VwGH vom 16.11.2011, 2011/08/0332
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des GF inK, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK-425830/0001-II/A/3/2010, betreffend Festsetzung einer vorläufigen Beitragsgrundlage nach den §§ 33a und 33b BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten, im Instanzenzug in Verbindung mit einem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers ergangenen angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass sein Antrag auf Festsetzung einer vorläufigen Beitragsgrundlage gemäß §§ 33a und 33b BSVG für das Kalenderjahr 2009 abgewiesen wurde.
Die belangte Behörde stellt fest, der Beschwerdeführer sei Rechtsanwalt und bewirtschafte seit dem einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf alleinige Rechnung und Gefahr. Der Einheitswert der Liegenschaften übersteige jenen Betrag, ab welchem die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem BSVG eintrete. Er sei daher in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem BSVG pflichtversichert. Auf Grund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt bestehe für ihn zudem die verpflichtende Mitgliedschaft in der Wohlfahrtseinrichtung der Rechtsanwaltskammer, welche die Pensionsvorsorge für Rechtsanwälte darstelle. Um seiner Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nachzukommen, sei er der privaten Gruppenkrankenversicherung der Rechtsanwälte beigetreten.
Der Beschwerdeführer habe im Hinblick auf seine monatlichen Beitragsleistungen an die private Gruppenkrankenversicherung und an die Pensionsvorsorge der Rechtsanwälte die Differenzvorschreibung nach den §§ 33a und 33b BSVG beantragt und mache geltend, dass die Vorsorgeeinrichtungen der Stmk. Rechtsanwaltskammer dem Vorsorgesystem der Kranken- und Pensionsversicherung des GSVG gleichzuhalten und folglich verfassungskonform analog die §§ 33a und 33b BSVG anzuwenden seien. Dieser Ansicht werde nicht beigepflichtet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe in Anbetracht seiner Mehrfachversicherung eine Begrenzung der Beitragsleistung mit der Höchstbeitragsgrundlage angestrebt. Nach § 5 GSVG habe der Gesetzgeber der Berufsgruppe der Rechtsanwälte das Recht eingeräumt, aus dem System der gesetzlichen Sozialversicherung hinaus zu optieren unter der Voraussetzung, dass die an sich im GSVG pflichtversicherten Selbständigen Anspruch auf Leistungen erhielten, die den Leistungen nach dem GSVG gleichartig oder zumindest gleichwertig seien. Von diesem Optionsrecht habe die Stmk. Rechtsanwaltskammer, der der Beschwerdeführer angehöre, Gebrauch gemacht. Auf Grund seiner Kammerzugehörigkeit sei er davon mitumfasst. Die ihn treffende Pflichtversicherung auf Grund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt erfolge auf der Grundlage der Regelungen des GSVG, woraus sich schon die unmittelbare Anwendungsmöglichkeit der §§ 33a und 33b BSVG ergebe. § 33a BSVG stelle auf die Pflichtversicherung u.a. nach dem GSVG ab, § 33b BSVG stelle überhaupt generell auf eine Pflichtversicherung nach "einem Bundesgesetz" ab. Abgesehen von der unmittelbaren Bezugnahme auf das GSVG könne kein Zweifel daran bestehen, dass die ihn treffende Pflichtversicherung als Rechtsanwalt auf bundesgesetzlichen Vorschriften beruhe. Würde man in der Gruppenkrankenversicherung der Stmk. Rechtsanwaltskammer keine adäquate Vorsorgeeinrichtung iSd § 5 GSVG erblicken, so würde es im gegenständlichen Fall zu einer besonderen Art der Mehrfachversicherung kommen mit einer sachlich nicht zu rechtfertigenden gravierenden Schlechterstellung im Hinblick auf andere Vergleichsgruppen im ASVG, GSVG oder B-KUVG. Eine derartige Ungleichbehandlung könne dem Gesetz nicht unterstellt werden. Wie auch anderen Mehrfachversicherten auf Grund bundesgesetzlicher Vorschriften müsse auch dem Beschwerdeführer die Begrenzung seiner Beitragsleistungen zustehen. Im Übrigen habe er niemals eingeräumt, dass eine direkte Anwendung der §§ 33a und 33 b BSVG nicht möglich sei.
§ 5 GSVG lautet samt Überschrift:
"Ausnahmen von der Pflichtversicherung für einzelne
Berufsgruppen
§ 5. (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung oder in der Kranken- oder Pensionsversicherung sind Personen ausgenommen, wenn diese Personen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) und auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach diesem Bundesgesetz gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind, und zwar
1. für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung oder
2. für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesgesetz
und die für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommende gesetzliche berufliche Vertretung (falls die gesetzliche berufliche Vertretung auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtet ist, diese Vertretung) die Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragt. Hinsichtlich der Pensionsversicherung gilt dies nur dann, wenn die Berufsgruppe am nicht in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen war. Die Feststellung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit obliegt dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.
(2) Der Antrag im Sinne des Abs. 1 ist bis zum zu stellen. Verordnungen auf Grund dieses Antrages können rückwirkend mit erlassen werden.
(3) Die Gleichwertigkeit im Sinne des Abs. 1 Z 1 ist jedenfalls dann als gegeben anzunehmen, wenn die Leistungsansprüche (Anwartschaften) auf einer bundesgesetzlichen oder einer der bundesgesetzlichen Regelung gleichartigen landesgesetzlichen Regelung über die kranken- oder pensionsrechtliche Versorgung beruhen.
