VwGH vom 14.01.2013, 2011/08/0199

VwGH vom 14.01.2013, 2011/08/0199

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der P GmbH in W, vertreten durch Dr. Michael Schneditz-Bolfras, Dr. Fritz Vierthaler, Dr. Christoph Mizelli und Mag. Christian Aigner, Rechtsanwälte in 4810 Gmunden, Marktplatz 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-948/1203-2011, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse schrieb der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 5.800,-- vor, weil im Rahmen der am erfolgten Betretung durch das Finanzamt W./Team KIAB auf einer näher bezeichneten Baustelle festgestellt worden sei, dass für die zehn zumindest am Versicherten B., N., Sch., Th., P., S., T., B., K. und F. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.

Im gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass sie beim gegenständlichen Bauvorhaben in G. die Durchführung von Trockenbauarbeiten übernommen habe und einen Teil der Arbeit an Subunternehmer weitergegeben habe. Mit diesen habe sie jeweils Werkverträge abgeschlossen, aus welchen sich ergebe, dass es sich bei den beauftragten Leistungen um keine Teilleistungen, sondern um fertige Gewerke handle. Aus den Werkverträgen ergebe sich auch, dass die beschwerdeführende Partei kein Weisungsrecht gegenüber den Subunternehmern habe. Diese hätten eigenverantwortlich gearbeitet und seien für den Erfolg der erbrachten Werkleistung gewährleistungspflichtig gewesen.

Die Werkverträge seien mit drei näher genannten Personengesellschaften, die alle ihren Sitz in Deutschland hätten, und deren selbständige Gesellschafter die betretenen Ungarn seien, abgeschlossen worden.

Zu keinem Zeitpunkt seien die Gesellschafter bei der beschwerdeführenden Partei im Sinne des ASVG beschäftigt gewesen. Auf Grund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in der Rechtssache C-161/07 stehe eindeutig fest, dass persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit Arbeitsleistungen in Österreich ausführen dürften, ohne dass es dafür einer gesonderten Bewilligung bedürfe. Eine Differenzierung auf Grund der Staatsbürgerschaft widerspreche dem Grundsatz der in der EU geltenden Niederlassungsfreiheit. Nach herrschender Rechtsauffassung des EuGH erkenne die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG den Gemeinschaftsangehörigen das Recht zur Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten zu. Ebenso hätten sie das Recht zur Errichtung von Unternehmen und zur Ausübung der Unternehmertätigkeit nach den Bestimmungen, die im Niederlassungsstaat für dessen eigene Angehörige gelten.

In ihrem Vorlagebericht vom bekräftigte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mit näherer Begründung ihre Ansicht, dass die genannten Personen als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 2 ASVG tätig gewesen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch als unbegründet ab. Nach dessen wörtlicher Wiedergabe stellte sie folgenden Sachverhalt fest:

Die beschwerdeführende Partei habe sich gegenüber der A. Bau AG vertraglich zur Durchführung von Trockenbauarbeiten auf der Baustelle P. in G. verpflichtet. Organe des Finanzamtes W., Team KIAB, hätten am auf dieser Baustelle die sieben ungarischen Staatsangehörigen B., N., Sch., Th., P., S. und T. bei Trockenbauarbeiten in verschmutzter Arbeitskleidung angetroffen. Weiters seien im Zuge der Erhebungen noch die drei Ungarn Bo., K. und F. kontrolliert worden. Die genannten Ungarn hätten gegenüber den Kontrollorganen angegeben, jeweils Inhaber der im Einspruch erwähnten "Firmen" zu sein und auf der Baustelle von der beschwerdeführenden Partei mit den Trockenbauarbeiten beauftragt worden zu sein. Seitens der "Firmen" sei drei Mal der gleiche, mit der beschwerdeführenden Partei abgeschlossene Rahmenvertrag vorgelegt worden. Keine der genannten Personen sei zur Sozialversicherung gemeldet gewesen.

Sieben Personen (B., N., Sch., Th., P., S. und T ) hätten Trockenbauarbeiten vom bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am durchgeführt und als Entlohnung ca. EUR 8,-- pro Quadratmeter fertiggestellter Wände bzw. Decken erhalten. Bo., K. und F. hätten Trockenbauarbeiten zumindest am Tag der Kontrolle verrichtet.

