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VwGH vom 28.06.2016, 2013/17/0414

VwGH vom 28.06.2016, 2013/17/0414

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Beschwerden der H GmbH in G, vertreten durch die Schwartz Huber-Medek Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen die Bescheide der Vorarlberger Landesregierung jeweils vom , 1. IIIa- 241.096 (hg 2013/17/0414), 2. IIIa-241.114 (hg 2013/17/0416),

3. IIIa-241.130 (hg 2013/17/0419) und 4. IIIa-241.140 (hg 2013/17/0420), betreffend Kriegsopferabgabe für März und Mai bis Oktober 2011, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 229,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die in der Folge genannten Bürgermeister als Abgabenbehörden erster Instanz setzten mit den nachstehend angeführten Bescheiden auf Grundlage der §§ 2 Abs 4, 3 Abs 4 und 6 Abs 6 Vorarlberger Kriegsopferabgabegesetz (im Folgenden kurz: KOAbG) die von der S P GmbH zu entrichtende Kriegsopferabgabe für das Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals an den nachstehend genannten Standorten in den jeweiligen Zeiträumen mit den angeführten Beträgen - wie folgt - fest:

Der Bürgermeister der Stadt F mit Bescheid vom die Kriegsopferabgabe für ein Wettterminal am Standort H im Zeitraum März 2011 mit EUR 700,--, zuzüglich 2 % Säumniszuschlag;

der Bürgermeister der Stadt B mit Bescheid vom die Kriegsopferabgabe für ein Wettterminal am Standort M im Zeitraum März 2011 mit EUR 700,--, zuzüglich 2 % Säumniszuschlag;

der Bürgermeister der Marktgemeinde LU mit Bescheid vom die Kriegsopferabgabe für ein Wettterminal am Standort R im Zeitraum März 2011 mit EUR 700,--, zuzüglich 2 % Säumniszuschlag;

der Bürgermeister der Marktgemeinde LA mit Bescheid vom die Kriegsopferabgabe für zwei Wettterminals am Standort B im Zeitraum Mai bis Oktober 2011 mit zusammen EUR 8.400,-- (= 2 mal EUR 700,-- mal 6 Monate), zuzüglich 2 % Säumniszuschlag.

1.2. Die S P GmbH erhob gegen die Bescheide Berufungen und brachte vor, sie habe an den konkreten Standorten über die von ihr angemieteten Terminals - zunächst (bis Anfang April 2011) durch die R S GmbH und dann durch die A S GmbH im Rahmen deren Gewerbeberechtigungen - lediglich Wettabschlüsse an ihren Sitz (die Zentrale) in Wien vermittelt erhalten, wo sie (die S P GmbH) die Wetten als Buchmacherin abgeschlossen habe. Eine Bewilligung nach dem Vorarlberger Wettengesetz (im Folgenden: WettenG) sei nicht vorgelegen und habe auch nicht vorliegen müssen, sodass keine Abgabenpflicht nach dem KOAbG bestehe.

Zur behaupteten Vermittlung von Wettkunden und zur Funktion der Terminals führte die S P GmbH aus, sie mache zunächst einen Standort ausfindig und schließe den Aufstellungsvertrag ab. Dann übernehme die A S GmbH die weitere Abwicklung, wobei deren Aufgabe darin bestehe, den Gewerbeschein zur Verfügung zu stellen und den Standort beim Gewerbeamt anzuzeigen, ferner sei sie Dienstleisterin für die S P GmbH hinsichtlich der Lieferung von Quoten etc für den Wettbetrieb. Die Terminals seien mit der Zentrale der S P GmbH in Wien verbunden, die Kunden stellten die Wetten an den Geräten (selbst) zusammen und definierten den Einsatz, die Wettangebote würden nach Wien übermittelt, wo die S P GmbH über die Annahme entscheide, im Fall der Annahme werde ein Wettschein ausgedruckt.

