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VwGH vom 27.05.2008, 2006/17/0148

VwGH vom 27.05.2008, 2006/17/0148

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der AS in Ort im Innkreis, vertreten durch Dr. Christoph Bleckenwegner, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Hauptplatz 17, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-013717/2-2006-La, betreffend Erteilung einer Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag nach dem Oberösterreichischen Raumordungsgesetz 1994 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Ort im Innkreis, 4974 Ort im Innkreis Nr. 130), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurden der Beschwerdeführerin für das in der mitbeteiligten Gemeinde gelegene Grundstück Nr. 139/1 Aufschließungsbeiträge nach § 25 Abs. 3 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993 (in der Folge: Oö ROG 1994), für die Erschließung durch eine Kanalisationsanlage bzw. durch eine Wasserversorgungsanlage vorgeschrieben.

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die mit Bescheiden vom erfolgten Abgabenvorschreibungen die Erteilung von Ausnahmen vom Aufschließungsbeitrag gemäß § 27 Oö ROG 1994.

Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Anträge der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass zur Entscheidung über einen Ausnahmeantrag das örtliche Entwicklungskonzept als Hilfestellung zur Beantwortung der Frage heranzuziehen sei, ob der Erteilung der Ausnahme Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere derartige Interessen, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kämen, entgegenstünden. Aus dem örtlichen Entwicklungskonzept der mitbeteiligten Gemeinde seien als allgemeine Ziele (Kurzfassung mit Leitbildableitung) unter anderem die Aufrechterhaltung und Verbesserung des Funktionsgefüges mit dem Umland durch geeignete Verdichtungsmaßnahmen innerhalb der Siedlungsstruktur, die Konzentration der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung auf die Siedlungskerne, die Verhinderung einer weiteren großflächigen Ausdehnung des Siedlungsgebietes in das Umland und eine aktive Bodenpolitik ersichtlich. Gewidmetes Bauland in günstigen Lagen solle für die Siedlungstätigkeit verfügbar gemacht werden.

Für die Aufschließung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes sei die gesamte kommunale technische Infrastruktur (Verkehrsfläche der Gemeinde, Kanal, Wasserversorgungsanlage) vorhanden, was auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten werde. Diesem Faktum komme im Zusammenhang mit der nunmehr erörterten und festgestellten Standortqualität - das Grundstück liege unmittelbar im Ortszentrum - auch die Bedeutung zu, dass die Gemeinde als geordnete Siedlungsentwicklung (§ 27 Abs. 2 Oö ROG 1994) zu Recht eine die vorhandene Infrastruktur bestmöglich nutzende Siedlungsentwicklung sehe.

Die von der Gemeinde gesetzten Prioritäten der Siedlungsentwicklung seien erkennbar und das Grundstück liege innerhalb eines solchen Siedlungsgebietes, in dem eine vorrangige Siedlungsentwicklung angestrebt werde. Es könne in der Feststellung des Gemeinderates, die Freihaltung des Grundstückes bedeute einen Widerspruch zu diesen Zielen, keine Gesetzwidrigkeit erblickt werden. Gehe es doch bei den im örtlichen Entwicklungskonzept festgelegten Entwicklungszielen in erster Linie darum, welche Baulandreserven vorrangig bebaut werden sollten.

Zusammenfassend teile die belangte Behörde die Beurteilung der Berufungsbehörde, wonach es einer geordneten Siedlungsentwicklung widerspreche, das Grundstück für die nächsten zehn Jahre unbebaut zu lassen. Da eine Verletzung von subjektiven Rechten der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht gesehen werden könne, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 27 des Landesgesetzes vom über die Raumordnung im Land Oberösterreich (Oberösterreichisches Raumordungsgesetz 1994 - Oö ROG 1994), LGBl. Nr. 114/1993 idF LGBl. Nr. 115/2005, lautet:

"§ 27

Ausnahmen vom Aufschließungsbeitrag

(1) Die Gemeinde hat mit Bescheid eine Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag zu erteilen, wenn

1. dies der Grundstückseigentümer binnen vier Wochen nach Zustellung der Vorschreibung beantragt,

2. den (Anm: Richtig: dem) Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solche, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommen, nicht entgegenstehen und

3. das Grundstück keine Baulücke darstellt. Eine Baulücke ist eine in geschlossen bebauten Gebieten zwischen bebauten Grundstücken liegende unbebaute Grundfläche, die zur Sicherung der geordneten Bebauung des Gebiets bebaut werden sollte."

