VwGH vom 17.03.2011, 2009/03/0090
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2009/03/0088 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der H K in G, vertreten durch Doschek Rechtsanwalts GmbH in 1030 Wien, Reisnerstraße 29/7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom , Zl BMVIT- 265.265/0012-IV/SCH2/2008, betreffend Parteistellung in einer Angelegenheit nach dem Eisenbahngesetz 1957 (EisbG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf die hg Erkenntnisse vom heutigen Tag, Zlen 2008/03/0004, und 2009/03/0076, verwiesen.
Mit dem vorliegend angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Einräumung der Parteistellung in dem beim Landeshauptmann von Niederösterreich anhängigen eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren betreffend die Errichtung von Lichtzeichenanlagen bei den Eisenbahnkreuzungen in km 17,344, km 17,510 und km 17,680 der Bahnstrecke W - B gemäß § 31e EisbG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Aktiengesellschaft der Wbahnen (iF: W) habe mit Eingabe vom um Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungen gemäß §§ 31 ff EisbG für die Errichtung der Eisenbahnkreuzungssicherungsanlagen in km 17,344 (Rgasse), in km 17,510 (Lgasse) und in km 17,680 (Sgasse) der Bahnstrecke W - B angesucht. Daraufhin habe der Landeshauptmann von Niederösterreich eine mündliche Verhandlung für den anberaumt; im Zuge der mündlichen Verhandlung habe die Beschwerdeführerin den Antrag auf Anerkennung als Partei in diesem eisenbahnrechtlichen Bauverfahren gestellt, da sie Eigentümerin einer Liegenschaft im Verbotsbereich des gegenständlichen Bauvorhabens sei. Im erstinstanzlichen Bescheid sei dieser Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen worden, dass die Liegenschaft der Beschwerdeführerin im Hinblick auf das gegenständliche Bauvorhaben außerhalb des Bauverbotsbereichs zu liegen komme. In der dagegen erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vorgebracht, dass entgegen der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde ihre Liegenschaft in den Bauverbotsbereich auf der Fgasse zu liegen komme und durch die geplante Errichtung der Lichtzeichenanlagen auf den drei Kreuzungen mit der Fgasse die Sicherheit für den Betrieb eines Güterverkehrs auf der Fgasse nicht gewährleistet sei. Als Anrainerin mit einer Hauseinfahrt zur Fgasse hin habe sie ein subjektives Recht auf Einhaltung der Sicherheitsvorschriften des EisbG.
Die belangte Behörde legte weiter dar, dass sich der Antrag der W auf Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungen gemäß § 31 ff EisbG ausschließlich auf die Errichtung näher genannter Eisenbahnkreuzungssicherungsanlagen bezogen habe, wobei sich alle drei Bauvorhaben in einer Entfernung von mehr als 12 m von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin befänden. Gegenstand des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens sei nur das eingereichte Bauvorhaben in Gestalt des konkret vom Antragsteller gewählten Projekts. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erfasse der Bauverbotsbereich daher nicht alle entlang der Bahnstrecke W - B gelegenen Liegenschaften, sondern nur den Bereich der in G neu zu errichtenden Lichtzeichenanlagen. Bezogen auf das konkrete Bauvorhaben befände sich die Liegenschaft der Beschwerdeführerin jedenfalls außerhalb des Bauverbotsbereichs nach § 42 Abs 1 EisbG.
Auch wenn also der Eigentümer einer sich im Bauverbotsbereich befindlichen Liegenschaft Parteistellung unabhängig davon habe, ob die Liegenschaft durch das Eisenbahnprojekt Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen ist, komme diese Bestimmung wegen Nichterfüllung der durch § 42 Abs 1 EisbG geforderten räumlichen Nahebeziehung (bis zu 12 m von der Mitte des äußersten Gleises) nicht zum Tragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Der verfahrenseinleitende Antrag der W wurde nach Kundmachung der Novelle BGBl I Nr 125/2006 eingebracht (am ); vor dem Hintergrund der Übergangsbestimmungen des § 133a EisbG war das Verwaltungsverfahren daher nach den neuen, durch die genannte Novelle geänderten Bestimmungen durchzuführen.
Gemäß § 31 EisbG ist für den Bau oder die Veränderung von Eisenbahnanlagen und nicht ortsfesten eisenbahnsicherungstechnischen Einrichtungen die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erforderlich.
Gemäß § 31a Abs 1 EisbG ist die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung bei der Behörde zu beantragen. Dem Antrag ist (ua) ein Bauentwurf beizugeben.
Gemäß § 31b Abs 1 EisbG müssen aus dem Bauentwurf (ua) die Lage der Eisenbahnanlagen und der in der Nähe der Eisenbahntrasse gelegenen Bauten, Verkehrsanlagen, Wasserläufe und Leitungsanlagen (Z1) sowie die in § 31e genannten betroffenen Liegenschaften sowie die Eigentümer dieser Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten (Z 4) ersichtlich sein.
Gemäß § 31c EisbG ist der Bauentwurf vor einer mündlichen Verhandlung durch zumindest zwei Wochen und höchstens sechs Wochen in den Gemeinden, deren örtlicher Wirkungsbereich durch das Bauvorhaben berührt wird, zur allgemeinen Einsicht aufzulegen, wobei die Behörde aus dringenden öffentlichen Interessen die Auflagefrist bis auf fünf Tage abkürzen kann.
Gemäß § 31d EisbG ist dann, wenn durch das Bauvorhaben vom Bund, von den Ländern oder von den Gemeinden wahrzunehmende Interessen berührt werden, den zuständigen Dienststellen Gelegenheit zu geben, zum Bauvorhaben Stellung zu nehmen.