Die S P GmbH wendete ferner ein, die Abgabenpflicht sei verfassungswidrig, weil durch die exzessive Besteuerung die Berufsausübung für einen ganzen Berufszweig unmöglich gemacht werde. Die Besteuerung verstoße zudem gegen das Finanz-Verfassungsgesetz (F-VG) und den Gleichheitssatz.

2. Mit Verschmelzungsvertrag und Generalversammlungsbeschluss vom , im Firmenbuch eingetragen am , wurde die S P GmbH als übertragende Gesellschaft mit der beschwerdeführenden Partei (im Folgenden: Beschwerdeführerin) als übernehmender Gesellschaft verschmolzen. Die S P GmbH ist damit erloschen und die Beschwerdeführerin als Gesamtrechtsnachfolgerin in die Rechtsstellung der S P GmbH eingetreten (vgl , ua).

3.1. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden (in der Folge hinsichtlich des Standorts in F auch "Bescheid I", hinsichtlich des Standorts in B auch "Bescheid II", hinsichtlich des Standorts in LU auch "Bescheid III" und hinsichtlich des Standorts in LA auch "Bescheid IV" genannt) gab die belangte Behörde den Berufungen der S P GmbH gegen die Abgabenbescheide der Bürgermeister keine Folge.

3.2. Sie ging dabei von nachstehenden Feststellungen aus:

Die S P GmbH habe bis zum über eine Bewilligung nach den §§ 2 Abs 1 und 2, 3 Abs 5 WettenG verfügt. Im Abgabenzeitraum habe sie zwar eine Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten für einen Standort in Wien aufgewiesen, nicht jedoch für einen Standort in Vorarlberg. Sie habe für einen dortigen Standort auch über keine Gewerbeberechtigung zur Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros unter Ausschluss der Wettannahme verfügt.

Die R S GmbH habe bis zum über eine Gewerbeberechtigung zur Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros unter Ausschluss der Tippannahme für die konkreten Standorte verfügt. Die A S GmbH habe seit 2007 eine Gewerbeberechtigung (Stammgewerbe) zur Vermittlung von Wettabschlüssen unter Ausschluss der Totalisateurtätigkeit und seit 4. bzw eine derartige Berechtigung auch für die konkreten Standorte aufgewiesen.

Die S P GmbH habe Kooperationsverträge über die Vermittlung von Wetten am mit der R S GmbH und am mit der A S GmbH (samt Provisionsvereinbarung vom , wonach 1 % Provision vom Einsatz abzüglich Gewinn gebühre) abgeschlossen.

3.3. In der - mit weiteren Feststellungen und mit der Beweiswürdigung verbundenen - rechtlichen Würdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

3.3.1. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie sei nicht die Abgabenschuldnerin, weil sie die Wettabschlüsse nur vermittelt erhalten habe, wofür sie keine Bewilligung nach dem WettenG benötigt habe, sodass sie auch keiner Abgabenpflicht nach dem KOAbG unterliege, sei nicht berechtigt.

Laut den Aufstellungsverträgen vom 27./ (Bescheid I), vom (Bescheid II), vom 18./ (Bescheid III) und vom (Bescheid IV) sei die S P GmbH Aufstellerin und Eigentümerin (später wurde klargestellt, dass die A G I GmbH Eigentümerin und die S P GmbH nur Mieterin sei) sowie mittels des jeweiligen (Vertrags)Partners auch Betreiberin der Wettterminals an den konkreten Standorten gewesen. In den Aufstellungsverträgen sei jeweils festgehalten, dass sie über eine Buchmacherkonzession (am Sitz in Wien) verfüge, die es ihr ermögliche, Sportwetten anzubieten bzw entgegenzunehmen; sie habe dafür ein System zur dezentralen Entgegennahme der Wetten über ein Terminal entwickelt, an dem die Kunden Quoten abrufen und Wetten an die Zentrale weiterleiten könnten.

