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VwGH vom 19.12.2012, 2011/08/0369

VwGH vom 19.12.2012, 2011/08/0369

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2011/08/0370

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerden der V L in Wien, vertreten durch Dr. Gunther Weichselbaum, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 1, gegen die aufgrund von Beschlüssen des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien jeweils vom , 1. Zl. 2011-0566-9-002106 betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, und 2. Zl. 2011-0566-9-002107, betreffend Widerruf von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom keine Folge gegeben.

Mit weiterem Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 20. Oktober bis und 10. Jänner bis "widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt".

Begründend führte die regionale Geschäftsstelle jeweils aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Beschwerdeführerin keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich vorweisen könne, dazu seien auch keine Verfahren mehr anhängig. Die Beschwerdeführerin stehe daher dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Berufung. Sie machte geltend, sie stehe dem Arbeitsmarkt weiterhin zur Verfügung (und sei dem Arbeitsmarkt auch im Widerrufszeitraum zur Verfügung gestanden). Es liege kein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gegen die Beschwerdeführerin vor, da ihr der entsprechende Bescheid bisher nicht rechtswirksam zugestellt worden sei. Ein entsprechender Zustellantrag sei nach wie vor anhängig. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der Entscheidung der Sicherheitsdirektion Wien vom , mit welcher ein abweisender Bescheid der Bundespolizeidirektion aufgehoben und das Verfahren zur Entscheidung über den Zustellantrag an die erste Instanz zurückverwiesen worden sei. Bisher liege keine entsprechende Entscheidung darüber vor. Aber selbst wenn von einem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot auszugehen wäre, komme der Beschwerdeführerin gemäß § 46a FPG der Status der Duldung zu. Das Kind der Beschwerdeführerin sei österreichischer Staatsbürger. Es sei daher unzulässig, die Beschwerdeführerin aus Österreich abzuschieben, da damit eine dauerhafte Trennung von ihrem Kind verbunden wäre. Die Beschwerdeführerin habe nunmehr die Ausstellung einer entsprechenden Karte beantragt; dieses Verfahren sei noch anhängig; zu beachten sei jedoch, dass dieser Status ex lege bestehe. Gemäß § 4 AuslBG könne der Beschwerdeführerin eine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden, sie stehe somit dem Arbeitsmarkt jedenfalls zur Verfügung.

Die belangte Behörde holte eine Auskunft der Magistratsabteilung 35 ein und teilte sodann der Beschwerdeführerin mit, laut dieser Auskunft sei der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung des Aufenthaltstitels vom mit Bescheid vom abgewiesen worden; dieser Bescheid sei seit rechtskräftig. Die Beschwerdeführerin verfüge daher derzeit über keinen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet. Nach den übermittelten Unterlagen sei vom Vorliegen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbots auszugehen, die Berufung der Beschwerdeführerin sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion vom als verspätet zurückgewiesen worden. Ein ordentliches Rechtsmittel sei in diesem Verfahren nicht mehr anhängig, auch wenn über den Antrag auf Zustellung vom bisher nicht entschieden worden sei. Die Tatsache alleine, dass gegen die Beschwerdeführerin keine aufenthaltsbeendende Maßnahme verhängt werden dürfe und ihr Aufenthalt in Österreich im Sinne des § 46a FPG geduldet sei, sei nicht ausreichend, um die Voraussetzung der aufenthaltsrechtlichen Verfügbarkeit zu erfüllen.

Die belangte Behörde räumte der Beschwerdeführerin die Möglichkeit ein, hiezu Stellung zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom führte die Beschwerdeführerin aus, ein ablehnender Bescheid vom "" sei ihr nicht zugekommen; es sei davon auszugehen, dass dieser nicht rechtswirksam zugestellt worden sei. Ebenso wenig liege eine rechtswirksame Zustellung des Bescheides der Bundespolizeidirektion vom vor. Es wäre der Behörde möglich gewesen, die Zustelladresse der Beschwerdeführerin zu eruieren, sodass die am vorgenommene Zustellung nach § 8 Zustellgesetz unzulässig gewesen sei.

Mit den angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

Begründend führte die belangte Behörde jeweils aus, die Beschwerdeführerin habe am nach einem Dienstverhältnis neuerlich einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Die Leistung sei ab dem angewiesen worden. Ab sei die Beschwerdeführerin wieder in einem Dienstverhältnis gestanden; nach dem Dienstverhältnis habe sie am wieder beim Arbeitsmarktservice vorgesprochen.

