VwGH vom 02.07.2020, Ra 2020/08/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der V H in O, vertreten durch Mag. Elisabeth Freilinger-Gößler, Rechtsanwältin in 3150 Wilhelmsburg, Fleschplatz 2, Top 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-S-346/001-2020, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1Mit Straferkenntnis vom hat die belangte Behörde gegen die Revisionswerberin wegen Meldepflichtverletzungen iSd § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG zwei Strafen zu je € 730,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 112 Stunden) verhängt. Die Revisionswerberin sei als Inhaberin der Firma H. in O dafür verantwortlich, dass sie als Dienstgeberin zwei näher genannte Dienstnehmer nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet habe.
2Die Revisionswerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis Beschwerde, in der sie u.a. vorbrachte, dass das Straferkenntnis von einer unzuständigen Behörde verhängt worden sei. Der Betrieb befinde sich in O, sodass der Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten für das Verfahren nicht zuständig gewesen sei.
3Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dem Einwand der örtlichen Unzuständigkeit sei entgegenzuhalten, Erfüllungsort der Anmeldung nach § 33 ASVG sei der Sitz des zuständigen Versicherungsträgers. Dieser Sitz sei der Tatort der Unterlassung einer rechtzeitigen Meldung. Er befinde sich in 3100 St. Pölten (Stadt). Daher sei der Magistrat St. Pölten als Bezirksverwaltungsbehörde am Sitz des zuständigen Versicherungsträgers in erster Instanz örtlich zuständig gewesen. Die belangte Behörde sei gemäß § 27 Abs. 1 VStG für dieses Verfahren zuständige Behörde.
4Die ordentliche Revision sei iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
5Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
6Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, der verfahrensgegenständliche Betrieb liege im Verwaltungsbezirk St. Pölten Land. Somit könne der Bürgermeister der Stadt St. Pölten nicht für das Verfahren zuständig sein. Dies ergebe sich aus § 27 Abs. 1 VStG und aus § 111 Abs. 5 ASVG.
8Die Revision ist zulässig und berechtigt. Gemäß § 111 Abs. 5 ASVG idF BGBl. I Nr. 150/2009 gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt. Die vom Landesverwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung, wonach Erfüllungsort der Anmeldung nach § 33 ASVG und somit der Tatort der Unterlassung einer Meldung der Sitz des zuständigen Versicherungsträgers sei (), ist auf die vorliegenden, im Jahr 2014 erfolgten Meldepflichtverletzungen nicht mehr anwendbar.
9Die Gemeinde O gehört nicht zum Sprengel von St. Pölten (Stadt), sondern zum Sprengel der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten.
10Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
11Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020080072.L00 |
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