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VwGH vom 23.09.2009, 2009/03/0091

VwGH vom 23.09.2009, 2009/03/0091

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des MG in M, vertreten durch Gradischnig & Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom , Zl. 2 Wa-15-1-09, betreffend Aufhebung eines Waffenverbots und Wiederausstellung waffenrechtlicher Urkunden, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde über den Beschwerdeführer ein Waffenverbot gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) verhängt. Die Behörde berücksichtigte bei Erlassung dieses Bescheides unter anderem Handlungen des Beschwerdeführers, die zu strafgerichtlichen Verurteilungen aus dem Jahr 1992 wegen Amtsanmaßung gemäß § 314 (zweiter Deliktsfall) StGB, aus dem Jahr 1997 wegen Verleumdung gemäß § 297 Abs 1 (1. Fall) StGB, aus dem Jahr 2002 wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 88 Abs 1 und 4 StGB, aus dem Jahr 2004 wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt gemäß Art 336 Abs 1 des italienischen Strafgesetzbuchs (durch das Landesgericht Bozen) und aus dem Jahr 2005 wegen Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 iVm § 107 Abs 1 StGB geführt hatten.

Am stellte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Hermagor einen Antrag auf Aufhebung des Waffenverbotes; am beantragte er die "Wiederausstellung" einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenpasses.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hermagor vom wurden die Anträge des Beschwerdeführer abgewiesen. Die erstinstanzliche Behörde begründete den Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Zeitraum seit der "Anlasstat" bis zur Antragstellung von "etwas mehr als 3 Jahren" zu kurz sei. Weiters sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer anlässlich eines Vorfalls am während einer Veranstaltung durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe, indem er im alkoholisierten Zustand anwesende Gäste mit den Worten "Arschlöcher und Bullen" beschimpft und mit der Faust auf den Tisch geschlagen habe, sodass mehrere Gläser umfielen. Der Beschwerdeführer habe im alkoholisierten Zustand zwei Polizeibeamte auf das Gröblichste beschimpft und diese als "Arschlöcher" bezeichnet; außerdem habe er einem Polizeibeamten gegenüber Vorwürfe gemacht, dass er als Kontrollorgan bei LKW-Kontrollen durch diese Kontrolltätigkeit die Wirtschaft kaputt machen würde; er habe dabei die Hand zur Faust geballt und dem Polizeibeamten mit den Worten "Wenn du die heimische Wirtschaft nicht in Ruhe lässt, passiert was!" bedroht. Er habe sich schließlich vor den Polizeibeamten gestellt, die rechte Hand bzw den Zeigefinger wie eine "Pistole" an dessen Kopf gehalten und gesagt: "Du hast nur Glück, dass ich deinen Vater kenne, ansonsten würde was passieren, du Arschloch!" Wegen dieses Verhaltens sei über den Beschwerdeführer wegen Störung der öffentlichen Ordnung rechtskräftig eine Geldstrafe von EUR 150,-- verhängt worden.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, der Bescheid sei auf Grund der Mitwirkung eines nach § 7 Abs 1 Z 4 AVG befangenen Organwalters rechtswidrig. Das Verwaltungsorgan, das den angefochtenen Bescheid genehmigt habe, habe der erstinstanzlichen Behörde Weisungen erteilt und damit an der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides mitgewirkt.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Befangenheitsgrund des § 7 Abs 1 Z 4 AVG (bis zur Novelle BGBl I 2008/5 § 7 Abs 1 Z 5 AVG) nur dann vorliegt, wenn das im Berufungsverfahren handelnde Organ in unterer Instanz an der Erlassung des Bescheides mitgewirkt hat, das heißt, wenn der Bescheid ganz oder teilweise auf einem Willensakt des betreffenden Organes basiert - was nicht der Fall ist, wenn das Organ bloß durch Handhabung des Weisungsrechtes auf den Inhalt der Entscheidung Einfluss genommen hat (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 90/19/0170, Slg Nr 13.279/A). Zudem käme einer Befangenheit nur dann Bedeutung zu, wenn sich infolge der Befangenheit Bedenken gegen die sachliche Richtigkeit des Bescheides ergeben (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 87/07/0137). Dies ist im Beschwerdefall aus den im Folgenden dargelegten Gründen nicht der Fall.

