VwGH vom 20.03.2007, 2006/17/0384
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der "Oberösterreichische Gesundheits- und Spitals-AG" in Linz, vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem-524519/1-2006-Keh/Dr, betreffend Wasserbezugsgebühr (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Bescheid betreffend Wasserbezugsgebühr richtet, als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der beschwerdeführenden Gesellschaft u. a. Wasserbezugsgebühr für 2002 und 2003 von insgesamt EUR 36.948,84 sowie eine Vorauszahlung für das erste Halbjahr 2004 von EUR 21.180,86 vor.
Die beschwerdeführende Gesellschaft erhob Berufung, in welcher sie u. a. ausführte, nach Punkt 6 Abs. 3 des zwischen der mitbeteiligten Stadtgemeinde und dem Land Oberösterreich abgeschlossenen Übereinkommens vom 24. August bzw. habe die mitbeteiligte Stadtgemeinde gegenüber dem Land als künftigen Träger des lokalen Krankenhauses auf die Einhebung jeglicher Wasserbenützungsgebühr verzichtet. Mit Einbringungs- und Sacheinlagevertrag vom habe das Land Oberösterreich den Betrieb der Krankenanstalten als Gesamtsache zum mit allen Aktiva und Passiva und allen Rechten und Pflichten in die beschwerdeführende Gesellschaft eingebracht. Mit Schreiben vom seien die Sitzgemeinden der Oberösterreichischen Landeskrankenanstalten von dieser Rechtsnachfolge verständigt worden.
Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die dagegen erhobene Berufung zur Gänze als unbegründet ab. In der Begründung wurde betreffend die Wasserbezugsgebühr u. a. ausgeführt, dass selbst wenn mit der beschwerdeführenden Gesellschaft ein Verzicht auf dieselben vereinbart worden wäre - was ausdrücklich bestritten werde -, dieser im abgabenrechtlichen Verfahren unwirksam wäre. Die Ausführungen der beschwerdeführenden Gesellschaft zur Rechtsnachfolge seien rein zivilrechtlicher Natur und für das Abgabenverfahren irrelevant.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte die beschwerdeführende Gesellschaft betreffend die Wasserbezugsgebühr vor, die Berufungsbehörde habe keine Feststellungen zum Übereinkommen aus dem Jahre 1981, zur Einbringung der Krankenanstalt im Jahre 2001 und zu dem mit der Einbringung und der Rechtsnachfolge im Zusammenhang stehenden Schriftverkehr getroffen. Ein Verzicht auf Steuern und Gebühren könne durch eine gesetzlich vorgesehene Vereinbarung oder durch einen Bescheid der Behörde erfolgen. Nach herrschender Auffassung stehe eine vertragliche Vereinbarung einer bescheidmäßigen Vorschreibung entgegen, wenn eine solche Vereinbarung gesetzlich vorgesehen sei. Die Behörde habe es unterlassen, Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt zu treffen, insbesondere zum Übereinkommen aus dem Jahre 1981 und zur Rechtsnachfolge. Sie habe sich mit den zivilrechtlichen Fragen einer Rechtsnachfolge vom Land Oberösterreich auf die beschwerdeführende Gesellschaft nicht auseinander gesetzt, wohl auf Grund der irrigen Auffassung, dass Vereinbarungen ohnehin unwirksam wären bzw. die Wirksamkeit zivilrechtlicher Vereinbarungen nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens wären.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung betreffend die Wasserbezugsgebühr heißt es, gemäß den Bestimmungen der Wassergebührenordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde sei der Eigentümer eines Grundstückes verpflichtet, eine Wasserbezugsgebühr zu entrichten. Die Abgabenbehörden der Gemeinde hätten nun zu prüfen, ob der Abgabentatbestand für den abgabenrelevanten Zeitraum vom bis verwirklicht worden sei. Weder in der Berufung noch in der Vorstellung sei diese Frage als strittig hingestellt worden. Die beschwerdeführende Gesellschaft sei im maßgeblichen Zeitraum unbestrittenermaßen Eigentümerin des abgabengegenständlichen Grundstückes gewesen. Ebenso wenig werde die Abgabenhöhe und die richtige Berechnung der Abgaben bestritten. Es bleibe die Frage zu prüfen, ob ein privatrechtlich getätigter Verzicht auf die Wasserbezugsgebühr im Abgabenverfahren zu beachten sei. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die Begründung des bekämpften Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde verwiesen. Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach privatrechtliche Vereinbarungen für die Vorschreibung von öffentlich-rechtlichen Abgaben unbeachtlich seien, werde insbesondere im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 93/17/0126, verdeutlicht. Diese Entscheidung treffe auch im Beschwerdefall zu. Die getroffene Vereinbarung sei somit für die vorliegende Abgabenvorschreibung irrelevant.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Gesellschaft wendet sich gegen die Vorschreibung der Wasserbezugsgebühr mit dem Hinweis auf eine Vereinbarung zwischen der Stadtgemeinde Schärding und dem Land Oberösterreich, welche auf Grund der Rechtsnachfolge für die beschwerdeführende Gesellschaft gelte und in der u. a. auf die Einhebung der Wasserbezugsgebühr durch die Stadtgemeinde Schärding verzichtet wurde.
