VwGH vom 26.11.2010, 2009/02/0384

VwGH vom 26.11.2010, 2009/02/0384

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des DI GB in L, vertreten durch Mag. Edwin Kerschbaummayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Eiselsberggang 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-281162/20/Kl/Pe, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es als gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der V GmbH für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften für den Bereich "Roheisen" zu vertreten, dass am in der Arbeitsstätte der V GmbH in L im Bereich Roheisen, Hauptprozess Rohstoffversorgung und Sinteranlage, drei Arbeitnehmer mit dem Wechseln der Schließseile der Kranschaufel des Kranes Nr. 330 beschäftigt gewesen seien, obwohl die Quetsch- und Scherstellen zwischen den Bordscheiben der Seiltrommeln und dem angrenzenden Maschinenrahmen im Maschinenhaus des Kranes Nr. 330 nicht durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen oder durch sonstige Schutzeinrichtungen, wie Sicherungen mit Annäherungsreaktion oder Begrenzung der wirksamen Energie gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert gewesen seien. Er habe dadurch § 130 Abs. 1 Z 16 Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) iVm § 44 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) übertreten, wofür über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 23 Stunden) verhängt wurde.

In der Begründung gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder und traf folgende - auszugsweise wörtlich wiedergegebenen - Feststellungen:

"Der (Beschwerdeführer) ist Leiter des Bereiches ... Roheisenerzeugung ... Der Kran Nr. 330 fällt in seinen Produktionsbetrieb.

Am waren im Bereich Roheisen, Hauptprozess Rohstoffversorgung und Sinteranlage (Erzvorbereitung - Sinteranlage) der (V GmbH) in (L) drei Arbeitnehmer mit dem Wechseln der Schließseile der Kranschaufel des Kranes Nr. 330 beschäftigt. Es handelte sich dabei um (G), Betriebselektriker, (S), Leasingarbeiter, und (W), Kranschlosser. Der Kran wurde vom Kranfahrer (K) betätigt. Quetsch- und Scherstellen zwischen den Bordscheiben der Seiltrommeln und dem angrenzenden Maschinenrahmen im Maschinenhaus des Kranes Nr. 330 waren nicht durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen oder sonstige Schutzeinrichtungen gesichert. Auf dem Maschinenrahmen besteht eine Auftrittsfläche, die erforderlich ist, um die Seile einzuhängen. Die Aufstandsfläche befindet sich am Maschinenrahmen und weist die Hubwerkstrommel neben dieser Aufstandsfläche ca. 5 cm herausragende Stege auf, die eine Scherstelle bilden, nämlich dann, wenn die Trommel in Bewegung ist. Diese Quetsch- und Scherstelle befindet sich im Verkehrsbereich des Maschinenraumes und ist unabhängig von Wartungsarbeiten. Allerdings ist bei den Wartungsarbeiten des Seilwechsels die Benützung der Aufstandsfläche jedenfalls erforderlich, wobei allerdings bei diesen Instandhaltungsarbeiten die Aufmerksamkeit auf Quetsch- - und Scherstellen im Bereich der Hände liegt, nicht im Bereich der Füße. Die Inbetriebnahme des Krans und der Trommeln erfolgte zu diesem Zeitpunkt ausschließlich durch den Kranführer, wobei die Inbetriebnahme durch Sprechkontakt mit dem Kranführer erfolgte. Bei Bewegung der Seiltrommel kann eine Berührung mit den Stegen der Trommel erfolgen. Der Kranschlosser (W) wurde von einem Steg ein Stück mit dem Fuß in die Trommel gezogen. Die Trommel kann vom Kranschlosser nicht betätigt werden, nämlich nicht ein- oder ausgeschaltet werden. Beim Seilwechsel dreht sich zunächst die Hubwerkstrommel nicht mit der Schließwerkstrommel mit, erst nach der dritten Umdrehung, wenn die Schließbewegung des Greifers vollständig ausgeführt ist und alle Seile mit nach oben gehen, macht die Hubtrommel einen Ruck. Die Trommel wurde ausschließlich durch den Kranführer in Betrieb genommen. Dieser hat auf Sprechkommando des Kranschlossers den Kran eingeschaltet. Ein Sichtkontakt zum Kranführer bestand seitens des Kranschlossers nicht. Der Kranführer befindet sich in einem gesonderten an den Triebwerksraum angrenzenden Kranführerstand, wobei die Räume durch eine dünne Blechwand getrennt sind. Aufgrund des Umgebungslärmes muss zur Verständigung laut geschrieen werden.