Bei der gegenständlichen Kontrolle, die im Erdgeschoß stattgefunden habe, seien nach Ausweisleistung der Finanzbeamten insgesamt drei betretene Personen geflüchtet. Bei der Kontrolle der Herren Sch. und T., die gerade Metallprofile für den Trockenbau zugeschnitten hätten, habe Letzterer Verträge zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Subunternehmern vorgelegt. Im ersten Stock der Baustelle hätten die Finanzbeamten die anderen Ungarn (B., N., Th., P. und S.) in verschmutzter Arbeitskleidung am Gang stehend bzw. in den angrenzenden Räumen Trockenbauarbeiten verrichtend angetroffen.

Der anwesende Vorarbeiter der beschwerdeführenden Partei habe sich von der "Zentrale" die Verträge mit den Subunternehmern übermitteln lassen. Der Firmensitz der Unternehmen befinde jeweils an der gleichen Adresse in Deutschland. Für zwei von ihnen seien Gewerbeanmeldungen vorgelegt worden. Internationale Versicherungsformulare "E 101" bzw. "A1" hätten laut Aktenvermerk der KIAB in der Anzeige vom von keinem der angetroffenen Arbeiter vorgewiesen werden können.

Die beschwerdeführende Partei habe mit den Gesellschaften inhaltlich idente Rahmenverträge betreffend Werkverträge für Trockenbauleistungen abgeschlossen, deren wesentliche Punkte 1 bis 3 bzw. 10 folgendermaßen lauteten:

"1. Zielsetzung des Rahmenvertrages

Dieser Rahmenvertrag regelt die Grundlagen und gemeinsamen Bestimmungen für zukünftige projektbezogener Werkverträge für Trockenbauleistungen. Mindestumfang oder Mindestumsätze werden mit diesem Rahmenvertrag explizit nicht vereinbart.

2. Beauftragung und Grundlagen des Vertrags

Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Es wird ausdrücklich vereinbart, dass dieses Vertragsverhältnis und die projektbezogenen Werkverträge für Trockenbauleistungen keine Arbeitskräfteüberlassungsvereinbarung darstellen, sondern der Auftragnehmer selbständig und eigenverantwortlich die übernommenen Leistungen ausführt. Der Auftragnehmer wird als wirtschaftlich völlig selbständiger Unternehmer tätig. Der Auftragnehmer ist sohin völlig weisungsungebunden und hat nur in sachlicher Hinsicht die Anweisungen zu befolgen, die zur Koordination der Gewerkerstellung mit anderen Professionisten und zur Sicherstellung der Qualität des Gewerkes und der Ausführungsbestimmungen erforderlich sind.

3. Konkrete Beauftragung und Grundlagen der Ausführung

Die konkrete Beauftragung erfolgt ausschließlich durch projektbezogene Werkverträge für Trockenbauleistungen mit Bezug auf das Leistungsverzeichnis eines konkreten Bauprojekts und auf die technisch-rechtlichen Vertragsbedingungen der Bauherrschaft. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die ihm übertragenen Arbeiten sach- und fachgerecht auszuführen und insbesondere die technischen und rechtlichen Vertragsbedingungen der Bauherrschaft, in die er Einsicht genommen hat, anzuerkennen.

Gewährleistung und Haftrücklass

Für die einwandfreie Beschaffenheit sowie für die Mängelfreiheit der ausgeführten Leistungen leistet der Auftragnehmer für die Dauer von dreieinhalb Jahren ab Übergabe des Gewerkes Gewähr. Als Übergabezeitpunkt gilt die Gesamtfertigstellung des Bauwerkes als vereinbart ..."

Anschließend gab die belangte Behörde die niederschriftlichen Aussagen der Arbeiter S. und Th. bei deren Einvernahme durch Organe der KIAB wörtlich wieder.

Weiter führte sie aus, die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom für die versicherungsrechtliche Beurteilung aufgefordert, eine ausführliche schriftliche Stellungnahme bzw. sämtliche zur Beurteilung des Versicherungsverhältnisses notwendigen Unterlagen bis spätestens an diese zu übermitteln. Trotz dieser Aufforderung habe die beschwerdeführende Partei die angeforderten Unterlagen "bis dato" nicht vorgelegt.

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde schließlich in rechtlicher Hinsicht aus, dass angesichts der von den Betretenen als Gesellschafter mit der beschwerdeführende Partei abgeschlossenen schriftlichen Rahmenverträge vorerst zu klären sei, ob tatsächlich "Subunternehmer-Werkverträge" vorlägen. Dabei komme es nicht auf die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB die Bezeichnung als Werkvertrag oder den Inhalt des Vertrages) an, sondern es sei gemäß § 539a Abs. 1 ASVG der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgebend.