In den Verträgen heiße es weiter, dass der jeweilige (Vertrags)Partner an der Aufstellung und am Betrieb des/der Terminals (durch die S P GmbH) interessiert sei, er übernehme das/die Terminal/s zu treuen Handen, sorge für Strom und Bespielbarkeit und zahle die Gewinne (im Namen der S P GmbH) aus. Uneingeschränkter Eigentümer des/der Terminals und des Kasseninhalts sei jedoch die S P GmbH, die auch für die nötigen Anmeldungen und Genehmigungen für den Betrieb zu sorgen habe.

Als Entgelt für die Gestattung der Aufstellung und die erbrachten Dienstleistungen erhalte der Partner 35 % (Bescheid I), 20 bis 25 % (Bescheide II und III) bzw 40 % (Bescheid IV) vom kalkulatorischen Gewinn.

Aus den Kooperationsverträgen gehe die behauptete Vermittlung von Wetten an die S P GmbH nicht hervor. Dort sei lediglich festgehalten, dass die R S GmbH und die A S GmbH zu den führenden Anbietern von Wettdienstleistungen gehörten und unter anderem Inhaber eines Gewerbescheins seien, der es ihnen ermögliche, das Gewerbe der Vermittlung von Wettabschlüssen unter Ausschluss der Totalisateurtätigkeit auszuüben. Die Hauptleistungspflicht der beiden liege darin, einen neuen Standort der Gewerbebehörde anzuzeigen und die Gewerbeberechtigung zur Verfügung zu stellen. Über eine Vermittlung von Wettkunden sei in den Verträgen nichts festgehalten. Auch nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei einzige Aufgabe der A S GmbH gewesen, den Gewerbeschein zur Verfügung zu stellen und die Standorte beim Gewerbeamt anzuzeigen; sie sei daher nicht als Vermittlerin von Wettkunden aufgetreten.

Die S P GmbH habe nach ihrem Vorbringen direkt - ohne Dazwischentreten eines Vermittlers - im Wege der angemieteten Terminals Wettverträge mit den Kunden abgeschlossen, wobei sich diese die Wette am Terminal zusammenstellen und den Einsatz definieren konnten, das Wettangebot sei nach Wien übermittelt worden, wo die S P GmbH über eine Buchmacherbewilligung verfüge und über die Annahme entschieden habe, bei Annahme sei ein Wettschein ausgedruckt worden. Unter diesen Umständen könne aber keine Rede davon sein, dass die S P GmbH nur von der ihr zur Verfügung gestellten Gewerbeberechtigung, mit der sie lediglich Wettkunden an Buchmacher oder Totalisateure hätte vermitteln dürfen, Gebrauch gemacht habe. Sie habe auch nicht vorgebracht, dass sie die Wettkunden bloß vermittelt habe, was notwendigerweise nur an dritte Personen geschehen könnte. Aus dem Vorbringen und den Verträgen ergebe sich vielmehr, dass sie die Kunden allein an sich selbst als Buchmacherin "vermittelt" habe, was jedoch nicht möglich sei, weil es an einem dazwischen tretenden Vermittler fehle. Eine solche Tätigkeit sei daher nicht als Vermittlung von Wettkunden zu erachten, sondern sei bereits Teil der Tätigkeit eines Buchmachers oder Totalisateurs. Auf die Entscheidung über die Wettannahme in Wien komme es nicht an. Folglich hätte aber die S P GmbH eine Bewilligung nach § 2 WettenG benötigt und unterliege deshalb der Abgabenpflicht nach dem KOAbG.

3.3.2. Dem Einwand der Verfassungswidrigkeit wegen exzessiver Besteuerung sowie wegen Verletzung des F-VG und des Gleichheitssatzes komme ebenso keine Berechtigung zu.

Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , G 6/12, ausgesprochen, dass die §§ 2 Abs 4, 3 Abs 4, 5 Abs 1 Satz 2 und 6 Abs 6 KOAbG, idF LGBl Nr 9/2011, nicht als verfassungswidrig aufgehoben würden, eine gleichheitswidrige Besteuerung nicht vorliege, die Höhe der Besteuerung von EUR 700,-- monatlich pro Wettterminal unbedenklich sei und ein Missbrauch der Abgabenform nicht vorliege, weil der Landesgesetzgeber das Aufstellen der Geräte überhaupt verbieten könnte.

3.4. Insgesamt sei daher der Beschwerdeführerin für die aufgestellten Wettterminals im jeweiligen Abgabenzeitraum zu Recht eine Kriegsopferabgabe von monatlich EUR 700,-- je Terminal zuzüglich Säumniszuschlag vorgeschrieben worden.

4. Gegen diese Berufungsbescheide wenden sich die Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts mit einem Aufhebungsantrag.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete - in den hier gegenständlichen Verfahren sowie in den hg Verfahren 2013/17/0415, 2013/17/0417 bis 0418 und 2013/17/0422 - eine gemeinsame Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerden und die Zuerkennung von Schriftsatz- und Vorlageaufwand beantragte.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat die (gegenständlichen) Rechtssachen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In den Beschwerdefällen sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

6.1. Die Beschwerdeführerin erstattete ein Vorbringen, dessen wesentlicher Inhalt bereits im hg Erkenntnis 2013/17/0415, 2013/17/0417 bis 0418, 2013/17/0422, vom heutigen Tag - jene Entscheidung betraf ebenso die Beschwerdeführerin, bezog sich jedoch auf einen anderen Standort und hatte die Vorschreibung von Kriegsopferabgabe für ein Wettterminal im Zeitraum März bis August 2011 zum Gegenstand - angeführt wurde.

In dem genannten Erkenntnis setzte sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem im Wesentlichen identischen Beschwerdevorbringen auseinander und bestätigte - ausgehend von der dargestellten Rechtslage sowie seiner bisherigen Rechtsprechung - unter eingehender Würdigung des Vorbringens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Zahlung der - nach denselben Grundsätzen wie hier erhobenen - Kriegsopferabgabe samt Säumniszuschlag.

Es kann daher auf die Erörterungen in der angeführten Entscheidung verwiesen werden (§ 43 Abs 2 VwGG).

6.2. Ergänzend ist - zur Qualifikation der Wettvorrichtungen als Wettterminals - festzuhalten, dass zwar in den hier gegenständlichen Verfahren nur ein Lokalaugenschein an einem der Standorte durchgeführt wurde (wobei ermittelt wurde, dass ein "direkter Geldeinwurf" und auch ein "direkter Wettabschluss" durch den Kunden möglich ist und "daher ein Wettterminal" vorliegt).

Es wurde aber auch in Ansehung der anderen Standorte vom nunmehrigen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin J I im Rahmen der Erörterung mit der belangten Behörde am ausdrücklich bestätigt, dass es sich "bei den Wettterminals (...) um Selbstbedienungsgeräte" handelt (vgl den Aktenvermerk vom ).

Am Vorliegen von Wettterminals kann somit kein Zweifel bestehen.

6.3. In allen anderen Punkten ist auf die schon zitierte hg Entscheidung vom heutigen Tag zu verweisen (auch die damit bestätigten Berufungsbescheide waren - abgesehen von den durch die verschiedenen Standorte und Abgabenzeiträume bedingten Unterschieden im Sachverhalt - im Wesentlichen inhaltsgleich).

7. Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs 1 VwGG).

8.1. Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte nach § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. In den Beschwerden wurden keine Rechts- oder Tatsachenfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.

8.2. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455, die gemäß § 3 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwenden ist.

Der Schriftsatzaufwand für die gemeinsame Gegenschrift wurde mit dem angeführten hg Erkenntnis vom heutigen Tag zuerkannt, sodass nur der Vorlageaufwand zuzusprechen war.

Wien, am

Fundstelle(n):
CAAAE-86493