Das Triebwerkshaus bzw. der Maschinenraum ist Teil des Kranes. Der Kranführer muss den Maschinenraum betreten, um in die Führerkanzel zu kommen. Ein Zutritt ist nur über den Kranführer möglich. Das Triebwerkshaus ist mit einem Bügel, einer Glocke und einem Schild gesichert. Um in den Getrieberaum bzw. den Maschinenraum zu gelangen, muss der Kranführer den Kran in eine bestimmte Parkposition bringen. Der Maschinenraum ist durch eine mechanische Absicherung verschlossen, die sich nur aus der Parkposition öffnen lässt. Der Maschinenraum hat eine Größe von ca. 40 m2 und es können sich in diesem Raum ohne Probleme mehrere Personen aufhalten. Außer dem Kranführer und dem Kranschlosser betritt auch den Triebwerksraum der Betriebselektriker sowie Kontrollorgane. Der Elektriker ist vor Ort beim Schaltkasten erforderlich, damit die Trommel zum Seilwechsel ganz abgewickelt werden kann.

Nach diesem (oben beschriebenen) Unfall wurde außerdem eine Zutrittssperre als Trittgitter rund um die bewegten Teile errichtet. Bei Arbeiten an den bewegten Teilen, wie z.B. beim Seilwechsel, muss dieses Gitter wieder entfernt werden. Darüber hinaus gibt es auch eine Verblendung unmittelbar bei den Stegen. Diese Verblendung verbleibt auch beim Seilwechsel. Überdies hat der Kranschlosser nunmehr eine Bedienkassette, über die er selbst den Kran betätigen kann.

Die Servicearbeiten am Kran, wie der Seilwechsel, erfolgten extern durch die Instandhaltung. Eine ausdrückliche Ausbildung für diese Servicearbeiten bekommt der Arbeitnehmer nicht, sondern erlernt er die Arbeiten durch das Mitgehen mit seinen Kollegen. In der (V GmbH) gibt es ca. 400 Kräne und jeder funktioniert etwas anders. Die allgemeinen Informationen und Unterweisungen erfolgen durch den unmittelbaren Vorgesetzten, nämlich den Meister, konkret Herrn (R). Das spezielle Wissen wird dann durch die Arbeiten am jeweiligen Kran vermittelt. Eine ausdrückliche Hinweisung auf diese Gefahrenstelle bei Kränen existiert nicht, allerdings sieht man die Gefahrenstelle. Die spezielle Gefahrenstelle war nicht bekannt und gab es daher auch keine Anweisungen. Auch führen neue Mitarbeiter nicht gleich zu ihrem Arbeitsbeginn solche Arbeiten selbständig durch, sondern lernen sie zunächst von den anderen erfahrenen Kollegen. Eine allgemeine Unterweisung in den allgemeinen Sicherheitsrichtlinien an den verunfallten Arbeitnehmer (W) erfolgte am , die jährliche Unterweisung erfolgte erstmalig am und das letzte Mal am . Der Arbeitnehmer ist seit Februar 2003 in dieser Abteilung und hat bereits mindestens zehn Seilwechslungen an Kränen durchgeführt.

Die Arbeiten werden im Team selbständig durchgeführt. Der Meister kontrolliert die Arbeiten stichprobenartig oder wenn es Probleme gibt. Auch ist er bei der wiederkehrenden und bei vorbeugenden Überprüfungen dabei. Außerdem gibt es Sicherheitsviertelstunden und werden auch Sicherheitsaudits durchgeführt. Dabei wurde die Scherstelle nicht als besondere Gefahrenstelle erkannt.