Die Beschwerdeführerin sei nigerianische Staatsangehörige. Vom bis sei sie mit einem Österreicher verheiratet gewesen, bis habe sie einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" gehabt. Am habe sie bei der Magistratsabteilung 35 einen Verlängerungsantrag gestellt. Dieser Verlängerungsantrag sei mit Bescheid vom abgewiesen worden; der Bescheid sei seit rechtskräftig. Die Beschwerdeführerin habe im Berufungsverfahren behauptet, dass der Bescheid vom " (richtig: )" nicht rechtswirksam zugestellt worden sei. Sie habe aber nicht vorgebracht, in dieser Sache rechtliche Schritte unternommen zu haben. Es sei daher entsprechend der Auskunft der MA 35 davon auszugehen, dass eine rechtskräftige Entscheidung vorliege.

Nach den von der Beschwerdeführerin übermittelten Bescheiden sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion vom die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion vom , mit dem gegen die Beschwerdeführerin ein für zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, als verspätet zurückgewiesen worden. Mit weiterem Bescheid der Sicherheitsdirektion vom sei der Bescheid der Bundespolizeidirektion betreffend Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom behoben worden. In diesem Verfahren habe die Bundespolizeidirektion über den Zustellantrag der Beschwerdeführerin zu entscheiden; dies entspreche auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren.

Im Verfahren betreffend die Verhängung des Aufenthaltsverbots sei damit kein ordentliches Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung anhängig. Somit sei derzeit vom Vorliegen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbots auszugehen.

Unabhängig vom Vorliegen eines Aufenthaltsverbots besitze die Beschwerdeführerin jedoch bereits seit keinen Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Auch wenn gegen die Beschwerdeführerin keine aufenthaltsbeendende Maßnahme verhängt werde und ihr Aufenthalt in Österreich iSd § 46a Fremdenpolizeigesetz (FPG) geduldet sei, seien weitere Rechte mit dem Status der Duldung nicht verbunden.

Als Ehegattin eines österreichischen Staatsbürgers sei die Beschwerdeführerin nur dann gemäß § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG vom AuslBG ausgenommen, wenn sie zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt sei. Da ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG seit nicht mehr vorgelegen sei, sei diese Bestimmung auf sie nicht anzuwenden. Die Beschwerdeführerin sei somit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden, da sie sich in Ermangelung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG nicht auf die Ausnahmebestimmung berufen habe können und ihr auch keine Beschäftigungsbewilligung habe erteilt werden können.

Für die Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z 3 AuslBG sei nach einer Ehescheidung eine rechtmäßige Niederlassung (nach dem NAG) in Österreich erforderlich. Auch für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung müsse die Beschwerdeführerin über einen Aufenthaltstitel nach dem NAG bzw. dem Fremdenpolizeigesetz verfügen.

Da der Beschwerdeführerin in Ermangelung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG aktuell keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne und ihr auch keine andere Berechtigung nach dem AuslBG ausgestellt werden könne, stehe sie der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Die Sonderregelung für geduldete Personen in § 4 Abs. 3 Z 7 AuslBG bzw. § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG komme in ihrem Fall nicht zur Anwendung, weil ihr weder Asyl gewährt noch der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei.

Das AlVG sehe jedoch eine eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt mit dem Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung nach dem AlVG vor. Eine Leistung sei nur dann zu gewähren, wenn auch eine unselbständige Beschäftigung aufgenommen werden könne und dürfe.

Mangels Vorliegens eines geeigneten Aufenthaltstitels habe die Beschwerdeführerin somit nicht die Voraussetzungen für die Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG erfüllt; die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes sei daher vom 20. Oktober bis und vom 10. Jänner bis zu widerrufen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe bei der Beantragung des Arbeitslosengeldes am keine falschen Angaben gemacht; sie habe aus ihrer Sicht auch davon ausgehen können, dass sie sich aufgrund des Abschiebeschutzes rechtmäßig in Österreich aufhalte. Ein Verstoß gegen die Meldepflicht könne nicht vorgeworfen werden, sodass keine Rückforderung der unberechtigt erhaltenen Leistung erfolge.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG sei der Beschwerdeführerin auch Arbeitslosengeld aufgrund des Antrages vom nicht zuzuerkennen gewesen.