Gemäß § 31e EisbG sind Parteien im Sinne des § 8 AVG der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten. Betroffene Liegenschaften sind außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in den Bauverbotsbereich oder in den Feuerbereich zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen.
§ 42 und § 43 EisbG lauten - auszugsweise - wie folgt:
"1. Hauptstück
Anrainerbestimmungen
Bauverbotsbereich
§ 42 . (1) Bei Hauptbahnen, Nebenbahnen und nicht-öffentlichen Eisenbahnen ist die Errichtung bahnfremder Anlagen jeder Art in einer Entfernung bis zu zwölf Meter von der Mitte des äußersten Gleises, bei Bahnhöfen innerhalb der Bahnhofsgrenze und bis zu zwölf Meter von dieser, verboten (Bauverbotsbereich).
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten auch für Straßenbahnen auf eigenem Bahnkörper in unverbautem Gebiet.
(3) Die Behörde kann Ausnahmen von den Bestimmungen der Abs 1 und 2 erteilen, soweit dies mit den öffentlichen Verkehrsinteressen zu vereinbaren ist. Eine solche Bewilligung ist nicht erforderlich, wenn es über die Errichtung der bahnfremden Anlagen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Anrainer zu einer Einigung gekommen ist.
Gefährdungsbereich
§ 43. (1) In der Umgebung von Eisenbahnanlagen (Gefährdungsbereich) ist die Errichtung von Anlagen oder die Vornahme sonstiger Handlungen verboten, durch die der Bestand der Eisenbahn oder ihr Zugehör oder die regelmäßige und sichere Führung des Betriebes der Eisenbahn und des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn sowie des Verkehrs auf der Eisenbahn, insbesondere die freie Sicht auf Signale oder auf schienengleiche Eisenbahnübergänge, gefährdet wird."
2. Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin einer an der Fgasse liegenden Liegenschaft ist, die weniger als 12 m von der Mitte des äußersten Gleises der in der Fgasse verlaufenden Bahn entfernt ist, dass aber die drei Kreuzungen, an denen die in Rede stehenden Baumaßnahmen (Errichtung von Eisenbahnkreuzungssicherungsanlagen in km 17,344, km 17,510 und km 17,680) entsprechend dem Antrag der
W erfolgen sollen, weiter als 12 m von der Liegenschaftsgrenze der Beschwerdeführerin entfernt sind.
Während die belangte Behörde daraus ableitet, dass eine Parteistellung der Beschwerdeführerin deshalb gemäß § 31e in Verbindung mit § 42 Abs 1 EisbG nicht bestehe, ist die Beschwerdeführerin der gegenteiligen Auffassung.
3. Die Formulierung in § 31e EisbG (idF seit der Novelle BGBl I Nr 125/2006), die insoweit der Stammfassung nach § 34 Abs 4 EisbG wortgleich entspricht, wonach Parteien (ua) nicht nur jene Personen sind, deren Liegenschaften durch den Bau selbst in Anspruch genommen werden, sondern auch solche, deren Liegenschaften in den Bauverbotsbereich zu liegen kommen, nimmt jeweils auf konkrete Bauvorhaben Bezug ("durch den Bau selbst in Anspruch genommen" - "in den Bauverbotsbereich … zu liegen kommen"). Es wird also - auch durch die Bezugnahme auf den Bauverbotsbereich nach § 42 Abs 1 EisbG - eine räumliche Nahebeziehung zwischen der Liegenschaft der potentiellen Partei und dem konkreten Bauvorhaben verlangt.
Wollte man - der Auffassung der Beschwerdeführerin folgend - es für die Zuerkennung der auf den Bauverbotsbereich bezogenen Parteistellung genügen lassen, dass sich die fragliche Liegenschaft - unabhängig vom konkreten Bauvorhaben - bloß innerhalb des Bereiches von 12 m von den (durch das Bauvorhaben unverändert bleibenden) Gleisen befindet, würde dies zu einer Ausweitung der Parteistellung auch auf solche Personenkreise führen, deren Liegenschaften jegliche räumliche Nähe zum Bauvorhaben selbst fehlt und deren Interessen durch allfällige Auswirkungen des Bauvorhabens nicht betroffen sind. Ein solches Ergebnis kann dem Gesetzgeber - auch im Hinblick auf § 31d EisbG, wonach den Gebietskörperschaften, deren Interessen durch das Bauvorhaben berührt werden, zwar Gelegenheit zu geben ist, Stellung zu nehmen, diesen aber keine Parteistellung eingeräumt wird - nicht zugesonnen werden.
Für die Parteistellung nach § 31e iVm § 42 Abs 1 EisbG ist demnach erforderlich, dass sich die betreffende Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 12 m vom konkreten Bauvorhaben befindet.
Aus dem Gesagten folgt, dass der Beschwerdeführerin in dem in Rede stehenden Verfahren Parteistellung im Grunde des § 31e iVm § 42 Abs 1 EisbG nicht zukam (dass ihre Liegenschaft vom Bau selbst in Anspruch genommen würde, in den Feuerbereich zu liegen komme oder wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müsste, wird von ihr gar nicht vorgebracht und ist auch aus den Verwaltungsakten nicht zu erkennen), unabhängig davon, ob die betreffende Eisenbahn überhaupt als Nebenbahn im Sinne des § 42 Abs 1 EisbG zu qualifizieren ist (vgl diesbezüglich das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0151).
Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
Fundstelle(n):
FAAAE-86722