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VwGH vom 23.06.2010, 2009/03/0134

VwGH vom 23.06.2010, 2009/03/0134

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2010/03/0117 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des G N in M, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Burggraben 4/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Bundesland Tirol vom , Zl. uvs-2009/16/0423-6, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid einer Übertretung nach § 23 Abs 1 Z 3 iVm § 7 Abs 2 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) schuldig erkannt und es wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) verhängt.

Ihm wurde zur Last gelegt, als Beförderungsunternehmer nicht dafür gesorgt zu haben, dass am im Bereich der Landesstraße 211 (Unterinntalstraße) auf Höhe der Hauptschule Langkampfen in einem - nach Kennzeichen näher bezeichneten - LKW, der für die Kabotage in Österreich verwendet wurde, ein vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ausgegebenes, ordnungsgemäß ausgefülltes Kontrollblatt mitgeführt wurde. Das KFZ sei zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern in Österreich verwendet worden (Kabotage), obwohl die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Güterkraftverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland verboten sei. Sie sei nur gestattet, 1. wenn mit dem Staat, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, eine diesbezügliche Vereinbarung bestehe oder 2. soweit die Verordnung (EWG) Nr 3118/93 des Rates vom zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, ABl L 279 vom S 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom , ABl L 76 vom S 9, dies vorsehe, wobei Kabotagetätigkeiten höchstens an 30 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen im Kalenderjahr durchgeführt werden dürfe. Das angeführte KFZ sei zum angegebenen Zeitpunkt am angegebenen Ort von U S gelenkt worden, wobei Waren von S nach H transportiert worden seien.

Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass der beanstandete Transport von S nach H durchgeführt worden sei. In H sei die Ladung abgeladen, mit einer neuen Beschriftung versehen und nach Abfassung eines CMR-Briefes in einem Lastzug zusammen mit anderen Artikeln nach G (D) weitertransportiert worden. Sowohl die Niederlassung in H als auch die Niederlassung in G gehörten zur Spedition D. Es sei daher ein rein innerösterreichischer Transport (Kabotage) durchgeführt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Beschwerdefall ist die Verordnung (EG) Nr 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs, mit der für die Kabotage neue Regelungen geschaffen worden sind, noch nicht anzuwenden.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl Nr 593/1995 idF BGBl I Nr 153/2006 (GütbefG) lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 7. (2) Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Güterkraftverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland (Kabotage) ist verboten; sie ist nur gestattet,

1. wenn mit dem Staat, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, eine diesbezügliche Vereinbarung besteht oder

2. soweit die Verordnung (EWG) Nr. 3118/93 des Rates vom zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, ABl. L 279 vom S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom , ABl. L 76 vom S. 9, dies vorsieht, wobei Kabotagetätigkeiten höchstens an 30 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen im Kalenderjahr durchgeführt werden dürfen. Die dafür eingesetzten Fahrzeuge haben das österreichische Hoheitsgebiet mindestens einmal im Kalendermonat zu verlassen. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass in jedem für die Kabotage verwendeten Fahrzeug ein vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ausgegebenes, ordnungsgemäß ausgefülltes Kontrollblatt mitgeführt wird. Der Lenker hat bei jeder Kabotagefahrt ein ordnungsgemäß ausgefülltes Kontrollblatt mitzuführen und den Kontrollorganen auf Verlangen vorzuweisen. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Verordnung Vorschriften über das Aussehen, den Inhalt und die Handhabung der Kontrollblätter zu erlassen.

...

§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7 267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer

...

3. Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;

...

11. nicht dafür sorgt, dass das gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 erforderliche ordnungsgemäß ausgefüllte Kontrollblatt mitgeführt wird."

2. Der Beschwerdeführer macht unter anderem geltend, die belangte Behörde habe ihn "ohne Vorliegen eines entsprechenden Tatbildes" wegen einer Übertretung nach § 23 Abs 1 Z 3 iVm § 7 Abs 2 GütbefG bestraft.

Schon dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg:

Die belangte Behörde warf dem Beschwerdeführer eine Übertretung von § 23 Abs 1 Z 3 GütbefG vor. Eine solche läge aber nur vor, wenn die strittige Beförderung gemäß § 7 leg cit ohne die hierfür erforderliche Berechtigung durchgeführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht eingehalten worden wären. In diesem Zusammenhang zitiert die belangte Behörde im Spruch ihrer Entscheidung zwar die gesetzlichen Voraussetzungen für eine zulässige Kabotage nach § 7 Abs 1 und 2 GütbefG. Sie lässt im Folgenden aber nicht erkennen, ob und aus welchen Gründen der Beschwerdeführer diese gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt hat.

Derartige Feststellungen erschienen der belangten Behörde offenkundig nicht notwendig, weil der Beschwerdeführer jedenfalls nicht dafür gesorgt habe, dass bei der gegenständlichen Fahrt ein für eine Kabotage erforderliches Kontrollblatt mitgeführt worden sei. Dabei hat die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht übersehen, dass der Vorwurf ausschließlich dieses Fehlverhaltens (bei grundsätzlich berechtigter Kabotage durch einen ausländischen Güterbeförderungsunternehmer) keine Übertretung nach § 23 Abs 1 Z 3 GütbefG, sondern nach § 23 Abs 1 Z 11 GütbefG begründen würde.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die - angesichts verschiedener Strafnormen erforderliche - Präzisierung ihres Tatvorwurfs an den Beschwerdeführer nicht vorgenommen und die für eine Bestrafung nach § 23 Abs 1 Z 3 GütbefG notwendigen Feststellungen nicht getroffen hat, war der angefochtene Bescheid schon deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am