VwGH vom 14.02.2013, 2011/08/0352

VwGH vom 14.02.2013, 2011/08/0352

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des A K in F, vertreten durch die Großmann Wagner Rechtsanwalts GmbH in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 6/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 14-SV- 3086/2/11, betreffend Beitragspflicht in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der Bauern in 9020 Klagenfurt, Feldkirchnerstraße 52), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer in der Zeit von 1. Jänner bis in der Kranken- und Pensionsversicherung der Bauern (mit jeweils konkret genannten monatlichen Beitragsgrundlagen und Monatsbeiträgen) beitragspflichtig sei. Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0058, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Maßgeblich dafür war, dass die belangte Behörde davon ausgegangen war, das - vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eingeräumte - Halten von Pferden auf seinen landwirtschaftlichen Flächen stelle jedenfalls eine landwirtschaftliche Tätigkeit dar, obwohl - wie aus der Definition in § 5 Abs. 1 Landarbeitsgesetz 1984 (LAG) hervorgeht - nur das Halten von Nutztieren "zur Zucht, Mast oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse" Landwirtschaft ist. Dass der Beschwerdeführer über das Halten der Pferde hinaus eine Züchtung oder die Gewinnung von tierischen Erzeugnissen betrieben habe, hatte die belangte Behörde nicht festgestellt. Zur Frage, ob er einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb tatsächlich führt, wären, so der Verwaltungsgerichtshof im genannten Vorerkenntnis, entsprechende Ermittlungen anzustellen, insbesondere ob und welche landwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn der Beschwerdeführer - abseits der Pferdehaltung - auf den landwirtschaftlichen Flächen tatsächlich entfaltet.

Im fortgesetzten Verfahren übermittelte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der belangten Behörde eine Auskunft der "Agrarmarkt Austria" betreffend den "Grundstücksreport" für die Jahre 2008 bis 2011 und ebenfalls von der "Agrarmarkt Austria" weitergeleitete (offenbar im Rahmen der Beantragung von Förderungen ausgefüllte) "Flächenbögen" und "Flächennutzungen" für die Jahre 2006 bis 2010.

Die belangte Behörde erließ sodann den nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid. In den Sachverhaltsfeststellungen führte sie wörtlich Folgendes aus:

"In Entsprechung der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes, dass zur Frage, ob Herr K. (Beschwerdeführer) einen landwirtschaftlichen Betrieb tatsächlich führt, entsprechende Ermittlungen anzustellen wären, wird von Seiten der Einspruchsbehörde ausgeführt, dass unbestritten die Tatsache vorliegt, dass Herr K. Eigentümer des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes in der KG Z., EZ x, ist. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen betragen 3,9489 ha und weisen einen Einheitswert von EUR 1.167,71 auf, die forstwirtschaftlich genutzten Flächen betragen 5,05007 ha mit einem Einheitswert von EUR 1.155,20. Der gesamte land(forst)wirtschaftliche Betrieb hat ein Flächenausmaß von insgesamt 8,9996 ha und einen Einheitswert von EUR 2.322,90, gerundet EUR 2.300,--. Gleichzeitig hat der Einspruchswerber von Herrn M. K. landwirtschaftliche Flächen im Ausmaß von 2,1063 ha zugepachtet und beträgt der Einheitswert für diese Flächen unter Heranziehung von zwei Drittel EUR 359,12.

Herr K. beantragt alljährlich (unter seiner Betriebsnummer y) sowohl für die landwirtschaftlich bewerteten Eigenflächen (im Jahr 2006 für 2,58 ha) als auch für die zugepachteten landwirtschaftlichen Flächen (im Jahr 2006 für 1,96 ha) Förderungen und werden diese an ihn auch ausbezahlt. Verwiesen wird auf den Flächenbogen 2006, in dem die jeweiligen Feldstücke mit der Nutzungsart 'Grünland' als 'mehrmähdige Wiese' und dem Prämienstatus 'F' (einheitliche Betriebsprämie und Futterfläche) ausgewiesen werden."