... Es liegen Gutachten des staatlich befugten und beeideten

Zivilingenieurs für Maschinenbau DI (E) betreffend die Krananlage Nr. 330 vor, die Abänderungen der Krananlage, nämlich Verschieben von Eisenbahnwaggons mit einem Kran, Anbringen eines Bunkers am Kran, Aufbau einer neuen Kabeltrommel und Montage eines neuen Containers und Umbau der Feststützen betreffen. Diese Gutachten ergingen daher zu einem besonderen Anlass. Weiters liegt ein Abnahmebefund der Krananlage aus dem Jahr 1958 vor. Ein Befund über eine wiederkehrende Überprüfung gemäß § 8 Abs. 2 AM-VO vom weist keine Unterschrift eines Prüfers auf, weist aber auf Abnützungen und erforderliche Maßnahmen hin.

Die allgemeine Sicherheitsinstruktion B1R Krane und E-Züge weist in Punkt 1.3. Anweisungen während des Betriebes auf, insbesondere dass betriebsfremde Personen, ausgenommen Instandhaltungspersonal, die Kräne nicht betreten dürfen. In Punkt

1.4. wird hinsichtlich Instandhaltung und Störungen gefordert, dass, wenn eine Sichtverbindung zwischen Kranführer und Arbeitspersonal nicht möglich ist, der erforderliche Kontakt entweder über einen Verbindungsmann (Einweiser) oder über ein Sprechfunkgerät sichergestellt werden muss. Auch in den vorgelegten Krane-Betriebs- und Wartungsvorschriften, Punkt 2.24. wird ausgeführt, dass Wartungsarbeiten nur durchgeführt werden dürfen, wenn der Kran abgeschaltet ist und Vorkehrungen gegen unbefugtes Einschalten getroffen sind. Sind für Wartungsarbeiten Kranbewegungen erforderlich, sind geeignete Vorkehrungen gegen die Gefährdung von Personen zu treffen.

Ein von der Staatsanwaltschaft Linz beim allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für technischen Unfallschutz, DI (H), in Auftrag gegebenes Gutachten vom ergab zur Unfallursache, dass auslösend einerseits das unbeabsichtigte Vortreten des Kranschlossers (W) mit dem rechten Fuß in den Gefahrenbereich der ungesicherten Bordscheiben der Hubwerkstrommel und andererseits die Bewegung der Hubwerkstrommel war. Aufgrund der erforderlichen Arbeiten zum Wechseln des Schließseiles war es für (W) zwingend erforderlich den Standplatz vor der Hubwerkstrommel einzunehmen. Wären die Scherstellen ordnungsgemäß gesichert gewesen, hätte es zu keinem Unfall kommen können. Der Gutachter kam daher zu dem Schluss, dass der gegenständliche Unfall verhindert hätte werden können, wenn 1. bei den Kranüberprüfungen auch auf mögliche Gefahrensituationen bei den erforderlichen Wartungsarbeiten Bezug genommen worden wäre, wie dies gesetzlich vorgesehen ist, 2. eine ordnungsgemäße Gefahrenevaluierung für das Schließseilwechseln gemacht worden wäre (dabei hätten die ungesicherten Bordscheiben bzw. die Scherstellen zweifelsfrei erkannt werden und in der Folge verkleidet werden müssen), und 3. einerseits eindeutige Kommandos getrennt für Schließ- und Hubtrommel festgelegt und bei möglicher Lärmbeeinträchtigung Handfunksprechgeräte beigestellt worden wären. Dadurch hätten Verständigungsprobleme, die zu einer möglichen Fehlbedienung geführt haben, vermieden werden können. Punkt 1 und 2 hätten zu primären technischen Schutzmaßnahmen geführt, die den gegenständlichen Unfall unabhängig von personenbezogenen Handlungen oder Umgebungseinflüssen verhindert hätten. Derartige Schutzmaßnahmen sind nicht nur Stand der Technik, sondern auch durchaus branchenüblich, wobei auch das Alter des Kranes, der mehrfach umgebaut und adaptiert wurde, keine Rolle spielt."