Abmachungen zwischen dem Abgabengläubiger und dem Abgabenschuldner über den Inhalt der Abgabenschuld - etwa auch über einen gänzlichen Verzicht auf die Abgabenforderung - sind ohne abgabenrechtliche Bedeutung. Zulässig sind solche Vereinbarungen nur dann, wenn die Gesetze sie ausdrücklich vorsehen, wobei sich diese gesetzlichen Ermächtigungen nur dann als verfassungskonform erweisen, wenn die öffentlich-rechtlichen Verträge lediglich die Modalitäten der Abgabenerhebung (Berechnung der Bemessungsgrundlage, Fälligkeit etc.) und nicht die Steuerpflicht selbst betreffen, wenn im Gesetz Voraussetzungen und Inhalt hinreichend bestimmt sind und wenn in Streitfällen eine bescheidförmige Erledigung vorgesehen ist, sodass eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit möglich ist. Insbesondere kann die Behörde ohne gesetzliche Ermächtigung auf die Erhebung von Abgaben nicht verzichten. Abmachungen über den Inhalt einer Abgabenschuld stehen - soweit sie nicht im Gesetz ausdrücklich zugelassen sind - im Widerspruch zu dem aus Art. 18 B-VG abzuleitenden Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung der Abgabenvorschriften (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/16/0063, und vom , Zl. 2003/17/0233, mwN).
Die Gemeinde sind durch § 15 Abs. 1 Z 15 iVm § 16 Abs. 3 Z 4 FAG 2001 ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, Gebühren einzuheben.
§ 8 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Schärding vom , mit der die Wasseranschluss- und Wasserbezugsgebührenordnung für die Stadtgemeinde Schärding neu gefasst wird, lautet:
"§ 8
Durch diese Verordnung werden privatrechtliche Vereinbarungen
nicht ausgeschlossen."
Nach § 9 leg. cit. tritt diese Wassergebührenordnung mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Monatsersten in Kraft.
Die §§ 8 und 9 der Wassergebührenordnungen der Stadtgemeinde Schärding jeweils vom und vom haben denselben Wortlaut.
In der Bestimmung des § 8 der Wassergebührenordnung vermag der Verwaltungsgerichtshof im Lichte der oben genannten Rechtsprechung keine ausreichende Ermächtigung zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge über einen Verzicht auf die Vorschreibung von Wasserbezugsgebühren zu erblicken, sagt sie doch lediglich aus, dass privatrechtliche Vereinbarungen durch die Wassergebührenordnung nicht ausgeschlossen werden. Um welche privatrechtlichen Verträge es sich dabei handelt, zwischen welchen Personen und zu welchen Zwecken diese abgeschlossen werden können, ist dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht zu entnehmen. Da auch Voraussetzungen und Inhalt dieser Verträge nicht näher bestimmt sind, kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um Verträge handelt, die einen Verzicht auf die Abgabenerhebung zum Inhalt haben, zumal dafür grundsätzlich eine bescheidmäßige Erledigung vorzusehen wäre.
Im Beschwerdefall konnte daher schon aus diesem Grunde das Übereinkommen zwischen der Stadtgemeinde Schärding und dem Land Oberösterreich aus dem Jahre 1981 bei der Vorschreibung der Wasserbezugsgebühr keine Berücksichtigung finden (vgl. hiezu das auf Grund derselben Beschwerde in Bezug auf die Vorschreibung der Grundsteuer ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0063, mwN).
Die beschwerdeführende Gesellschaft zeigte mit ihrem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides betreffend Vorschreibung der Wasserbezugsgebühr somit nicht auf.
Die Beschwerde war daher - soweit sie sich gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Vorschreibung der Wasserbezugsgebühr richtet - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am