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VwGH vom 28.07.2010, 2009/02/0356

VwGH vom 28.07.2010, 2009/02/0356

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des P G in M, vertreten durch Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Tiroler Straße 30, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-1352/6/2008, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am von 22.09 Uhr bis 22.12 Uhr in M. vor dem alten FF-Haus, trotz Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug um

21.55 Uhr an einem näher genannten Ort gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO übertreten und wurde dafür mit einer Geldstrafe in Höhe von EUR 1.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) bestraft.

In der Begründung gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder und stellte fest, dass das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug zu der im Spruch genannten Zeit zur Durchführung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten worden sei. Im Zuge der Amtshandlung sei der Beschwerdeführer vom einschreitenden Straßenaufsichtsorgan E. zum Alkomattest aufgefordert worden. Der geeichte Alkomat habe sich im Dienstfahrzeug befunden, welches in der Nähe des Anhalteortes abgestellt gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei dieser Aufforderung insofern nachgekommen, als er sich gemeinsam mit dem Polizisten zum Dienstfahrzeug begeben habe. Der Beschwerdeführer sei danach gefragt worden, ob er mit dem Alkomaten umgehen könne. Der Beschwerdeführer habe sinngemäß mitgeteilt, dass er bereits im Jahr 2005 einen Alkomaten beatmet habe. Nachdem vom Polizisten der Alkomat in einen betriebsbereiten Zustand gebracht worden sei, habe der Beschwerdeführer gegen 22.09 Uhr den Alkomaten beatmet. Er habe jedoch kein gültiges Messergebnis erzielen können. Nachdem auch ein zweiter Blasversuch zu keinem gültigen Messergebnis geführt habe, habe auch der zweite Polizist M. den Beschwerdeführer ausführlich darauf hingewiesen, den Alkomaten ausreichend zu beatmen. Der nächste Blasversuch sei jedoch erfolglos geblieben. Dem Beschwerdeführer sei dann kein Blasversuch mehr gestattet und ihm sinngemäß mitgeteilt worden, dass der Alkotest als verweigert gelte. Im Zuge der weiteren Gespräche habe der Beschwerdeführer erwähnt, dass er im Stollen arbeite und daher eine eingeschränkte Lungenfunktion habe. Weiters habe der Beschwerdeführer um eine Blutabnahme ersucht. Vom Polizisten M. sei dem Beschwerdeführer sinngemäß mitgeteilt worden, dass dies nach den Vorschriften im gegenständlichen Fall nicht vorgesehen sei. Abschließend seien auch die Daten des Beschwerdeführers aufgenommen und ihm eine Bestätigung über die Führerscheinabnahme ausgefolgt worden. Es sei auch noch eine weibliche Person, die der Beschwerdeführer zuvor angerufen habe, zum Ort der Amtshandlung gekommen und habe mit den Polizisten über den gegenständlichen Vorfall gesprochen. Danach hätten sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Bekannte den Ort der Amtshandlung verlassen und sich ins Krankenhaus L. begeben, wo gegen 23.15 Uhr eine Blutabnahme zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes des Beschwerdeführers vorgenommen worden sei. Das Ergebnis sei 0,0 Promille gewesen.

Ein im erstinstanzlichen Verfahren eingeholtes amtsärztliches Gutachten - so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiter - habe ergeben, dass der Beschwerdeführer im Tunnelbau beruflich tätig sei und eine leichte Einschränkung der Lungenfunktion habe. Der Untersuchungsbefund eine Stunde nach der Amtshandlung im Krankenhaus L. habe keinerlei Auffälligkeiten im körperlichen Status des Beschwerdeführers ergeben, weshalb davon ausgegangen werden könne, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich in der Lage sei, einen Alkotest mittels Alkomaten zielführend zu vollführen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass nach ständiger Rechtsprechung bei drei Fehlversuchen von einer Verweigerung der Atemluftprobe auszugehen sei, sodass im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 StVO vorliege. Der in der Berufung behauptete Umstand, dass der Beschwerdeführer auf Grund gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage gewesen sei, den Alkomaten ausreichend zu beatmen, sei insofern nicht zielführend, als nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf eine Unmöglichkeit der Ablegung des Alkomatentests bereits im Rahmen der Amtshandlung hinzuweisen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen,

1. die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 5 Abs. 4a StVO sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs. 2 aus Gründen die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hiezu ermächtigten Arzt zur Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu bringen.

Die Organe der Straßenaufsicht sind nach § 5 Abs. 5 StVO weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hiezu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

keinem den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat (Ziffer 1) oder

aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war (Ziffer 2). Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat derjenige, der gemäß § 5 Abs. 2 StVO zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, umgehend (das heißt bei diesem Anlass) auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat aus medizinischen Gründen hinzuweisen (sofern dies nicht für Dritte sofort klar erkennbar ist), sodass die Organe der Straßenaufsicht in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 5 Z 2 StVO zu prüfen, bejahendenfalls von der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft Abstand zu nehmen und den Aufgeforderten zum Zwecke der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem in § 5 Abs. 5 StVO genannten Arzt zu bringen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2004/02/0334).

Zu Grunde liegt dieser Verpflichtung anlässlich der Untersuchung der Atemluft im Falle einer für Dritte nicht sofort klar erkennbaren Unmöglichkeit der Ablegung eines Alkomattests, dass ansonsten der Behörde die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit zur Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol mittels einer Untersuchung nach § 5 Abs. 4a und Abs. 5 StVO genommen würde (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 99/02/0310).

Es ist unerheblich, ob der Beschwerdeführer tatsächlich aus medizinischen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, der Aufforderung zur Atemluftprobe nachzukommen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2003/02/0258).

In Anbetracht des festgestellten Sachverhaltes, der Beschwerdeführer habe nach drei Fehlversuchen darauf hingewiesen, er arbeite in einem Stollen, er habe eine eingeschränkte Lungenfunktion und er habe um eine Blutabnahme ersucht, danach seien die Daten des Beschuldigten aufgenommen und ihm eine Bestätigung über die Führerscheinabnahme ausgefolgt worden, konnte für die einschreitenden Beamten nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei der Äußerung des Beschwerdeführers um einen Hinweis auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat aus medizinischen Gründen handelt. Dieser Hinweis erfolgte auch noch im Rahmen der Amtshandlung, zumal noch nicht einmal die Daten des Beschwerdeführers aufgenommen worden waren. Auf Grund des im Beschwerdefall gegebenen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhanges zwischen dem dritten Blasversuch und dem Hinweis des Beschwerdeführers mussten die einschreitenden Beamten davon ausgehen, dass der Hinweis auch noch anlässlich der Untersuchung der Atemluft erfolgt ist.

Da bei einem solchen Sachverhalt eine Bestrafung wegen Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt rechtswidrig ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-86509