Gegen das Argument, die Betretenen hätten im Rahmen eines "Subunternehmer-Werkvertrages" gehandelt, spreche, dass sich bereits die beschwerdeführende Partei als Unternehmerin zur Durchführung der Trockenbauarbeiten auf der Baustelle in G. gegenüber der A. Bau AG verpflichtet habe. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die beschwerdeführende Partei jeweils zwei Subunternehmen mit inhaltlich gleichen Trockenbauarbeiten beauftragt habe, zumal die Betretenen derart eng zusammenarbeiteten, dass sie für einen objektiven Beobachter alle wie Dienstnehmer der beschwerdeführenden Partei wirkten. Abgesehen davon regelten die mit den Subunternehmern abgeschlossenen, inhaltlich gleichen Rahmenverträge wörtlich nur die Grundlagen und gemeinsamen Bestimmungen für zukünftige projektbezogene Werkverträge für Trockenbauleistungen; der Mindestumfang oder Mindestumsätze seien mit diesen Rahmenverträgen explizit nicht vereinbart worden. Daher sei nach Ansicht der belangten Behörde die Werkleistung in den Rahmenverträgen nicht so konkret festgelegt, dass man von der Definition eines bestimmten Werkes und dem Schulden eines bestimmten Erfolges sprechen könne.

Die Trockenbauarbeit in Form des Montierens von Profilen und Anschraubens von Gipskartonplatten, die laut der schlüssigen KIAB-Anzeige persönlich von den Betretenen ausgeführt worden sei, stelle eine solche manuelle Tätigkeit dar, die typischerweise nur im Rahmen eines Dienst- und nicht eines Werkvertrages erbracht werde. Wenn jemand bei der Erbringung von Hilfsarbeiten unter solchen Umständen arbeitend angetroffen werde, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuteten, sei von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht allfällige atypische Umstände dargelegt würden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stünden. So habe auch der Verwaltungsgerichtshof die Herstellung eines Werkes als eine in sich geschlossene Einheit bei der Erbringung einzelner manueller Beiträge zu einem Werk nicht angenommen.

Auch der Umstand, dass drei Betretene gleich nach der Ausweisleistung der Kontrollorgane geflüchtet seien und die beschwerdeführende Partei trotz Aufforderung bis dato nicht die nötigen Bescheinigungen "E 101" bzw. "A 1" vorlegen habe können, lasse die belangte Behörde davon ausgehen, dass die Rechtfertigung im Einspruch eine reine Schutzbehauptung sei und die den KIAB-Beamten vorgelegten Rahmenverträge lediglich die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse verschleiern sollten. So hätten die von der KIAB einvernommen Herren S. und Th. für die belangte Behörde glaubhaft ausgeführt, dass sie die "Firma" gegründet hätten, um überhaupt in Österreich bzw. der EU arbeiten zu können. Dass die Betretenen über keine für ein Trockenbauunternehmen typische Betriebsstruktur wie eine Lagerhalle für Betriebsmittel oder Firmenfahrzeuge verfügten, gehe aus ihren Aussagen für die belangte Behörde schlüssig hervor. Vielmehr befinde sich der Betriebsstandort der Unternehmen der Betretenen in einer Wohnung in München, in der nur ein Büro mit Schreibtisch und Computer eingerichtet sei. Dass sowohl S. als auch Th., obwohl sie laut Einspruch persönlich haftende Gesellschafter der genannten Unternehmen seien, laut eigener glaubwürdiger Aussage erst einmal am Betriebsstandort ihrer Unternehmen gewesen seien, halte die belangte Behörde für sehr ungewöhnlich. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung würden Gesellschafter eines Unternehmens, das Trockenbauarbeiten ausführe, regelmäßig zum Betriebsstandort fahren, um dort ihre Aufträge abzuholen oder büromäßig abzuwickeln. Dass die Betretenen gemeinsam mit ihren privaten Autos auf die Baustelle gefahren seien, spreche nach Ansicht der belangten Behörde auch gegen die Annahme, dass die Betretenen als Selbständige für die beschwerdeführende Partei tätig geworden seien.

