VwGH vom 24.03.2010, 2009/03/0156

VwGH vom 24.03.2010, 2009/03/0156

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner sowie die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der M K in T, vertreten durch Prof.Dipl.Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Burgenland vom , Zl E1/3027/2009, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 25 Abs 3, 8 Abs 1 Z 2 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997 idgF (WaffG), die ihr am ausgestellte Waffenbesitzkarte mit der Nummer 2 entzogen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen folgenden Sachverhalt zu Grunde:

Die Erstbehörde habe der Beschwerdeführerin die Waffenbesitzkarte entzogen, weil die Beschwerdeführerin anlässlich einer waffenrechtlichen Überprüfung am den mit einem Digitalschloss versehenen Waffenschrank trotz mehrmaliger Versuche nicht öffnen habe können. Als Rechtfertigung habe sie angegeben, dass es sich um einen neuen Tresor handle und ihr der Zahlencode momentan nicht einfalle. Der Tresor könne auch mit einem Schlüssel geöffnet werden, allerdings habe sie diesen verlegt. In Anwesenheit der Polizeibeamten habe die Beschwerdeführerin schließlich mit ihrem Ehemann telefoniert und ihn nach dem Zahlencode gefragt. Dieser habe ihr eine Zahlenkombination genannt; trotzdem habe sie den Tresor nicht öffnen können.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin unter anderem vorgebracht, sie sei zum Zeitpunkt der Überprüfung nicht mehr Eigentümerin der Waffe gewesen, sondern sie habe diese ihrem Ehemann am überlassen gehabt. Deshalb hätten sie keine Verwahrungspflichten mehr getroffen. Die Beschwerdeführerin habe das Schloss nicht öffnen können, weil die Zahlenkombination vom Ehemann geändert worden sei. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Ehemann habe sich das Schloss nicht öffnen lassen, weil die Zahlenkombination zuvor schon mehrfach falsch eingegeben worden sei und dies zu einer Sperre des Elektronikschlosses geführt habe. Der Notschlüssel für den Tresor habe sich in einem anderen Tresor befunden, den die Beschwerdeführerin in der Hektik nicht öffnen habe können.

Mit diesem Berufungsvorbringen zeige die Beschwerdeführerin eine Unschlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht auf. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beschwerdeführerin auf die angebliche Überlassung ihrer Waffe an den Ehemann anlässlich der Überprüfung nicht hingewiesen und die Überlassungserklärung vorgewiesen habe. Demgegenüber sei die Erstbehörde den glaubwürdigen Angaben im Bericht der Sicherheitsorgane gefolgt und habe ihre Einschätzung klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Beweiswürdigung der Erstinstanz sei auch schlüssig, da alle zum Beweis oder zur Widerlegung strittiger Tatsachen nach der Aktenlage objektiv geeigneten Umstände berücksichtigt worden seien und die Behörde bei der Würdigung dieser Umstände deren Gewicht nicht verkannt habe.

Die Erstbehörde habe daher zu Recht die waffenrechtliche Verlässlichkeit der Beschwerdeführerin verneint, weil im Zuge der waffenrechtlichen Überprüfung am erhoben worden sei, dass die Beschwerdeführerin jenen Tresor, in dem die Waffe verwahrt gewesen sein soll, nicht öffnen habe können. Zur ordnungsgemäßen Verwahrung von Waffen gehöre auch, dass der Verfügungsberechtigte wisse, wo sich der Schlüssel für das sichere Behältnis konkret befinde bzw wie die Kombination zur Öffnung eines Tresors konkret laute, um sich den Zugang zum Ort oder dem Behältnis - ohne auf fremdes Wissen angewiesen zu sein - verschaffen zu können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.

Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2.WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt".

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelungen des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Waffenrechtliche Urkunden sind insbesondere dann zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/03/0088).

Es wurde auch bereits erkannt, dass zur ordnungsgemäßen Verwahrung von Faustfeuerwaffen auch das Wissen um den aktuellen Besitzstand und den Aufbewahrungsort der Waffen gehört. Die Kenntnis darüber, in welchem sicheren Behältnis oder an welchem sicheren Ort sich die Waffe befindet, ist eine grundlegende Voraussetzung, um überhaupt davon sprechen zu können, dass eine Person eine Waffe verwahrt. Das Gleiche muss für das Wissen des Verfügungsberechtigten darüber gelten, wo sich die Schlüssel für das sichere Behältnis oder den sicheren Ort, wo die Waffe verwahrt wird, konkret befinden bzw wie die Kombination zur Öffnung eines Tresors konkret lautet, um sich den Zugang zum Ort bzw Behältnis selbst - ohne auf fremdes Wissen angewiesen zu sein - verschaffen zu können (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0189).

2. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, aus dem angefochtenen Bescheid sei "nicht wirklich ersichtlich", von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen sei, zumal sie die Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde auch nicht zu ihren eigenen erhoben habe.

Dem ist zu erwidern, dass die (oben wiedergegebene) Begründung des angefochtenen Bescheides keine Zweifel an dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt lässt. Der Vollständigkeit halber ist hinzuzufügen, dass die belangte Behörde zwar mehrfach die Schlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung hervorhebt. Ob eine Beweiswürdigung schlüssig (mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut in Einklang stehend) ist, ist allerdings ein Prüfmaßstab, der dem Verwaltungsgerichtshof zukommt, dem es darüber hinaus verwehrt ist, die Beweiswürdigung auch auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl jüngst etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/03/0145). Die belangte Behörde hatte sich mit der vorliegenden Verwaltungssache hingegen grundsätzlich in gleicher Weise wie die Behörde erster Instanz zu befassen und demnach die erstinstanzliche Beweiswürdigung nicht nur auf ihre Schlüssigkeit, sondern auch auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen. Die Erwägungen der belangten Behörde ("glaubwürdige Angaben" im Bericht der Sicherheitsorgane; beweiswürdigende Auseinandersetzung mit der im Berufungsverfahren behaupteten Überlassung der Waffe an den Ehemann) lassen aber insgesamt erkennen, dass sie nicht nur von der Schlüssigkeit, sondern auch der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung ausgegangen ist.

Ihre diesbezüglichen Überlegungen können - nach dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren maßgeblichen Prüfmaßstab - auch nicht als unschlüssig erkannt werden. Wenn die Beschwerde argumentiert, die Beschwerdeführerin habe die Überlassungserklärung den kontrollierenden Beamten nicht vorweisen müssen, weil sie die Urkunde erst später errichten habe dürfen, vermag sie das tragende und in der Beschwerde unbestrittene Begründungselement, die Beschwerdeführerin habe den Beamten - trotz angeblich vorangegangener Überlassung der Waffe an ihren Ehemann - davon nichts erzählt, nicht zu entkräften.

3. Auch das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe sich über die in der Berufung gestellten Beweisanträge (auf Parteienvernehmung sowie auf Zeugeneinvernahme des Ehemanns; Abhaltung eines Lokalaugenscheins) hinweggesetzt, ist nicht geeignet, einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen.

Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, sie habe vorgebracht, die Waffe ihrem Ehemann überlassen gehabt zu haben, weshalb es "zumindest" angebracht gewesen wäre, diesen zu diesem Umstand zu befragen, ist ihr entgegenzuhalten, dass zur Verlässlichkeit des Inhabers einer Waffenbesitzkarte nach der hg Rechtsprechung auch das Wissen um den aktuellen Besitzstand einer Waffe gehört (vgl dazu etwa das bereits zitierte hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0189). Demnach wäre bei tatsächlicher Überlassung der Waffe an den Ehemann erforderlich gewesen, dass die Beschwerdeführerin anlässlich der waffenrechtlichen Überprüfung gegenüber den einschreitenden Sicherheitsorganen bekannt gegeben hätte, nicht mehr im Besitz der Waffe zu sein. Derartiges wird in der Beschwerde aber nicht einmal behauptet. Schon deshalb kommt ihrem Beweisantrag auf Einvernahme des Ehemanns, der im Übrigen - wie alle angesprochenen Beweisanträge - nur pauschal zum "Beweis (für das gesamte Vorbringen)" gestellt worden ist und damit dem Erfordernis der konkreten Bezeichnung des Beweisthemas, das durch das Beweismittel erwiesen werden soll, nicht entsprach (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2002/07/0023, mwN), keine Relevanz zu.

Welches (relevante) andere Ergebnis durch die Aufnahme weiterer Beweise zum Ablauf der waffenrechtlichen Überprüfung zu erzielen gewesen wäre (vgl dazu Punkt 1. und 4. der Erwägungen), wird von der Beschwerde im Übrigen nicht dargelegt.

4. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids macht die Beschwerdeführerin schließlich geltend, sie habe anlässlich der gegenständlichen Überprüfung doch gewusst, wo sich die Waffe befindet, den Tresor aber nur nicht sofort öffnen können. Schon darin ist nach dem bisher Gesagten (siehe Punkt 1.) aber ein Umstand gelegen, der ihre waffenrechtliche Unverlässlichkeit begründet.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am