Gegen diese Bescheide wenden sich die Beschwerden mit dem Begehren, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es liege kein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot vor, ihr Aufenthalt in Österreich sei zwischenzeitig geduldet, sie sei weiterhin um die Erlangung eines Aufenthaltstitels bemüht und sie habe ein minderjähriges österreichisches Kind in Österreich zu betreuen. Daraus folge, dass ihr jedenfalls eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen sein werde, weil es nicht denkbar sei, dass sie an ihrer Verpflichtung zur Betreuung eines minderjährigen Kindes mit österreichischer Staatsbürgerschaft gehindert werde und keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich habe. Zutreffend sei vielmehr, dass ihr aufgrund dieser Tatsache jedenfalls eine Aufenthaltserlaubnis in Österreich zukomme, wie immer der Magistrat der Stadt Wien allenfalls diese Frage aufgrund mangelhafter Verfahren rechtsunrichtig beurteilt habe. Sie sei für das österreichische Kind auch unterhaltspflichtig und daher auf das beantragte Arbeitslosengeld angewiesen, um zwischenzeitig den Unterhalt des Kindes zu finanzieren.

Die belangte Behörde lasse auch unberücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin von bis mit einem Österreicher verheiratet gewesen sei. Nicht nur aufgrund dieser Tatsache stehe der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel Familienangehöriger ungeachtet einer allfälligen Scheidung zu, sondern auch aufgrund des Umstandes, dass dieser Ehe der im Dezember 2006 geborene Sohn entstamme; sie habe daher auch nach der Scheidung zur Betreuung des Minderjährigen jedenfalls einen legalen Aufenthaltstitel in Österreich zu erhalten. Die Abdrängung ihres bereits 8 Jahre dauernden legalen Aufenthaltes in Österreich in die Illegalität sei durch keine Bestimmung der österreichischen Rechtsordnung zu rechtfertigen. Der belangten Behörde wäre es möglich gewesen, die Rechtswidrigkeit des angeblich gegen die Beschwerdeführerin erlassenen befristeten Aufenthaltsverbotes zu erkennen und diese Vorfrage selbst dahin zu beurteilen, dass ein Aufenthaltsverbot auf der Grundlage der gegebenen Tatsachen nicht verhängt werden könne.

Die Beschwerdeführerin habe sich in Österreich rechtmäßig niedergelassen; dieser Aufenthaltstitel erlösche nicht ohne Verletzung des ordre public; ihr sei daher ein Befreiungsschein gemäß AuslBG auszustellen.

Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin könne in Ermangelung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden und sie stehe daher der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, sei in grober Weise unsachgemäß und könne daher der Rechtsordnung so nicht entnommen werden.

Dies bedeute im Ergebnis, dass die von der Beschwerdeführerin einbezahlten Zwangsbeiträge enteignungsähnlich eingezogen werden könnten, obwohl ihr aufgrund der von der belangten Behörde angenommenen, tatsächlich nicht gegebenen Rechtslage keine Versicherungsleistung zustehe. Eine derartige Zwangsenteignung könne der österreichischen Rechtsordnung nicht unterstellt werden. Die von der belangten Behörde angenommene eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt und dem Zweck der Aufnahme und Ausübung einer Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung könne daher bei einheitlicher Betrachtung der Gesamtrechtsordnung nicht unterstellt werden.

Bei rechtsrichtiger Beurteilung sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf Arbeitslosengeld habe; sie stehe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Die belangte Behörde hätte davon auszugehen gehabt, dass sich die Beschwerdeführerin als Familienangehörige eines minderjährigen Österreichers jedenfalls berechtigt im Bundesgebiet aufhalte, auch wenn sie in der Zwischenzeit vom Kindesvater geschieden sei.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Ergänzung der Tatsachenfeststellungen, insbesondere dazu die Beischaffung der Akten der Sicherheitsdirektion Wien und der Bundespolizeidirektion Wien sowie des Magistrates der Stadt Wien Magistratsabteilung 35.

2. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer (u.a.) der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist (§ 7 Abs. 2 AlVG). Nach § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG kann und darf eine Person eine Beschäftigung aufnehmen, die sich (u.a.) berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben.

Voraussetzung für die Verfügbarkeit iSd § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG ist das Vorliegen der aufenthaltsrechtlichen Berechtigung, eine unselbständige Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen zu dürfen. Es kommt dabei nicht auf die subjektive Absicht des Betroffenen an, im Inland eine Beschäftigung aufnehmen zu wollen, sondern darauf, dass seine Berechtigung zum Aufenthalt die Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme in rechtlicher Hinsicht abdeckt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0211, mwN).

Der Gesetzgeber hat durch die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 erfolgte Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes eine eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt zum Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung vorgenommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0012, mwN). Diese Verknüpfung zwischen Aufenthaltsberechtigung und Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - sachlich abgegrenzt und verfassungsrechtlich zulässig (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0211, mwN).

3. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es der belangten Behörde nicht "möglich", die "Vorfrage" betreffend die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltsverbots selbständig zu beurteilen:

Ein Recht auf Aufenthalt (oder Niederlassung) wird grundsätzlich mit einem Aufenthaltstitel mit konstitutiver Wirkung eingeräumt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/09/0070); dies gilt außerhalb der Freizügigkeitssachverhalte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/09/0003, mwN). Insoweit liegt keine Vorfrage vor, die die Behörde gemäß § 38 AVG auch nach ihrer eigenen Anschauung beurteilen könnte (was freilich auch nur solange rechtmäßig wäre, als diese Vorfrage nicht von der zuständigen Behörde rechtskräftig entschieden ist; vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 38 E 54 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Es ist vielmehr zu prüfen, ob das Tatbestandsmerkmal des Aufenthaltsrechts gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0129), ob also ein - das Aufenthaltsrecht erst (konstitutiv) begründender - Aufenthaltstitel vorliegt.

Nach dem insoweit unstrittigen Sachverhalt wurde der Beschwerdeführerin zunächst - als Ehefrau eines (offenbar nicht "freizügigkeitsberechtigten") Österreichers - ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" (§ 47 Abs. 2 NAG) mit einer Gültigkeitsdauer bis eingeräumt. Die Beschwerdeführerin hat rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeitsdauer am einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels gestellt.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurde der Verlängerungsantrag mit Bescheid vom abgewiesen. Die Beschwerdeführerin bestritt insoweit im Berufungsverfahren zwar die Zustellung eines Bescheides vom "" (dabei handelt es sich freilich um das Datum der Rechtskraft). Dass eine positive Entscheidung über den Verlängerungsantrag ergangen wäre (die als spätere Norm ein zuvor erlassenes Aufenthaltsverbot verdrängt hätte, vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0287, mwN), wird aber auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Auf die Frage, ob der Bescheid vom wirksam zugestellt wurde, kommt es hier nicht entscheidend an, da das - gemäß § 24 Abs. 2 NAG - durch einen Verlängerungsantrag (bis zu einer Entscheidung über diesen Antrag) prolongierbare Aufenthaltsrecht aus dem vorangegangenen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" bereits zuvor durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erloschen war:

Aufenthaltstitel werden ungültig, wenn gegen Fremde ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar oder rechtskräftig wird; solche Fremde verlieren ihr Recht auf Aufenthalt (§ 10 Abs. 1 NAG).

Insoweit ist unstrittig, dass ein Aufenthaltsverbot gegen die Beschwerdeführerin (zumindest als Erledigung) ergangen ist; bestritten wurde freilich die Zustellung (und somit die wirksame Erlassung) des Aufenthaltsverbotes.

Wenn auch im Hinblick auf die Tatbestandswirkung (und Bindung) die belangte Behörde nicht zu überprüfen hat, ob Umstände vorliegen, die die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes begründen, ob also das Aufenthaltsverbot zu Recht erlassen wurde, so ist aber - wenn dies von der Partei substantiiert bestritten wird - zu prüfen, ob ein entsprechender Bescheid vorliegt, insbesondere also, ob der Bescheid, mit dem das Aufenthaltsverbot ausgesprochen wurde, durch wirksame Zustellung erlassen und sodann rechtskräftig wurde (vgl. - zur Frage eines Einkommensteuerbescheides - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0210).

Es wäre zwar insoweit davon auszugehen, dass das Arbeitsmarktservice an einen rechtskräftigen Bescheid gebunden wäre, mit dem eine Berufung gegen den Bescheid, mit dem das Aufenthaltsverbot ausgesprochen wurde, als verspätet zurückgewiesen wurde (vgl. zu "Rechtskraftbestätigungen" das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/12/0199). Den Feststellungen der belangten Behörde kann aber nicht entnommen werden, ob der Zurückweisungsbescheid der Sicherheitsdirektion vom seinerseits rechtskräftig wurde (auch wenn eine ordnungsgemäße Zustellung des Zurückweisungsbescheides im Hinblick darauf, dass dieser - wie von der belangten Behörde unstrittig ausgeführt - von der Beschwerdeführerin dem Arbeitsmarktservice übermittelt worden sei, nahe liegen würde).