Diese Feststellungen gründete die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung auf die im Verwaltungsakt befindlichen Dokumente und Fotos, auf die Aussagen der bei der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen sowie auf die Angaben des Beschwerdeführers. Die Einvernahme weiterer Zeugen sei nicht erforderlich gewesen, weil bereits die einvernommenen Zeugen die für die beantragten Zeugen in Aussicht genommenen Beweisthemen abgedeckt hätten. Die Einvernahme des Kranführers sei deshalb nicht erforderlich gewesen, weil es nicht auf die Umstände des konkreten Unfalles, sondern auf die abstrakte Gefährdungsmöglichkeit ankomme. Ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen § 88 Abs. 1 Z 4 erster Fall StGB sei gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt worden.

In rechtlicher Hinsicht nahm die belangte Behörde eine Verletzung des § 44 Abs. 1 AM-VO iVm § 44 Abs. 8 AM-VO an, wonach - zusammengefasst - Quetsch- und Scherstellen an Arbeitsmitteln gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein müssten, selbst wenn sie sich in allgemein nicht zugänglichen Betriebsräumen befänden. Im Beschwerdefall sei erwiesen, dass Quetsch- und Scherstellen an der Hubwerkstrommel vorlägen, die nicht durch Vorkehrungen und Schutzeinrichtungen abgesichert seien, weshalb sich Arbeitnehmer bei Tätigkeiten an diesem Arbeitsmittel, insbesondere auch bei Instandhaltungs- und Wartungstätigkeiten, verletzen könnten. Es sei daher die dem Arbeitgeber auferlegte Verpflichtung gemäß § 44 Abs. 1 AM-VO nicht erfüllt worden. Auch liege keine Ausnahme gemäß § 44 Abs. 8 AM-VO vor, weil auch in versperrten Betriebsräumen Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssten. Die Seiltrommel weise neben der Auftrittsfläche Scherstellen auf, die nicht gegen Berührung gesichert seien. Diese Stellen seien für jene Personen, die sich im Maschinenraum befänden, ungesichert zugänglich. Aus § 44 Abs. 1 AM-VO ergebe sich, welche Gefahrenstellen zu sichern seien. Zudem könne mangels eines Sichtkontaktes und auf Grund des hohen Umgebungslärmes bei der Krananlage ein unbeabsichtigtes Einschalten des Arbeitsmittels vom Krankführerstand aus nicht ausgeschlossen werden. Allein aus der Durchführung von Abnahmeprüfungen könne nicht geschlossen werden, dass kein gesetzwidriger Zustand vorliege. Dem Beschwerdeführer treffe auch ein Verschulden an der Verwaltungsübertretung, zumal auch kein wirksames Kontrollsystem Platz gegriffen habe. Es reiche nicht aus, dass der Beschwerdeführer Fachleute eingesetzt habe, welche ebenfalls die Gefahrenstellen nicht erkannt und keine besonderen Maßnahmen gefordert hätten sowie, dass auch nachweislich Abnahmeprüfungen und Prüfgutachten von widerkehrenden Überprüfungen und von Anlassüberprüfungen vorlägen, welche die Scherstellen nicht bemängelten. Auch reiche es nicht aus, dass allgemeine Sicherheitsrichtlinien beachtet worden seien und Anweisungen sowie darüber hinaus jährlich Unterweisungen der Mitarbeiter erfolgt seien. Es sei erwiesen, dass die Arbeitnehmer für die konkrete Tätigkeit keine besonderen Sicherheitsanweisungen und keine Gefahrenhinweise erhalten hätten, sondern die konkrete Tätigkeit durch Vorzeigen und Anlernen erlernt worden sei. Auch würden diese Tätigkeiten im eingeteilten Team selbstständig durchgeführt und nur stichprobenartig oder bei Problemen kontrolliert werden. Widerkehrende Betriebsbesichtigungen durch Sicherheitsvertrauenspersonen und die Sicherheitsfachkraft seien gesetzliche Verpflichtungen, die zu erfüllen seien, entlasten aber den Arbeitgeber nicht dahingehend, selbst oder durch von ihm beauftragte, geeignete und kontrollierte Personen deren Tätigkeit zu überwachen. Die wiederkehrende Überprüfung betreffe auch nicht das gesamte Arbeitsmittel, sondern wesentliche, mit Verschleiß behaftete Komponenten und sicherheitsrelevante Bauteile. Die Prüfung konzentriere sich nach außergewöhnlichen Ereignissen auf außergewöhnliche Ereignisse. Eine Gesamtabnahme werde nicht durchgeführt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 AM-VO - in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. II Nr. 21/2010 - müssen Quetsch- und Scherstellen an Arbeitsmitteln durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen oder durch sonstige Schutzeinrichtungen, wie Sicherungen mit Annäherungsreaktion oder Begrenzung der wirksamen Energie, gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein.