Die Entlohnung von EUR 8,-- pro Quadratmeter für die fertiggestellten Wände oder Decken halte die belangte Behörde für ein weiteres Indiz für den Abschluss eines Dienstvertrages. Aus diesem niedrigen Lohn sei zu schließen, dass die Tätigkeit der Betretenen auch von der beschwerdeführenden Partei als Hilfsarbeit gewertet und entlohnt worden sei. Die Betretenen könnten nach dem Dafürhalten der belangten Behörde mit einem solchen Lohn wirtschaftlich nicht kostendeckend als selbständige Unternehmer existieren. Nach den völlig glaubwürdigen und übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Betretenen (S. und Th.), wonach der Vorarbeiter der beschwerdeführenden Partei ihnen gezeigt habe, wo und was sie zu arbeiten hätten, und ihre Arbeit von einem Dienstnehmer der beschwerdeführenden Partei kontrolliert worden sei, seien die Betretenen der Kontrolle und den Weisungen der beschwerdeführenden Partei unterlegen. Letztere sei selbst vertraglich zu Trockenbauarbeiten gegenüber der A. Bau AG verpflichtet gewesen und habe daher als Unternehmerin ein großes Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtung gehabt. Durch die Vorgaben des Vorarbeiters der beschwerdeführenden Partei seien die Betretenen nach der allgemeinen Lebenserfahrung bezüglich ihres arbeitsbezogenen Verhaltens an die beschwerdeführenden Partei gebunden gewesen. Als Arbeitszeiten hätten die Einvernommen glaubhaft die Zeit von 8:00 bis 17:00 bzw. 18.00 Uhr, von Montag bis Freitag, angeführt.

Die belangte Behörde gehe nach der allgemeinen Lebenserfahrung im Zusammenhang mit Arbeitern auf einer Baustelle davon aus, dass die Betretenen auch persönlich zur Arbeitsleistung verpflichtet und daher auch persönlich von der Einspruchswerberin abhängig gewesen seien.

Nach den überzeugenden und sich deckenden Aussagen der einvernommenen Personen S. und Th. hätten die Betretenen seit der Gründung der beiden Unternehmen nur für die beschwerdeführende Partei gearbeitet. Die Gründung der Unternehmen sei im Hinblick auf das gegenständliche Bauvorhaben und im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit erfolgt. Daher gehe die belangte Behörde von der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Betretenen von der beschwerdeführenden Partei aus. Diese wirtschaftliche Abhängigkeit sei weiters daraus abzuleiten, dass nach der schlüssigen Aussage des Th. das gesamte benötigte Material wie Gipskartonplatten, Metallprofile oder Schrauben schon auf der Baustelle vorhanden gewesen sei und von der beschwerdeführenden Partei stammen dürfte, wobei sich der Vorarbeiter um den ständigen Nachschub des Baumaterials gekümmert habe. Dass dabei die Betretenen eigenes Werkzeug mitgehabt hätten, würde an der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Betretenen nichts ändern, weil das Werkzeug im Vergleich zum Trockenbaumaterial eine nur untergeordnete Rolle spiele.

Eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit durch den angefochtenen Bescheid, wie sie im Einspruch behauptet werde, habe die Einspruchsbehörde nicht feststellen können, da die Betretenen im Verfahren, für das noch die Rechtslage vor dem anzuwenden sei, die verlangte Bescheinigung "A 1" bzw. "E 101" nicht vorlegen hätten können.

Die Ermessensbestimmung der außerordentlichen Milderung des Beitragszuschlages sei, da dies nicht ausdrücklich beantragt worden sei und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse durch die Überprüfung und nachträgliche Bearbeitung ein nicht unerheblicher Mehraufwand entstanden sei, nicht anzuwenden. Aus den genannten Gründen könne man im gegenständlichen Fall nicht mehr von unbedeutenden Folgen der nicht erfolgten Nachmeldung sprechen. Im Übrigen sei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse schon deshalb kein Überschreiten des im Zusammenhang mit der Höhe des Beitragszuschlages liegenden Ermessens vorzuhalten, weil sie sich ohnedies an die gesetzlich vorgegebenen Pauschalbeträge gehalten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die beschwerdeführende Partei macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zunächst geltend, dass dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen sei, ob von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse die längstens zweimonatige Frist für die Vorlage des Einspruchs nach § 412 Abs. 4 ASVG eingehalten worden sei. Aus dem Bescheid ergebe sich auch nicht, ob die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gemäß § 412 Abs. 4 ASVG eine Stellungnahme abgegeben habe. Jedenfalls sei diese Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei nicht zur Kenntnis gebracht worden. Der Bescheid sei daher mit einem wesentlichen Mangel behaftet, weil ihm nicht zu entnehmen sei, ob der gesetzliche Fristenlauf eingehalten wurde.

