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VwGH 04.07.2008, 2006/17/0139

VwGH 04.07.2008, 2006/17/0139

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2;
RS 1
Befindet sich am Stichtag ein Gebäude, dessen Errichtung die Baubehörde bewilligt hat, auf einem als Bauland gewidmeten Grundstück, so begründet dies - von Ausnahmen abgesehen - die Bauplatzeigenschaft dieses Grundstücks nach § 11 Abs. 1 Z 4 Nö BauO 1996, auch wenn es nicht die in § 11 Abs. 2 Nö BauO 1996 normierten Anforderungen für eine Bauplatzerklärung erfüllt.
Normen
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1996 §39 Abs1;
RS 2
Die Bauplatzeigenschaft nach § 11 Abs. 1 Z 4 Nö BauO 1994 bleibt auch dann erhalten, wenn das Gebäude nach dem Stichtag abgetragen worden ist. Somit können zwischen dem Abbruch eines solchen Gebäudes und der Errichtung eines neuen Gebäudes Monate oder Jahre vergehen, ohne dass die Errichtung des neuen Gebäudes Anlass für eine (neuerliche) Bauplatzerklärung und Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe wird (vgl. dazu Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht5, 211). Werden bei einem solchen Bauplatz in der Folge die Grenzen geändert und wird dabei das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert, so ist dies - so nicht der Ausnahmetatbestand des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 zur Anwendung gelangt - zum Anlass für die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zu nehmen. Die Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 findet nach deren Wortlaut nur bei der Vereinigung eines nach § 11 Abs. 1 Z. 4 Nö BauO 1996 bebauten Grundstücks mit unbebauten Grundstücken Anwendung. Damit stellt der Gesetzgeber in § 39 Abs. 1 Nö BauO 1996 - anders als in § 11 Abs. 1 Z 4 Nö BauO 1996 - darauf ab, ob das Grundstück auch nach dem - nämlich zum Zeitpunkt der Vereinigung mit einem unbebauten Grundstück - noch bebaut ist.
Normen
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1996 §39 Abs1;
RS 3
Mit der Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 sollte ein Anreiz geschaffen werden, Bauplätze nach § 11 Abs. 1 Z 4 Nö BauO 1996, deren Bebauung nicht den Anforderungen der geltenden Nö BauO 1996 bzw. den Bebauungsplänen der Gemeinden entsprechen (z. B. wegen der nunmehr einzuhaltenden Abstandsbestimmungen), mit angrenzenden unbebauten Grundstücken zu vereinigen und derart einen den genannten Bestimmungen entsprechenden Zustand herzustellen. Auch aus dem in den Materialien genannten Beispielsfall der fehlenden Brandwände an den Grundstücksgrenzen wird deutlich, dass der Ausnahmetatbestand dazu dient, eine Bebauung von Grundstücken, die nach der geltenden Rechtslage nicht in dieser Form hätte erfolgen dürfen, durch die Vereinigung dieser Grundstücke mit unbebauten Grundstücken zu "sanieren". Demzufolge hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0052, die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung bei der Vereinigung einer Punktparzelle, die mit einem Gebäude ohne Brandschutzwände bebaut ist, mit einem unbebauten Grundstück bejaht.
Normen
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1996 §39 Abs1;
RS 4
Die Vereinigung zweier (im Zeitpunkt der Vereinigung) unbebauter Grundstücke ist vom Wortlaut der Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 nicht umfasst, mag es sich auch bei einem der beiden Grundstücke um einen Bauplatz iSd § 11 Abs. 1 Z. 4 Nö BauO 1996 handeln.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde 1. des R und

2. der K, beide in O, beide vertreten durch Dr. Johann Grandl, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 18/1/2/3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-411/002-2006, betreffend Ergänzungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Sulz im Weinviertel), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom wurde der mitbeteiligten Marktgemeinde die Vereinigung der im Bauland gelegenen Grundstücke Nr. 3796 und .506 (Bfl.), KG Obersulz, zu Grundstück Nr. .506, KG Obersulz, angezeigt.

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde anlässlich der angezeigten Änderung der Grundstücksgrenzen eine Ergänzungsabgabe in Höhe von EUR 9.722,31 vor. Dabei wurde von einer Berechnungslänge (BL) für den neugeformten Bauplatz Grundstück Nr. .506 (neu) von 35,14 m die damalige Berechnungslänge für das Grundstück Nr. .506 (alt) von 1,73 m in Abzug gebracht und der daraus sich ergebende Differenzbetrag von 33,41 m mit einem Bauklassenkoeffizienten (BKK) von 1 und einem Einheitssatz von EUR 291,-- vervielfacht.

