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VwGH vom 20.06.2012, 2009/03/0055

VwGH vom 20.06.2012, 2009/03/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der mobilkom austria AG, nunmehr A1 Telekom Austria AG, in Wien, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom , Zl Z 12/06-151, betreffend Zusammenschaltungsanordnung nach dem TKG 2003 (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß §§ 48 Abs 1 und 50 Abs 1 iVm §§ 117 Z 7 und 121 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) eine Anordnung für die Zusammenschaltung des öffentlichen Kommunikationsnetzes der Multikom Austria Telekom GmbH (im Folgenden: Multikom) mit dem öffentlichen Kommunikationsnetz der beschwerdeführenden Partei getroffen und darin vor allem die Höhe der Mobilterminierungsentgelte für die Terminierung vom Netz der Multikom in das Mobilnetz der beschwerdeführenden Partei festgelegt.

Die belangte Behörde ordnete dazu eine Neufassung des Anhangs 3 des Zusammenschaltungsvertrages zwischen der beschwerdeführenden Partei und der Multikom vom an. Das Verkehrsentgelt pro Minute für die Terminierung vom Netz der Multikom in das Mobilnetz der beschwerdeführenden Partei betrage vom bis zum 9,34 Cent, vom bis zum 8,34 Cent, vom bis zum 7,13 Cent, vom bis zum 5,91 Cent, vom bis zum 5,72 Cent und ab dem 4,5 Cent.

Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid zu den wettbewerblichen Verhältnissen auf dem Markt für Terminierung in das öffentliche Mobiltelefonnetz der beschwerdeführenden Partei - bei dem es sich um einen in § 1 Z 9 Telekommunikationsmärkteverordnung 2008 (TKMV 2008, BGBl II Nr 505/2008) definierten Markt, der für eine sektorspezifische Regulierung relevant ist, handle - unter anderem fest, dass auf diesem Markt im verfahrensgegenständlichen Zeitraum aus wirtschaftlicher Sicht kein (selbsttragender) Wettbewerb herrsche. Für den Fall der "Abwesenheit von Regulierung" seien vier Wettbewerbsprobleme in Zusammenhang mit der Mobilterminierungsleistung in das Netz der beschwerdeführenden Partei zu erwarten, nämlich (zusammengefasst) allokative Marktverzerrungen auf Grund zu hoher Terminierungsentgelte für Anrufe vom Fest- ins Mobilnetz, allokative Marktverzerrungen auf Grund zu hoher Terminierungsentgelte für Anrufe zwischen Mobilnetzen und verzerrte Preisstrukturen, Foreclosure-Strategien gegenüber kleinen Mobilfunkbetreibern (insbesondere Marktneueinsteigern), sowie schließlich Wettbewerbsverzerrungen zu Gunsten von Mobilbetreibern und zum Nachteil von Festnetzbetreibern, wo sich Geschäftsfelder überschneiden (Fest-Mobil-Konvergenz, Erhöhung der Substitution zwischen Fest- und Mobilnetzen). Die allokativen Wettbewerbsverzerrungen auf Grund zu hoher Terminierungsentgelte für Anrufe vom Fest- in das Mobilnetz stellten das wesentlichste Wettbewerbsproblem dar.

Der aus ökonomischer Sicht grundsätzlich richtige Maßstab für Mobil-Terminierungsentgelte seien die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung auf Basis der tatsächlich gegebenen Kosten und Verkehrsmengen jenes Betreibers mit den niedrigsten Kosten. Eine Festlegung der Mobil-Terminierungsentgelte habe nur mehr (allenfalls) für einen kurzen Zeitraum eine allokative (steuernde) Wirkung, da die in Anspruch genommenen Mobil-Terminierungsleistungen (überwiegend) bereits in der Vergangenheit lägen und die Nachfrage dadurch nicht mehr beeinflusst werden könne.

Zu den Kosten der Terminierung in das öffentliche Mobiltelefonnetz der beschwerdeführenden Partei stellte die belangte Behörde fest, dass die technischen Netzkosten der Leistung der Terminierung in das öffentlichen Mobiltelefonnetz der beschwerdeführenden Partei ("K1") im Jahr 2005 0,0667 EUR pro Minute, im Jahr 2006 0,0569 EUR/Min, im Jahr 2007 0,0440 EUR/Min, im Jahr 2008 0,0340 EUR/Min und im Jahr 2009 0,0308 EUR/Min betragen hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen jenem, der dem hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0059, zugrunde lag.