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, wonach der Erteilung der von der Beschwerdeführerin begehrten Ausnahme Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solche, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kämen, entgegenstünden.

Zunächst ist festzuhalten, dass § 27 Abs. 1 Oö ROG 1994 für die Erteilung einer Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag das Vorliegen aller in den Ziffern 1 bis 3 genannten Kriterien kumulativ vorsieht. Insofern trifft es zu, dass bei Fehlen einer der Voraussetzungen die Bewilligung nicht zu erteilen ist. Der Umstand, dass die Abgabenbehörden nicht vom Vorliegen einer Baulücke ausgegangen sind, ist daher für die Beurteilung des angefochtenen Bescheides nicht von ausschlaggebender Bedeutung, sofern die belangte Behörde zutreffend vom Fehlen der Voraussetzung nach § 27 Abs. 1 Z 2 Oö ROG 1994 ausgehen konnte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0100).

Die belangte Behörde hat ihre abweisende Vorstellungsentscheidung auf § 27 Abs. 1 Z 2 ROG 1994 gestützt. Dabei kann ihr nicht entgegengetreten werden, wenn sie an Hand der konkreten Vorgaben des örtlichen Entwicklungskonzepts darlegte, inwiefern auf Grund der konkreten Situation in der mitbeteiligten Gemeinde in Verbindung mit den im Entwicklungskonzept festgeschriebenen Zielen bei Erteilung der Ausnahme eine Gefährdung einer geordneten Siedlungsentwicklung im Sinne von § 27 Oö ROG 1994 vorläge (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0142).

Gemäß Punkt 5.2. des maßgeblichen Entwicklungskonzepts soll durch eine aktive Bodenpolitik der mitbeteiligten Gemeinde gewidmetes Bauland in günstigen Lagen für Siedlungstätigkeit verfügbar gemacht werden. Aus dem Hinweis in der Beschwerde auf eine aus dem örtlichen Entwicklungskonzept ableitbare "Überdeckung" bezüglich des Baulandneubedarfs ist für den Standpunkt der Beschwerdeführerin insoferne nichts zu gewinnen, als gemäß § 27 Oö ROG 1994 die im Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommenden Zielsetzungen entscheidend sind. Wenn die belangte Behörde aus dem im Entwicklungskonzept enthaltenen Ziel, bereits gewidmetes Bauland in günstigen Lagen für die Siedlungstätigkeit verfügbar zu halten, abgeleitet hat, dass damit im Falle eines zentrumsnah gelegenen Baugrundstücks die Erteilung der Ausnahme der geordneten Siedlungsentwicklung zuwider liefe, kann dies nicht als gesetzwidrig erkannt werden. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis in der Beschwerde, dass die für die Aufschließung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks erforderliche kommunale Infrastruktur bereits vorhanden sei. Gerade dies spricht dafür, der Bebauung eines solchen Grundstücks Priorität einzuräumen. Für den Standpunkt der Beschwerdeführerin ist daher aus diesem Faktum nichts zu gewinnen.

Auf die Ausführungen in der Beschwerde betreffend das Nichtbestehen einer Baulücke war bei diesem Ergebnis nicht weiter einzugehen.

Im Übrigen bestehen vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens auch keine Bedenken gegen das rechtmäßige Zustandekommen des gegenständlichen Entwicklungskonzeptes.

Die Erbringung von Eigenleistungen der Beschwerdeführerin bei der Aufschließung des gegenständlichen Grundstücks ist kein bei der Erteilung der Ausnahmebewilligung nach § 27 Abs. 1 Oö ROG 1994 zu prüfender Gesichtspunkt. Im Übrigen ist im vorliegenden Verfahren weder die Entscheidung der Abgabenbehörden in anderen Fällen zu prüfen, noch kann die Beschwerdeführerin aus dem Umstand, dass Dritten Ausnahmebewilligungen erteilt worden sein sollten, Rechte für den Beschwerdefall ableiten (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0110).

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am