Abs. 8 leg. cit. verlangt das Vorhandensein solcher Schutzeinrichtungen auch dann, wenn die Arbeitsmittel in allgemein nicht zugänglichen, versperrten Betriebsräumen, wie Aufzugs-, Triebwerks- oder Transmissionsräume, aufgestellt sind, ausgenommen Arbeitsmittel, bei denen durch andere technische und organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass ArbeitnehmerInnen durch ein unbeabsichtigtes Einschalten der Arbeitsmittel nicht gefährdet werden.

Gemäß § 130 Abs. 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von EUR 145,-- bis EUR 7.260,-- im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von EUR 290,-- bis EUR 14.530,-- zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen unter anderem die durchzuführenden Schutzmaßnahmen nicht festlegt oder nicht für deren Einhaltung sorgt (Z 6) oder die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt (Z 16).

Der Beschwerdeführer erachtet diese von der belangten Behörde als Grundlage seiner Bestrafung herangezogenen Normen als im Beschwerdefall nicht anwendbar, weil § 43 AM-VO im Zusammenhalt mit § 130 Abs. 1 Z 6 ASchG die hier maßgebende Spezialbestimmung sei. Bei der Gefahrenstelle handle es sich um eine Kraftübertragungseinrichtung.

Gemäß § 43 Abs. 1 AM-VO - in der Fassung vor der Novelle BGBl. II Nr. 21/2010 - müssen Wellen, Kupplungen, Riemen- und Seilscheiben, Ketten-, Zahn-, Speichen-, Schnecken- und Schwungräder, Friktionsscheiben oder andere Kraftübertragungseinrichtungen verkleidet oder verdeckt sein.

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob es sich um eine Gefahrenstelle durch eine Kraftübertragungseinrichtung im Sinne des § 43 Abs. 1 AM-VO handelt, weil die belangte Behörde bei dem in Rede stehenden Kran als Gefahrenstellen Quetsch- und Scherstellen festgestellt hat, die nicht zum Tatbild des § 43 AM-VO, allerdings zum Tatbild des § 44 Abs. 1 AM-VO zählen. Mangels solcher gemeinsamer Tatbildmerkmale stellt § 43 AM-VO keine Spezialbestimmung zu § 44 AM-VO dar.

Auch in der Anwendung des § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG durch die belangte Behörde ist keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründet, zumal zweifellos Verpflichtungen betreffend die Benutzung, aber auch betreffend die Wartung der Krananlage verletzt wurden. Ob allenfalls auch durchzuführende Schutzmaßnahmen nicht festgelegt wurden oder nicht für deren Einhaltung gesorgt wurde (§ 130 Abs. 1 Z 6 ASchG) spielt dabei keine Rolle. Die belangte Behörde hat demnach auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes die richtigen Strafnormen zur Bestrafung des Beschwerdeführers herangezogen.

