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VwGH vom 04.09.2013, 2011/08/0215

VwGH vom 04.09.2013, 2011/08/0215

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, sowie die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel als Richterinnen, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des A H in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2011-0566-9-000119, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, nach mündlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.302,10 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom seitens des Arbeitsmarktservice W (in der Folge AMS) aufgetragen wurde, am beim DRZ - Demontage Recycling-Zentrum am Bewerbertag teilzunehmen. Er wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Termin um einen Kontrolltermin gemäß § 49 AlVG handelt. Zu diesem Termin erschien der Beschwerdeführer nicht und meldete sich erst wieder am beim zuständigen AMS. Im Rahmen der mit ihm am aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer an, die Kontrollmeldung deshalb nicht eingehalten zu haben, weil er sich am beim Arzt befunden habe. In der Folge legte er eine entsprechende Bestätigung vor.

Mit Bescheid des AMS vom wurde der Beschwerdeführer des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 49 AlVG für die Zeit vom 1. Dezember bis verlustig erklärt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am (Anmerkung: richtig: ) nicht eingehalten und habe sich erst wieder am bei seiner zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, es sei ihm für den kein Kontrollmeldetermin vorgeschrieben worden. Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom Gelegenheit zur Einbringung einer Stellungnahme zu den in diesem Schreiben enthaltenen Ausführungen eingeräumt. Insbesondere verwies die belangte Behörde bereits darauf hin, dass er zwar für den einen triftigen Grund gehabt habe, den Kontrolltermin nicht einzuhalten, jedoch keinen Grund dafür, dass er sich erst wieder am beim AMS gemeldet habe, weshalb die Sperre auszusprechen gewesen sei.

Trotz Fristerstreckungen für die Einbringung einer Stellungnahme langte eine solche seitens des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde nicht ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Begründend führte sie aus, dem Beschwerdeführer sei für den rechtswirksam ein Kontrolltermin vorgeschrieben worden, den er nicht eingehalten habe, weil er einen Termin beim Arzt gehabt habe. Somit habe er einen triftigen Grund gehabt, der die Nichteinhaltung des Kontrolltermins am entschuldige. Er habe sich aber nicht binnen einer Woche nach Unterbrechung seines Leistungsbezugs, sondern erst am wieder gemeldet und keine Gründe angegeben, die eine Nichtmeldung rechtfertigen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 49 AlVG lautet:

"Kontrollmeldungen

(1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, den Kontrolltermin für den erhalten und diesen Termin nicht eingehalten zu haben.

Der Beschwerdeführer macht - bezogen auf den versäumten Kontrolltermin vom - geltend, dass nach dem Gesetzeswortlaut eine zeitraumbezogene Einstellung des Arbeitslosengeldes nicht in Frage komme, wenn einem Arbeitslosen eine Unterlassung einer Entschuldigung nicht vorgeworfen werden könne und somit die verhängte Sanktion verfehlt und unzulässig sei. Darüber hinaus sei die Kontrollmeldung an sich rechtswidrig, weil die Vorschreibung anderer (von den regionalen Geschäftsstellen abweichender) Meldestellen durch die Landesgeschäftsstelle zwar möglich sei, aber lediglich nach entsprechenden Kriterien, die vorliegendenfalls nicht eingehalten seien. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sieht der Beschwerdeführer darin, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe und daher sein rechtliches Gehör nicht gewahrt sei. Hätte der Beschwerdeführer in der Verhandlung Ausführungen zur Kontrollmeldung machen können, wäre erkennbar gewesen, dass mangels Anwesenheit eines Organs des AMS bei solch vorgeschriebenen Kontrollmeldungen keine gesetzmäßige Kontrollmeldung möglich gewesen wäre.

Dem Vorbringen betreffend die Unzulässigkeit der Vorschreibung des Kontrolltermins ist zu erwidern, dass gegen die Verbindung mit einem Vorstellungstermin keine Bedenken bestehen (zur Unzulässigkeit einer Sanktion iS der §§ 9 und 10 AlVG vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0159). Mit dem Vorbringen, es seien keine Mitarbeiter des AMS vor Ort, dem gegenüber die Kontrollmeldung hätte erfolgen können, verstößt er gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG).

Der Beschwerdeführer hat den Kontrolltermin aus triftigem Grund versäumt. Dessen ungeachtet traf ihn die Verpflichtung, innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hindernisses (das war hier am ) beim AMS persönlich vorzusprechen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/08/0272 und , Zl. 2010/08/0223).

Den Feststellungen der belangten Behörde folgend - und vom Beschwerdeführer auch unwidersprochen - sprach er erst am beim AMS vor. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass er weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde Gründe anführt, weshalb ihm die Erfüllung dieser Meldepflicht nicht möglich gewesen war.

Der Beschwerdeführer macht weiters - auch unter dem Beschwerdegrund der Rechtwidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde - geltend, Ansprüche nach dem AlVG seien "civil rights" im Sinn des Art. 6 Abs. 1 EMRK. Das AlVG sehe zur Entscheidung über Ansprüche in seinem § 44 die Zuständigkeit des Arbeitsmarktservice, sohin von Verwaltungsbehörden und ein Verfahren nach dem AVG vor. Es verletze damit das Grundrecht nach Art. 5 Abs. 1 EMRK auf eine Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches auf Gesetz beruhendes Gericht.

Hinsichtlich dieses Vorbringens kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2008/08/0251, verwiesen werden.

Unter Hinweis auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes G 78/99, G 70/00, regt der Beschwerdeführer weiters ein Gesetzprüfungsverfahren hinsichtlich § 49 Abs. 2 AlVG an, da der in dieser Norm geregelte Anspruchsverlust an sich unbefristet sei und nach den vom Verfassungsgerichtshof in den genannten Judikaten entwickelten Grundsätze Strafcharakter habe.

Hinsichtlich dieses Vorbringens kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2007/08/0187, verwiesen werden. Darüber hinaus führt der Beschwerdeführer seine verfassungsrechtlichen Bedenken nicht aus.

Wenn der Beschwerdeführer die Sperre der Notstandshilfe als einen Eingriff in das Menschenrecht nach Art. 3 EMRK verwirklicht sieht, ist er hinsichtlich dieses Vorbringens gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 2011/08/0201, zu verweisen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm

der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die Fahrtkosten waren anteilig zuzusprechen.

Wien, am