Mit Bescheid vom gab der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge.

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung Folge, behob die genannte Berufungsentscheidung und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde. Sie führte begründend aus, im Protokoll der Gemeindevorstandsitzung vom scheine keine durch den Beschluss des Kollegialorgans gedeckte Begründung des Bescheides auf. Dadurch seien die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Mit Bescheid vom gab der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung neuerlich keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und gesetzlicher Bestimmungen ausgeführt, es handle sich bei dem Grundstück Nr. 3796 um keinen Bauplatz. Es sei auch nie mit bewilligten Gebäuden bebaut gewesen. Beim Grundstück Nr. 506 (alt) sei von der Baubehörde die Bauplatzeigenschaft angenommen worden, weil dieses 1989 und 1990 noch mit einem bewilligten Gebäude bebaut gewesen sei. Durch die am angezeigte Vereinigung der beiden Grundstücke habe sich das Gesamtausmaß der Bauplätze vergrößert (Bauplatzfläche alt: 3 m2, Bauplatzfläche neu: 1.235 m2). Die Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 komme nur zur Anwendung, wenn ein (im Zeitpunkt der Vereinigung) nach § 11 Abs. 1 Z 4 Nö Bauordnung 1996 bebautes Grundstück mit einem unbebauten Grundstück vereinigt werde und das bebaute Grundstück erst mit dem an einer oder mehreren Seiten anschließenden unbebauten Grundstück einen Bauplatz bilde. Die erste Voraussetzung liege nicht vor, weil die Bauwerber selbst eine Bestätigung vorgelegt hätten, wonach das Gebäude auf Grundstück Nr. 506 (alt) 1990 abgerissen worden sei. Die zweite Voraussetzung wäre zwar erfüllt, dies sei aber für das weitere Verfahren nicht bedeutend.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung vertraten die beschwerdeführenden Parteien die Auffassung, im Beschwerdefall käme die Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 zur Anwendung, weil erst durch die Vereinigung mit dem unbebauten Grundstück Nr. 3796 der Bauplatz Grundstück Nr. 506 (alt) an eine öffentliche Verkehrsfläche grenze. Auf Grund des öffentlichen Interesses an der Vereinigung der beiden Grundstücke sei diese nach dem Willen des Gesetzgebers kein Anlass für die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der ihrer Auffassung nach anzuwendenden Rechtslage aus, durch die Vereinigung des Grundstücks Nr. 3796 mit dem Grundstück Nr. .506 (Bauarea, Punktparzelle - alt) sei ein neuer größerer Bauplatz geschaffen und der zweite Abgabentatbestand der Ergänzungsabgabe (Vergrößerung des Gesamtausmaßes eines Bauplatzes) erfüllt worden. Die Vorschreibung der Ergänzungsabgabe sei daher dem Grunde und der Höhe nach gesetzeskonform erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die beschwerdeführende Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen.

Die belangte Behörde übermittelte mit den Akten ein als Gegenschrift bezeichnetes Schreiben, in dem sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete keine Äußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 11 und 39 Niederösterreichische Bauordnung 1994 (im Folgenden: Nö BauO) idF der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 lauten (auszugsweise):

"§ 11

Bauplatz, Bauverbot

(1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das

1.

hiezu erklärt wurde oder

2.

durch eine vor dem baubehördlich bewilligte Änderung von Grundstücksgrenzen geschaffen wurde und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder

3. durch eine nach dem baubehördlich bewilligte Änderung von Grundstücksgrenzen ganz oder zum Teil aus einem Bauplatz entstanden ist und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder

4. am bereits als Bauland gewidmet und mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil, ausgenommen solche nach § 15 Abs. 1 Z. 1 und § 23 Abs. 3 letzter Satz, bebaut war.

(2) Auf Antrag des Eigentümers ist ein Grundstück im Bauland

mit Bescheid zum Bauplatz zu erklären, wenn es

1. a) an eine bestehende oder im

Flächenwidmungsplan vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche

unmittelbar angrenzt oder

b) mit einer solchen durch eine Brücke verbunden ist

oder verbunden werden kann oder

c) mit einem im Grundbuch sichergestellten Fahr- und

Leitungsrecht, das dem Bebauungsplan nicht widerspricht, verbunden

wird oder

d) die Widmung Bauland-Sondergebiet aufweist und durch

eine im Flächenwidmungsplan vorgesehene im Eigentum des

Bauplatzeigentümers stehende private Verkehrsfläche mit einer

öffentlichen Verkehrsfläche verbunden ist,

2. auf Grund seiner Gestalt, Beschaffenheit und Größe

nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und den Festlegungen im

Bebauungsplan bebaut werden darf,

3. nicht in einer Aufschließungszone (§ 75) liegt, und

wenn

4. die Bauplatzerklärung dem Zweck einer Bausperre

(§ 74 Abs. 4 oder § 23 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz, LGBl. 8000)