Diesem Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, dass die fristgerechte Vorlage des Einspruchs an die Einspruchsbehörde keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Einspruchsbescheides darstellt; auch die verspätete Vorlage des Einspruchs würde also nicht die Rechtswidrigkeit des Einspruchsbescheides bewirken. Dadurch, dass die belangte Behörde den Zeitpunkt der Vorlage des Einspruchs in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht angegeben hat, war daher weder die beschwerdeführende Partei an der Verfolgung ihrer Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof noch dieser an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides gehindert.

Was die Rüge betrifft, die belangte Behörde habe der beschwerdeführenden Partei den Vorlagebericht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht zur Kenntnis gebracht, so liegt darin zwar eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör. Die beschwerdeführende Partei unterlässt es aber, die Relevanz dieses Verfahrensmangels für den Ausgang des Verfahrens darzutun, weshalb er nicht als wesentlich anzusehen ist.

2. Als weiteren Verfahrensmangel macht die beschwerdeführende Partei geltend, dass die Feststellung, sie habe trotz Aufforderung durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, dieser eine ausführliche Stellungnahme bzw. sämtliche zur Beurteilung des Versicherungsverhältnisses notwendigen Unterlagen bis spätestens zu übermitteln, diese aber "bis dato" nicht vorgelegt, unrichtig sei.

Auf die mangelnde Mitwirkung der beschwerdeführenden Partei hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides allerdings ohnedies nicht tragend gestützt. Dass sie aber von der beschwerdeführenden Partei vorgelegte Äußerungen oder Unterlagen nicht berücksichtigt hätte, behauptet auch die Beschwerde nicht.

3. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit verweist die beschwerdeführende Partei, wie bereits in ihrem Einspruch, zunächst auf das , Kommission gegen Österreich. Aus diesem sei abzuleiten, dass Arbeiten, die Gesellschafter einer Personengesellschaft für ihre Gesellschaft erbrächten und die üblicherweise im Rahmen von Dienstverhältnissen erbracht würden, "ständige Tätigkeiten" darstellten und nicht "als Dienstverhältnis bzw. als Beschäftigung" zu qualifizieren seien.

Eine solche Aussage lässt sich dem genannten Urteil jedoch nicht entnehmen. Der EuGH hat darin lediglich ausgesprochen, dass es gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn die Eintragung bestimmter Gesellschaften, an denen Angehörige der am der Europäischen Union beigetretenen "neuen" Mitgliedstaaten beteiligt sind, im Firmenbuch von der vorherigen Feststellung der Selbständigkeit durch das Arbeitsmarktservice oder von der vorherigen Vorlage eines Befreiungsscheines abhängig gemacht wird. Er hat aber ausdrücklich festgehalten, dass eine Überprüfung, ob bestimmte Tätigkeiten tatsächlich selbständig oder doch im Rahmen einer unselbständigen Beschäftigung ausgeübt werden, zulässig ist (Rn. 40 des genannten Urteils; vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0171).

4. Die Beschwerde tritt schließlich auch auf der Basis innerstaatlicher Rechtsvorschriften der Beurteilung der belangten Behörde entgegen, dass es sich bei den betretenen Personen um Dienstnehmer im Sinne des ASVG gehandelt habe. Den Werkverträgen, die der belangten Behörde vorgelegen seien, sei bei genauerer Betrachtung zu entnehmen, dass die von den Montageunternehmen errichteten Gewerke durch Leistungspositionen, die sich auf ein Leistungsverzeichnis bezögen, genau definiert worden seien. Es sei auch bestätigt worden, dass die Unternehmen entsprechende "Werkspläne bzw. Ausführungspläne" erhalten hätten. Bei den Gewerken, im konkreten Fall der Montage von Ständerwänden sowie Spachtelarbeiten, handle es sich sehr wohl um abgegrenzte eigene Gewerke. Die verfahrensgegenständlichen Unternehmen seien in keiner Weise in Abläufe der beschwerdeführenden Partei eingegliedert gewesen. Wenn im angefochtenen Bescheid fälschlicherweise mehrmals von einem Vorarbeiter der beschwerdeführenden Partei gesprochen werde, so habe es sich tatsächlich um deren Projektleiter gehandelt, welcher die Baustelle einmal pro Woche besucht habe, um an Besprechungen mit der örtlichen Bauleitung teilzunehmen. Aufgabe des Projektleiters sei es, gegenüber den Subunternehmern zu kommunizieren und zu koordinieren. Aus dem Vorhandensein eines Projektleiters könne allerdings keine Weisungsbefugnis gegenüber den Subunternehmern abgeleitet werden. Tatsächlich seien im Bescheid auch keine Umstände dargelegt worden, die auf die Ausübung eines solchen Weisungsrechtes hindeuten würden. Vereinbart gewesen seien lediglich Fertigstellungstermine, aber keine Arbeitszeitvorgaben. Eine Abrechnung der erbrachten Werkleistungen nach Einheitspreisen und nicht nach Stunden, wobei es sich bei dem vereinbarten Montagepreis von EUR 8,-- pro Quadratmeter um einen marktüblichen Preis gehandelt habe, spreche ebenfalls für die selbständige Tätigkeit. Die Verwendung von Material des Auftraggebers spreche nicht gegen diese, vielmehr sei die Verwendung von beigestellten Baustoffen ein geradezu typisches Merkmal eines Werkvertrages.