Entsprechend der Begründung des Bescheides der Sicherheitsdirektion vom wurde der Bescheid vom , mit welchem das Aufenthaltsverbot ausgesprochen worden war, durch Hinterlegung gemäß § 8 Abs. 1 iVm Abs. 2 iVm § 23 Abs. 3 Zustellgesetz am zugestellt; der Beschwerdeführerin sei das gegen sie geführte Aufenthaltsverbotsverfahren bekannt gewesen, sie sei ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen, eine neue Abgabestelle bekannt zu geben; die Erstbehörde habe vergeblich eine neue Abgabestelle zu eruieren versucht (sie habe sowohl an der Hauptwohnsitzadresse als auch an der Nebenwohnsitzadresse Hauserhebungen durchführen lassen, der Aufenthalt der Beschwerdeführerin habe nicht ermittelt werden können).

Ausgehend von diesem Sachverhalt ist aber eine wirksame Zustellung des Bescheides, mit welchem das Aufenthaltsverbot ausgesprochen wurde, anzunehmen (§ 8 Abs. 2 Zustellgesetz). Substantiiertes gegenteiliges Vorbringen wurde dazu von der Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren (dort wurde lediglich - ohne Konkretisierung - behauptet, es wäre der Behörde möglich gewesen, die Zustelladresse zu eruieren) noch in der Beschwerde erstattet, sodass weitere Erhebungen zur Frage der wirksamen Zustellung dieses Bescheides nicht vorzunehmen waren.

Ausgehend von dieser Zustellung am erwies sich die dagegen erhobene Berufung vom - wie im Bescheid der Sicherheitsdirektion vom ausgeführt - als verspätet; sie konnte daher die bereits eingetretene Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes nicht mehr beseitigen.

Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass - nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin - über einen Zustellantrag (sowie über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) noch nicht entschieden wurde. Erst eine dem Zustellantrag stattgebende Entscheidung (welche freilich im Widerspruch zur Zurückweisung der Berufung als verspätet durch den Bescheid der Sicherheitsdirektion vom stünde) oder ein die Wiedereinsetzung bewilligender Bescheid (§ 72 Abs. 1 AVG) würde die eingetretene Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes beseitigen. Dass derartige Entscheidungen getroffen worden wären, wurde aber weder im Verwaltungsverfahren noch nunmehr in der Beschwerde behauptet.

Selbst für den Fall, dass der Beschwerdeführerin als unterhaltspflichtige Mutter eines österreichischen Kindes ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukäme (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/09/0003), würde nichts anderes gelten. Bei Freizügigkeitssachverhalten kommt Aufenthaltstiteln (§§ 54, 57 NAG) zwar lediglich deklarative Wirkung zu (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom ); insoweit kann aber das - im Unionsrecht gründende - Aufenthaltsrecht ebenfalls durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beendet werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0200, mwN). Mit der Rechtskraft oder Durchsetzbarkeit eines Aufenthaltsverbotes werden nicht nur Aufenthaltstitel, sondern auch Dokumentationen des (unionsrechtlichen) Aufenthaltsrechts unwirksam; der Fremde verliert damit sein Recht auf Aufenthalt (§ 10 Abs. 1 NAG).

Schließlich resultiert auch aus der von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren behaupteten Duldung nach § 46a FPG kein Aufenthaltsrecht, das die Beschwerdeführerin zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung berechtigen würde. Diese Duldung ermöglicht gemäß § 4 Abs. 3 Z 7 AuslBG (idF BGBl. I Nr. 120/2009) lediglich unter der Voraussetzung eine Beschäftigungsbewilligung, dass dieser Ausländer zuvor den Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten innegehabt hat (vgl. die Erläuterungen AB 388 BlgNR 24. GP, 1).

Damit ist aber davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin im gesamten Zeitraum ab Beantragung des Arbeitslosengeldes am bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides wie auch bereits im Zeitraum ab dem vorangegangenen Antrag auf Arbeitslosengeld am (also auch im gesamten Widerrufszeitraum) kein Aufenthaltsrecht in Österreich zukam, das sie zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung berechtigt hätte.

Somit ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie - jeweils wegen fehlender Verfügbarkeit der Beschwerdeführerin gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG - den Antrag auf Arbeitslosengeld vom abgewiesen und die Leistungen nach dem AlVG im Zeitraum 20. Oktober bis und vom bis gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen hat.

4. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind; in der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. zur Vereinbarkeit des Unterbleibens einer Verhandlung mit

Artikel 6 EMRK in einem solchen Fall etwa die Entscheidung des EGMR vom , Zl. 8/1997/792/993, Jacobsson).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am