nicht widerspricht, oder

5. die Aufschließung des Grundstücks zum Zeitpunkt der

Entscheidung nicht unwirtschaftliche Aufwendungen für öffentliche Einrichtungen auf dem Gebiete des Straßenbaues, der Wasserversorgung oder der Abwasserbeseitigung wegen seiner Entfernung von bereits aufgeschlossenem Gebiet zur Folge hat.

Verliert ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück, das weder mit einem Gebäude noch mit einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) bebaut ist, durch Umwidmung nach den Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, die Baulandwidmung, erlischt die Bauplatzerklärung.

...

§ 39

Ergänzungsabgabe

(1) Bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10) ist für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn

- für die bisherigen Bauplätze bereits der Höhe nach

bestimmte Aufschließungsbeiträge oder -abgaben vorgeschrieben und entrichtet wurden oder

- sie Bauplätze nach § 11 Abs. 1 Z. 2 bis 4 sind und das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird.

Eine Vorschreibung hat bei der Vereinigung eines nach § 11 Abs. 1 Z. 4 bebauten Grundstücks mit unbebauten Grundstücken nicht zu erfolgen, wenn das bebaute Grundstück erst mit den an einer oder mehreren Seiten anschließenden unbebauten Grundstücken einen Bauplatz nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplans bildet.

…"

Mit Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Einheitssatz für die Aufschließungsabgabe mit EUR 291,-- festgesetzt.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass das Grundstück Nr. 3796 vor der Vereinigung mit dem Grundstück Nr. .506 (alt) kein Bauplatz gewesen und dass das Grundstück Nr. .506 (alt) am Stichtag  mit einem bewilligten Gebäude, das 1990 abgerissen wurde, bebaut gewesen ist. Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten auch nicht, dass durch die Vereinigung der beiden Grundstücke das Gesamtausmaß des Bauplatzes vergrößert wurde. Damit ist vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Vorschreibung der Ergänzungsabgabe nach § 39 Abs. 1 erster Satz Nö BauO 1996 auszugehen.

Die beschwerdeführenden Parteien berufen sich in ihrer Beschwerde auf die Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 und bringen - wie auch in ihrer Vorstellung - vor, dass erst der durch die Vereinigung geschaffene Bauplatz Grundstück Nr. 506 (neu) an eine öffentliche Verkehrsfläche grenze.

Befindet sich am Stichtag ein Gebäude, dessen Errichtung die Baubehörde bewilligt hat, auf einem als Bauland gewidmeten Grundstück, so begründet dies - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - die Bauplatzeigenschaft dieses Grundstücks nach § 11 Abs. 1 Z 4 Nö BauO 1996, auch wenn es nicht die in § 11 Abs. 2 Nö BauO 1996 normierten Anforderungen für eine Bauplatzerklärung erfüllt.

Die Bauplatzeigenschaft nach § 11 Abs. 1 Z 4 Nö BauO 1994 bleibt auch dann erhalten, wenn das Gebäude nach dem Stichtag abgetragen worden ist. Somit können zwischen dem Abbruch eines solchen Gebäudes und der Errichtung eines neuen Gebäudes Monate oder Jahre vergehen, ohne dass die Errichtung des neuen Gebäudes Anlass für eine (neuerliche) Bauplatzerklärung und Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe wird (vgl. dazu Hauer/Zaussinger, a.a.O., 211). Werden bei einem solchen Bauplatz in der Folge die Grenzen geändert und wird dabei das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert, so ist dies - so nicht der Ausnahmetatbestand des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 zur Anwendung gelangt - zum Anlass für die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zu nehmen.

Die von den beschwerdeführenden Parteien ins Treffen geführte Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 findet jedoch nach deren Wortlaut nur bei der Vereinigung eines nach § 11 Abs. 1 Z. 4 Nö BauO 1996 bebauten Grundstücks mit unbebauten Grundstücken Anwendung. Damit stellt der Gesetzgeber in § 39 Abs. 1 Nö BauO 1996 - anders als in § 11 Abs. 1 Z 4 Nö BauO 1996 - darauf ab, ob das Grundstück auch nach dem - nämlich zum Zeitpunkt der Vereinigung mit einem unbebauten Grundstück - noch bebaut ist.