2. Auch die hier beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die Anordnung von ihrer Ansicht nach kostenorientierten Entgelten, obgleich ihr - aufgrund der Aufhebung des Marktanalysebescheides der belangten Behörde vom durch das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/08/0208 - für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume keine spezifischen Verpflichtung zur Kostenorientierung gemäß § 37 Abs 3 iVm § 42 TKG 2003 auferlegt gewesen sei und daher (höhere) angemessene Zusammenschaltungsentgelte festzulegen gewesen wären.

3. Festzuhalten ist zunächst, dass die beschwerdeführende Partei weder die Feststellungen zur Wettbewerbssituation auf dem verfahrensgegenständlichen Markt noch die festgesellten "K1"- Kosten in Zweifel zieht. Sie macht allerdings - insoweit über das Vorbringen der im Beschwerdefall zur Zl 2009/03/0059 beschwerdeführenden Partei hinausgehend - geltend, dass "auch bei der Festlegung von an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientierten Entgelten nicht nur die technischen Netzkosten (K1), sondern auch zusätzliche Kostenelemente (K2 und K3) zu berücksichtigen" wären (die Beschwerde nennt Kosten für Marketing, Vertrieb, Customer Care, Logistik und Handsetstützungen), weil diese Kostenelemente "eben auch bei effizienter Leistungsbereitstellung Kosten verursachen, die abgedeckt werden müssten."

Soweit die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang auf den Bescheid der belangten Behörde vom , Zl Z 2/08-52, verweist, in dem die belangte Behörde diese Kostenelemente bei der Festlegung angemessener Entgelte berücksichtigt habe, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dieser Bescheid mit hg Erkenntnis vom , Zl 2009/03/0001, aufgehoben wurde und die dort gegenständlichen Leistungen zudem auf einem Markt erbracht wurden, der nicht als relevanter Markt im Sinne der TKMVO 2008 festgestellt war.

Weiters ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine kostenorientierte Festlegung der hier gegenständlichen Zusammenschaltungsentgelte vorgenommen hat; die festgelegten Entgelte liegen vielmehr deutlich über den festgestellten "K1"-Kosten auch der hier beschwerdeführenden Partei (anzumerken ist, dass die "K2" und "K3"-Kosten im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt wurden und die beschwerdeführende Partei nicht darlegt, dass diese über den festgelegten Entgelten liegen würden).

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren in ihrer Stellungnahme zum Gutachten der Amtssachverständigen, in dem (nur) die "K1"-Kosten ausgewiesen waren (dies unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass "Kosten für Marketing, Endkundenbilling, Customer Care und Handsetsubventionen" keinen Eingang in die Berechnung von Terminierungsentgelten finden sollten, da sie in keinem direkten Zusammenhang mit der effizienten Leistungserbringung stehen), die nun in der Beschwerde erhobenen Bedenken nicht vorgebracht hat. Auch in ihrer Stellungnahme zum Entwurf der Vollziehungshandlung, in dem bereits die Heranziehung der "K1"-Kosten als Ausgangswert für die in der Folge - nach Durchführung weiterer Abwägungen - vorgenommene Entgeltfestlegung enthalten ist, hat die beschwerdeführende Partei keine Bedenken gegen diese Kostengrundlage geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher - auch unter Hinweis auf die nunmehrige Empfehlung der Kommission vom über die Regulierung der Festnetz- und Mobilfunk-Zustellungsentgelte in der EU, ABl L 124/67 vom , nach deren Anhang Kosten aus der "Abwicklung des Endkundengeschäfts" ausdrücklich nicht in den Kosten für Anrufzustellungsentgelte enthalten sind - nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde durch die Heranziehung der "K1"-Kosten als Ausgangswert ihrer weiteren Abwägungen zur Entgeltfestsetzung rechtswidrig gehandelt hätte.

4. Soweit die beschwerdeführende Partei schließlich geltend macht, die belangte Behörde hätte die Kosten nicht "auf Basis der tatsächlich gegebenen Kosten und Verkehrsmengen jenes Betreibers mit den niedrigsten Kosten" zu berechnen gehabt, sondern zB die durchschnittlichen Kosten und Verkehrsmengen berücksichtigen müssen, so kann sie auch damit schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen, weil die belangte Behörde eine Festlegung der Entgelte auf dieser Basis tatsächlich nicht vorgenommen hat. Wie bereits dargelegt, liegen die tatsächlichen Kosten ("technische Netzkosten" bzw "K1") der beschwerdeführenden Partei, wie sie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - insoweit von der beschwerdeführenden Partei auch nicht bestritten - festgestellt wurden, vielmehr deutlich unter den festgelegten Entgelten.

5. Die Beschwerde war daher aus den im hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0059, dargelegten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-86662