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VwGH 22.01.2015, 2013/17/0447

VwGH 22.01.2015, 2013/17/0447

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
VStG §30;
VStG §45;
RS 1
Hinsichtlich eines bestimmten Glücksspielgerätes erfolgte durch das Bezirksgericht ein Freispruch der Beschuldigten wegen "EU-Rechtswidrigkeit der österreichischen glücksspielrechtlichen Marktzugangsregelungen". Damit ist eine verwaltungsbehördliche Strafbarkeit betreffend das genannte Gerät bei der hier anwendbaren Rechtslage des § 52 Abs. 2 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 nicht gegeben. Tritt nämlich eine an sich bestehende verwaltungsgerichtliche Strafbarkeit hinter die gerichtliche zurück (Scheinkonkurrenz), so ist im Ergebnis auch keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2013/17/0446, und vom , 2012/17/0576).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der M S in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-1-583/K5-2012, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft D vom wurde die Beschwerdeführerin als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer bestimmt bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetzes (GSpG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 2 und 4 und § 3 GSpG betreffend mehrere Glücksspielgeräte für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung "keine Folge und bestätigte diesen mit der Maßgabe", dass sie eine Übertretung lediglich betreffend drei Geräte (Geräte Nr. 4, 5 und 7) aussprach und die verhängte Strafe entsprechend herabsetzte.

Im Hinblick auf das Verbot der Doppelbestrafung führte die belangte Behörde unter anderem aus, der Strafantrag des Staatsanwalts (siehe Strafverfahren des Bezirksgerichts D, GZ 15 U 146/12s) habe sich lediglich auf zwei Internet-Spielautomaten bezogen (auf die Geräte Nr. 7 und Nr. 8, wobei Nr. 8 gar nicht Gegenstand des bekämpften Straferkenntnisses sei). Laut der im Beschlagnahmeverfahren, Zl. UVS 1-1125/E11-2011, dem dieselbe Kontrolle der Finanzpolizei zugrunde liege, getätigten Angaben, sei ein gerichtlicher Freispruch aus europarechtlichen Gründen erfolgt. Weiters wurde ausgeführt, im Rahmen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens habe sich ergeben, dass auf den Geräten Nr. 4, 5 und 7 Spiele mit einem Einsatz von nicht mehr als zehn Euro gespielt worden seien. Im vorliegenden Fall liege daher eine Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden vor. Es sei nicht über "dieselbe Sache" zweimal entschieden worden.

Mit Beschluss vom , B 372/2013-9, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese unter einem gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab. In der ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes beziehungsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Der Beschwerdefall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht betreffend die Geräte 4 und 5 in den entscheidungswesentlichen Punkten (unter Ausnahme des Geräts Nr. 7) jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom , 2012/17/0249, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Die im angefochtenen Bescheid zu den Höchsteinsätzen getroffenen Feststellungen beziehen sich lediglich auf die während der Kontrolle durchgeführten Spiele. Zu den auf den Geräten möglichen Höchsteinsätzen wurden hingegen keine Feststellungen getroffen. Insbesondere ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang der Würfelsymboltaste (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/17/0012) zukam. Aus den in dem genannten Erkenntnis dargelegten Gründen ist der angefochtene Bescheid (betreffend die Geräte 4 und 5) mit Rechtwidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Hinsichtlich des Geräts Nr. 7 erfolgte durch das Bezirksgericht D ein Freispruch der Beschwerdeführerin wegen "EU-Rechtswidrigkeit der österreichischen glücksspielrechtlichen Marktzugangsregelungen". Damit ist eine verwaltungsbehördliche Strafbarkeit betreffend das Gerät Nr. 7 bei der hier anwendbaren Rechtslage des § 52 Abs. 2 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 nicht gegeben. Tritt nämlich eine an sich bestehende verwaltungsgerichtliche Strafbarkeit hinter die gerichtliche zurück (Scheinkonkurrenz), so ist im Ergebnis auch keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2013/17/0446, und vom , 2012/17/0576).

Der angefochtene Bescheid war schon aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
VStG §30;
VStG §45;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:2013170447.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAE-86549