Diese Auslegung der Ausnahmebestimmung findet ihre Stütze auch in den Materialien. In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (abgedruckt in Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht5, 282, sowie im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0052) heißt es nämlich (auszugsweise):

"Da die amtswegige Vereinigung von bebauten und unbebauten Grundstücken derselben Eigentümer nach § 12 des Vermessungsgesetzes auch im Bauland im mehrfachen öffentlichen Interesse liegt, wenn danach Bauflächen im Sinne des Vermessungsgesetzes ('Punktparzellen') an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzen oder wenn Außenwände der an Grenzen solcher Grundstücke stehenden Gebäude nicht als Brandwände ausgebildet sind, soll sie in diesen Fällen kein Anlass für die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe sein."

Mit der Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996 sollte somit ein Anreiz geschaffen werden, Bauplätze nach § 11 Abs. 1 Z 4 Nö BauO 1996, deren Bebauung nicht den Anforderungen der geltenden Nö BauO 1996 bzw. den Bebauungsplänen der Gemeinden entsprechen (z. B. wegen der nunmehr einzuhaltenden Abstandsbestimmungen), mit angrenzenden unbebauten Grundstücken zu vereinigen und derart einen den genannten Bestimmungen entsprechenden Zustand herzustellen. Auch aus dem in den Materialien genannten Beispielsfall der fehlenden Brandwände an den Grundstücksgrenzen wird deutlich, dass der Ausnahmetatbestand dazu dient, eine Bebauung von Grundstücken, die nach der geltenden Rechtslage nicht in dieser Form hätte erfolgen dürfen, durch die Vereinigung dieser Grundstücke mit unbebauten Grundstücken zu "sanieren". Demzufolge hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0052, die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung bei der Vereinigung einer Punktparzelle, die mit einem Gebäude ohne Brandschutzwände bebaut ist, mit einem unbebauten Grundstück bejaht.

Die Vereinigung zweier (im Zeitpunkt der Vereinigung) unbebauter Grundstücke ist hingegen vom Wortlaut der Ausnahmebestimmung nicht umfasst, mag es sich auch bei einem der beiden Grundstücke um einen Bauplatz iSd § 11 Abs. 1 Z. 4 Nö BauO 1996 handeln. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde konnte somit die Abweisung der Berufung der beschwerdeführenden Parteien auf den - in der Beschwerde nicht bestrittenen - Umstand stützen, dass das Grundstück Nr. .506 (alt) zum Zeitpunkt der Vereinigung mit dem Grundstück Nr. 3796 nicht mehr bebaut war.

Die beschwerdeführenden Parteien zeigen auch nicht auf, aus welchen Gründen die Berechung der Abgaben "nicht gesetzeskonform" erfolgt sein sollte. Den im Beschwerdefall anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen kann nicht entnommen werden, dass die von den Voreigentümern der gegenständlichen Liegenschaft bereits entrichtete Aufschließungsabgabe nach dem Verbraucherpreisindex hätte aufgezinst werden müssen. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Auswirkungen eine derartige Vorgehensweise auf die Abgabenberechnung hätte haben sollen, erfolgt doch die Anrechnung der bereits entrichteten Aufschließungsabgabe im Wege des Abzugs der damaligen Berechnungslängen von der Summe der neuen Berechnungslängen. Nicht nachvollzogen werden kann auch die Rüge, wonach der von der Abgabenbehörde vorgenommene Abzug der damaligen Berechnungslänge für das Grundstück Nr. .506 (alt) von 1,73 (für 3 m2) "unrichtig und zu gering bemessen und damit rechts-, gesetz- und sittenwidrig" gewesen sei. Der bloße Umstand, dass dem angefochtenen Bescheid das Datum der angewendeten Gemeindeverordnung nicht entnommen werden kann, führt noch nicht zu seiner Rechtswidrigkeit. Die beschwerdeführenden Parteien behaupten nämlich nicht, dass ein falscher Einheitssatz angewendet worden sei.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Äußerung der belangten Behörde, die sich einer wörtlichen Wiedergabe von Teilen des angefochtenen Bescheides erschöpft, kann nicht als Gegenschrift iSd § 48 Abs 2 Z 2 VwGG gewertet werden. Es konnte daher kein Schriftsatzaufwand zugesprochen werden.

Wien, am

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Normen
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2;
BauO NÖ 1996 §39 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2008:2006170139.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAE-86498