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VwGH vom 26.02.2020, Ra 2020/11/0004

VwGH vom 26.02.2020, Ra 2020/11/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der I B in R (Deutschland), vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zlen. LVwG- 2019/24/1724-1 und LVwG-2019/24/1725-1, betreffend Übertretungen des LSD-BG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Strafausspruches und des Ausspruches über den Beitrag zu den Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden, durch Bestätigung zweier Straferkenntnisse der belangten Behörde jeweils vom , der Revisionswerberin zwei Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt: Sie habe als Verantwortliche gemäß § 9 Abs. 1 VStG der B. GmbH (mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland) zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin einen namentlich genannten Arbeitnehmer am im österreichischen Bundesgebiet beschäftigt habe, ohne (erstens) die gemäß § 19 Abs. 1 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) erforderliche Meldung an die Behörde zu erstatten und ohne (zweitens) die Unterlagen über die Anmeldung dieses Arbeitnehmers zur Sozialversicherung iSd § 21 Abs. 1 Z 1 LSD-BG vor Ort bereit zu halten oder der Behörde zugänglich zu machen.

Über die Revisionswerberin wurden zwei Geldstrafen von jeweils EUR 1.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 34 Stunden verhängt. Weiters wurden ihr Verfahrenskosten vorgeschrieben.

Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. aus vielen die Beschlüsse , und , jeweils mwN).

5 Die Revision richtet sich, wie sich aus dem in ihr bezeichneten Revisionspunkt ("Recht auf gesetzmäßige Strafbemessung") ergibt, nicht gegen den Schuldspruch des angefochtenen Erkenntnisses.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat, was den Strafausspruch und die daran anknüpfenden Verfahrenskosten betrifft, erwogen:

Die Revision ist insoweit zulässig und in weiterer Folge begründet, weil sie vorbringt, das Verwaltungsgericht sei von der hg. Rechtsprechung (Hinweis auf ,0034) abgewichen, weil es der Strafbemessung eine gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe zugrunde gelegt habe. 7 In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses wurde bei der Bemessung der Strafe und bei der Beurteilung, ob gegenständlich § 45 Abs. 1 Z 4 VStG anwendbar sei, ausdrücklich auf die in § 26 Abs. 1 LSD-BG vorgesehene "Mindeststrafe" (EUR 1.00 0,--) abgestellt.

8 Dies ist vor dem Hintergrund des Unionsrechts rechtswidrig (vgl. ,0034, mit Verweis auf das Maksimovic, C-64/18, C- 140/18, C-146/18 und C-148/18, und zur Verletzung der Meldepflicht nach dem LSD-BG auch das Erkenntnis E 2893- 2896/2019).

9 Im Übrigen ist, wie sich gleichfalls aus der zitierten Judikatur ergibt, in Ansehung der beiden vorliegenden Übertretungen die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig.

10 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang seines Strafausspruches und des Ausspruches über den Beitrag zu den Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

11 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110004.L00

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