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VwGH vom 27.01.2011, 2009/03/0020

VwGH vom 27.01.2011, 2009/03/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. F Z in W, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1d, gegen den Bescheid der Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes vom , Zl Bm 53/2007- 1, AM 6230/2005, betreffend Eintragung einer Wortmarke, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Eintragung der Wortmarke "DOC AROUND THE CLOCK" für Dienstleistungen der Klasse 44 ("Dienstleistungen eines Arztes, Zahnarztes und Chiropraktikers; Dienstleistungen von Ambulanzen, Genesung- und Pflegeheimen; Krankenpflegedienste") aus dem Grunde des § 4 Abs 1 Z 3 Markenschutzgesetz (MaSchG) ab.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, im vorliegenden Fall sei zu prüfen, ob und inwieweit die beantragte Wortfolge für die in der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen seitens der beteiligten Verkehrskreise als individuelles Unternehmenskennzeichen wahrgenommen werde.

Die gegenständlichen Dienstleistungen aus dem Fachgebiet des Gesundheitswesens und der Krankenpflege würden von Durchschnittskonsumenten nachgefragt. Innerhalb dieses Verkehrskreises würde der Slogan "DOC AROUND THE CLOCK" nur als werblich anpreisendes Qualitätsmerkmal der Dienstleistung verstanden, das darin bestehe, dass bei der Erbringung dieser Dienstleistungen ständig - rund um die Uhr - ein Arzt zur Verfügung stehe. Nach der Rechtsprechung "auf europäischer Ebene" sei zwar ein Werbeslogan nicht grundsätzlich von der Registrierung als Marke ausgeschlossen. Neben der Werbeaussage verlange die Judikatur aber zusätzlich die Eigenschaft eines betrieblichen Herkunftshinweises, welche im Vordergrund stehen müsse, um einem Zeichen die Eignung als Marke zu geben. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die beteiligten Verkehrskreise das vorliegende Zeichen lediglich als werbemäßige Anpreisung hinsichtlich der durch die "rund um die Uhr"-Verfügbarkeit eines Arztes erreichten Qualität der Dienstleistungen auffassen würden, bleibe kein Raum für eine Wahrnehmung des Zeichens als individualisierender Unternehmenshinweis. Daran ändere auch nichts, dass das Zeichen nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers an den Liedtitel "Rock around the Clock" von Bill Haley angelehnt sei. Der Sinn, den der Begriff "DOC" vermittle, sei grundsätzlich verschieden von der Bedeutung des Wortes "Rock". Der dem gegenständlichen Zeichen innewohnende Aussagegehalt sei daher klar verschieden vom genannten Liedtitel und gerade im Zusammenhang mit den gegenständlichen Dienstleistungen derart eindeutig, dass eine Assoziation zu dem vom Anmelder herangezogenen Liedtitel als primäres Verständnis der beteiligten Verkehrskreise nicht angenommen werden könne. Außerdem könne nicht hinsichtlich sämtlicher in Frage kommender Teile der Verkehrskreise von einer Kenntnis dieses Liedes ausgegangen werden und es würde sich bei einer (nur) visuellen Wahrnehmung der Wortfolge der schlichte Aussagegehalt (ärztliche Leistung rund um die Uhr) jedenfalls vorrangig erschließen. Dem in Rede stehenden Zeichen fehle daher in Bezug auf die gegenständlichen Dienstleistungen die Unterscheidungskraft im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bestreitet die Annahme der belangten Behörde, die gegenständliche Wortfolge habe einen werblichen Inhalt, nicht. Er macht jedoch - zusammengefasst - geltend, die Zeichen würden sich von üblicher Reklame durch die originelle Abwandlung eines weltbekannten Schlagertextes ("Rock around the clock") unterscheiden. Das genüge, um den Eindruck eines "Individualzeichens" hervorzurufen und sei geeignet, den damit bezeichneten Dienstleister (Beschwerdeführer) in seinem Berufszweig als "Unikum" auszuweisen, also seine Dienstleistungen von denen anderer Anbieter zu unterscheiden. Von einer bloß allgemeinen werbemäßigen Anpreisung könne diesfalls keine Rede sein.

2. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht:

2.1. Die belangte Behörde verweigerte dem Beschwerdeführer die Eintragung der gegenständlichen Wortfolge als Marke aus dem Grunde des § 4 Abs 1 Z 3 Markenschutzgesetz 1970 in der Fassung BGBl I Nr 111/1999 (MaSchG).

Nach dieser Bestimmung sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Registrierung ausgeschlossen.

Dieses Eintragungshindernis stimmt mit jenem des Art 3 Abs 1 lit b der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (MarkenRL) und des Art 7 Abs 1 lit b der Verordnung (EG) Nr 40/94 des Rates vom über die Gemeinschaftsmarke (GMV) überein. Auch im Beschwerdefall kann daher zur Auslegung der Norm (insbesondere) die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zur MarkenRL und zur GMV herangezogen werden.

2.2. Nach der ständigen - auf die Rechtsprechung des EuGH Bezug nehmenden - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist beim Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidbarkeit von Zeichen darauf abzustellen, dass die Hauptfunktion der Marke darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl dazu das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/03/0154, mwN).

2.3. Die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, welche sonst als Werbeslogans zur Inanspruchnahme der Dienstleistung, auf die sich die Marke bezieht, verwendet werden, ist nicht schon deshalb ausgeschlossen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2006/04/0137 unter Bezugnahme auf das , HABM/Erpo Möbelwerk GmbH (Das Prinzip der Bequemlichkeit), Randnr 41). Jedoch ist eine Marke, die - wie ein Werbeslogan - andere Funktionen als die einer Marke im herkömmlichen Sinn erfüllt, nur dann unterscheidungskräftig, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (vgl etwa das , Wella AG/HABM (TAME IT), Randnr 15, mwN). Im Fall eines Werbeslogans ist insbesondere zu prüfen, ob er Bestandteile enthält, die über seine offenkundige Werbeaussage hinaus die maßgebenden Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen einzuprägen (vgl das , BYK-Chemie GmbH/HABM (Substance for Success), Randnr 22).

In der Rechtsprechung des EuGH wurde auch erkannt, dass einem Werbeslogan, der "in erster Linie" bzw "zuallererst" als solcher und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen wird, die Unterscheidungskraft fehlt (vgl etwa die , Sykes Enterprises, Incorp/HABM (Real people, real solutions), Randnr 30, und vom , Rs T 281/02, Norma Lebensmittelfilialbetrieb GmbH Co KG/HABM (Mehr für ihr Geld), Randnr 31 und 34). Jüngst hat der EuGH diese Beurteilung allerdings insoweit relativiert, als es für die Unterscheidungskraft der Marke unerheblich sei, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst werde, sofern die maßgeblichen Verkehrskreise die Marke (auch) als Herkunftshinweis wahrnehmen würden (Urteil vom , Rs C-398/08 P, Audi AG/HABM (Vorsprung durch Technik), Randnr 45).

3. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, dass die beteiligten Verkehrskreise das vorliegende Zeichen nur als werbemäßige Anpreisung hinsichtlich zeitlich unbeschränkt verfügbarer ärztlicher Leistungen auffassen würden. Schon diese Einschätzung greift zu kurz, kann in dem Slogan "DOC AROUND THE CLOCK" doch auch die Aussage erblickt werden, dass der Verwender sich als "Arzt rund um die Uhr" versteht, also seine ärztliche Tätigkeit mit besonderem (auch zeitlichem) Einsatz ausübt.

Hinzu kommt, dass die Anlehnung des Zeichens an den (aus den 50er Jahren stammenden) weltbekannten Liedtitel von Bill Haley "Rock around the clock" entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde die beteiligten Verkehrskreise in die Lage versetzt, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Dienstleistungen einzuprägen, womit der von der Rechtsprechung geforderte individualisierende Unternehmenshinweis erreicht wird.

Dass der Slogan überdies eine Werbebotschaft enthält, schadet nach dem bisher Gesagten nicht.

4. Ausgehend davon lässt sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Marke fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, nicht aufrecht erhalten.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am