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen unter solchen Umständen arbeitend angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Hilfsarbeiten auf einer Baustelle der Fall ist), dann ist die Behörde aber berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0091, mwN). Solche atypische Umstände sind im Beschwerdefall nicht ersichtlich, zumal nicht hervorgekommen ist, dass die ungarischen Staatsangehörigen bzw. die Gesellschaften, an denen sie beteiligt sind, über eine eigene betriebliche Organisation oder über nennenswerte Betriebsmittel verfügt hätten, eigene unternehmerische Entscheidungen hätten treffen können oder in der Art selbständig am Markt auftretender Unternehmer ihre Tätigkeiten erfolgreich angeboten hätten; es wurde vielmehr ausdrücklich - von der beschwerdeführenden Partei unbestritten - festgestellt, dass sie außer für die beschwerdeführende Partei für keine anderen Auftraggeber tätig geworden sind. Nach den festgestellten Umständen der Arbeitserbringung handelt es sich nicht um Tätigkeiten auf Grund von Werkverträgen in dem Sinn, dass die persönliche Abhängigkeit der genannten Personen in Frage gestellt werden könnte, abgesehen davon, dass es nicht hinreicht, in einem "Werkvertrag" nur den Rahmen für im Einzelfall abgeschlossene Vertragsverhältnisse abzustecken, wenn es an der für eine Zuordnung zu einem bestimmten Vertragstyp erforderlichen Bestimmtheit der Leistungen fehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0217, mwN). Auch bei "genauerer Betrachtung" lassen sich den eingangs in ihren wesentlichen Teilen wiedergegebenen Rahmenverträgen keine konkreten zu erbringenden Werkleistungen entnehmen.

Was die wirtschaftliche Abhängigkeit betrifft, so ist sie bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0147, mwN).

Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die zehn ungarischen Staatsangehörigen vom Beschwerdeführer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt wurden. Dem stehen weder die in der Beschwerde erwähnten "Bestätigungen der Wiener Gebietskrankenkasse", wonach die Unternehmen keine Dienstnehmer oder freien Dienstnehmer im Sinn des § 4 ASVG gemeldet hätten, noch die Auskunft, dass die Gesellschafter berechtigt gewesen seien, "auf selbständiger Basis Arbeitsleistungen zu erbringen", entgegen.

5. Auch die Bemessung des festgesetzten Beitragszuschlages begegnet keinen Bedenken. Der Meldeverstoß hat sich auf zehn Arbeitnehmer gleichzeitig ausgewirkt, und die Meldungen waren zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die KIAB noch nicht nachgeholt worden; es liegt daher das typische Bild eines Meldeverstoßes vor, sodass von "unbedeutenden Folgen" iSd. § 113 Abs. 2 ASVG, die eine Herabsetzung des Beitragszuschlags rechtfertigen würden, keine Rede sein kann, mag es sich auch, wie die beschwerdeführende Partei geltend macht, um ihren "ersten Fall" gehandelt haben (vgl. in diesem Sinn etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0151, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der beschwerdeführenden Partei gegen die gesetzliche Pauschalierung des Beitragszuschlages mit EUR 500,-- für die gesonderte Bearbeitung je nicht vor Arbeitsantritt gemeldeter Person und EUR 800,-- für den Prüfeinsatz.

6. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am