Mit dem Bezug der Förderungen sei der Nachweis dafür erbracht, dass der Beschwerdeführer auch als Betriebsführer für seinen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb anzusehen sei. Denn als Förderungswerber komme nur derjenige in Betracht, der einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb nachweislich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und Gefahr bewirtschafte, wobei die Richtigkeit der Angaben durch Unterschriftsleistung auf den Antragsbögen jährlich neu zu bestätigen sei. Sämtliche Förderungswerber würden mittels Merkblättern auf die Förderungsrichtlinien sowie auf die Notwendigkeit der wahrheitsgemäßen Antragstellung hingewiesen. Selbst wenn man neben den forstwirtschaftlichen Flächen nur eine Berücksichtigung der geförderten landwirtschaftlichen Nutzflächen des Beschwerdeführers berücksichtigen würde, ergäbe sich ein Gesamteinheitswert von EUR 2.249,49. Für die Berechnung der Beitragsgrundlage zog die belangte Behörde allerdings die Gesamtfläche - unter Einbeziehung auch der nicht geförderten Flächen - mit einem Einheitswert von insgesamt EUR 2.659,12 heran.

Im Übrigen enthielt der angefochtene Bescheid die gleiche Begründung wie der mit dem Vorerkenntnis aufgehobene Bescheid vom .

Gegen diesen Ersatzbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung Personen pflichtversichert, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird; dabei wird vermutet, dass Grundstücke, die als forstwirtschaftliches Vermögen nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, bewertet sind oder Teil einer als solches bewerteten wirtschaftlichen Einheit sind, in der einem forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechenden Weise auf Rechnung und Gefahr der dazu im eigenen Namen Berechtigten bewirtschaftet werden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung besteht die Pflichtversicherung für die im § 2 Abs. 1 Z 1 genannten Personen nur, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955 festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von EUR 1.500,-- erreicht oder übersteigt.

Betriebe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des auch für den Pflichtversicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Z 1 erster Satz BSVG maßgebenden § 5 Abs. 1 Landarbeitsgesetz 1984 (LAG) sind

"Betriebe der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und ihre Nebenbetriebe, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben und sich nicht als selbständige, von der Land- und Forstwirtschaft getrennt verwaltete Wirtschaftskörper darstellen, ferner die Hilfsbetriebe, die der Herstellung und Instandhaltung der Betriebsmittel für den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb dienen. In diesem Rahmen zählen zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen, das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse sowie die Jagd und Fischerei. Der land- und forstwirtschaftlichen Produktion gleichzuhalten ist die der Erhaltung der Kulturlandschaft dienende Landschaftspflege, sofern dafür Förderung aus öffentlichen Mitteln bezogen wird, deren zugrunde liegendes Förderungsziel die Erhaltung der Kulturlandschaft direkt oder indirekt mit einschließt."

Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde auch im fortgesetzten Verfahren nicht ermittelt habe, ob der Beschwerdeführer tatsächlich eine landwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn entfaltet hat.

Damit ist die Beschwerde im Recht:

Die Ermittlungen der belangten Behörde haben sich darauf beschränkt, (im Wege der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt) Auskünfte über die vom Beschwerdeführer beantragten Förderungen einzuholen. Den Bezug dieser - nicht näher bezeichneten - Förderungen hat sie sodann im angefochtenen Bescheid festgestellt. Sie hat aber nicht dargelegt, warum sie daraus - ohne dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt zu haben - schließt, er habe tatsächlich eine landwirtschaftliche Tätigkeit entfaltet. Soweit die belangte Behörde und die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt in den Gegenschriften (offenbar mit Blick auf § 5 Abs. 1 letzter Satz LAG) darauf hinweisen, die Förderungen hätten auch die Erhaltung der Kulturlandschaft mit eingeschlossen, kann das eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzen; im Übrigen hat die belangte Behörde auch nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine "der Erhaltung der Kulturlandschaft dienende Landschaftspflege" im Sinn des § 5 Abs. 1 LAG betrieben habe.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensmängel zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Ein Ersatz von Pauschalgebühren war wegen der in Sozialrechtssachen geltenden sachlichen Abgabefreiheit (§ 44 Abs. 1 BSVG) nicht zuzuerkennen.

Wien, am