VwGH vom 12.09.2012, 2011/08/0349

VwGH vom 12.09.2012, 2011/08/0349

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des Bezirkskrankenhaus K in K, vertreten durch TKB Rechtsanwälte treichl krumschnabel buchauer in 6330 Kufstein, Josef Egger Straße 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom , Zl. BMJ-V470.00/0003-III 5/2011, betreffend Errichtung einer Schlichtungsstelle gemäß § 144 ArbVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde auf Antrag des Betriebsrates im Krankenhaus der beschwerdeführenden Partei gemäß § 144 ArbVG eine Schlichtungsstelle zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Verwaltung und Ausgestaltung des Wohlfahrtsfonds nach § 41 Abs. 6 zweiter Satz des Tiroler Krankenanstaltengesetzes (TirKAG) eingerichtet.

In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der gemeinsame Betriebsrat der beschwerdeführenden Partei am bei der Präsidentin des Landesgerichtes die Einrichtung einer Schlichtungsstelle gemäß § 144 ArbVG zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Verwaltung und Ausgestaltung des Wohlfahrtsfonds nach § 41 Abs. 6 zweiter Satz TirKAG begehrt und dazu zusammengefasst ausgeführt habe, dass beim beschwerdeführenden Gemeindeverband ca. 950 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und 150 Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt seien und im November 2007 ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt worden sei. Das TirKAG habe mit der maßgeblichen Bestimmung des § 41 Abs. 6 einen für Sozialleistungen an die Belegschaft zweckgebundenen und laufend zu dotierenden "Sozialfonds "oder "Wohlfahrtsfonds" eingerichtet. Gemäß § 95 Abs. 1 ArbVG habe der Betriebsrat das Recht, an der Verwaltung von betriebs- und unternehmenseigenen Wohlfahrtseinrichtungen teilzunehmen, wobei Art und Umfang der Teilnahme durch Betriebsvereinbarung zu regeln seien. Mehrmalige Versuche zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung seien fruchtlos geblieben.

Die beschwerdeführende Partei habe die Abweisung dieses Antrages begehrt, da mangels Vorliegens einer Wohlfahrtseinrichtung kein Fall des § 144 ArbVG vorliegen würde. In der Bestimmung des § 41 Abs. 6 TirKAG sei lediglich geregelt, dass der Anstaltsträger einen Betrag von mindestens 3,33% der Arzthonorare vom Hausanteil für das Anstaltspersonal zu verwenden habe. In welcher Form dies zu geschehen habe, insbesondere dass ein Wohlfahrtsfonds oder ähnliches einzurichten wäre, sei nicht geregelt.

Mit Bescheid vom habe die Präsidentin des Landesgerichtes antragsgemäß eine Schlichtungsstelle gemäß § 144 ArbVG eingerichtet und damit begründet, dass das nach dem Normzweck des § 95 ArbVG anzunehmende Maß der Institutionalisierung der Wohlfahrtseinrichtung nicht allzu hoch angesetzt werden dürfe und mit Rücksicht auf Abs. 1 dahingehend teleologisch zu konkretisieren sei, dass ein der betrieblichen Wohlfahrt dauerhaft gewidmetes Substrat vorhanden sein müsse, das als solches "verwaltungsfähig" sei. Dafür bedürfe es keiner eigenen Rechtspersönlichkeit und auch keiner körperschaftlichen Verfassung. Ausreichend sei vielmehr das Vorhandensein von für (mehr oder weniger genau) bestimmte Wohlfahrtsmaßnahmen dauerhaft gewidmeten sachlichen und/oder finanziellen Mitteln, die vom sonstigen Unternehmensvermögen juristisch nicht getrennt sein müssten.