2. Gemäß § 12 Abs 7 WaffG ist ein Waffenverbot von der Behörde, die dieses Verbot in erster Instanz erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

§ 12 Abs 7 WaffG verpflichtet die Behörde bei Vorliegen eines entsprechenden Antrages, unter Berücksichtigung der für die Erlassung des Waffenverbotes maßgebenden Gründe, des Verhaltens des Beschwerdeführers seit seiner Anlasstat und der Länge des zwischenzeitig verstrichenen Zeitraumes zu prüfen, ob die qualifizierte Gefährdungsprognose gemäß § 12 Abs 1 WaffG im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch aufrecht ist. Bei der Beurteilung des Weiterbestehens der Gefährdungsprognose hat die Behörde vor allem das Verhalten des Beschwerdeführers seit seiner Anlasstat zu berücksichtigen und allfällige in diesem Zeitraum liegende, für die weiter andauernde Aktualität der Prognose relevante Umstände festzustellen. Bei Fehlen derartiger Umstände, also bei einem "Wohlverhalten" des Beschwerdeführers, in dem zwischen der Anlasstat und dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegenden Zeitraum muss dieser "Beobachtungszeitraum" ausreichend lang sein, um vom Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes ausgehen zu können. Im Hinblick auf den dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist auch hier ein strenger Maßstab anzulegen. Bei der Wahl des Beobachtungszeitraums sind stets die Umstände des Einzelfalles zu prüfen, wozu auch die Bedachtnahme auf Art und zeitliches Ausmaß der Anlasstat gehört (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0046).

3. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde Ermessensmissbrauch vor, weil er "drei Vorverurteilungen" aufweise und die letzte Verurteilung aus Juni 2005 stamme. Seither habe er "keine strafrechtliche Verurteilung mehr erlitten." Die Gründe für die Erlassung des Waffenverbotes seien daher weggefallen. Die Verlässlichkeit sei trotz einer nicht getilgten Verurteilung im Sinne des § 8 Abs 4 WaffG gegeben, wenn das Gericht einen "Strafaufschub" bedingt ausspreche und kein Widerruf der bedingten Strafnachsicht erfolge.

Diese Ausführungen vermögen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Gefährdungsprognose, welche zur Verhängung des Waffenverbots führte, (unter anderem) Handlungen des Beschwerdeführers zu Grunde lagen, die fünf strafgerichtliche Verurteilungen zur Folge hatten. Die letzte Tathandlung, die zu einer gerichtlichen Verurteilung führte, wurde im Jänner 2005 begangen. Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde einräumt, ist (zumindest) eine Verurteilung noch nicht getilgt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Aufhebung eines Waffenverbotes nicht unmittelbar von der Tilgung von Straftaten ab; der Umstand, ob Straftaten bereits getilgt sind, ist jedoch mit ein Anhaltspunkt für die Entscheidung über die Aufhebung eines Waffenverbotes (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 90/01/0044).

Im Hinblick auf die Mehrzahl der Tathandlungen, die zu strafgerichtlichen Verurteilungen führten, und die noch nicht erfolgte Tilgung könnte auch im Falle eines Wohlverhaltens des Beschwerdeführers im Beschwerdefall im Hinblick auf den Zeitraum zwischen Tatbegehung und Erlassung des angefochtenen Bescheides von weniger als viereinhalb Jahren noch nicht von einem ausreichend langen "Beobachtungszeitraum" gesprochen werden, um vom Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes ausgehen zu können.

Hinzu kommt, dass von einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers im "Beobachtungszeitraum" im Hinblick auf die im erstinstanzlichen Bescheid festgestellten, dort näher geschilderten Handlungen, die zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Störung der öffentlichen Ordnung führten, keine Rede sein kann. Entgegen der offenbar vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung kann nämlich von einem Wohlverhalten, das zum Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes führt, nicht schon dann gesprochen werden, wenn im Beobachtungszeitraum keine strafgerichtliche Verurteilung vorliegt.

4. Im Hinblick darauf, dass gemäß § 12 Abs 2 Z 2 WaffG die Ausstellung waffenrechtlicher Urkunden an Menschen, gegen die ein Waffenverbot verhängt wurde, nicht in Betracht kommt, erweist sich auch die Abweisung des Antrags auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenpasses als rechtmäßig; die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Frage der Verlässlichkeit - die nur für die beantragte Ausstellung der waffenrechtlichten Urkunden relevant wäre - gehen daher schon aus diesem Grund ins Leere.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am