(4) Die Sozialversicherungsträger haben auf Ersuchen jener gesetzlichen beruflichen Vertretungen (Kammern), deren Mitglieder nach den Abs. 1 bis 3 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz ausgenommen sind, Auskünfte auf automationsunterstütztem Weg über den Hauptverband (§ 183) darüber zu erteilen, ob und bei welchem Versicherungsträger nach Abs. 1 Z 2 ein Kammermitglied in der Krankenversicherung nach § 14b pflichtversichert bzw. nach § l4a oder nach dem ASVG verpflichtend selbstversichert ist. Kosten, die dem Hauptverband dadurch erwachsen, sind diesem von der ersuchenden Stelle zur Gänze zu erstatten."
§ 33a Abs. 1 und § 33b Abs. 1 BSVG lauten samt Überschrift:
"Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge zur Pensionsversicherung bei Ausübung mehrerer versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeiten
§ 33a. (1) Übt ein nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Pensionsversicherung Pflichtversicherter auch eine Erwerbstätigkeit aus, die die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und (oder) nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz begründet, und macht der Versicherte glaubhaft, daß die Summe aus den Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz einschließlich der Sonderzahlungen und (oder) den Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz und nach diesem Bundesgesetz die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen gemäß § 23 Abs. 9 lit. a für im Kalenderjahr liegende Beitragsmonate der Pflichtversicherung, wobei sich deckende Beitragsmonate nur einmal zu zählen sind, überschreiten wird, so ist die Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz für die Monate eines gleichzeitigen Bestandes der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und (oder) nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz und nach diesem Bundesgesetz in einer Höhe festzusetzen, die voraussichtlich nicht zu einer solchen Überschreitung führt.
(...)
Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge zur Krankenversicherung bei Ausübung mehrerer versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeiten
§ 33b. (1) Übt ein nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Krankenversicherung Pflichtversicherter auch eine oder mehrere Erwerbstätigkeiten aus, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach einem anderen Bundesgesetz begründen, und macht der Versicherte glaubhaft, daß die Summe aus den monatlichen Beitragsgrundlagen in der Krankenversicherung (einschließlich der Sonderzahlungen) in den Pflichtversicherungen in der Krankenversicherung nach diesem und den anderen Bundesgesetzen die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen gemäß § 48 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes für die im Kalenderjahr liegenden Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung, wobei sich deckende Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nur einmal zu zählen sind, überschreiten wird, so ist die Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für die Monate eines gleichzeitigen Bestandes der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz und anderen Bundesgesetzen vorläufig in einer Höhe festzusetzen, die voraussichtlich nicht zu einer solchen Überschreitung führt (vorläufige Differenzbeitragsgrundlage). Können die vorgenannten Voraussetzungen erst nach Ablauf des Beitragsjahres festgestellt werden, so ist eine vorläufige Festsetzung der Beitragsgrundlage so lange zulässig, als die Summe der monatlichen Beitragsgrundlagen für dieses Kalenderjahr noch nicht endgültig festgestellt werden kann. § 33c Abs. 2 ist anzuwenden.
(...)"
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GSVG von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG ausgenommen zu sein und auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (der Stmk. Rechtsanwaltskammer) und auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG für die Kranken- und Pensionsversicherung Anspruch auf Leistungen gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung zu haben. Darüber hinaus ist er pflichtversichert nach dem BSVG (zur Zulässigkeit der Mehrfachversicherung vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/08/0069, mwN, vom , Zl. 2003/08/0085, mwN, und vom , Zl. 2002/08/0191).
Die Festsetzung einer vorläufigen Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung bzw. in der Krankenversicherung nach dem BSVG hat zur Voraussetzung, dass der nach dem BSVG Pflichtversicherte auch eine Erwerbstätigkeit ausübt, die die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG und (oder) nach dem GSVG (§ 33a Abs. 1 BSVG) bzw. die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach einem "anderen Bundesgesetz" begründen (§ 33b Abs. 1 BSVG). Der Anspruch des Beschwerdeführers auf Leistungen gegenüber Einrichtungen der Stmk. Rechtsanwaltskammer erfüllt keine dieser Voraussetzungen, weil es sich hiebei um Vorsorgen mit privatrechtlicher Anspruchsgrundlage handelt. Der Beschwerdeführer wird damit nicht anders behandelt als andere Versicherte, die freiberuflich tätig sind und deren gesetzliche berufliche Vertretung von der Möglichkeit des Hinausoptierens aus der gesetzlichen Pensionsversicherung gemäß § 5 GSVG Gebrauch gemacht hat. Mit Personen, die in der gesetzlichen Pflichtversicherung mehrfach versichert sind, ist der Beschwerdeführer nicht vergleichbar.
Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, jedes Erwerbseinkommen gesondert bis zur Höchstbeitragsgrundlage der Beitragsberechnung zu Grunde zu legen (vgl. VfSlg 17260/2004). Es gibt aber auch kein Verfassungsgebot, im Fall einer Mehrfachversicherung auf Grund mehrerer Beschäftigungen die Beiträge wechselseitig anzurechnen (VfSlg. 17260/2004, Punkt III.3.3.3.).
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am