Nach weiterer Darlegung des Verfahrensganges kam die belangte Behörde - in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - zum Ergebnis, dass die im § 41 Abs. 6 TirKAG genannten "Sozialleistungen für das Anstaltspersonal" als Wohlfahrtsleistungen zu verstehen seien. Von einer Wohlfahrtseinrichtung gemäß § 95 ArbVG könne zwar grundsätzlich erst dann gesprochen werden, wenn nicht nur punktuelle Aktivitäten gesetzt würden, sondern eine auf Dauer angelegte Tätigkeit vorliege, die eines ständigen Verwaltungs- oder Organisationsaufwandes bedürfe und damit ein Mindestmaß an Institutionalisierung erfordere. Hierbei reiche aber das Vorhandensein von finanziellen Mitteln für die Widmung bestimmter Wohlfahrtsmaßnahmen aus. Da die Bestimmung des § 41 Abs. 6 TirKAG den Anstaltsträger dazu verpflichte, vom Hausanteil einen Betrag von zumindest 3,33% der vereinnahmten Honorare für Sozialleistungen für das Anstaltspersonal zu verwenden, sei dem Erfordernis einer dauerhaften Widmung von finanziellen Mitteln für Wohlfahrtsmaßnahmen genüge getan.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung der Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

§ 41 Abs. 6 des Tiroler Krankenanstaltengesetzes (TirKAG) hat folgenden Wortlaut:

"Dem Anstaltsträger gebührt für die Bereitstellung der Einrichtungen zur Untersuchung und Behandlung der Pfleglinge in der Sonderklasse ein Anteil von mindestens 20 v. H. der vereinnahmten Honorare nach Abs. 5 (Hausanteil). Der Anstaltsträger hat vom Hausanteil einen Betrag von mindestens 3,33 v. H. der Honorare für Sozialleistungen für das Anstaltspersonal zu verwenden."

§§ 95 und 144 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) lauten wie folgt:

"§ 95. (1) Der Betriebsrat hat das Recht, an der Verwaltung von betriebs- und unternehmenseigenen Wohlfahrtseinrichtungen teilzunehmen. Art und Umfang der Teilnahme sind durch Betriebsvereinbarung zu regeln. Kommt zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat über den Abschluß, die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Betriebsvereinbarung eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle.

(2) Die Errichtung, Ausgestaltung und Auflösung betriebs- und unternehmenseigener Wohlfahrtseinrichtungen können durch Betriebsvereinbarung geregelt werden.

(3) Der Betriebsrat kann die Auflösung einer betriebs- oder unternehmenseigenen Wohlfahrtseinrichtung binnen vier Wochen beim Gericht anfechten, wenn

1. die Auflösung der Wohlfahrtseinrichtung den in einer Betriebsvereinbarung vorgesehenen Auflösungsgründen widerspricht, oder

2. eine Betriebsvereinbarung über Gründe, die den Betriebsinhaber zur Auflösung einer Wohlfahrtseinrichtung berechtigen, nicht besteht, der Betriebsratsfonds (Zentralbetriebsratsfonds) oder die Arbeitnehmer zum Errichtungs- und Erhaltungsaufwand der Wohlfahrtseinrichtung erheblich beigetragen haben und die Auflösung unter Abwägung der Interessen der Arbeitnehmer und des Betriebes nicht gerechtfertigt ist.

§ 144. (1) Zur Entscheidung von Streitigkeiten über den Abschluß, die Änderung oder die Aufhebung von Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten, in welchen das Gesetz die Entscheidung durch Schlichtungsstellen vorsieht, ist auf Antrag eines der Streitteile eine Schlichtungsstelle zu errichten. Die Schlichtungsstelle ist am Sitz des mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befaßten Gerichtshofes, in dessen Sprengel der Betrieb liegt, zu errichten. Bei Streitigkeiten über den Abschluß, die Änderung oder Aufhebung von Betriebsvereinbarungen, deren Geltungsbereich Betriebe umfaßt, die in zwei oder mehreren Sprengeln liegen, ist der Sitz des Unternehmens, dem die Betriebe angehören, maßgebend. Durch Vereinbarung der Streitteile kann die Schlichtungsstelle am Sitz eines anderen mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befaßten Gerichtshofes errichtet werden. Ein Antrag auf Entscheidung einer Streitigkeit durch die Schlichtungsstelle ist an den Präsidenten des in Betracht kommenden Gerichtshofes zu richten.