Stellt der Beschwerdeführer im Rahmen der Rechtsrüge Überlegungen zu der von ihm in der Beschwerde aufgestellten Behauptung auf, ein unbeabsichtigtes Einschalten des Arbeitsmittels (Kran bzw. Seiltrommel) und damit eine Gefährdung wäre nicht möglich gewesen, widerspricht dies der Feststellung der belangten Behörde, "dass insbesondere mangels eines Sichtkontaktes und auf Grund des hohen Umgebungslärmes bei der Krananlage ein unbeabsichtigtes Einschalten des Arbeitsmittels vom Kranführerstand aus nicht ausgeschlossen werden kann". Da sich der Beschwerdeführer demnach mit seiner Behauptung vom festgestellten Sachverhalt entfernt, war auf die darauf gestützten rechtlichen Überlegungen nicht einzugehen.

Das - die Schuldfrage betreffende - Vorbringen, bei Begehungen und Überprüfungen des Krans durch Sachverständige seien die Scherstellen nicht bemängelt und weitere Sicherheitsvorkehrungen nicht vorgeschrieben worden, führt nicht zu einer Entlastung gemäß § 5 Abs. 1 VStG. Der Beschwerdeführer hat nicht einmal behauptet, dass bei den Überprüfungen konkret auf Scher- und Quetschstellen geachtet worden sei und er hat auch nicht näher dargelegt, worin die "sicherheitsrelevanten Überprüfungen" überhaupt im Einzelnen bestanden hätten. Nach den Feststellungen betrafen die wiederkehrenden Überprüfungen nicht das gesamte Arbeitsmittel, sondern wesentliche, mit Verschleiß behaftete Komponenten und sicherheitsrelevante Bauteile. Im Übrigen ist aus den im Verwaltungsakt einliegenden Kopien der Fotos der Situation vor Ort ersichtlich, dass die beschriebenen Gefahren auch für einen Laien leicht erkennbar sind.

Rügt der Beschwerdeführer in der Folge unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Unterlassung der Einvernahme diverser von ihm beantragter Zeugen zum Beweis des Vorliegens eines wirksamen Kontrollsystems, ist dem entgegen zu halten, dass schon sein Vorbringen nicht jene Merkmale eines Kontrollsystems umfasst, die nach der Rechtsprechung für dessen Wirksamkeit erforderlich sind. Es ist nämlich unter dem Gesichtspunkt des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG im Hinblick auf ein das Verschulden ausschließendes wirksamen Kontrollsystem nicht ausreichend, stichprobenartige Kontrollen durchzuführen, Anordnungen (Weisungen) zu erteilen, Schulungen durchzuführen und jährliche Unterweisungen hinsichtlich der Kranwartung und der allgemeinen Sicherheitsrichtlinien sowie Sicherheitsunterweisungen zu geben (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2007/02/0147).

Führt der Beschwerdeführer im Rahmen der Beweisrüge aus, die Feststellung, bei einem Seilwechsel habe es zu Verständnisschwierigkeiten kommen können, beruhe auf einer reinen Vermutung und sei nicht durch das Beweisverfahren gedeckt, ist er etwa auf die Angaben des Zeugen H in der mündlichen Verhandlung bei der belangten Behörde am zu verweisen, wonach es in der Halle sehr laut sei und ein direkter Sichtkontakt zum Kranführer in vielen Positionen nicht gegeben sei; der Verletzte W sagte aus, man habe bei der Verständigung mit dem Kranführer laut schreien müssen, dies auf Grund des Umgebungslärmes. Schon auf Grund dieser Beweisergebnisse konnte die belangte Behörde von Problemen bei der Verständigung ausgehen.

Schließlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde einen Ermessensfehler bei der Strafbemessung vor, weil der Beschwerdeführer ohnehin sämtliche ihm zumutbare Maßnahmen ergriffen habe, um das Arbeitsmittel sicher zu gestalten. Dem sind die obigen Ausführungen entgegen zu halten, wonach die von ihm getroffenen Maßnahmen nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen haben.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am