VwGH vom 20.04.2016, 2013/17/0448

VwGH vom 20.04.2016, 2013/17/0448

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Dr. Leonhartsberger als Richter und Richterinnen, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Beschwerde der G Siedlungs-Genossenschaft A und H GenmbH in Wien, vertreten durch Dr. Roland Weinrauch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/3, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , ABK - 195/2012, betreffend Herabsetzung der Abwassergebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Magistrat der Stadt Wien schrieb der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom für eine näher bezeichnete Liegenschaft für den Abgabenzeitraum 2005 bis 2009 sowie für den Zeitraum bis eine Abwassergebühr für die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern in den öffentlichen Kanal vor. Dieser der beschwerdeführenden Partei am zugestellte Bescheid blieb unbekämpft.

2 Mit Schriftsatz vom stellte die beschwerdeführende Partei rückwirkend ab einen Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr. An der Objektadresse bestehe ein Subzähler für Gartenwasser. Da mangels Vorschreibung der Abwassergebühr vor dem eine Herabsetzung der Abwassergebühr nicht möglich gewesen sei, werde die Herabsetzung für die Jahre 2005 bis 2010 beantragt.

3 Mit Bescheid vom wies der Magistrat der Stadt Wien den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für den Zeitraum vom bis zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass der Antrag (zu ergänzen: soweit er sich auf die Zeitspanne vom bis bezieht) verspätet erfolgt sei. Eine fristgerechte Antragstellung hätte demnach für das Jahr 2009 bis längstens erfolgen müssen. Da der Antrag erst im Kalenderjahr 2011 eingebracht worden sei, sei die Antragstellung gemäß § 13 Abs 1 zweiter Satz des Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes (KKG) verspätet erfolgt.

4 Ebenfalls mit Bescheid vom gab der Magistrat der Stadt Wien dem Ansuchen in Bezug auf den Zeitraum bis statt und setzte die Abwassergebühr entsprechend herab.

5 Die beschwerdeführende Partei erhob gegen die Zurückweisung des Antrags auf Herabsetzung der Abwassergebühr Berufung, welche mit Berufungsvorentscheidung des Magistrats der Stadt Wien als unbegründet abgewiesen wurde. Dagegen stellte die beschwerdeführende Partei einen Vorlageantrag.

6 Mit Bescheid vom wies die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die Berufungsbehörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften aus, § 13 Abs 1 zweiter Satz KKG knüpfe den dort vorgesehenen Fristbeginn nicht an den Zeitpunkt der bescheidmäßigen Vorschreibung der Abwassergebühr an. Dies werde auch von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt, wonach dieser für den Fall, dass die Abgabenfestsetzung zu einem Zeitpunkt erfolge, zu dem die in § 13 Abs 1 KKG genannte Frist bereits verstrichen sei, die Auffassung vertrete, dass die Geltendmachung der Nichteinleitung der bezogenen Wassermengen in den Kanal auch noch im Abgabenfestsetzungsverfahren (bis zum rechtskräftigen Abschluss desselben) offenstehen müsse (Verweis auf , und vom , 2008/17/0078). Durch den am "erlassenen" Abgabenbemessungsbescheid sei der Beschwerdeführerin bekannt geworden, von welchen in den Kanal eingeleiteten Mengen die Behörde ausgegangen sei. Mangels Bekämpfung dieses Bescheides, welcher am zugestellt und somit am rechtskräftig geworden sei, sei das Abgabenfestsetzungsverfahren abgeschlossen. Der Antrag vom auf Herabsetzung der Abwassergebühr gemäß § 13 KKG für die Kalenderjahre 2005 bis 2009 sei daher verspätet.

7 Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei vorerst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 490/2013-4, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

8 Auf Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofs brachte die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz vom die vorliegende Beschwerde ein, in welcher sie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragte.

9 Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

10 Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

11 §§ 12 und 13 Abs 1 des Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes (KKG), LGBl Nr 1978/02 (§ 12 idF LGBl Nr 2010/08, § 13 Abs 1 idF LGBl Nr 1994/16) lauten:

"Ermittlung der Abwassermenge

§ 12. (1) In den öffentlichen Kanal abgegeben gelten

1. die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge und

2. bei Eigenwasserversorgung die im Wasserrechtsbescheid festgestellte Wassermenge, deren Benutzung eingeräumt wurde (§ 111 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, in der Fassung BGBl. I Nr. 123/2006).

(2) Ist im Wasserrechtsbescheid das eingeräumte Maß der Wassernutzung nicht enthalten oder liegt eine nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 nicht bewilligte Eigenwasserversorgung vor, ist die bezogene Wassermenge vom Magistrat unter Zugrundelegung der Verbrauchsmenge gleichartiger Wasserabnehmer und Wasserabnehmerinnen zu schätzen. Diese Menge gilt als in den öffentlichen Kanal abgegeben.

(3) Besteht eine Wasserversorgung nach Abs. 1 oder Abs. 2, sind die aus einer zusätzlichen Eigenwasserversorgungsanlage bezogenen Wassermengen bei der Ermittlung der Abwassermenge nicht zu berücksichtigen, wenn diese nachweislich zur Gänze nicht in einen öffentlichen Kanal eingeleitet werden.

(4) Der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerin kann bei Eigenwasserversorgung die Anbringung eines Wasserzählers zur Messung der entnommenen Wassermenge beantragen. Die vom Wasserzähler angezeigte Wassermenge gilt in diesen Fällen als in den öffentlichen Kanal abgegeben. Die §§ 11, 15 Abs. 3, § 20 Abs. 5 und § 27 Wasserversorgungsgesetz sind sinngemäß anzuwenden. Zusätzlich hat der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerin die Kosten der Anschaffung, des Einbaues, der Auswechslung und der Entfernung des beigestellten Wasserzählers zu tragen. Verlangt der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerin die Beseitigung des Wasserzählers, sind ihm bzw. ihr die vorgeschriebenen Anschaffungskosten, vermindert um 10 v. H. für jedes Kalenderjahr, in dem ein Wasserzähler beigestellt war, rückzuerstatten.

Herabsetzung der Abwassergebühr

§ 13. (1) Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen."

12 Die Beschwerde wendet sich mit näherer Begründung gegen die Ansicht der belangten Behörde, der Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Jahre 2005 bis 2009 hätte gemäß § 13 KGG während der Rechtsmittelfrist gegen den Festsetzungsbescheid vom eingebracht werden müssen.

13 Der vorliegende Beschwerdefall gleicht hinsichtlich des Sachverhalts und der zu lösenden Rechtsfrage jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit dem von der belangten Behörde zutreffend zitierten Erkenntnis vom , 2008/17/0078, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, entschieden wurde. Auch im vorliegenden Beschwerdefall wurde der Herabsetzungsantrag vom erst nach Zustellung und Rechtskraft des (erstinstanzlichen) Abgabenbemessungsbescheides vom gestellt. Durch diesen Abgabenbemessungsbescheid war der beschwerdeführenden und abgabenpflichtigen Partei bekannt geworden, von welchen in den Kanal eingeleiteten Mengen die Behörde ausgegangen ist. Ein entsprechender Herabsetzungsantrag hätte daher von ihr konkretisiert noch vor Rechtskraft des Abgabenbemessungsbescheides eingebracht werden können und im Hinblick auf die gegebene Verjährungssituation auch müssen. Vor dem Hintergrund der im zitierten Erkenntnis vom dargelegten Erwägungen kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie den verfahrenseinleitenden Antrag als iSd § 13 Abs 1

2. Satz KKG verspätet behandelte.

14 Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

15 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am