(2) Die Schlichtungsstelle besteht aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern. Der Vorsitzende ist vom Präsidenten des Gerichtshofes auf einvernehmlichen Antrag der Streitteile zu bestellen. Kommt eine Einigung der Streitteile auf die Person des Vorsitzenden innerhalb von zwei Wochen ab Antragstellung (Abs. 1) nicht zustande, so ist er auf Antrag eines der Streitteile vom Präsidenten des Gerichtshofes zu bestellen. Die Bestellung hat aus dem Kreise der Berufsrichter zu erfolgen, die bei dem Gerichtshof mit Arbeits- und Sozialrechtssachen befaßt sind. Sie bedarf der Zustimmung des zu Bestellenden.

(2a) Der Vorsitzende und die Beisitzer der Schlichtungsstelle sind weisungsfrei. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ist berechtigt, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Schlichtungsstelle zu unterrichten.

(3) Jeder der Streitteile hat zwei Beisitzer namhaft zu machen, davon einen aus einer Beisitzerliste; der zweite Beisitzer soll aus dem Kreise der im Betrieb Beschäftigten namhaft gemacht werden. Hat einer der Streitteile binnen zwei Wochen ab Antragstellung (Abs. 1) die Nominierung der Beisitzer nicht vorgenommen, so hat der Präsident des in Betracht kommenden Gerichtshofes sie aus der Liste der Beisitzer jener Gruppe (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer), welcher der Säumige angehört, zu bestellen.

(4) Die Streitteile haben die Einigung auf die Person des Vorsitzenden und die Nominierung der Beisitzer dem Präsidenten des in Betracht kommenden Gerichtshofes mitzuteilen, der den Vorsitzenden der Schlichtungsstelle und die Beisitzer unverzüglich zu bestellen hat."

Wie sich aus den zitierten Gesetzesbestimmungen ergibt, ist eine Schlichtungsstelle daher (unter anderem) dann zu errichten, wenn dies mangels Einigung zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Mitwirkung des Betriebsrates an der Verwaltung von betriebs- und unternehmenseigenen Wohlfahrtseinrichtungen iSd § 95 Abs. 1 ArbVG von einem der Streitteile beantragt wird. Die Beschwerde zieht nicht in Zweifel, dass ein Antrag des zuständigen Betriebsrates einer Krankenanstalt der beschwerdeführenden Partei vorliegt, der auf die Einsetzung einer Schlichtungsstelle zur Entscheidung einer Streitigkeit über den Abschluss einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung im Sinne des § 95 Abs. 1 ArbVG gerichtet ist. Für diesen Fall sieht § 144 Abs. 1 ArbVG zwingend die Errichtung der Schlichtungsstelle vor. Nur der Schlichtungsstelle obliegt es, die Voraussetzungen für die gegebenenfalls durch ihre Entscheidung zu substituierende Betriebsvereinbarung zu beurteilen; dazu zählt auch, ob - wie im vorliegenden Fall strittig ist - die im § 41 Abs. 6 TirKAG genannten "Sozialleistungen für das Anstaltspersonal" eines ständigen Verwaltungs- oder Organisationsaufwandes bedürfen und damit ein Mindestmaß an Institutionalisierung erfordern und damit die Annahme des Vorliegens einer Wohlfahrtseinrichtung iSv § 95 ArbV rechtfertigen. Eine "Vorprüfung" dieser Voraussetzungen im Rahmen der von der zuständigen Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichtes vorzunehmenden Errichtung der Schlichtungsstelle ist nicht vorgesehen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0116).

Vor diesem Hintergrund geht das Beschwerdevorbringen, wonach die von § 41 Abs. 6 TirKAG umfassten Sozialleistungen nicht als eine solche Wohlfahrtseinrichtung iSv § 95 ArbVG zu qualifizieren seien, in diesem Verfahren ins Leere.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am