VwGH vom 25.01.2021, Ra 2020/11/0108

VwGH vom 25.01.2021, Ra 2020/11/0108

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des H F in W, vertreten durch Mag. Gerald Göllner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 14/4, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W135 2178523-2/4E, betreffend Verfahrenshilfe i.A. Hilfeleistung nach dem Verbrechensopfergesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialministeriumservice Landesstelle Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag des Revisionswerbers, ihm im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid der belangten Behörde vom Verfahrenshilfe zu bewilligen, gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG abgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2In der Begründung wurde ausgeführt, mit dem genannten Bescheid vom sei ein näher bezeichneter Antrag des Revisionswerbers auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz abgewiesen worden, wogegen der Revisionswerber mit Anwaltsschriftsatz fristgerecht Beschwerde erhoben habe. Mit Schreiben vom habe der Revisionswerber beantragt, ihm Verfahrenshilfe u.a. „zur weiteren Führung des Verfahrens“ zu bewilligen und ein Vermögensbekenntnis vorgelegt.

3§ 8a Abs. 1 VwGVG setze für die Bewilligung der Verfahrenshilfe u.a. voraus, dass die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten (Hinweis auf ). Diese Voraussetzung erfülle der Revisionswerber nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht.

4Dem legte das Verwaltungsgericht sachverhaltsmäßig das vom Revisionswerber mit dem Verfahrenshilfeantrag bescheinigte Einkommen zugrunde (Verständigung über die aktuelle Leistungshöhe zum Jänner 2020 der Pensionsversicherungsanstalt - PVA), nämlich die Invaliditätspension (inklusive Pflegegeld) in Höhe von € 1.212,55 sowie eine Zusatzleistung in Höhe von € 325,90. „Zudem“ nahm das Verwaltungsgericht an, dass dem Revisionswerber „eine monatliche Heimopferrente in Höhe von € 300,--“ gewährt werde, auch wenn diese im Vermögensbekenntnis des Revisionswerbers nicht angeführt worden sei.

5Ausgehend somit von einem monatlichen Gesamteinkommen des Revisionswerbers in Höhe von € 1.838,45 ergebe sich auch unter Berücksichtigung näher genannter Kosten (Miete, Heizung, Strom), dass der Revisionswerber die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bestreiten könne.

6Im Übrigen sei bereits die erwähnte Beschwerde von einem Rechtsanwalt verfasst worden, sodass der Revisionswerber „offenbar in der Lage war, die Anwaltskosten selbst zu tragen“, wobei eine zwischenzeitige Verschlechterung seiner Vermögensverhältnisse „nicht ersichtlich“ sei. Vielmehr sei im Gegenteil von einer Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation auszugehen, weil ihm „zusätzlich eine monatliche Heimopferrente in Höhe von € 300,-- gewährt“ werde.

7Gegen diesen Beschluss erhob der Revisionswerber (mit selbstverfasstem und durch den vom Verwaltungsgerichtshof bewilligten Verfahrenshelfer ergänzten Schriftsatz) außerordentliche Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

8Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

9Die Revision ist zulässig und begründet, weil sie zutreffend vorbringt, die Feststellung des Verwaltungsgerichts betreffend eine vom Revisionswerber zusätzlich bezogene Heimopferrente in Höhe von € 300,-- sei unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen worden. Richtig sei vielmehr, dass es sich bereits bei der ausgewiesenen „Zusatzleistung“ (€ 325,90) um die Heimopferrente handle, das Verwaltungsgericht habe daher willkürlich eine weitere Heimopferrente in Höhe von € 300,-- angenommen.

10Richtigerweise beziehe der Revisionswerber monatlich daher in Summe (Invaliditätspension samt eingeschlossener Ausgleichszulage und Pflegegeld, ergänzt um die genannte Heimopferrente) nicht die vom Verwaltungsgericht angenommenen € 1.838,45 sondern lediglich € 1.538,45, wobei das Pflegegeld und die Heimopferrente bei der Beurteilung der Verfahrenshilfe außer Betracht zu bleiben hätten.

11Im vorliegenden Revisionsfall geht es ausschließlich um die Frage, ob der Revisionswerber iSd § 8a Abs. 1 VwGVG außerstande ist, die Kosten der Führung des obgenannten Beschwerdeverfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.

12Nach der vom Revisionswerber mit dem Antrag auf Verfahrenshilfe vom vorgelegten Verständigung der PVA über die aktuelle Leistungshöhe vom Jänner 2020 ergibt sich nur ein monatlicher Bezug in Höhe von insgesamt € 1.538,45. Zu dem vom Verwaltungsgericht - zusätzlich - angenommenen Bezug einer Heimopferrente in Höhe von € 300,--, wird im angefochtenen Beschluss weder ein Beweisergebnis angeführt, noch ist ein solch zusätzlicher Rentenbezug aus den Akten nachvollziehbar, sodass ein relevanter Begründungsmangel vorliegt (sollte der Bezug des letztgenannten Betrages durch den Revisionswerber aufgrund einer Erwähnung im aktenkundigen psychiatrischen Gutachten vom angenommen worden sein, so hat es das Verwaltungsgericht unterlassen, im Rahmen des Parteiengehörs zu klären, ob es sich dabei nicht ohnedies um die in der Verständigung der PVA genannte „Zusatzleistung“ handelt).

13Der angefochtene Beschluss war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a und b VwGG aufzuheben.

14Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, soweit es den in der genannten Verordnung pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020110108.L00

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