unter Zugrundelegung der von der Beschwerde geforderten ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen kein ausreichend effektives Kontrollsystem glaubhaft gemacht.

Vor allem die Behauptung, die Fahrzeuge seien "regelmäßig" nach dem Vorhandensein der Begleitpapiere vom Disponenten kontrolliert worden und dieser habe "in gewissen Abständen" an die Geschäftsleitung Bericht erstattet, bleibt zu unkonkret, um beurteilen zu können, ob das eingerichtete Kontrollsystem grundsätzlich geeignet war, die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften sicherzustellen. Dass der Beschwerdeführer bislang keine einschlägigen Vormerkungen aufweist, trifft zwar nach den Feststellungen der belangten Behörde zu. Ob dieser Umstand auf das tatsächliche Vorhandensein eines effektiven Kontrollsystems zurückzuführen ist, lässt sich aber - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht mit der erforderlichen Gewissheit sagen.

Es kann der belangten Behörde somit nicht entgegen getreten werden, wenn sie davon ausging, dass der Beschwerdeführer ein ihn exkulpierendes Kontrollsystem nicht glaubhaft gemacht hat. Einen relevanten Verfahrensmangel (durch die unterlassene weitere Beweisaufnahme) legt die Beschwerde - wie zuvor gezeigt wurde - nicht dar.

7. Unberechtigt ist auch das Vorbringen der Beschwerde, die belangte Behörde hätte gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen müssen:

Nach dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Die belangte Behörde gestand dem Beschwerdeführer zwar zu, dass er sich um ein Kontrollsystem "bemüht" hatte und sie ging davon aus, dass in seinem Fall die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwögen, weshalb ihr die außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG möglich erschien. Dass sie darüberhinaus aber von § 21 VStG nicht Gebrauch machte, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil es dem Beschwerdeführer eben nicht gelungen ist, ein (grundsätzlich) funktionierendes Kontrollsystem glaubhaft zu machen, weshalb von einem geringfügigen Verschulden im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift nicht gesprochen werden kann (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0166, mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am