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VwGH vom 25.02.2010, 2006/18/0104

VwGH vom 25.02.2010, 2006/18/0104

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der E in S, geboren am , vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory Schellhorn OEG, 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom , Zl. Fr-159/6/05, betreffend Ausweisung nach § 54 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin habe am bei der Bundespolizeidirektion Salzburg (Erstbehörde) einen Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 Fremdengesetz 1997" eingebracht. Nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren sei die Beschwerdeführerin mit erstinstanzlichem Bescheid vom gemäß § 34 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 ausgewiesen worden. In ihrer dagegen erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, die Ausweisung wäre nicht rechtmäßig und würde gegen Art. 8 EMRK verstoßen.

Nach Hinweis auf § 125 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 FPG führte die belangte Behörde weiter aus, dass die Beschwerdeführerin seit dem Jahr 2002 durchgehend in Österreich aufhältig sei und ihr auch laufend Aufenthaltserlaubnisse für den Zweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 Fremdengesetz 1997" erteilt worden seien. Das auf Grund des Verlängerungsantrages der Beschwerdeführerin vom durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass diese bei ihrem Freund F. im Stadtgebiet von Salzburg aufrecht gemeldet sei und sich von ihrer Tante, der bis zum die Obsorge für sie übertragen gewesen sei, entfernt habe und zu dieser nicht zurückgekehrt sei. Dem Verlängerungsantrag vom fehlten wichtige Unterlagen, u. a. auch eine Schulbesuchsbestätigung.

Mit Schreiben vom sei die Beschwerdeführerin von der Absicht, gegen sie eine Ausweisung zu erlassen, weil wichtige Unterlagen nicht nachgereicht worden seien und die Obsorge für sie mit Wirkung vom wieder auf ihre in der Türkei lebende Mutter übergangen sei, in Kenntnis gesetzt worden.

Im Hinblick darauf sei auch die von der Tante der Beschwerdeführerin für diese abgegebene Verpflichtungserklärung nicht mehr haltbar, und die Beschwerdeführerin sei daher als mittellos anzusehen.

Dieser Umstand rechtfertige jedenfalls die Annahme im Sinn des § 54 Abs. 1 Z. 1 (offensichtlich gemeint: Z. 2) FPG, dass der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels auf Grund des nicht gesicherten Unterhaltes und des Fehlens einer allfälligen Schulbesuchsbestätigung "allfällige Gründe" entgegenstünden.

(Laut dem erstinstanzlichen Bescheid vom habe die Tante der Beschwerdeführerin angegeben, die Verpflichtungserklärung nicht mehr länger aufrechterhalten zu können, weil sich die Beschwerdeführerin geweigert hätte, zu ihr zurückzukehren. Auf Grund der Tatsache, dass diese noch minderjährig sei, machte sich die ganze Familie, vor allem deren Mutter in der Türkei, große Sorgen. Mit Schreiben vom habe die Tante der Beschwerdeführerin der Erstbehörde mitgeteilt, dass die leibliche Mutter die Obsorge mit wieder zurückbekommen hätte. Bis dahin hätte die Beschwerdeführerin zu ihrer Tante zurückkehren müssen, was sie jedoch nicht gemacht hätte.)

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin entgegen der diesbezüglichen Aufforderung vom zu ihrem Verlängerungsantrag wichtige Unterlagen, wie u.a. eine Schulbesuchsbestätigung, nicht vorgelegt habe und im Hinblick darauf, dass die von ihrer Tante für sie abgegebene Verpflichtungserklärung nicht mehr haltbar sei, als mittellos anzusehen sei. Die - unbekämpfte - Annahme der belangten Behörde, dass der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels auf Grund des nicht gesicherten Unterhalts und des Fehlens einer Schulbesuchsbestätigung Versagungsgründe entgegenstünden, sodass die Voraussetzungen für die Erlassung der Ausweisung erfüllt seien, begegnet daher im Ergebnis keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK und bringt vor, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Freund in Salzburg zusammenlebe, welcher mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft besitze und die Absicht habe, die Beschwerdeführerin zu heiraten. Sie habe bis September 2002 in der Türkei gelebt, und es sei nach der Scheidung ihrer Eltern das Sorgerecht für sie bei ihrer Mutter geblieben. Diese habe sie gegen ihren Willen im September 2002 zu ihrer Schwester (der Tante der Beschwerdeführerin) nach Österreich geschickt. In der Folge habe sie bis zum Ende des Schuljahres 2004/2005 die Hauptschule besucht. Ihre Tante habe die Unterschrift zur Anmeldung für den Besuch einer berufsbildenden höheren Schule verweigert, weshalb sie keine Möglichkeit gehabt habe, den Schulbesuch fortzusetzen. Das enge Zusammenleben mit ihrem Freund F. habe schließlich dazu geführt, dass die Beschwerdeführerin nunmehr schwanger geworden sei, wobei der Geburtstermin für den errechnet worden sei.

Die belangte Behörde hätte zu dem Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Freund in Salzburg zusammenlebe, welcher mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft besitze und die Absicht habe, diesen zu heiraten, ein Ermittlungsverfahren und auch eine mündliche Verhandlung durchführen müssen.

Da das gesamte maßgebliche Privatleben der Beschwerdeführerin nunmehr auf Österreich konzentriert sei und keine relevanten familiären, sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen Lebensbeziehungen zur Türkei mehr bestünden, sei bei der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein großzügiger Maßstab anzulegen. Besonders wichtig seien der Schulbesuch der Beschwerdeführerin in Österreich, die erworbene Integration, die erlernten deutschen Sprachkenntnisse, die Freundschaft zu einem österreichischen Staatsbürger und die kommende Mutterschaft, wobei sie mit dem Vater des erwarteten Kindes zusammenlebe.

Mit Schriftsatz vom ergänzte die Beschwerdeführerin das Beschwerdevorbringen dahin, dass sie am mit F. vor dem Standesamt Salzburg die Ehe geschlossen habe und aus dieser Ehe die gemeinsame Tochter A., geboren am , stamme.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetretenen Tatsachen sind bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, der nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage bei dessen Erlassung zu überprüfen ist (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG), nicht zu berücksichtigen. Die weiteren in der Beschwerde aufgestellten Behauptungen, dass die Beschwerdeführerin wegen Verweigerung der Unterschrift zur Anmeldung für eine berufsbildende höhere Schule durch ihre Tante ihren Schulbesuch nicht habe fortsetzen können und auf Grund ihres Zusammenlebens mit ihrem Freund schwanger geworden sei, wobei der Geburtstermin für den errechnet worden sei, wurden im Berufungsverfahren noch nicht aufgestellt, sodass das diesbezügliche Beschwerdevorbringen gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot verstößt und nicht weiter zu berücksichtigen ist.

In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat die (damals minderjährige) Beschwerdeführerin lediglich vorgebracht, dass sie mit ihrem Freund, der inzwischen die österreichische Staatsbürgerschaft habe, zusammenlebe und sie heiraten würden, weshalb ihre Ausweisung gegen Art. 8 EMRK verstoße. Soweit dieses Vorbringen in der Beschwerde wiederholt wird, zeigt diese keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides unter dem Blickwinkel des Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. des § 66 Abs. 1 und 2 FPG auf.

Entgegen der Beschwerdeansicht war die belangte Behörde auch nicht gehalten, eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0470, mwN).

3. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

4. Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der beantragten Verhandlung Abstand genommen werden.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-86754